| *Rigaudière, Albert, Pouvoirs et institutions dans la France médiévale. Des temps féodaux aux temps de l´État (= Collection U, Histoire médiévale), 2. Aufl. Colin, Paris 1998. 336 S. Besprochen von Thomas Gergen. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen GergenRigaudière20000927 Nr. 1159 ZRG 119 (2002) 31
Rigaudière, Albert, Pouvoirs et institutions dans la France médiévale. Des temps féodaux aux temps de l´État (= Collection U, Histoire médiévale), 2. Aufl. Colin, Paris 1998. 336 S.
Das zweibändige Lehrwerk „Pouvoirs et institutions dans la France médiévale“ erfreut sich nicht nur bei französischen Studenten der Geschichts- und Rechtswissenschaften großer Beliebtheit, sondern dient ebenso dem deutschsprachigen Historiker und Juristen zur Überblicksfindung in der französischen Rechts- und Verfassungsgeschichte des Mittelalters.
Olivier Guillot und Yves Sassier haben den ersten Teil des Werkes, „Des origines à l´époque fédoale“, übernommen, der jüngst in 3. Auflage publiziert wurde[1]. Der zweite Band, für den Albert Rigaudière, Professor an der Universität Panthéon-Assas (Paris-II) verantwortlich zeichnet, erschien sodann in zweiter Auflage im November 1998.
Das Buch gliedert sich in drei große Kapitel, deren Überschriften die Entwicklung Frankreichs im Spätmittelalter veranschaulichen. Erstens: „Ein Königtum für die Res publica“ („Une royauté pour la respublica“). Zweitens: „Ein Königreich für die Franzosen“ („Un royaume pour les Français“) sowie drittens: „Eine Regierung für das Königreich“ („Un gouvernement pour le royaume“).
Albert Rigaudière will die letzten drei Jahrhunderte des Mittelalters nicht nur als einfache Übergangsperiode zur langsamen Ausformung des modernen Staates verstehen. Vielmehr setzt er auf die Vorbildfunktion des Staates, der durch den „Roi très chrétien“ verkörpert wurde und der sich auf die Pfeiler Gesetzgebung, Rechtspflege und Friedenswahrung sowie die Steuerhoheit stützen konnte.
Der Autor, Spezialist für rechtshistorische Fragen der Finanzverfassung und Besteuerung, arbeitet in Sonderheit die Bereiche Fiskalhoheit und Finanzverwaltung heraus und kann natürlich hierbei auf seine früheren Veröffentlichungen zurückgreifen: L´assiette de l´impôt |
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| *Rohe, Mathias, Zu den Geltungsgründen des Deliktsstatuts. Anknüpfungsgerechtigkeit unter Berücksichtigung rechtshistorischer und rechtsvergleichender Erkenntnisse mit Einschluss gegenwärtiger Reformvorschläge. Mohr (Siebeck), Tübingen 1994. 270 S. Besprochen von Karl Kreuzer. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen KreuzerRohe 20010129 Nr. 10347 ZRG 119 (2002) 89
Rohe, Mathias, Zu den Geltungsgründen des Deliktsstatuts. Anknüpfungsgerechtigkeit unter Berücksichtigung rechthistorischer und rechtsvergleichender Erkenntnisse mit Einschluss gegenwärtiger Reformvorschläge. Mohr (Siebeck), Tübingen 1994. 270 S.
Am 1. 6. 1999 ist das Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen in Kraft getreten. Dieses Gesetz kodifiziert in den Artt. 40-42 EGBGB erstmals das deutsche Internationale Deliktsrecht. Diesem Rechtsgebiet ist auch die hier zu rezensierende Arbeit, eine Tübinger Dissertation auf dem Stand vom Sommer 1994, gewidmet. Die Kodifizierung des Deliktsrechts hat die Arbeit von Mathias Rohe jedoch nicht überholt, da die Dissertation überwiegend rechtshistorisch und rechtsvergleichend ausgerichtet ist.
Die Arbeit gliedert sich in zwölf Kapitel (A-M). Nach einer kurzen Einführung (Kapitel A), in der die Zielsetzung der Dissertation skizziert wird, behandelt der Verfasser in den Kapiteln B - F rechtshistorische Grundlagen, um dann Länderberichte (die die jeweilige jüngere Rechtshistorie einbeziehen) über Frankreich (Kapitel G), England (Kapitel H) sowie Deutschland (Kapitel J, K, L) anzuschließen. Das Schlusskapitel M arbeitet die Ergebnisse heraus.
Die Untersuchung des griechisch-hellenistischen Kulturraums (Kapitel B, S. 6f.) ergibt, dass keine Aussagen zum Thema der Arbeit, den Geltungsgründen des Deliktsstatuts, möglich sind (S. 7). Die Situation im römischen Recht (Kapitel C, S. 8-15) fasst der Verfasser dahin gehend zusammen, dass es „kollisionsrechtliche Überlegungen und auch Regelungen“ erkennen lasse (S. 15). Dem ausgebreiteten Material vermag ich allerdings keine „kollisionsrechtlichen Überlegungen“ zu entnehmen. Auch scheint es mir kaum möglich, aus den vereinzelten Regelungen von Sachverhalten mit „Fremdrechtsbeziehungen“ sichere Schlüsse auf Kollisionsnormen im modernen Verständni |
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| *Rohlack, Momme, Kriegsgesellschaften (1914-1918). Arten, Rechtsformen und Funktionen in der Kriegswirtschaft des ersten Weltkriegs (= Rechtshistorische Reihe 241). Lang, Frankfurt am Main 2001. 256 S. Besprochen von Siegbert Lammel. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen LammelRohlack20010825 Nr. 10426 ZRG 119 (2002) 69
Rohlack, Momme, Kriegsgesellschaften (1914-1918). Arten, Rechtsformen und Funktionen in der Kriegswirtschaft des Ersten Weltkriegs (= Rechtshistorische Reihe 241). Lang, Frankfurt am Main 2001. 256 S.
Die Neu-Organisation der Wirtschaft im Ersten Weltkrieg stellte für Deutschland eine besondere Notwendigkeit dar. Denn nach den übereinstimmenden Feststellungen der einschlägigen Geschichtsbücher [1] war das Reich wirtschaftlich auf einen Krieg, zumal einen länger andauernden, nicht vorbereitet, weder hinsichtlich der Bevorratung kriegsnotwendiger Rohstoffe, noch hinsichtlich deren Bewirtschaftung und Verteilung; eine Problematik, die für ein extrem importabhängiges Land wie Deutschland kriegsentscheidend werden konnte. In den gleichen Werken werde auch das Mittel angedeutet, mit dem diesem Problem begegnet worden ist, nämlich der Gründung von sog. Kriegsgesellschaften. Auf der Basis dieses allgemeinen Wissens setzt die Untersuchung Rohlacks ein. Nach einer kurzen Einleitung über die militärische/wirtschaftliche/finanzielle Kriegsbereitschaft des Deutschen Reiches stellt er zunächst den Aufbau der staatlichen Kriegswirtschaftsverwaltung dar. Hierbei wird deutlich, dass auch rechtlich die für eine Bewirtschaftung erforderlichen Grundlagen bei Kriegsausbruch nicht vorhanden waren; sie mussten erst – versteckt in einem Artikelgesetz über die Wechsel- und Scheckfristen – im August 1914 geschaffen werden. Das gleiche galt für die Kriegsverwaltungsbehörden. Schließlich werden noch die unmittelbar auf die Wirtschaft wirkenden Maßnahmen vorgestellt: Beschlagnahme, die nur zur Verfügungsbeschränkung führte, die Enteignung und als Sicherung beider Maßnahmen die Höchstpreispolitik. Bei der Darstellung der einzelnen Arten von Kriegsgesellschaften geht der Verfasser von einem funktionalen Ansatz dergestalt aus, dass unter diesen Tatbestand nicht nur (handelsrechtliche) Gesellschaftstypen sub |
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| *Rosenberg, Mathias Freiherr von, Friedrich Carl von Savigny (1779-1861) im Urteil seiner Zeit (= Rechtshistorische Reihe 215). Lang, Frankfurt am Main 2000. XII, 187 S. Besprochen von Sandro Blanke. ZRG GA 119 (2002) |
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| *Roth, Jürgen/Sokolowsky, Kay, Lügner, Fälscher, Lumpenhunde. Eine Geschichte des Betrugs. Reclam, Leipzig 2000. 383 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerRoth/Sokolowsky20010901 Nr. 10243 ZRG 119 (2002) 08
Roth, Jürgen/Sokolowsky, Kay, Lügner, Fälscher, Lumpenhunde. Eine Geschichte des Betrugs. Reclam, Leipzig 2000. 383 S.
Gibt es nicht Ehrenmänner, die verzweifelt entflohene Partner unter Berufung auf Menschenrechte durch alle Foren hetzen, wo es ihnen ausschließlich um persönliche Rache für enttäuschte Eitelkeit geht? Gibt es nicht Ehrenmänner, die vor Fälschung nicht zurückschrecken, weil sie sich davon einen individuellen Vorteil erhoffen? Gibt es nicht Ehrenmänner, die Leistungsfähigkeit zum Schaden der Allgemeinheit vorspiegeln, wo ihnen mangelnde Qualifikation auf der Stirne geschrieben steht, und Erkrankung öffentlich vortäuschen, wo sie zum privaten Vorteil quicklebendig sind?
Lügner, Schmierer, Fälscher und andere Lumpenhunde sind der menschlichen Geschichte nicht fremd. Wo Lüge, Fälschung und Betrug selbverständlich sind, wählen viele kleine Lügner einen großen Lügner zur Gallionsfigur. Er bedankt sich bei ihnen dadurch, dass er ihre vielen Lügen zum Schaden der Allgemeinheit bis hin zu Kollusion und Korruption toleriert.
Von daher könnte eine Geschichte des Betrugs die Wahrheit in ihrer Auseinandersetzung stärken. Angesichts der Unzahl der Lügner, Fälscher und Lumpenhunde der menschlichen Geschichte ist allerdings Vollständigkeit von vornherein ausgeschlossen. Auch eine zeitlich, örtlich und sachlich beschränkte Untersuchung könnte jedoch schon von exemplarischer Bedeutung sein.
Lügen an allen Fronten? Viele gekauft und geschmiert? Das ganze Land ein schwarzes Loch der Korruption? Unter solchen Fragen diagnostizieren die beiden Verfasser eine sich gegenwärtig rasant beschleunigende Karriere von List und Tücke, Lug und Trug in vielen Bereichen. Im Ergebnis wird ihnen der Betrug allgemein und systematisch.
Zwar greifen sie in diesem Zusammenhang auch auf Gott, Troja, Platon, Karl den Großen oder Machiavelli zurück. Sie zitieren auch eine Reihe jüngster Unt |
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| *Rössler, Ruth-Kristin, Justizpolitik in der SBZ/DDR 1945-1956 (= Ius commune, Sonderhefte, Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 136). Klostermann, Frankfurt am Main 2000. XII, 316 S. Besprochen von Dieter Waibel. Rotter, Ekkehart, Friedrich II. von Hohenstaufen (= dtv 31040 = dtv portrait). Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. 159 S. 67 Abb. 1 Karte. Besprochen von Wolfgang Stürner. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen WaibelRössler20010109 Nr. 10262 ZRG 119 (2002) 81
Rössler, Ruth-Kristin, Justizpolitik in der SBZ/DDR 1945-1956 (= Ius Commune Sonderheft 136). Klostermann, Frankfurt am Main 2000. XII, 316 S.
Die Frage nach gesellschaftspolitischer Kontinuität oder radikalem Neuanfang stellte sich nach dem Untergang des Dritten Reiches überall in Deutschland. Sie betraf auch das Rechts- und Justizwesen. War man sich in der Ablehnung nationalsozialistischer „Rechts“strukturen jedoch vollkommen einig, blieb die mögliche Anknüpfung an die Zeit vor 1933 heftig umstritten. Während die bürgerlich-liberalen (Rechts-)Traditionen der Weimarer Republik in den westlichen Zonen auf grundsätzliche Zustimmung trafen, versuchte man in der sowjetischen Besatzungszone - das Bild einer Richterkontinuität vor Augen, die nach verbreiteter Ansicht einen verhängnisvollen Beitrag zur Machtentfaltung des Nationalsozialismus beigesteuert hatte - einen vollkommenen Neuanfang. Mit diesem neuen Weg, insbesondere der Entwicklung und Umsetzung der Personalpolitik in der ostdeutschen Justiz, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit von Ruth-Kristin Rössler. Sie steht damit in einer Reihe von Abhandlungen, die in den letzten Jahren zum Aufbau des Justizwesens in der sowjetischen Besatzungszone und der jungen Deutschen Demokratischen Republik erschienen sind. Die Untersuchung, die sich wohl selbst als historisch-sozialwissenschaftliche Strukturanalyse der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik versteht (S.3), stellt darüber hinaus Fragen nach Aufbau und Entwicklung staatlicher Machtmechanismen und Machtstrukturen sowie nach dem Anteil persönlicher und parteipolitischer Interessen und Verantwortung. Dabei kann sie sich auf die Auswertung von Dokumenten- und Aktenmaterial aus ostdeutschen Archiven stützen, die der Forschung seit 1989/1990 zugänglich sind.
Die Arbeit ist in zwei Themenbereiche unterteilt, denen ein umfangreicher Dokumentenapparat zur Seite gestellt |
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| *Rummler, Toralf, Die Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze vor Gericht (= Berliner juristische Universitätsschriften, Strafrecht 6). Berlin Verlag, Berlin 2000, XXX, 611 S. Besprochen von Friedrich-Christian Schroeder. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen SchroederfriedrichchristianFahnenschmidtrummlerthiemrodthohoffmüller20010704 Nr. 10291, 10260, 10292, 10432, 10454 ZRG 119 (2002) 88
Fahnenschmidt, Willi, DDR-Funktionäre vor Gericht. Die Strafverfahren wegen Amtsmissbrauch und Korruption im letzten Jahr der DDR und nach der Vereinigung (= Berliner Juristische Universitätsschriften Strafrecht 5). Berlin Verlag, Berlin 2000. XXII, 347 S.
Rummler, Toralf, Die Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze vor Gericht (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Strafrecht 6). Berlin Verlag, Berlin 2000, XXX, 611 S.
Thiemrodt, Ivo, Strafjustiz und DDR-Spionage. Zur Strafverfolgung ehemaliger DDR-Bürger wegen Spionage gegen die Bundesrepublik (= Berliner Juristische Universitätsschriften Strafrecht 7). Berlin Verlag, Berlin 2000. XVIII, 376 S.
Hohoff, Ute, An den Grenzen des Rechtsbeugungstatbestandes. Eine Studie zu den Strafverfahren gegen DDR-Juristen (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Strafrecht 9). Berlin Verlag, Berlin 2000. XVII, 237 S.
Müller, Jan, Symbol 89 – Die DDR-Wahlfälschungen und ihre strafrechtliche Aufarbeitung (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Strafrecht 11). Berlin Verlag, Berlin 2001. XXI, 443 S.
1996 begründeten die Professoren am Institut für Kriminalwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin Klaus Marxen und Gerhard Werle mit Unterstützung der Volkswagen-Stiftung ein großes Forschungsprojekt „Strafjustiz und DDR-Vergangenheit“, das den strafrechtlichen Umgang mit der DDR-Vergangenheit in juristischer, zeitgeschichtlicher und rechtsvergleichender Perspektive untersuchen sollte. Das umfassende Thema wurde in zehn „Deliktsgruppen“ aufgeteilt, nämlich Gewalttaten an der deutsch-deutschen-Grenze, Wahlfälschung, Rechtsbeugung, Denunziationen, MfS-Straftaten, Mißhandlungen in Haftanstalten, Doping, Amtsmißbrauch und Korruption, Wirtschaftsstraftaten und Spionage, und mit Hilfe von Doktoranden in Angrif |
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| *Sandmann, Hendrik, Die Entwicklung von Begriff und Inhalt des Wirtschaftsrechts durch die Rechtswissenschaft in der Weimarer Republik (= Rechtshistorische Reihe 230). Lang, Frankfurt am Main 2000. 215 S. Besprochen von Knut Wolfgang Nörr. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen NörrknutSandmann20010703 Nr. 10295 ZRG 119 (2002) 69
Sandmann, Hendrik, Die Entwicklung von Begriff und Inhalt des Wirtschaftsrechts durch die Rechtswissenschaft in der Weimarer Republik (= Rechtshistorische Reihe 230). Lang, Frankfurt am Main 2000. 215 S.
Bekanntlich ist es Heinrich Lehmann gewesen, der in der Festschrift Zitelmann 1913 zum ersten Mal systematisch auf neuere Erscheinungen der Rechtsentwicklung aufmerksam gemacht hat, woran dann - mit Zusätzen oder Abstrichen - nach 1918 die Diskussion um einen neuen juristischen Begriff, den des Wirtschaftsrechts, anknüpfen konnte. Lehmann sprach von „Industrierecht”, er hätte auch „Recht des Industrieunternehmens” sagen können. Zurecht stellt der Verfasser heraus, dass als systematischer Angelpunkt nicht mehr das Gesetzbuch mit seinen Einteilungen, sondern ein Phänomen der Wirklichkeit, das Industrieunternehmen diente. Hier klang bereits eine Eigenart des Wirtschaftsrechtsbegriffes an, dass er vielfach nicht bloß normativ verstanden wurde (und wird), sondern auf spezifische Weise wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische, rechtliche Realitäten mitumfasst. Die Richtung, die mit Lehmann begonnen hatte, wurde freilich alsbald überlagert durch die Erscheinungen der Kriegswirtschaft der Jahre 1914-1918; hier traten die öffentlichrechtlichen und organisiert-korporatistischen Elemente in den Vordergrund, die dann bei vielen Autoren in den Wirtschaftsbegriff eingearbeitet wurden. Schließlich zwang die Revolution zur Auseinandersetzung mit den übergreifend-grundsätzlichen Fragen der Wirtschafts- und Eigentumsordnung; als dann die Weimarer Reichsverfassung den Begriff der Wirtschaftsverfassung (im Sinne Sinzheimers) hervorbrachte, kam es zu ersten, freilich nur „kurzen” Begegnungen der beiden neuen Begriffe Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverfassung.
Es waren also die heterogensten Erscheinungen und Vorstellungen gewesen, die den Begriff des Wirtschaftsrechts gespeist haben, w |
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| *Savigny, Friedrich Carl von, Politik und neuere Legislationen. Materialien zum „Geist der Gesetzgebung“, aus den Nachlassmaterialien hg. v. Akamatsu, Hidetake/Rückert, Joachim (= Savignyana 5 = Ius commune, Sonderhefte, Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 135). Klostermann, Frankfurt am Main 2000. LXIX, 314 S., 3 Taf. Besprochen von Hans Hattenhauer. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen HattenhauerSavigny20010108 Nr. 10261 ZRG 119 (2002) 54
Savigny, Friedrich Carl von, Politik und neuere Legislationen. Materialien zum „Geist der Gesetzgebung“, aus den Nachlassmaterialien hg. v. Akamatsu, Hidetake/Rückert, Joachim (= Savignyana 5 = Ius Commune Sonderheft 135). Klostermann, Frankfurt am Main 2000. LXIX, 314 S., 3 Taf.
Der Band bietet die vollständige Edition der unter diesem von Savigny selbst gewählten Titel in der Universitätsbibliothek Marburg verwahrten Sammelmappe von Materialien aus den Jahren 1808 bis 1812. Angefügt ist ein moderner Abdruck des „Berufs“ sowie dessen Vorwort zur Zweitauflage von 1828. Hidetakes sorgfältige Einleitung erschließt und kommentiert die 151 Blätter der Mappe und klärt alle damit verbundenen Fragen, soweit dies heute noch möglich ist. Zwar ist die Existenz der Mappe auch bisher nicht unbekannt gewesen, auch sind Einzelstücke daraus bereits erörtert worden, doch liegt sie nun in vollständiger Edition leicht zugänglich vor. Ihr rechtshistorischer Gehalt liegt in der Tatsache, dass Savigny darin Material für seinen „Beruf“ gesammelt und dieses, wie der Editor einleuchtend zeigt, dafür auch verwendet hat. So wird die, auch bisher nicht unbekannt gewesene, Erkenntnis bestätigt, dass der „Beruf - wie übrigens auch Thibauts von Savigny so geschmähte „Schandschrift“ - zwar eine Kampfschrift, aber dennoch alles andere als eine aus der Tagespolitik geborene, spontan verfasste Gelegenheitsschrift gewesen ist. Ihre Grundgedanken waren im Jahre 1814 längst geklärt und konnten, polemisch ergänzt und zugespitzt, als Beitrag zur gegenwärtigen Rechtspolitik veröffentlicht werden. In diesem Sinne hat Akamatsu auch recht mit der Behauptung, nicht eigentlich Thibaut sei der von Savigny im „Beruf“ bekämpfte Gegner gewesen, sondern der Code civil, wegen dessen Erscheinen Savigny mit dem Sammeln des Materials begonnen habe. Daher kann die Mappe, was der Herausgeber betont, nur unter Vorbehalt als di |
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| *Schermaier, Martin Josef, Die Bestimmung des wesentlichen Irrtums von den Glossatoren bis zum BGB (= Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte 29). Böhlau, Wien 2000. 789 S. Besprochen von Filippo Ranieri. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen RanieriSchermaier20010408 Nr. 10305 ZRG 119 (2002) 39
Schermaier, Martin Josef, Die Bestimmung des wesentlichen Irrtums von den Glossatoren bis zum BGB (= Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte 29). Böhlau, Wien 2000. 789 S.
Bei der hier vorliegenden monumentalen Monographie handelt es sich um die erheblich erweiterte Fassung der Habilitationsschrift des Verfassers, welche von Theo Mayer-Maly angeregt und betreut wurde, und die 1995 der Salzburger Rechtsfakultät vorgelegen hat. Die Untersuchung wurde zu wesentlichen Teilen vom Verfasser am Institut für römisches Recht der Bonner Universität durchgeführt. Bereits in ihrer Entstehungsgeschichte qualifiziert sich diese Arbeit also als ein „europäisches“ Werk. Auch ihr Gegenstand betrifft ein zentrales Problem der europäischen Zivilrechtswissenschaft in Geschichte und Gegenwart: die Wesentlichkeit des Irrtums im Rahmen der Vertragslehre. Dieses Thema wird vom Verfasser in der europäischen rechtswissenschaftlichen Literatur von den Glossatoren bis zur Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuchs verfolgt. Einiges sei zunächst zum Inhalt des Werkes im einzelnen berichtet. Dieses gliedert sich in zwölf Kapitel von z. T. unterschiedlicher Länge. Ein erstes Kapitel (S. 23-40) ist thematischen und methodischen Vorbemerkungen zur Untersuchung gewidmet. Bereits hier wird der Verfasser grundsätzlich: Die Problematik der Beachtlichkeit des Irrtums gehöre zu den ältesten und umstrittensten Themen der europäischen Zivilrechtswissenschaft. Eine Befragung der historischen Quellen sei heute noch sinnvoll und erforderlich. „Nicht die historischen Lösungen“ – schreibt der Verf. (S. 24) – „erschwerten es, zu einer unter modernen Wertungsgesichtspunkten befriedigenden Irrtumslehre zu gelangen, sondern die Unfähigkeit vieler Juristengenerationen, diese Lösungen in ihrer Eigenart zu erkennen, zu überwinden oder mit den neuen Errungenschaften der Handlungs- und Vertragslehre zu vereinba |
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| *Scheutz, Martin, Alltag und Kriminalität. Disziplinierungsversuche im steirisch-österreichischen Grenzgebiet im 18. Jahrhundert (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 38). Oldenbourg, München 2001. 600 S. Besprochen von Helmut Gebhardt. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen GebhardtScheutz20010916 Nr. 10420 ZRG 119 (2002) 48
Scheutz, Martin, Alltag und Kriminalität. Disziplinierungsversuche im steirisch-österreichischen Grenzgebiet im 18. Jahrhundert (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 38). Oldenbourg, München 2001. 600 S.
Mit der vorliegenden Habilitationsschrift hat sich der Wiener Historiker das Ziel gesetzt, dem Weg der Sozialdisziplinierung in der Frühen Neuzeit nachzuspüren. Zu diesem Zweck sollte der Zusammenhang von Normen, abweichendem Verhalten und Sanktionspraxis aufgezeigt werden, um den tatsächlichen Fortschritt der Durchstaatlichung der frühneuzeitlichen Gesellschaft aufzudecken.
Als Untersuchungsgebiet dient der Bereich der Kartause Gaming, einer geistlichen Grundherrschaft im südwestlichen Niederösterreich, die bis zur josephinischen Klosteraufhebung von einem Prälaten geführt wurde und danach zum Bestandteil des Religionsfonds gehörte. Die größte Ansiedlung der Gegend war der Markt Scheibbs, als dessen Marktherr der Prälat fungierte. Wirtschaftliche Basis des Gebietes waren die Holzwirtschaft sowie der Proviant- und Eisenhandel. Die Quellengrundlage bilden vor allem Akten aus dem Österreichischen Staatsarchiv, dem Niederösterreichischen Landesarchiv sowie dem Stadtarchiv Scheibbs. Dabei wurden insbesondere 185 Prozessakten des Landgerichtes Gaming aus den Jahren 1592 bis 1801 sowie das Scheibbser Marktgerichtsprotokoll ausgewertet.
In den einleitenden Kapiteln wird vorerst ein geraffter, aber sehr instruktiver Überblick der theoretischen Modelle zur Sozialdisziplinierung geboten. Ein darauf folgender Bericht über den österreichischen Forschungsstand in Bezug auf Kriminalität bietet weit über den Rahmen dieses Werkes hinausgehende Perspektiven. Daran anschließend wird der Aussagewert von Prozessakten des 18. Jahrhunderts hinterfragt, wobei bereits konkrete Fälle als Beispiele dienen.
Im Hauptteil der Arbeit wird zunächst sehr a |
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| *Schewe, Dieter, Geschichte der sozialen und privaten Versicherung im Mittelalter in den Gilden Europas (= Sozialpolitische Schriften 80). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 344 S. Besprochen von Wolfgang Forster. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen ForsterSchewe20010903 Nr. 10293 ZRG 119 (2002) 39
Schewe, Dieter, Geschichte der sozialen und privaten Versicherung im Mittelalter in den Gilden Europas (= Sozialpolitische Schriften 80). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 344 S.
Am Ende des 20. Jahrhunderts, das im Rückblick vielleicht auch als „Jahrhundert der Versicherung“ (25) wird gelten können, hat Schewe mit diesem Werk eine umfassende Vorgeschichte der Versicherung im europäischen Mittelalter vorgelegt. Schon zu Beginn wird sein gegenwartsbezogener Ansatz klar: Der Verfasser will die Vorgänger und Vorläufer heutiger Versicherungen entdecken, „nicht solche ... finden, die es geistesgeschichtlich hätte geben müssen“ (6, vgl. auch 288). Damit ist implizit die Frage, welcher Begriff von Versicherung zu Grunde gelegt wird, um von anderen Erscheinungsformen gegenseitigen Beistands abzugrenzen, auch schon beantwortet. Wie an etwas versteckter Stelle zu erfahren ist, hält Schewe es aufgrund der Kontinuität der Versicherung bis zur Gegenwart für „zulässig und sogar geboten“ (223 Fn. 546), den modernen Versicherungsbegriff zu benutzen - in sich ein offensichtlicher Zirkelschluss, aber als Formulierung des Forschungsansatzes konsequent. Der heutige Versicherungsbegriff der „Deckung eines ungewissen Mittelbedarfs durch Risikoausgleich im Kollektiv und in der Zeit“ wird vom ihm aber als zu weit angesehen, um Unterscheidungen zu ermöglichen (27). Wie aus den späteren Ausführungen (222f.) hervorgeht, versteht er dies nicht als begrifflich zu weit, sondern als zu abstrakt. Daher stellt er auf das Vorkommen einzelner Elemente, wie u. a. Isolierung eines Risikos, Entstehen einer nicht schon ohnehin bestehenden Ersatzpflicht und eines entsprechenden Anspruches, Beitritt zu einer Gefahrengemeinschaft und Beitragszahlungspflicht, ab (28, vgl. auch 288). Später wird noch das Überwiegen des Eigeninteresses der Versicherten genannt (45). Nicht als Elemente geeignet sind Verwandtschaft |
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| *Schimpfende Weiber und patriotische Jungfrauen. Frauen im Vormärz und in der Revolution 1848/49, hg. v. Lipp, Carola, 2. Aufl. Nomos, Baden-Baden 1998. 432 S. Besprochen von Wilfried Fiedler (Sammelrezension). ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen FiedlerDierevolution20001219 Nr. 1249, 1150, 1213, 1211, 1236, 1212, 1115, 1186, 1031, 1103, 1145, 1146, 1092, 1080, 1101, 1132, 1087, 1100, 1099, 1187, 1091 ZRG 119 (2002) 51
Die Revolution von 1848/49 in Deutschland nach 150 Jahren (Sammelbesprechung der in den Anmerkungen bibliographisch nachgewiesenen Werke)
Die Revolution von 1848 gilt zwar als gescheitert, aber spätestens nach der Monographie von J.‑D. Kühne[1] ist geläufig, daß diese Aussage so nicht stimmt und die Folgewirkungen nicht zu unterschätzen sind. Kühne hat pünktlich zum Jubiläum eine zweite Auflage vorgelegt[2] und diese mit einer Rarität versehen: mit einem „Nachwort“,[3] in dem er auf die geäußerte Kritik, auf Korrekturen und Anregungen verschiedenster Art eingeht. Die Revolution von 1848/49 mußte auf ganz unterschiedliche Reaktionen stoßen, da sie sich an das vorherrschende Staatsbild nicht hielt und nach 1945 in Deutschland Verwunderung erregte, da seine Ausdehnung die gewohnten Grenzen deutlich überschritt. Der Revolutionsgedanke fand in Deutschland stets eine lebhafte Reaktion, ganz im Gegensatz zu der anders lautenden Überlieferung.[4] Nach 1945 bot die Revolution von 1848/49 Halt in einer wenig erfreulichen Situation. Auch die Aufarbeitung der wichtigsten Daten der Abgeordneten der Paulskirche in dem Werk von Best/Weege[5] änderte nichts daran, daß die Revolution von 1848/49 in Deutschland eher belächelt wurde und ihre Fortwirkung unterschätzt worden ist.
In einer die europäischen Dimension betonenden Publikation[6] konnte H. Reinalter daher zutreffend feststellen, die wenigen neueren Arbeiten hätten „das gesamte Bild der Revolution kaum wesentlich“ verändert.[7] Die europäische Dimension der Revolution von 1848/49 war zwar schon zuvor bekannt, jedoch liefert dieser Ansatz zunächst eine erste Anknüpfung für manche Publikationen zum Jubiläumsjahr.[8]
Wichtige Beiträge unterschiedlicher Art enthält auch die Publikation von Ch. Jans |
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| *Schmale, Wolfgang, Geschichte Frankreichs (= UTB 2145). Ulmer, Stuttgart 2000. 432 S. 16 Ktn. im Anhang. Besprochen von Alois Gerlich. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen GerlichSchmale20010912 Nr. 10457 ZRG 119 (2002) 01
Schmale, Wolfgang, Geschichte Frankreichs (= UTB 2145). Ulmer, Stuttgart 2000. 432 S. 16 Ktn. im Anhang.
Die Geschichte einer großen Nation und ihres in zwei Jahrtausenden gewachsenen Staates in nur einem Band mittleren Umfanges darzustellen und angesichts reicher Literatur neue Akzente zu setzen, ist ein Wagnis. Schon die Frage nach den Anfängen birgt eine eigene Problematik. Hier erwies es sich als nützlich, daß sich Schmale der sicheren Führung von Karl-Ferdinand Werner anvertraute, um den Mittelalterteil darzustellen. Schon hier zeigt sich eine gewisse Abkehr von tradierten Epochengrenzen zugunsten der Suche nach übergreifenden Entwicklungssträngen. Das kulturelle Gedächtnis der Franzosen, die Mythographie seit dem 7. Jahrhundert bis zur Ausformung eines Nationalmythos in Wissenschaft und Literatur, wird als Wesenszug hervorgekehrt. Nicht so sehr punktuell erfaßbare Ereignisse, sondern lang sich hinziehende Vorgänge wie die Völkerwanderungen, die Leitlinien dynastischer Aufeinanderfolgen seit Karl dem Großen verbunden mit Macht- und Gemeindebildungen, dann des Städtewesens und der Geldwirtschaft, das Werden einer spezifisch kommunalen Gesellschaft parallel mit den sich verdichtenden Grundherrschaften durchziehen die Darstellung. Diskutiert wird das Bild des Dreiständeaufbaues in der von Georges Duby und Jean Favier geformten modernen Forschung. Der Verfasser erweist intensive Vertrautheit mit der weit gestreuten Gelehrsamkeit Frankreichs. Zum überkommenen Bild gehört die Bedeutung der Krondomäne als Basis der gewiß nicht gradlinig verlaufenden, doch immer erneut Wirkkraft zeigenden Integration Frankreichs. Dazu wird hier die Zusammenführung der religiösen, sozialen und kuturellen Elemente dargestellt. Trefflich charakterisiert werden die großen Machtverschiebungen im Kampf mit dem englischen Königtum, die Rolle des Lehnrechts und das System der Apanagen. Herrschaftssymb |
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| *Schmidt, Christian Hermann, Vorrang der Verfassung und konstitutionelle Monarchie. Eine dogmengeschichtliche Untersuchung zum Problem der Normenhierarchie in den deutschen Staatsordnungen im frühen und mittleren 19. Jahrhundert (1818-1866). (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 62). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 254 S. Besprochen von Ulrich Eisenhardt. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen EisenhardtSchmidtchristian20010918 Nr. 10349 ZRG 119 (2002) 55
Schmidt, Christian Hermann, Vorrang der Verfassung und konstitutionelle Monarchie. Eine dogmengeschichtliche Untersuchung zum Problem der Normenhierarchie in den deutschen Staatsordnungen im frühen und mittleren 19. Jahrhundert (1818-1866). (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 62). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 254 S.
Mit einer dogmengeschichtlichen und verfassungstheoretischen Arbeit untersucht der Verfasser die Entwicklung des Prinzips des Vorrangs der Verfassung in Deutschland zur Zeit des deutschen Bundes (1815-1866). Dabei geht es vor allem um das Verhältnis zwischen Verfassungsgesetz (‑geber) einerseits und dem einfachen Gesetz (‑geber) andererseits. Im Zusammenhang mit der Sicherung des Vorrangs stellt sich dann auch die Frage nach der richterlichen Überprüfbarkeit und Nichtanwendbarkeit verfassungswidriger Gesetze.
Nach einer Einleitung stellt der Verfasser im ersten Teil der Arbeit das nordamerikanische Modell vor, ehe er sich im zweiten Teil einer sorgfältigen und tiefgehenden strukturellen Analyse der deutschen konstitutionellen Verfassungen zuwendet. Im dritten Teil (Vorrang der Verfassung und konstitutionelle Doktrin) geht es um die Anerkennung und Begründung von Hierarchiekonzepten in der Staatsrechtslehre; im vierten Teil wird schließlich untersucht, ob die Rechtsprechung einen Vorrang der Verfassung anerkannt hat. Der fünfte Teil enthält eine Gesamtwürdigung und einen Überblick über die weitere Entwicklung.
Schon die Gewichtung des ersten Teils (Voraussetzungen und Grundlagen: Das nordamerikanische Modell) lässt erahnen, dass der Verfasser das Konzept des Vorrangs der Verfassung in seiner frühen Ausbildung in der nordamerikanischen Verfassungsentwicklung im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts findet. Das Kapitel enthält Altbekanntes, gestützt auf die einschlägige Literatur gut aufbereitet und gut lesbar. Es wird deutlich, d |
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| *Schmidt-De Caluwe, Reimund, Der Verwaltungsakt in der Lehre Otto Mayers. Staatstheoretische Grundlagen, dogmatische Ausgestaltung und deren verfassungsbedingte Vergänglichkeit (= Jus Publicum, Beiträge zum öffentlichen Recht 38). Mohr (Siebeck), Tübingen 1999. 320 S. Besprochen von Wolfgang Rüfner. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen RüfnerSchmidtdecaluwe20000919 Nr. ZRG 119 (2002) 56
Schmidt‑De Caluwe, Reimund, Der Verwaltungsakt in der Lehre Otto Mayers. Staatstheoretische Grundlagen, dogmatische Ausgestaltung und deren verfassungsbedingte Vergänglichkeit (= Jus Publicum Beiträge zum öffentlichen Recht 38). Mohr (Siebeck), Tübingen 1999. 320 S.
Der Verfasser veröffentlicht mit dem angezeigten Werk den vorwiegend rechtshistorischen Teil seiner Gießener Habilitationsschrift. Er will die Lehre vom Verwaltungsakt gesetzesgeleitet und am Verfassungsrecht orientiert rekonstruieren und sich dabei von überholten Dogmen abkoppeln (S. 14). Als wichtiges Beispiel nennt er vorab in den einleitenden Bemerkungen (erster Teil, S. 1 18) die verfassungsrechtliche Problematik der Maßgeblichkeit rechtswidriger Verwaltungsakte (S. 14‑18).
Mit Recht wird im zweiten Teil (S. 19-45) der Begriff des Verwaltungsakts im bisherigen Verständnis trotz mancher Vorläufer auf Otto Mayer zurückgeführt, der von einem obrigkeitsstaatlichen Staatsverständnis ausging (S. 19-25). Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsakts hält der Verfasser für überholt (S. 25‑31), eine These, die weithin richtig ist, aber im einzelnen vielleicht doch noch hinterfragt werden müßte.
Der Verfasser legt sodann in den beiden ersten Kapiteln des dritten Teils (S. 49-67) die Staatsauffassung Otto Mayers dar, die im Staat als Anstalt gipfelt (S. 67‑69). Die Veränderung von 1918 war für Otto Mayer nicht erheblich, weil die Verfassung den Staat nicht konstituiert, sondern organisiert, wie der Verfasser meint, das typische Staatsverständnis der konstitutionellen Monarchie (S. 65f.). Ob die gegenteilige Auffassung, welcher Schmidt‑de Caluwe zuzuneigen scheint, wirklich haltbar ist, sei dahingestellt.
Der Autor versucht in den folgenden Kapiteln mit großem Argumentationsaufwand nachzuweisen, daß Otto Mayers Verwaltungsrechtslehre dem demokratischen Staat nicht entspricht |
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| *Schmidt-Recla, Adrian, Theorien zur Schuldfähigkeit. Psychowissenschaftliche Konzepte zur Beurteilung strafrechtlicher Verantwortlichkeit im 19. und 20. Jahrhundert. Eine Anleitung zur Verwertbarkeit (= Leipziger juristische Studien, Strafrechtliche Abteilung 4). Leipziger Universitätsverlag. Leipzig 2000. 334 S. Besprochen von Lukas Gschwend. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen GschwendSchmidt-Recla20010823 Nr. 10345 ZRG 119 (2002) 88
Schmidt-Recla, Adrian, Theorien zur Schuldfähigkeit. Psychowissenschaftliche Konzepte zur Beurteilung strafrechtlicher Verantwortlichkeit im 19. und 20. Jahrhundert. Eine Anleitung zur Verwertbarkeit (= Leipziger juristische Studien, Strafrechtliche Abteilung 4). Leipziger Universitätsverlag. Leipzig 2000. 334 S.
Schmidt-Recla stellt einleitend zu seiner 1999 von der Leipziger Juristenfakultät abgenommenen strafrechtlichen Dissertation fest, zwischen Rechts- und Psychowissenschaft habe sich heute „ein weitgehender ‚Burgfrieden‘ eingestellt“. Anlass für die Untersuchung gab ihm die Beobachtung, dass in jüngster Zeit sowohl Juristen als auch Psychiater verstärkt über eine deutlichere Vergeltung von Schuld und Unrecht auch gegenüber möglicherweise psychisch gestörten Delinquenten nachdächten. Sodann bestünden nach wie vor latente Konflikte zwischen den genannten Wissenschaftszweigen, die etwa bei der Beurteilung von Gutachten mitunter zu Unstimmigkeiten führten (S. 15). Der Autor beabsichtigt mit seiner Untersuchung, insbesondere dem Juristen ein besseres Verständnis für psychowissenschaftliche Theorien zu vermitteln (S. 18). Er behandelt das Problem der Schuldfähigkeit aus strafrechtlicher und psychowissenschaftlicher Sicht für das 19. und 20. Jahrhundert und konzentriert sich auf die Entwicklung in Deutschland. Die Situation in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und während der nationalsozialistischen Zeit bleiben überwiegend ausgeblendet.
Schmidt-Recla stellt der eigentlichen Untersuchung ein sehr aussagekräftiges Kapitel über den Schuldbegriff des Strafrechts voran. Er erläutert innerhalb der normativen Schuldlehre die Theorie vom Andershandelnkönnen, die Charakterschuldtheorie, die Gesinnungsschuldtheorie sowie die reine Zwecktheorie und die Theorien von der normativen Ansprechbarkeit. Der Verfasser legt seiner Arbeit einen „sozial-normativen Schuldbe |
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| *Schmitz, Ulrich, Der Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger. Die rechtsgeschichtliche und dogmatische Entwicklung im deutschen Recht (= Rechtshistorische Reihe 226). Lang, Frankfurt am Main 2000. 204 S. Besprochen von Eva Schumann. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen SchumannSchmitz20010915 Nr. 10218 ZRG 119 (2002) 49
Schmitz, Ulrich, Der Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger. Die rechtsgeschichtliche und dogmatische Entwicklung im deutschen Recht (= Rechtshistorische Reihe 226). Lang, Frankfurt am Main 2000. 204 S.
Die von Andreas Roth betreute Dissertation will einen Überblick über den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gegen seinen Vater in der Entwicklung von den germanischen Leges bis 1949 geben. Im ersten Kapitel „Unterhaltsgewährung in den germanischen Stammesrechten“ kommt Schmitz zu dem Ergebnis, daß Söhnen bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit, Töchtern bis zu ihrer Verheiratung Unterhalt gewährt wurde. Dies ergibt sich freilich nicht unmittelbar aus den Leges, sondern aus der „germanischen Gesellschaftsstruktur“ (S. 8) - wie sie von Wilda, Brunner und Conrad über uns gekommen ist (sic!). Als einzigen Beleg führt Schmitz Tit. XV, 9 der Lex Baiuvariorum an, der seiner Auffassung nach auf eine „Alimentationsgewährung des Vaters gegenüber seinen unehelichen Nachkommen“ schließen lasse (S. 5). Damit wird der Inhalt der Stelle völlig verkannt. Ausdrücklich knüpft die bairische Lex an die Bibelstelle „Der Sohn der Magd soll nicht erben mit dem Sohn der Freien“ (Non enim erit heres filius ancille cum filio libere) an. Sie handelt daher von der Erbberechtigung und nicht vom Unterhalt, und macht erstere nicht vom Status der Ehelichkeit, sondern von der Abstammung von einer freien Mutter abhängig. Dazu gibt es neuere Literatur,[1] mit der sich Schmitz an dieser Stelle nicht auseinandersetzt.
Im zweiten Kapitel „Stellung der Unehelichen im römischen und frühen kanonischen Recht“ beschreibt Schmitz zunächst, daß es im klassischen römischen Recht keinen Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gegen den Erzeuger gab, und daß erst in nachklassischer Zeit unter Justinian festgelegt wurde, daß Kinder aus ei |
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| *Schmoeckel, Mathias, Humanität und Staatsraison. Die Abschaffung der Folter in Europa und die Entwicklung des gemeinen Strafprozess- und Beweisrechts seit dem hohen Mittelalter (= Norm und Struktur 14). Böhlau, Köln 2000. XI, 896 S. Besprochen von Wolfgang Sellert. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen SellertSchmoeckel20001002 Nr. 10088 ZRG 119 (2002) 37
Schmoeckel, Mathias, Humanität und Staatsraison. Die Abschaffung der Folter in Europa und die Entwicklung des gemeinen Strafprozess- und Beweisrechts seit dem hohen Mittelalter (= Norm und Struktur 14). Böhlau, Köln 2000. XI, 896 S.
Auch wenn die Abschaffung der Folter nur im Untertitel dieser Münchner Habilitationsschrift erscheint, geht es doch zentral um dieses Thema. Da der Verfasser offenbar Bedenken hatte, daß der Leser in seinem voluminösen Werk die Orientierung verlieren könnte, hat er seiner Untersuchung sowohl eine knappe, die Hauptkapitel enthaltende „Inhaltsübersicht“ als auch ein detailliertes „Inhaltsverzeichnis“ vorangestellt. Viel lag ihm auch daran, den Leser vorab mit dem Gegenstand seiner Untersuchung und der Art seiner „Vorgehensweise“ vertraut zu machen. Man wird daher nicht nur in einer längeren „Vorbemerkung“, die eine „Einführung in das Thema“ enthält, sondern auch in einer weiteren noch längeren „Einführung“ (S. 19‑92), die mit dem Abschnitt „Präzisierungen der Fragestellung“ endet, auf die vom Verfasser angesteuerten zentralen Probleme der Arbeit vorbereitet. In gleicher Weise hat der Verfasser die Ergebnisse seiner Arbeit in zwei Hauptkapiteln formuliert, nämlich in dem Kapitel „Ergebnisse und Ausblick“ sowie in dem weniger aussagekräftigen und zum Teil leider nicht gut formulierten Kapitel „Zusammenfassung der Ergebnisse“. Diese etwas umständliche Strukturierung des Textes, der im übrigen eine Fülle von Aufbauerklärungen und Wiederholungen enthält und nicht immer unmittelbar auf den Untersuchungsgegenstand zentriert ist, hat den großen Umfang der Arbeit ohne Zweifel mitverursacht. Gleichwohl handelt es sich um eine nicht nur lesenswerte, sondern auch gut lesbare und ganz überwiegend auf zeitgenössische Primärquellen gestützte Habilitationsschrift, die zwar auf das Ganze gesehen viel Bekanntes rekapituliert, in vielen Einzelfragen aber zu |
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| *Schneider, Christoph, Die Verstaatlichung des Leibes. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und die Kirche - eine Dokumentationsanalyse (= MenschenArbeit 11). Hartung-Gorre, Konstanz 2000. 195, 114 S. Besprochen von Kai Müller. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen MüllerkaiSchneider20010807 Nr. 10223 ZRG 119 (2002) 62
Schneider, Christoph, Die Verstaatlichung des Leibes. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und die Kirche: eine Dokumentationsanalyse (= MenschenArbeit 11). Hartung-Gorre, Konstanz 2000. 195, 114 S.
Das binnen eines einzigen Tages fertiggestellte nationalsozialistische „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ stand im Widerspruch zur päpstlichen Enzyklika „Casti Connubii“. Wie die katholische Kirche in der alltäglichen Praxis mit dieser Konfrontation umging, untersucht Schneider am Beispiel des katholischen Kinderheimes St. Anton in Riegel, das zumindest ab 1935 den Erziehungsanstalten der „Liste V“, dessen Zuständigkeit sich auf „erbgeschädigten und unterbegabten Nachwuchs“ bezog, offiziell zugeordnet wurde. Die Arbeit, die über einen umfangreichen Anhang von insgesamt 93 abgedruckten Dokumenten verfügt, ist in drei Kapitel gegliedert, wobei die ersten beiden die Grundlage der im dritten Teil folgenden eigentlichen Untersuchung des Kinderheimes St. Anton bilden, indem zunächst anhand einschlägiger Sekundärliteratur allgemeine Darstellungen der Rassenlehre und Sterilisationsentwicklung bzw. der katholischen Kirchenpolitik im Nationalsozialismus erfolgen.
Im ersten Kapitel wird zunächst die Rassenlehre der Sozialdarwinisten und deren Auswirkungen auf die Eugenik zusammenfassend erörtert. Anschließend folgt ein kurzer historischer Abriss der politischen und wissenschaftlichen Forderung nach Sterilisation vom Kaiserreich bis zum Inkrafttreten des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933. Im zweiten Kapitel geht Schneider der schwierigen Frage des Verhältnisses der katholischen Kirche zum NS-Staat nach und beleuchtet sowohl die Zeit vor 1933 als auch das für die Kirche wichtige Jahr 1933 mit der „Machtergreifung“ und dem Abschluß des Reichskonkordats sowie abschließend kurz die Zeit des „Kirchenkampfes“ von 1934 bis 1945. Hierbei b |
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| *Schöniger-Hekele, Bernhard, Die österreichische Zivilprozessreform 1895. Wirkung im Inland bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914. Ausstrahlung ins Ausland (= Rechts- und sozialwissenschaftliche Reihe 26). Lang, Frankfurt am Main 2000. 204 S. Besprochen von Bernhard König. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen KönigSchöniger-hekele20010814 Nr. 10377 ZRG 119 (2002) 67
Schöniger-Hekele, Bernhard, Die österreichische Zivilprozessreform 1895. Wirkung im Inland bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Ausstrahlung ins Ausland (= Rechts- und sozialwissenschaftliche Reihe 26). Lang, Frankfurt am Main 2000. 204 S.
Wenn im Vorwort des hier angezeigten Buchs im Zusammenhang mit der ZPO 1895 von der „Justizreform unter (!) Justizminister Franz Klein“ die Rede ist (Franz Klein wurde erst 1906 Ressortleiter: richtig dann im Buch 21) und angesichts der gerade in jüngerer Zeit zahlreichen und eingehenden (freilich im angezeigten Buch nicht zitierten) Arbeiten von einer „unverdientermaßen“ noch nicht bestehenden zusammenfassenden Betrachtung der Auswirkungen der seinerzeitigen Prozeßreform gesprochen wird, kommen erste Zweifel an der Güte des zu Lesenden auf. Dem Titel nach werden die Wirkungen der Kleinschen Verfahrensreform im Inland bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die Ausstrahlung ins Ausland dargestellt. Dem Klappentext entnimmt man dann freilich, daß dies weitgehend bloß auf einer „eingehenden Analyse der zeitgenössischen Sekundärliteratur“ erfolgen soll; die „Analyse“ hält sich in Grenzen, die „Ausstrahlung“ wird gerade nicht dieser „Sekundärliteratur“, sondern längst nicht mehr aktueller späterer Literatur entnommen.
Die Schilderung des Verfahrens nach der AGO 1781 ist kursorisch und teilweise unrichtig (14f. übersieht, daß jeder Streitteil „zwo Reden“ hatte [§ 2 AGO]; dazu Sprung, Studien zum „Ruhen des Verfahrens“, FS Grass I [1974] 710f.). Feststellungen wie „Veränderungen im Regierungssystem folgte oft auch ein entsprechender Wechsel des Prozeßmodells“ (27) widerlegt die Prozeßgeschichte. Wenn zutreffend (48) auf die durch die ZPO verstärkte formelle und materielle Prozeßleitung eingegangen wird, wären auch inhaltlich nicht nur der formellen, sondern gerade der (bedeutenderen) materiellen Prozeßleitung Ausführungen zu |
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| *Schorer, Reinhold, Die Strafgerichtsbarkeit in der Reichsstadt Augsburg 1156-1548 (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien 3). Böhlau, Köln 2000. XI, 221 S. Besprochen von Klaus Richter. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen RichterSchorer20010915 Nr. 10382 ZRG 119 (2002) 37
Schorer, Reinhold, Die Strafgerichtsbarkeit in der Reichsstadt Augsburg 1156-1548 (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien 3). Böhlau, Köln 2000. XI, 221 S.
Reinhold Schorer befasst sich in seiner Arbeit detailliert und umfassend mit der geschichtlichen Entwicklung der Gerichtsverfassung und der Gerichtsorganisation der Reichsstadt Augsburg in Strafsachen. Den zeitlichen Rahmen bilden das erste Stadtrecht von 1156 sowie die Aufhebung der Zunftverfassung 1548. Mit dem ersten Stadtrecht werden die ersten Spuren einer rechtlichen Ordnung in Augsburg sichtbar, wobei es sich allerdings weniger um rechtliche Neuschöpfung als vielmehr um Aufzeichnung des von alters her in der Stadt geltenden Gewohnheitsrechtes handelt. Die Aufhebung der Zunftverfassung 1548 signalisiert den Übergang zu einer neuen Rechtsordnung. In dem dazwischenliegenden Zeitraum zeichnet der Verfasser anhand zahlreicher Quellen, unter anderem auch aus den Augsburger Archiven, die Veränderung der Organisations- und Funktionsweise der Gerichtsverfassung nach. Ein wichtiges Ziel der Arbeit ist die Untersuchung, wann sich in mittelalterlichen Quellen der Übergang vom Privatstrafrecht zum öffentlichen Strafrecht feststellen lässt. Anhand der vom Verfasser ausgewählten Quellen und seiner Forschungsergebnisse lässt sich diese Entwicklung gut verfolgen. Kernpunkt des Strafverfahrens im 12. Jahrhundert – sofern zu dieser Zeit überhaupt von Strafverfahren gesprochen werden kann – ist die zwischen den Parteien ausgehandelte Buße, die regelmäßig in Geld- oder Sachleistungen bestand. Damit sollte, so die Feststellung des Verfassers, die Blutrache oder Fehde nur auf Ausnahmefälle beschränkt, ansonsten aber verhindert werden. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte lässt sich eine Zunahme der durch städtische Institutionen erlassenen Bestimmungen zur Strafrechtsverfolgung beobachten, die meh |
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| *Schowe, Ulrike, Mit Haut und Haar. Idiomatisierungsprozesse bei sprichwörtlichen Redensarten aus dem mittelalterlichen Strafrecht (= Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 27). Lang, Frankfurt am Main 1994. 393 S., 17 Abb. Besprochen von Clausdieter Schott. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen Schott20010307Schowe Nr. 579 ZRG 119 (2002) 38
Schowe, Ulrike, Mit Haut und Haar. Idiomatisierungsprozesse bei sprichwörtlichen Redensarten aus dem mittelalterlichen Strafrecht (= Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 27). Lang, Frankfurt am Main 1994. 393 S., 17 Abb.
Die sprachgermanistische Dissertation ist im Rahmen des von Ruth Schmidt-Wiegand geleiteten Forschungsprojekts „Rechtsbücher als Ausdruck pragmatischer Schriftlichkeit“ des Münsteraner Sonderforschungsbereichs „Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ entstanden. Mit dem Untersuchungsgegenstand der „sprichwörtlichen Redensarten“ wird eine Forschungsspur aufgenommen, für welche Ruth Schmidt-Wiegand selbst bereits die Wege gewiesen hat, auf denen ihr andere - zu erwähnen wäre etwa ihre Schülerin Brigitte Janz - gefolgt sind. Schowe ist inzwischen auch als Mitarbeiterin an dem von Schmidt-Wiegand herausgegebenen Lexikon „Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter“ (München 1996) hervorgetreten.
In der vorliegenden Untersuchung geht es um sprichwörtliche Redensarten, die aus der Strafrechtsgeschichte ihre Erklärung finden, die jedoch in der Gegenwart ihre Rechtsbezüglichkeit verloren haben, auch wenn der rechtsspezifische Ursprung weiterhin mehr oder weniger erkennbar bleibt. So wird zum Beispiel die Redensart „jemanden auf die Folter spannen“ heute im Sinne von „jemanden in quälende Spannung versetzen“ (Duden) genommen, das heißt als gemeinsame Schnittmenge zwischen historischer und moderner Bedeutung ist nur noch das Quälen übrig geblieben. Durch die Idiomatisierung ist sogar die ursprüngliche und entscheidende Rollenkonstellation verlorengegangen beziehungsweise ins Gegenteil verkehrt worden, indem der „auf die Folter Gespannte“ jetzt nicht mehr der Gefragte und Antworter ist, sondern im Gegenteil zu fragen an den „Folternden“ provoziert wird.
Die Verfasserin untersucht nach einer Methoden- und Definitionsfragen |
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| *Schriftkultur und Reichsverwaltung unter den Karolingern. Referate des Kolloquiums der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften am 17./18. Februar 1994 in Bonn, hg. v. Schieffer, Rudolf (= Abhandlungen der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften). Westdeutscher Verlag, Opladen 1996. 196 S. Besprochen von Clausdieter Schott. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen SchottSchriftkultur20010411 Nr. 756 ZRG 119 (2002) 23
Schriftkultur und Reichsverwaltung unter den Karolingern. Referate des Kolloquiums der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften am 17./18. Februar 1994 in Bonn, hg. v. Schieffer, Rudolf (= Abhandlungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften). Westdeutscher Verlag, Opladen 1996. 196 S.
Die geradezu explosionshaft aufkommende Schriftlichkeit im Karolingerreich nimmt immer wieder und in den letzten Jahrzehnten vermehrt die Aufmerksamkeit der Mediävistik in Anspruch, und es werden unter den verschiedensten Aspekten stets neue Anläufe gemacht, um das Phänomen als Ganzes und in seinen Implikationen zu erfassen. Immerhin hat sich unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen der Bücherbestand der Bibliotheken verzehnfacht, vom sonstigen Schriftgut ganz zu schweigen. Dass die Rechtsgeschichte dabei zentral betroffen ist, bedarf keiner Ausführungen, da die große Masse der Rechtsquellen oder rechtsrelevanten Quellen vor der ersten Jahrtausendwende der karolingischen Produktion oder Reproduktion entstammt. Mit Gewinn greift man daher auch zum vorliegenden Band, in dem die Referate eines im Vorfeld der Edition der Urkunden Ludwigs des Frommen (814-840) veranstalteten, thematisch jedoch weiter gezogenen Rahmens zusammengefasst sind. Die einzelnen Beiträge befassen sich sowohl mit den bildungs- und schriftgerichtlichen Grundlagen wie auch mit verschiedenen Feldern zeitgenössischer Schriftlichkeit und schließlich mit speziellen Aspekten der Diplomatik.
David Ganz geht in seiner Untersuchung „Temptabat et scribere: Vom Schreiben in der Karolingerzeit“ der schriftlichen Produktion, der Schriftreform, der Schreiberkompetenz, der Schreiberleistung und der Funktion der Schriftlichkeit wie auch des Schreibens selbst nach. Um nicht schrifttechnischer Einseitigkeit zu verfallen, sollte die Schlussbemerkung des Verfassers nicht gering veranschlagt werden, dass Schreib |
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| *Schroeder, Klaus-Peter, Vom Sachsenspiegel zum Grundgesetz. Eine deutsche Rechtsgeschichte in Lebensbildern. Beck, München 2001. XIV, 277 S. m. 12 Abb. Besprochen von Hans Hattenhauer. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen HattenhauerSchroeder20010625 Nr. 10403 ZRG 119 (2002) 00
Schroeder, Klaus-Peter Vom Sachsenspiegel zum Grundgesetz. Eine deutsche Rechtsgeschichte in Lebensbildern, Beck München, 2001, XIV u. 277 S.
Wer den fundamentalen Wandel im Selbstverständnis der deutschen Rechtshistoriker des 20. Jahrhunderts mit Händen begreifen will, muss neben diesen vergleichsweise schmalen Band die dickleibigen, von allen zitierten und nur von wenigen wirklich studierten „Große(n) Rechtsdenker“ Erik Wolfs legen. Was haben wir uns damals an jenem Werk abgemüht, anfangs staunend vor so viel Gelehrsamkeit, sodann immer häufiger ermüdet mehrere Seiten mit der Frage überschlagend, wann der Autor denn nun endlich zur Sache komme. Anschließend haben wir uns dann gefragt, was wir von alledem eigentlich behalten hatten. Mit Klaus-Peter Schroeders Buch dagegen wird es dem Leser genau umgekehrt ergehen. Der Verfasser wirbt unablässig und geschickt um das Interesse und Verstehen seiner Leser. Jeder Satz strotzt von Informationen, nirgends wird geschwafelt. Man sollte und kann das Buch einem Anfänger in die Hand geben, der sich in die Rechtsgeschichte einlesen will. Er wird es mit Gewinn lesen, um beim dritten Durchgang zu merken, dass er den hohen Informationswert des Buches noch immer nicht voll ausgeschöpft hat. Der Verfasser weiß, dass er seinen Gegenstand wie ein Missionar an den Mann bringen muss und Rechtsgeschichte sich heute nicht mehr von selbst verkauft. Das eben gibt dem Buch seinen gewinnenden, anschaulichen Charakter.
Das Recht wird hier durch Menschen zur Anschauung gebracht. Auch darin offenbart sich eine neue Sicht der Geschichte. Nicht die großen Ideen tun ihr Werk als solche unabhängig von den Persönlichkeiten und Eigenarten ihrer Verkünder, wie man dies lange Zeit behauptet und geglaubt hat; nicht wird scharf zwischen Autor und Werk mit dem Hinweis unterschieden, dass es auf die Person eigentlich nicht ankomme, wo es um Ideen gehe. Schroe |
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| *Schuler, Peter-Johannes, Die spätmittelalterliche Vertragsurkunde, untersucht an den Urkunden der Grafen von Württemberg 1325-1392 (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte neue Folge 14). Schöningh, Paderborn 2000. X, 408 S., 11 Taf. Besprochen von Albrecht Cordes. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen CordesSchroeder20010205 Nr. 847 ZRG 119 (2002) 33
Mindener Stadtrecht 12. Jahrhundert bis 1540, bearb. v. Schroeder, Johann Karl von (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen VIII, Rechtsquellen A Westfälische Stadtrechte 2). Aschendorff, Münster 1997. XI, 358 S.
Die hier vorgelegte Edition von Quellen zur Mindener Stadtrechtsgeschichte läßt den Leser ein wenig ratlos. Wem soll sie dienen? Wie soll sie ohne sachliche Einführung und ohne Sachregister genutzt werden? Nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl der Quellen? Wo darf auf Vollständigkeit gehofft werden, wo nicht?
Der Herausgeber, der sich offenbar schon seit vielen Jahrzehnten mit der Mindener Geschichte beschäftigt, hätte vermutlich mit Leichtigkeit eine Reihe von Antworten auf diese Fragen geben können. So aber liegt eine Sammlung (um das Wort „Sammelsurium“ zu vermeiden) unklaren Zuschnitts vor, in dem nur derjenige etwas Nützliches finden wird, der schon genau weiß, was er sucht.
Im einzelnen bietet die Edition vier Stadtbücher bunt vermischten Inhalts. Je zwei von ihnen wurden im 14. Jahrhundert, der hohen Zeit der Stadtbücher, und im 16. Jahrhundert, also für gemischte Stadtbücher ungewöhnlich spät, begonnen. Das älteste von ihnen („von“, richtiger: „ab“ 1318), inhaltlich erschlossen durch ein knappes Inhaltsverzeichnis und durch teils aus den Originalen stammende, teils vom Herausgeber eingefügte Zwischenüberschriften, wurde bereits 1931 von Martin Krieg (Mindener Geschichtsquellen 3) herausgegeben. Das zweite ist besonders verwirrend und bruchstückhaft aufgebaut und inhaltlich eher von geringem Interesse. Das dritte ist nicht nach dem verlorenen Original zitiert, sondern bietet nur die kurzen Auszüge, die sich in zwei Reichskammergerichtsakten fanden. Das vierte schließlich, „Der Fischerstadt Gerechtigkeit Buch“, enthält insbesondere eine „Satzung der Fischer“ aus der Zeit um 1535, die vielleicht besser als Zunftordnung oder wie in |
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| *Schuler, Peter-Johannes, Regesten zur Herrschaft der Grafen von Württemberg 1325-1378 (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte neue Folge 8). Schöningh, Paderborn 1998. LVIII, 518 S. Besprochen von Albrecht Cordes. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen CordesSchulerregestenSchulerdiespätmittelalterliche20010916 Nr. 10365/10253 ZRG 119 (2002) 33
Schuler, Peter-Johannes, Regesten zur Herrschaft der Grafen von Württemberg 1325-1378 (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte N. F. 8). Schöningh, Paderborn 1998. LVIII, 518 S.
Schuler, Peter-Johannes, Die spätmittelalterliche Vertragsurkunde, untersucht an den Urkunden der Grafen von Württemberg 1325-1392 (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte N. F. 14). Schöningh, Paderborn 2000. X, 408 S., 11 Taf.
Fast zwei Jahrzehnte nach Abschluss des Verfahrens legt Schuler seine zweibändige Bochumer Habilitationsschrift aus dem Gebiet der spätmittelalterlichen Geschichte im Druck vor. Sie besteht aus zwei Bänden, der 1508 Stücke umfassenden Regestensammlung (1998 erschienen, vom Autor als Band 2 bezeichnet) und deren Auswertung aus diplomatischer und rechtshistorischer Sicht („Band 1“, 2000). Dem Regestenband sind umfassende Personen-, Orts- und Sachregister, dem Auswertungsband weitere Register sowie 11 Tafeln mit 24 Abbildungen beigegeben.
Die Arbeit ist rechtshistorisch gesehen misslungen. Die Lektüre vermittelt das Bild eines Historikers, der sich in jahrelanger Fleißarbeit in seinen Quellenbergen von Tausenden württembergischer Urkunden des 14. Jahrhunderts vergraben und dabei einen Eindruck von deren zutiefst juristischen Inhalten gewonnen hat, dem dann aber die Kraft fehlte, seinen Quellenfundus mit hinreichendem Tiefgang zu analysieren und im wissenschaftlichen Diskurs zu verorten. Schuler hat sich auf zwei Gebieten an einer Auswertung versucht.
Zum einen hat er den Diplomatikern vorgeschlagen, eine neue Urkundengattung, nämlich die der spätmittelalterlichen Vertragsurkunde, in ihre Typenlehre aufzunehmen (Kap. 1-6, bis S. 147). Der Unterschied zum Privileg bestehe trotz großer äußerlicher Ähnlichkeit (S. 97f.) vor allem darin, dass Privilegien „Recht aus Gnade gewähren und nicht aufgrund einer zw |
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| *Schüler, Hans Christian, Die Entstehungsgeschichte der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961 (= Rechtshistorische Reihe 221). Lang, Frankfurt am Main 2000. 440 S. Besprochen von Christian Neschwara. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen NeschwaraSchüler20010912 Nr. 10322 ZRG 119 (2002) 87
Schüler, Hans Christian, Die Entstehungsgeschichte der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961 (= Rechtshistorische Reihe 221). Lang, Frankfurt am Main 2000. 440 S.
Die vorliegende Arbeit behandelt die Entstehung der deutschen Bundesnotarordnung (BNotO) von 1961. Das Manko einer monographischen Abhandlung über diesen Gegenstand hat den Autor veranlaßt, mit seiner Darstellung „diese Lücke“ zu schließen, und zwar „insbesondere durch Auswertung unveröffentlichter Quellen“ (S. 27). Und darin liegt auch ihr besonderer Wert: Der Autor hat der Forschung bislang unbekannte Materialien aufbereitet, neben solchen aus zahlreichen öffentlichen Archiven (s. S. 417ff: Quellenverzeichnis), vor allem auch solche aus dem Archiv der Bundesnotarkammer.
Das Ergebnis seiner Bemühungen ist eine minutiös-pointilistisch erarbeitete Dokumentation der Gesetzgebungsgeschichte der BNotO. Sie konzentriert sich – wie die der Darstellung vorangestellte „Zeittafel“ erahnen läßt – auf eine im wesentlichen chronologischen Kriterien folgende Beschreibung der „Entstehung der BNotO ...“ (S. 83ff.) im Jahrzehnt von 1950–1961; sie beschränkt sich dabei auf den institutionellen Rahmen und den äußeren Ablauf der Gesetzgebungsarbeiten. Ein „weiterer Hauptteil“ (28) behandelt dann einzelne „Kernfragen im Rahmen der Entstehung bedeutsamer Vorschriften des NotMaßnG ... 1961 bzw. der BNotO“ (S. 201ff.). Der Rechtsgeschichte des Notariats widmet die vorliegende Arbeit lediglich eine knappe „Rückblende“ (S. 27), die sich vor allem auf „die Wiederaufnahme der Bemühungen um ein einheitliches Reichsnotariat“ (S. 32) in der Weimarer Republik seit Mitte der 20er-Jahre konzentriert, nachdem ähnliche Bestrebungen um die Beseitigung der zersplitterten Notariatsverfassungen während der Zeit des Kaiserreiches gescheitert waren. Inwieweit diese Intention dann mit der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus 1937 zustandegebra |
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| *Schulz, Lorenz, Normiertes Misstrauen. Der Verdacht im Strafverfahren (= Juristische Abhandlungen 38). Klostermann, Frankfurt am Main 2001. XIX, 793 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen Müller-DietzSchulz20010917 Nr. 10408 ZRG 119 (2002) 58
Schulz, Lorenz, Normiertes Misstrauen. Der Verdacht im Strafverfahren (= Juristische Abhandlungen 38). Klostermann, Frankfurt am Main 2001. XIX, 793 S.
Der Verdacht ist der Zentralbegriff des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens. Ohne Anfangsverdacht darf kein solches Verfahren eingeleitet werden. Sein Vorliegen wiederum begründet in Ländern, in denen das Legalitätsprinzip gilt - wie z. B. Deutschland (§ 152 Abs.2 StPO) und Österreich (§§ 34, 87 StPO) -, für Polizei und Staatsanwaltschaft die Pflicht, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Dabei kann sich der Verdacht - zunächst einmal - auf eine mehr oder minder bestimmte Tat richten (Tatverdacht), dann aber auch - oder zugleich - gegen eine bestimmte Person. Das Verfahren hat die Klärung des Verdachts zum Ziel. Seit einiger Zeit ist dem Begriff angesichts der Gewichtsverlagerung auf das Ermittlungsstadium noch weitere Bedeutung zugewachsen. Immer häufiger endet das Strafverfahren in oder mit diesem Abschnitt oder mündet in ein beschleunigtes Verfahren ohne Hauptverhandlung. Obgleich also der Begriff des Verdachts fundamentale Bedeutung für das Ermittlungsverfahren hat, ist er alles andere als hinreichend geklärt. Eine Vielzahl einschlägiger Untersuchungen hat es nicht vermocht, ihn in sowohl überzeugender als auch konsensfähiger Weise zu definieren. So kann es auch nicht überraschen, daß namentlich eine theoretisch fundierte und empirisch abgesicherte Dogmatik des Verdachts vermißt wird. Das hat nicht zuletzt daran gelegen, daß es bisher an einer vertieften Darstellung und Analyse seiner Entwicklungsgeschichte und seines rechtstheoretischen Hintergrundes gefehlt hat.
Lorenz Schulz hat es nun in seiner ebenso umfangreichen wie weitausgreifenden Frankfurter Habilitationsschrift unternommen, die historischen Wurzeln des Verdachtsbegriffs offenzulegen und seine normative Relevanz auf wissenschafts- und rechtstheoretische |
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| *Schuster, Peter, Eine Stadt vor Gericht. Recht und Alltag im spätmittelalterlichen Konstanz. Schöningh, Paderborn 2000. 353 S. Besprochen von Eva Lacour. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen LacourSchuster20010123 Nr. 10306 ZRG 119 (2002) 38
Schuster, Peter, Eine Stadt vor Gericht. Recht und Alltag im spätmittelalterlichen Konstanz. Schöningh, Paderborn 2000. 354 S.
Mit dieser Bielfelder Habilitationsschrift liegt eine weitere Studie zu einem Forschungsfeld vor, das seit Mitte der 1980er Jahre in Deutschland einen rasanten Aufschwung erfahren hat. Im neuen „Oldenbourg Geschichte Lehrbuch: Frühe Neuzeit“ wird die sozialgeschichtlich orientierte Kriminalitätsgeschichte als einer von vier „Neuere(n) Untersuchungsschwerpunkte(n)“ gehandelt (S. 352ff.). Seltsam genug: Die Forschungsbegeisterung wird nicht von den methodischen Problemen und theoretischen Schwachpunkten getrübt, deren Überwindung sich derzeit noch nicht einmal andeutet. So wundert nicht, dass Modernisierungs- und Zivilisationstheorien immer wieder diskutiert werden, obwohl so gut wie alle deutschen Forscher inzwischen deren Annahmen ablehnen. Aber Alternativen sind nicht in Sicht.
Somit ist kaum verwunderlich, dass die Arbeit von Peter Schuster in nur wenigen Punkten einen Fortschritt gegenüber Pionierarbeiten der deutschsprachigen Forschung wie dem 1991 von Gerd Schwerhoff vorgelegten „Köln im Kreuzverhör“ darstellt.
Schuster untersucht also Rechtsnormen und Rechtspraxis sowie Instanzen und Formen der Konfliktregulierung; innovativ sind immerhin Fragen nach den „sozialen Folgen von Delinquenz“ (S. 20) in Konstanz zwischen 1430 bis 1460. Als Quellen zieht er neben Ratsbüchern, Strafbüchern und Secklerrechnungen auch Steuerbücher und Ämterlisten heran.
Die Kriminalstatistik zeigt nur die Zahl der Täter, nicht aber die der Delikte oder den Anteil an Einzel- und Gruppentaten. In Tateinheit begangene Delikte, als Beispiel nennt der Verfasser „mit worten mißhandelt und geschlagen“, werden als zwei Taten gezählt - ein reichlich eigenwilliges Vorgehen. So kommen auf 1653 Täter 1725 Fälle, wobei Fälle nicht Taten sind, weil eine Messerstecherei unter zwei B |
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| *Schuster, Walter, Deutschnational Nationalsozialistisch Entnazifiziert Franz Langoth Eine NS-Laufbahn. Archiv der Stadt Linz, Linz 1999. 460 S. Besprochen von Fred Bär. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen BärSchuster20010507 Nr. 10315 ZRG 119 (2002) 62
Schuster, Walter, Deutschnational, Nationalsozialistisch, Entnazifiziert. Franz Langoth, Eine NS-Laufbahn, Archiv der Stadt Linz, Linz 1999. 460 S.
Der auf drei Adjektive komprimierte Titel von Schusters biografischer Studie steht für die Lebensgeschichte vieler Repräsentanten des Nationalsozialismus. Franz Langoth, Leiter der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), Oberbürgermeister der ‚Führerstadt Linz‘, SS-Brigadeführer, Richter am NS-Volksgerichtshof und überzeugter Rassist und Antisemit, tritt aus der Menge der NS-Akteure hervor, da noch im Jahr 1973 nach ihm die Langothstraße in Linz benannt wurde. Diese Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus wurde vom Stadtsenat im Jahr 1986 vor allem wegen Langoths Rolle als ehrenamtlicher Richter am Volksgerichtshof revidiert. Allein ein derart nonchalanter Umgang mit der NS-Vergangenheit legitimiert –so es einer solchen Legitimation überhaupt bedarf- die von Schuster vorgelegte zeitgeschichtliche Untersuchung. Der Band kritisiert explizit die „‘Vergangenheitsbewältigung‘, die allzu lange die Opferrolle Österreichs und der Österreicher zwischen 1938 und 1945 festschrieb, während die vom NS-Regime tatsächlich Verfolgten auf wenig Verständnis stießen. Das Verweigern der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit ermöglichte es, daß Teile des nationalsozialistischen Gedankengutes noch weitertradiert wurden.“ (S. 12)
Die Biografie ist in sechs Kapitel untergliedert, in denen der Lebensweg Langoths als deutschnationaler Politiker von 1909-1933 (S. 17-69), seine Hinwendung zum Nationalsozialismus von 1933-1938 (S. 71-105), seine Karriere im ‚Grossdeutschen Reich‘ von 1938-1945 (S.107-214), seine Entnazifizierung von 1945-1950 (S. 215-244), seine weiteren politischen Aktivitäten bis zu seinem Tod im Jahr 1953 (S. 245-257) und schließlich der ‚Mythos Langoth‘ in der Zeit von 1953 bis 1986 (S. 259-303) dargestellt werden.
Die Ha |
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| *Shore, Heather, Artful Dodgers - Youth and Crime in Early Nineteenth-Century London (= Royal Historical Society Studies in History, New Series). Boydell, Rochester 1999. XIII, 193 S. Besprochen von Eva Lacour. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen LacourShore20010514 Nr. 10395 ZRG 119 (2002) 58
Shore, Heather, Artful Dodgers: Youth and Crime in Early Nineteenth-Century London (= Royal Historical Society Studies in History, New Series). Boydell, Rochester 1999. XIII, 193 S.
Zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in England das Phänomen „Jugendkriminalität“ als so bedrohlich empfunden, dass der Staat mit dem Juvenile Offenders Act und einer Reihe weiterer Gesetze darauf reagierte. Bereits 1788 war die Philanthropic Society gegründet worden, im frühen 19. Jahrhundert folgten weitere Gesellschaften, die sich das Ziel setzten, in ihren Häusern Fleiß und Moral delinquenter und verwahrloster Kinder zu heben. Doch erst 1838 wurde die Parkhurst Jugendstrafanstalt gegründet, um die 1828 formulierte Notwendigkeit zu realisieren, Kinder und Jugendliche vom Erwachsenenvollzug fern zu halten. Noch vor der Jahrhundertmitte allerdings „hatte sich Parkhurst vollständig von seinen reformerischen Anfängen entfernt“ (S. 113) und war zu einer Anstalt für jugendliche Schwerverbrecher über 14 Jahren geworden. Dieses Scheitern ist typisch für die englische Reformbewegung und Strafpraxis: Immer mehr Jugendliche wurden - wider besseres Wissen - eingesperrt und in die Kolonien transportiert, bis in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eine Entspannung eintrat. Damit wurde das Problem einer zunehmend als delinquent wahrgenommenen Jugend in England nicht nur eher akut als in Deutschland, sondern auch schneller entschärft. Der Anteil an zu Gefängnisstrafen Verurteilten fiel früher und zügiger - was aber nicht mehr Thema des zu besprechenden Buches ist.
Die Cambridger Historikerin Heather Shore betrachtet das Problem der Jugendkriminalität in ihrer Dissertation im Wesentlichen als - sozial, politisch und juristisch - erzeugt. Einerseits ließ das ausgeprägte Bevölkerungswachstum den Anteil der unter 15jährigen auf mindestens ein Drittel ansteigen. Der Pauperismus betraf Jugendliche besonders hart. E |
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| *Simon, Sema, Die Tagelöhner und ihr Recht im 18. Jahrhundert (= Berliner juristische Universitätsschriften, Zivilrecht 2). Berlin-Verlag/Nomos, Berlin/Baden-Baden 1995. 391 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen BenöhrSimon20000929 Nr. 707 ZRG 119 (2001) 49
Simon, Sema, Die Tagelöhner und ihr Recht im 18. Jahrhundert (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Zivilrecht 2). Berlin-Verlag/Nomos, Berlin/Baden-Baden 1995. 391 S.
Wieder wird aus der Schule Rainer Schröders, noch aus seiner Lehrätigkeit in Bayreuth, eine Dissertation vorgelegt, die eine weitere Lücke der Arbeitsrechtsgeschichte füllt und wiederum die noch heute links und rechts grassierenden romantischen, von Richard Wagner und Friedrich Engels gepinselten Bilder aus der deutschen Vergangenheit korrigiert. Von den „vielen vorindustriellen Arbeitsverhältnissen“ wird diesmal die rechtlich freie, unzünftige „Tagelöhner-Arbeiterschaft“ untersucht. Dazu hat Sema Simon eine Masse von Rechtsvorschriften aus den Jahren seit 1530 (Reichspolizeiordnung), vor allem partikulare Bestimmungen und Literatur aus dem 17. und 18. Jahrhundert (Verzeichnis S. 281-319) unter umfangreicher Heranziehung der Sekundärliteratur (320 - 391) ausgewertet.
Die Untersuchung gliedert sich in zehn Kapitel: Im ersten Kapitel, betreffend „Forschungsstand, Probleme und Prämissen“, werden u. a. die Tagelöhner zum Gesinde abgegrenzt und die verschiedenen Arten in Land und Stadt aufgefächert (17 - 58). Bei der Beschreibung des „Arbeitsmarktes“ im zweiten Kapitel gibt sich Sema Simon nicht mit der offensichtlichen Wahrscheinlichkeit von Tagelöhnern zufrieden, sondern weist an Hand verschiedener Quellen und Statistiken ihre Anzahl nach (59-84). Als sofortige Folge des „dreißigjährigen Kriegs“ werden zwar generell eine Erhöhung der Arbeitsmöglichkeiten und der Löhne sowie ein Fallen der Ernährungskosten, aber auch das Schwinden dieser Vorteile für die Arbeiterschaft gegen Ende des 17. Jahrhunderts konstatiert (85-112), denn die „Löhne der Tagelöhner lagen vielfach zwischen ,Hungerlohn’ und dürftigem Einkommen“.
Nach Klärung dieser tatsächlichen und sozialen Verhältnisse gruppiert Sema Simon die zahlreichen |
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| *Spee, Friedrich von, Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse, aus dem Lateinischen übertragen und eingeleitet v. Ritter, Joachim-Friedrich, 6. Aufl. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. XLIII; 308 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerSpee20001027 Nr. 10228 ZRG 119 (2002) 48
Spee, Friedrich von, Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse, aus dem Lateinischen übertragen und eingeleitet v. Ritter, Joachim-Friedrich, 6. Aufl. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. XLIII; 308 S.
Zu den dunkelsten Kapiteln der Rechtsgeschichte zählen die im späten Mittelalter einsetzenden Hexenprozesse, die zeigen, welcher Unmenschlichkeit der Mensch im zwischenmenschlichen Zusammenleben fähig ist. Auf der Suche nach seiner Wahrheit gelingen ihm selbst im Recht ausgefeilte Gestaltungsmöglichkeiten, welche schreiendes Unrecht verwirklichen. Ein mahnendes Mal auf diesem Weg ist der berüchtigte Hexenhammer des Dominikaners Heinrich Kramer (Institoris) von 1486.
In zahlreichen Auflagen überall verbreitet bestimmte er noch das Verfahren, als Friedrich von Langenfeld, genannt Friedrich von Spee, in Kaiserswerth am 25. 2. 1591 geboren wurde und 1610 in den Jesuitenorden eintrat. Als Seelsorger in Bamberg und Würzburg geleitete er innerhalb von zwei Jahren 200 Opfer auf ihrem letzten Weg zum Scheiterhaufen. Die dabei entstehenden rechtlichen Bedenken fasste er anonym in die 1631 erstmals erschienene, in fünfzig Fragen und Antworten gegliederte Cautio Criminalis.
Mit ihr erregte er die Hexenjäger so sehr, dass er nur dank der Obsorge seiner Ordensoberen am Leben blieb. Nur wenige Adressaten ließen sich für milderes Vorgehen gewinnen. Allgemeinere Auswirkungen zeitigte das Werk erst mit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts.
Die erste vollständige Übersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche führte Joachim-Friedrich Ritter durch. Sie erschien 1939. Ihre Taschenbuchform legt der Verlag nunmehr in sechster Auflage vor und ehrt dadurch einen beispielhaften, bereits mit 44 Jahren früh verstorbenen mutigen Kämpfer gegen Unrecht, der sich im Einsatz der Wahrheit für Freiheit und Recht nicht gescheut hat, als Einzelner gegen den heuchelnden Ungeist einer |
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| *Staat und Krieg. Vom Mittelalter bis zur Moderne, hg. v. Rösener, Werner (= Sammlung Vandenhoeck). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000. 244 S., 1 Abb. Besprochen von Karl-Heinz Ziegler. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen ZieglerKrieg20010907 Nr. 10397 ZRG 119 (2002) 31
Krieg im Mittelalter, hg. v. Kortüm, Hans-Henning. Akademie-Verlag, Berlin 2001. 309 S., Abb.
1. Der aus einer 1999 in Regensburg gehaltenen Ringvorlesung hervorgegangene Sammelband, der hier vorgestellt werden soll, ist einmal wegen seines interdisziplinären Charakters, zum anderen wegen der starken Beteiligung ausländischer Autoren bemerkenswert. Über die Entstehung des Bandes und die unterschiedlichen historischen Beiträge unterrichtet den Leser das „Vorwort” (7-12) des Herausgebers. Für die Aktualität des als „höchst komplexes kulturelles Phänomen” (7) gekennzeichneten mittelalterlichen Krieges spricht, daß der seinerzeit gehaltene Eröffnungsvortrag schon im gleichen Jahre in einem anderen Sammelband veröffentlicht worden ist [1]. Der Herausgeber eröffnet statt dessen den Band mit einem von ihm selbst so genannten „einleitenden Essay” (7): „Der Krieg im Mittelalter als Gegenstand der Historischen Kulturwissenschaften. Versuch einer Annäherung” (13-43). In den auch begriffsgeschichtlichen „Vorklärungen” (13ff.) weist der Herausgeber zutreffend darauf hin, „daß auch dem Mittelalter das Phänomen ,Krieg’ in seinen unterschiedlichen typologischen Ausprägungen wohl vertraut war, auch wenn es ihm andere Namen dafür gab” (21). In dem Abschnitt „Krieg und Mittelalter” (22ff.) wird auch die als solche nicht eigenständig vertretene rechtshistorische Entwicklung von der Antike zur Neuzeit erwähnt (23f.). Freilich wird das „proprium des Krieges, das Töten und Getötetwerden” (24) in einer richtig betriebenen Rechtsgeschichte natürlich nicht ausgeblendet [2]. Es folgen Betrachtungen unter den Zwischentiteln „Krieg und Historische Kulturwissenschaften” (27ff.), „Der Krieg im Mittelalter als Gegenstand der Historischen Kulturwissenschaften. Die gegenwärtige Situation” (30ff.) und „Künftige Aufgaben einer Kulturgeschichte des mittelalterlichen Krieges” (37ff.).
2. Der auch durch wertv |
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| *Stahlschmidt, Jens Wilhelm, Policey und Fürstenstaat. Die gothaische Policeygesetzgebung unter Herzog Ernst dem Frommen im Spiegel der verfassungsrechtlichen und policeywissenschaftlichen Anschauungen Veit Ludwig von Seckendorffs. Diss. jur. Bonn 1999. 196 S. Besprochen von Miloš Vec. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen VecStahlschmidt20010109 Nr. 10230 ZRG 119 (2002) 46
Stahlschmidt, Jens Wilhelm, Policey und Fürstenstaat. Die gothaische Policeygesetzgebung unter Herzog Ernst dem Frommen im Spiegel der verfassungsrechtlichen und policeywissenschaftlichen Anschauungen Veit Ludwig von Seckendorffs. Diss. jur. Bochum 1999 (Selbstverlag), Bochum 1999. 196 S.
Jens Wilhelm Stahlschmidts Bochumer juristische Dissertation von 1999 ist über weite Strecken eine detaillierte Exegese. Der Verfasser hat einerseits als staatstheoretisches Werk Veit Ludwig von Seckendoffs „Teutschen Fürstenstaat“ (erste Auflage 1656) konsultiert, und er verfolgt andererseits die gothaische Policeygesetzgebung unter Herzog Ernst dem Frommen vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts. Beides gilt seit jeher in der Forschung als typisch für die kleinstaatlichen Verhältnisse Deutschlands nach dem Dreißigjährigen Krieg. Daraus ist eine in ihren Grundzügen solide Arbeit entstanden, die gerade in ihrer Kombination von sinnvoll beschränkter Fragestellung, Quellennähe im Detail und akademischer Qualifikationsarbeit überzeugt.
Die Gliederung des Buches orientiert sich über weite Strecken am Aufbau des „Teutschen Fürstenstaats“: Wie Seckendorff selbst mit der Begründung der Landesherrschaft ansetzt, dann in ihre Rechtsgrundlagen einführt und schließlich vor allem über die Materien der „guten Policey“ im Einzelnen schreibt, so reproduziert auch Stahlschmidt diese historische Ordnung der Materien in seiner Gliederung und referiert dem Leser nacheinander die diversen, von ihm untersuchten Aspekte in einem betont nüchternem Duktus. Erleichtert wird Stahlschmidts Zusammenschau durch eine ganze Reihe von systematisierenden Einzelstudien, die sich der Verwaltungslehre des siebzehnten Jahrhunderts als auch der Person Veit Ludwig von Seckendorffs selbst widmen. Auf ihnen aufbauend erweist sich Stahlschmidts Darstellung als handwerklich gelungen, auch wenn |
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| *Statuti della Repubblica Fiorentina, a cura di Pinto, Giuliano/Salvestrini, Francesco/Zorzi, Andrea, Band 1 Statuto del Capitano del Popolo degli anni 1322-1325, Band 2 Statuto del Podestà dell’anno 1325 (= Documenti di storia italiana 2, 6). Olschki, Florenz 1999. CVIII, 308, VI, 426 S. Besprochen von Gerhard Dilcher. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen DilcherStatuti20010912 Nr. 10275 ZRG 119 (2002) 33
Statuti della Repubblica Fiorentina, a cura di Pinto, Giuliano/Salvestrini, Francesco/Zorzi, Andrea, Band 1 Statuto del Capitano del Popolo degli anni 1322-1325, Band 2 Statuto del Podestà dell’anno 1325 (= Documenti di storia italiana 2, 6). Olschki, Florenz 1999. CVIII, 308, VI, 426 S.
Die beiden ansprechend aufgemachten Bände geben eine Edition der beiden wichtigsten (in Latein verfaßten) Florentiner Statuten wieder, die der Historiker Romolo Caggese im Jahr 1910 bzw. (unterbrochen durch Weltkrieg) 1921 herausgegeben hatte. Wie Pinto im Vorwort kurz anspricht und Salvestrini in einer längeren editorischen Einführung ausführlich darlegt, handelt es sich eher um eine Pflichtübung des bedeutenden Historikers am Anfang seiner akademischen Karriere. Caggese war in einem damaligen „Historikerstreit“ über die theoretischen Ausgangspunkte und die methodische Durchführung einer mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte Italiens, vor allem der Beziehung von „città e campagna“, heftig engagiert, so daß er nicht einmal dazu kam, die versprochene Einführung zur Edition zu verfassen und zu publizieren. Eine solche bieten jetzt die editorische Einführung von Salvestrini und der Überblick über die Rechtsquellen des spätmittelalterlichen Florenz von Zorzi, beides ausführliche und gründliche Studien auf dem neuesten Stand der Forschung. Sie ergeben, daß die Edition von Caggese zwar in vielfacher Hinsicht nicht die Anforderungen einer kritischen Edition erfüllt, ein Editor der wichtigen Rechtsquelle wie späterer noch ganz unedierter hat sich aber seither nicht gefunden. (Von dem ersten Statut ist sogar eine neue Handschrift aufgetaucht, ein Kurzbeispiel einer kritischen Edition ist von Salvestrini beigefügt, eine kritische Edition ist begonnen). So bietet die alte Edition die beste brauchbare Übersicht und erste Arbeitsgrundlage. Zorzis kenntnis- und überblicksreiche Studie vermittelt ein Bil |
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| *Stillstand, Erneuerung und Kontinuität. Einsprüche zur Preußenforschung, hg. v. Wolff, Jörg (= Rechtshistorische Reihe 234). Lang, Frankfurt am Main 2001. 257 S. Besprochen von Friedrich Ebel. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen Ebel20010319Stillstand Nr. 10376 ZRG 119 (2002) 43
Stillstand, Erneuerung und Kontinuität. Einsprüche zur Preußenforschung, hg. v. Wolff, Jörg (= Rechtshistorische Reihe 234). Lang, Frankfurt am Main 2001. 257 S.
Hinrichs, Ernst (S. 11-34) Problem Preußen in Europa - im „System von Nystad“; mehr ein Überblick mit Fragen als neue Sicht. Entscheidend die außenpolitische Sicht, nicht einmal die vom Reich her; für den Rechtshistoriker nicht hilfreich.
Rüping, Hinrich (S. 35-50) fußt auf seinen intensiven Thomasius-Forschungen und eröffnet den Blick auf einen spezifischen Aspekt der preußischen Aufklärung in (straf-) rechtsgeschichtlicher Sicht, der aber wohl nicht als „Einspruch“ i. S. d. Buch-Untertitels, sondern als Fortführung zu bewerten (und zu begrüßen) ist.
Birtsch, Günter (S. 51-68) untersucht die Haltung Friedrichs II. zur Aufklärung, vornehmlich in ihren Auswirkungen für Administration und Justiz. Bei letzterer wird - freilich nicht überraschend - ein starker aufklärerischer Akzent festgestellt. Wenn er abschließend, vielleicht durchaus beifallswürdig, zustimmend ein Resumée Friedrich Meineckes anführt, ist wohl auch in diesem Beitrag kein „Einspruch“ im Sinne des Herausgebers zu sehen.
Hattenhauer, Hans (S. 69-86) ediert - mit kundigen Vorbemerkungen - einen recht versteckten Aufsatz im Umfeld des Inkraftsetzens des Allgemeinen Landrechts, der Stimmungen, Spott und Kritik repräsentiert: Sehr lesenswert und eine Vertiefung der Kenntnisse des spät-/nach-friderzianischen Preußens mit einem Blick auf die Rolle Kants in der Diskussion.
Krause, Peter (S. 87-140) eröffnet einen quellengesättigten Zugriff auf die Rolle des berüchtigten Woellner während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II., die allenfalls im Anhang über den bekannten Zopfschulzen spezifisch rechtshistorische Bezüge aufweist.
Anders Lingelbach, Gerhard (S. 141-158), der ein klassisches (privat-) rechtsgeschichtliches Problem anfaßt und Bereicherunge |
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| *Stöber, Rudolf, Deutsche Pressegeschichte. Einführung, Systematik, Glossar (= Uni Papers 8). UVK Medien, Konstanz 2000. 370 S. Besprochen von Margrit Seckelmann. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen SeckelmannStöber20010915 Nr. 10314 ZRG 119 (2002) 43
Stöber, Rudolf, Deutsche Pressegeschichte. Einführung, Systematik, Glossar (= Uni Papers 8). UVK Medien, Konstanz 2000. 370 S.
Die Bedeutung kontrafaktischer Argumente hat durch die neuere Kulturgeschichte Auftrieb bekommen; die damit einhergehende Verabschiedung linearer Geschichtserzählungen sensibilisierte für die Frage nach der „Ungeschehene[n] Geschichte“.[1] Die Erkenntnis der Unmöglichkeit, auf Rankes Frage „wie es eigentlich gewesen“[2] zu antworten, hat das alte heuristische Instrument kontrafaktischer Überlegungen zu neuem Leben erweckt. Rudolf Stöber nutzt in seiner Einführung drei solcher Überlegungen als pädagogisches Mittel. Was wäre passiert, fragt er, wenn der Buchdruck entweder später, nicht von Gutenberg oder überhaupt nicht erfunden worden wäre?
Stöbers unkonventionelle Herangehensweise zeigt sein pädagogisches Engagement. Seine Einführung ist aus einer Reihe von Lehrveranstaltungen hervorgegangen und nun im Druck mit vielen nützlichen Hilfsmitteln wie einem Sach- und Personenverzeichnis und einem umfangreichen Glossar versehen. Diese pädagogische Ausrichtung verleiht Stöbers Buch sein eigenes Recht zwischen den vielen Schriften zur Medien- und Kommunikationsgeschichte, die die dichte Abfolge von Gutenberg-Jahr und Jahrtausendwende hervorgebracht hat. Ebenso wie Jürgen Wilkes nahezu zeitgleich erschienene „Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte“[3] endet Stöbers Buch mit dem Ende der Weimarer Republik: mit dem Schriftleitergesetz von 1933. Erst in einem Ausblick wagt er vorsichtige Blicke auf spätere Entwicklungen.
Stöbers Einführung nimmt regelmäßig Bezug auf die rechtlichen Bedingungen publizistischen Handelns: die territorialen Druckerprivilegien des Alten Reichs behandelt er ebenso wie die Zensurbestimmungen. Stöber zeichnet sodann die Entwicklung der Pressefreiheit[4] von den vormärzlichen Forderungen bis zu ihrer einfachgesetzlichen In |
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| *Stolleis, Michael, Der lange Abschied vom 19. Jahrhundert. Die Zäsur von 1914 aus rechtshistorischer Perspektive (= Schriftenreihe der juristischen Gesellschaft zu Berlin 150). De Gruyter, Berlin 1997. 22 S. Besprochen von Hans-Werner Hahn. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen HahnStolleis20010215 Nr. 938 ZRG 119 (2002) 59
Stolleis, Michael, Der lange Abschied vom 19. Jahrhundert. Die Zäsur von 1914 aus rechtshistorischer Perspektive (= Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft zu Berlin 150). De Gruyter, Berlin 1997. 22 S.
Der vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin gehaltene Vortrag bietet nicht nur einen souveränen Einblick in die Grundprobleme des 19. Jahrhunderts, sondern stellt zugleich einen wichtigen Beitrag zu einer neuen Sichtweise auf dieses Jahrhundert dar. Lange Zeit haben Historiker die Geschichte des 19. Jahrhunderts ganz aus der Perspektive der großen Entwicklungsprozesse von den traditionalen zu den modernen Strukturen betrachtet. In jüngster Zeit wird dagegen der Mehrschichtigkeit im Erscheinungsbild dieses Jahrhunderts ein immer größerer Stellenwert eingeräumt. Auch Stolleis betont in seinem Vortrag die Vielfalt und Widersprüche des 19. Jahrhunderts, die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen und die daraus erwachsenden Krisen. So zeigt er, wie einerseits ständische Gesellschaftsstrukturen die heraufziehende bürgerliche Welt noch überlagerten und letztere andererseits bereits wieder durch das neue industrielle Massenzeitalter zu erodieren begann. Ähnlich verhielt es sich bei dem Nebeneinander von vornationalen Reichen, dem Durchbruch des Nationalismus und den gleichzeitig bereits deutlich werdenden Tendenzen zu internationalistischen Strukturen einer neuen Weltgesellschaft. Besonderes Gewicht legt der Verfasser schließlich auf die rechtshistorischen Grundfragen. Zum einen diskutiert er den dualistischen Grundzug der deutschen Verfassungswirklichkeit, die bis 1918 einerseits von den großen Fortschritten zum Rechts- und Verwaltungsstaat und andererseits durch die Defizite im Bereich von Parlamentarisierung und politischer Partizipation bestimmt blieb. Zum anderen geht er den wichtigen, künftig noch breiter zu untersuchenden Zusammenhängen von Industrialisierung und Rechtsentw |
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| *Stolleis, Michael, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band 1 Reichspublizistik und Policeywissenschaft 1600-1800, Band 2 Staatsrechtslehre und Verwaltungswissenschaft 1914-1945, Band 3 Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914-1945. Beck, München 1988, 1992, 1999. 431, 486, 439 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen BraunederStolleisgeschichtedesöffentlichenrechts20010921 Nr. 197/1210/10270ZRG 119 (2002) 45
Stolleis, Michael, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band 1 Reichspublizistik und Policeywissenschaft 1600-1800. Band 2 Staatsrechtslehre und Verwaltungswissenschaft 1914-1945. Band 3 Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914-1945. Beck, München 1988, 1992, 1999. 431, 486, 439 S.
Stolleis’ dreibändiges Werk insgesamt vorzustellen, rechtfertigt der Umstand, daß es mit Band III bzw. chronologisch mit 1945 offenkundig abgeschlossen ist. Wir erfahren nämlich, der „ältere Plan“ habe eine Fortsetzung bis zum Jahre 1990 im dritten Band vorgesehen, doch mußte dies „wegen der Fülle des Stoffs aufgegeben werden“ (III, 5). Allerdings scheint sich die Aufgabe dieses älteren Plans nicht auf Umfangprobleme zu gründen. Das eben erwähnte Vorwort deutet Umstände an, die nicht nur einen eigenen Band, sondern auch eine neue Darstellungsweise erforderlich machten. Da ist einerseits die „immer weitergehende Aufspaltung in Unterfächer“, womit die Darstellung in Gefahr laufe, „in hoffnungsloser Weise in eine Addition von Einzelgeschichten einzumünden“, doch erscheint Stolleis ohnehin „(w)ichtiger noch als eine Beschreibung der Entwicklungstendenzen des deutschen öffentlichen Rechts und seiner Teilordnungen“ die „Entwicklung wenigstens eines Forschungsplans für eine europäisch vergleichende (Wissenschafts-) Geschichte des öffentlichen Rechts“. Zu den Hinweisen auf die europäische Einigungsentwicklung, die Ähnlichkeit der „konstitutionellen und administrativen Grundprobleme“ (III, 6) wäre noch die Tatsache der EU-Zugehörigkeit hinzuzufügen. „Aber erreichbar“ erscheint Stolleis „eine vergleichende Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechts in Europa“ derzeit noch nicht (III, 7), was ein kräftiges Indiz für den erwähnten Abschluß des Werks abgibt. Wenn Stolleis überdies bekennt, zur Darstellung im Band III (1 |
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| *Stolleis, Michael, Konstitution und Intervention. Studien zur Geschichte des öffentlichen Rechts im 19. Jahrhundert (= suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1526). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001. 287 S. Besprochen von Wilhelm Brauneder. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen BraunederStolleis20010921 Nr. 10417 ZRG 119 (2002) 55
Stolleis, Michael, Konstitution und Intervention. Studien zur Geschichte des öffentlichen Rechts im 19. Jahrhundert (= suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1526). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001. 287 S.
Die in diesem Sammelband vereinigten neun Beiträge, entstanden zwischen 1976 und 2000, samt einer Einleitung von Stolleis verbindet eine Thematik, die der Untertitel ersichtlich macht. Sie folgen, so Stolleis, „dem Grundgedanken, daß die Geschichte des öffentlichen Rechts sich nicht auf eine Dichotomie zwischen politischer Tat und reinem Gedanken festlegen lassen darf“ (9). Tatsächlich zeigt sich eine „Priorität des Gedankens, der lange vor der Tat entsteht und reift“ (9) am Verfassungsgeschehen im Revolutionsjahr 1848, das gedanklich-individuell, und überdies organisatorisch in Lesevereinen, darunter spezifisch juristischen, vorgedacht und vorbereitet worden war. Zwei Beiträge widmen sich denn auch direkt diesem Revolutionsjahr: „Verfassungsideale der Bürgerlichen Revolution“ und „1848 - ein Knotenpunkt der europäischen Geschichte“. In gewisser Weise gehört hierher auch „Die bayerische Gesetzgebung zur Herstellung eines frei verfügbaren Grundeigentums“, da eine entsprechende Entwicklung 1848 zum Abschluß kam. Hier geht es aber auch um ein rechtstheoretisches Problem, nämlich das In- und Miteinander von Privatrecht und öffentlichem Recht sowohl in seiner Verflechtung hinsichtlich der bäuerlichen Verhältnisse, aber auch im Einwirken von Verfassungsgedanken auf privatrechtliche Institute wie etwa das geteilte Eigentum. Das Umfeld von 1848 berührt ferner „’Junges Deutschland’, jüdische Emanzipation und Liberalstaatsrechtslehre in Deutschland“. Im Zentrum steht Biografisches: Edgar Loening, Heinrich Laube und sein Stiefsohn Albert Hänel, kürzer abgehandelt Levin Schücking, vor dem Hintergrund von insbesondere Zensur und Verlagswesen. Im Sinne des von Stolleis in der Einleitung zu |
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| *Strafjustiz und DDR-Unrecht. Dokumentation, hg. v. Marxen, Klaus/Werle, Gerhard, Band 1 Wahlfälschung. De Gruyter, Berlin 2000. XLVIII, 528 S. Besprochen von Thomas Vormbaum. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen VormbaumStrafjustiz20010125 Nr. 10246 ZRG 119 (2002) 87
Strafjustiz und DDR-Unrecht. Dokumentation, hg. v. Marxen, Klaus/Werle, Gerhard unter Mitarbeit von Müller, Jan und Schäfter, Petra, Band 1 Wahlfälschung. De Gruyter, Berlin 2000. XLVIII, 528 S.
Die Herausgeber bezwecken mit ihrer Dokumentation nicht weniger, als „der Öffentlichkeit erstmals ein vollständiges Bild der strafrechtlichen Verfolgung von DDR-Unrecht (zu präsentieren)”. Bedenkt man, daß noch im Herbst 2000 - 55 Jahre nach dem Untergang des NS-Regimes - eine strafrechtliche Hauptverhandlung wegen siebenfachen Mordes an jüdischen Gefangenen eröffnet worden ist, so mag das Unternehmen nach der (historisch) kurzen Zeit von 10 Jahren seit der deutschen Einigung gewagt erscheinen - umso mehr, als der hier betrachtete erste Band der Dokumentation ja bereits das Ergebnis mehrjähriger Vorarbeiten ist.
Die Herausgeber bemühen sich, die angedeuteten Bedenken zu zerstreuen - im Ergebnis, wie ich meine, mit Erfolg. Zum einen besaß die strafrechtliche Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit nicht jene Dimensionen, denen die Justiz nach 1945 sich gegenübersah - neben Holocaust, KZ-System und massenhaften Kriegsverbrechen sanken tödliche Schüsse auf Flüchtende an der Grenze, also das, was der DDR-Führung als das - juristisch - Schlimmste vorzuwerfen ist, fast zur Nebensächlichkeit herab. Des weiteren war die Bereitschaft zur Verfolgung von System-Unrecht im Falle der DDR erheblich größer als damals. Hier spielte sicherlich der Wunsch eine Rolle, die Justiz nicht ein zweites mal dem Vorwurf auszusetzen, an dieser Aufgabe gescheitert zu sein; gewiß hat aber auch der Umstand, daß die Mehrzahl der Verfahren von bundesdeutschen Staatsanwälten und Richtern gegen ehemalige DDR-Bürger, also gegen die „Anderen” und nicht, wie nach 1945, gegen die „Eigenen” betrieben wurde, diese Bereitschaft erhöht. Nicht zu unterschätzen ist schließlich, daß die Justiz (sowohl die deutsche wie die allii |
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| *Strauch, Dieter, Kleine rechtsgeschichtliche Schriften, Aufsätze 1965-1997 aus Anlass seines 65. Geburtstages hg. v. Baldus, M./Neuheuser, H. Böhlau, Köln 1998. 445 S. Besprochen von Elmar Wadle. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen WadleImperium20000929 Nr. 1181, 1000, 1246, 1070, 1134 ZRG 119 (2002) 00
Imperium und Papsttum. Zur Geschichte des 12. und 13. Jahrhunderts. Gerhard Baaken. Festschrift zum 70. Geburtstag, hg. v. Frech, K./Schmidt, U. Böhlau, Köln – Weimar – Wien 1997. 357 S.
Haverkamp, Alfred, Verfassung, Kultur, Lebensform. Beiträge zur italienischen, deutschen und jüdischen Geschichte im europäischen Mittelalter. Dem Autor zur Vollendung des 60. Lebensjahres, hg. v. Burgard, F./Heit, A./Matheus, M. Zabern, Mainz 1997. 552 S.
Burg, Dorf, Kloster, Stadt. Beiträge zur hessischen Landesgeschichte und zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte. Ausgewählte Aufsätze von Fred Schwind. Festgabe zu seinem 70. Geburtstag, hg. v. Braasch-Schwersmann, U. (= Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 17). Elwert, Marburg 1999. 602 S.
Fehrenbach, Elisabeth. Politischer Umbruch und gesellschaftliche Bewegung. Ausgewählte Aufsätze zur Geschichte Frankreichs und Deutschlands im 19. Jahrhundert, hg. v. Hahn, H./Müller, J. Oldenbourg, München 1997. 421 S.
Strauch, Dieter, Kleine rechtsgeschichtliche Schriften, Aufsätze 1965-1997 aus Anlaß seines 65. Geburtstages hg. v. Baldus, M./Neuheuser, H. Böhlau, Köln – Weimar – Wien 1998. 445 S.
In den fünf durch runde „Geburtstage“ veranlaßten Sammelbänden sind Aufsätze zusammengestellt, die auch bei Rechtshistorikern auf großes Interesse gestoßen sind und es verdienen, in Erinnerung gehalten zu werden.
Aus dem wissenschaftlichen Werk Gerhard Baakens, dessen besonderes Interesse der hochmittelalterlichen Kaiser- und Papstgeschichte gilt, sind elf Beiträge ausgewählt, die sich Themen der Verfassungs-, Geistes- und Rechtsgeschichte, vor allem der Stauferzeit, widmen. Mit den Stichworten „Königserhebungen“ und „Nachfolgefragen“, „sizilisches Königtum“ und „Thronstreitigkeiten“ einerseits, „Rechtsgeschichte des Privilegs“ und „Recht und Macht“ andererseits können die Schwerpunkte lediglic |
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| *Strothmann, Jürgen, Kaiser und Senat. Der Herrschaftsanspruch der Stadt Rom zur Zeit der Staufer (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 47). Böhlau, Köln - Weimar- Wien 1998. 498 S. Besprochen von Klaus Richter. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen RichterStrothmann20001121 Nr. 1127 ZRG 119 (2002) 30
Strothmann, Jürgen, Kaiser und Senat. Der Herrschaftsanspruch der Stadt Rom zur Zeit der Staufer (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 47). Böhlau, Köln – Weimar- Wien 1998. 498 S.
Wer sich mit der Reichsgeschichte des 12. Jahrhunderts und der Herrschaft des Kaisers Friedrich Barbarossa befasst, wird auf einen Konflikt stoßen, der den Stauferkaiser über eine lange Zeit seiner Herrschaft beschäftigt hat: Die Auseinandersetzung mit der Stadt Rom. Rom stand mit Beginn der renovatio senatus im Jahre 1143 als politische Kraft zwischen Kaiser und Papst. Zeitgenössische Quellen wie die Gesta Frederici Ottos von Freising und Rahewins haben sich mit Rom auseinandergesetzt und den Anspruch der Stadt auf die Vergabe der Kaiserkrone dargestellt. Unklarheit herrschte jedoch über die Frage, auf welcher Grundlage, in welchem Zusammenhang und mit welchen Konsequenzen dieser Herrschaftsanspruch begründet wurde und wie die Römer versuchten, ihn gegenüber den staufischen Kaisern durchzusetzen. Der Beantwortung dieser Fragen widmet sich S t r o t h m a n n in seinem umfangreichen Werk, einer Bochumer Dissertation (F. S e i b t). Der Verfasser greift auf eine Vielzahl von Quellen zurück, bei denen es sich um für den römischen Herrschaftsanspruch aussagekräftige editierte Senatsurkunden aus der Zeit von 1143 bis 1262 handelt. Die Stadt Rom vermochte im Mittelalter als einzige neben Kaiser und Papst ihre Legitimation auf ihre Vergangenheit und die antiken Kaiser stützen. Dazu war jedoch ein entsprechender Herrschaftswille der Stadt erforderlich, der seinerseits die Rezeption der Antike voraussetzte. Diese Rezeption wird vom Verfasser detailliert und gründlich ausgearbeitet. Er legt aber auch Wert auf eine ausführliche Darstellung der Bedeutung, die die römische Bürgerschaft in der Entwicklung der Stadt hatte. Gerade dies ist ein besonderer Reiz des Buches, da sich Arbeiten über das mittela |
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| *Strukturen und Wandlungen der ländlichen Herrschaftsformen vom 10. zum 13. Jahrhundert. Deutschland und Italien im Vergleich, hg. v. Dilcher, Gerhard/Violante, Cinzio (= Schriften des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient 14). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 455 S. Abb. Besprochen von Frank Theisen. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen TheisenStrukturen20001002 Nr. 10145 ZRG 119 (2002) 23
Strukturen und Wandlungen der ländlichen Herrschaftsformen vom 10. zum 13. Jahrhundert. Deutschland und Italien im Vergleich, hg. v. Dilcher, Gerhard/Violante, Cinzio (= Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 14). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 455 S. Abb.
Vorzustellen ist ein Band einer Tagung, die im September 1994 unter dem Thema „Ländliche Herrschaftsformen in der Wandlungsperiode des Mittelalters (1000-1250)“ in Trient stattfand. Unter der Leitung von Cinzio Violante und Gerhard Dilcher trafen sich dreizehn Wissenschaftler aus Italien, Deutschland, Spanien, Frankreich, England und den USA um sich mit der Entwicklung und dem Wandel im Bereich der ländlichen Herrschaftsstrukturen auseinanderzusetzen. Die Beiträge liegen nunmehr nach sechs Jahren in deutscher Übersetzung vor. Dabei muß angemerkt werden, daß die italienische Ausgabe schon 1996 erschienen ist.[1] Die Bände weisen jedoch einige Unterschiede auf. In dem deutschsprachigen Band werden die Beiträge, die die methodische Problematik und Begrifflichkeiten behandeln, dargeboten. In einem zweiten Teil folgen die Aufsätze, die sich mit dem Wandel der Herrschaftsstrukturen im ländlichen deutschen Raum befassen; diese sind methodisch in der Weise angelegt, daß sie vor allem sich als Problemanalysen verstehen, während im dritten Teil die Darlegungen zur Herrschaft im mittelalterlichen Italien vor allem detailreiche regionale Darstellungen sind. Der Aufbau ist sinnvoll, da er vom Allgemeinen zum Besonderen geht und somit die Ausführungen und die zugrundeliegende Problematik transparent macht. Die methodischen Beiträge befassen sich auch mit den Forschungstraditionen, die den unterschiedlichen Begrifflichkeiten zugrunde liegen; daher nahmen die Herausgeber auch eine Darstellung zur französischen Historiographie mit auf, die Auswirkungen auf die deutsche und italienische Geschichtswissen |
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| *Stübinger, Stephan, Schuld, Strafrecht und Geschichte. Die Entstehung der Schuldzurechnung in der deutschen Strafrechtshistorie (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 4). Böhlau, Köln 2000. 460 S. Besprochen von Lukas Gschwend. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen GschwendStübinger20010825 Nr. 10203 ZRG 119 (2002) 58
Stübinger, Stephan, Schuld, Strafrecht und Geschichte. Die Entstehung der Schuldzurechnung in der deutschen Strafrechtshistorie (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 4). Böhlau, Köln 2000. 460 S.
Stephan Stübingers 1999 von der Juristischen Fakultät der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main abgenommene strafrechtshistorische Dissertation entstand im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Entstehung des öffentlichen Strafrechts“.
Die Studie versteht sich als Beitrag zur, wie der Autor sein Fach nennt, „Schuldstrafrechthistoriographiegeschichte“. Der auf diesem Gebiet bestehende Forschungsbedarf wird aus dem am Schluss der Schrift präsentierten aktuellen Forschungsstand ersichtlich, konzentrieren sich doch die Ausführungen dazu im Wesentlichen auf die Darstellung der von Viktor Achter, Karl Siegfried Bader und Ekkehard Kaufmann in den 1950er Jahren geführten Debatte um „die Geburt der Strafe“, Erfolgshaftung und die Schuld als konstitutives Moment des Strafbegriffs.
Stübinger macht es sich zur Aufgabe, „die im 19. und 20. Jahrhundert entstandenen Ansätze zur geschichtlichen Entwicklung des Schuldstrafrechts zu rekonstruieren.“ Das Verhältnis von Strafrecht und Geschichte soll am Beispiel der „Geschichtsschreibung zur ‚Entstehung‘ der strafrechtlichen Schuldzurechnung“ beleuchtet werden. Dieser Zielsetzung folgt denn auch der Aufbau der Arbeit: Die beiden miteinander inhaltlich allerdings nur teilweise verknüpften Hauptteile stehen unter den fundamentalen Titeln „Strafrecht und Geschichte“ und „Schuld und Strafrechtsgeschichte“. Stübinger möchte „die auch historisch konstitutive Funktion der Verbindung von Schuldzurechnung und öffentlichem Strafrecht“ wie auch „die dadurch entstehenden Probleme der Strafrechtsgeschichtsschreibung“ aufzeigen. Dies beabsichtigt er, anhand einer Analyse von Texten ausgewählt |
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| *Suchan, Monika, Königsherrschaft im Streit. Konfliktaustragung in der Regierungszeit Heinrichs IV. zwischen Gewalt, Gespräch und Schriftlichkeit (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 42). Hiersemann, Stuttgart 1997. 337 S. Besprochen von Elmar Wadle. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen WadleSuchan20010902 Nr. 988 ZRG 119 (2002) 31
Suchan, Monika, Königsherrschaft im Streit. Konfliktaustragung in der Regierungszeit Heinrichs IV. zwischen Gewalt, Gespräch und Schriftlichkeit (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 42). Hiersemann, Stuttgart 1997. 337 S.
Mit ihrer Arbeit unternimmt die Autorin den interessanten Versuch, die an Konflikten reiche Regierungszeit Heinrichs IV. neu zu interpretieren. Was im Untertitel schon anklingt, wird in den drei Kapiteln des ersten Abschnitts („Fragen“) näher erläutert. Das Bild, das neuere Forschung von der Herrschaftsordnung der ottonisch-(früh)salischen Zeit entworfen hat und das die Autorin in Kapitel 3 („Königsherrschaft als Bestandteil von Lebens- und Herrschaftsordnungen im früheren Mittelalter“) nachzeichnet, sei noch nicht, jedenfalls nicht konsequent genug, auf die Regierung Heinrichs IV. bezogen worden; die Konflikte seiner Zeit seien vor allem unter dem „Paradigma“ des „Investiturstreits“ erklärt und mit „Stichworten“ wie „Krise“, „Revolution“, „Wende“, „gregorianische Reform“ oder „Rationalität“ belegt worden, die unterschiedliche Themenbereiche und Fragestellungen im Auge gehabt hätten. Suchans Anliegen ist es nun, die „Funktionsweise der Königsherrschaft“ (S. 3) Heinrichs IV. mit Hilfe der für die vorausgehende Zeit maßgeblichen Vorstellungen zu ermitteln. Im Vordergrund hätten die „Differenzen im Verhältnis von Königtum und Großen über die Gewichtung der auch sakral legitimierten königlichen Autorität gegenüber dem adeligen Anspruch auf Selbstbestimmung ... als wesentliches Moment der Kontinuität“ (S. 12) zu stehen und damit die „Frage nach den Vorgängen der Willensbildung und Entscheidungsfindung“. Es geht mithin um „Fragestellungen und Themenfelder“ (so die Überschrift in Kapitel 2), in denen die Konflikte der Zeit offengelegt werden und die Versuche ihrer Beilegung nach den „Spielregeln“ (G. Althoff) einer auf Konsens und Mitwirkung der Großen, mith |
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| *Suevos - Schwaben. Das Königreich der Sueben auf der iberischen Halbinsel (411-585), hg. v. Koller, Erwin/Laitenberger, Hugo. Narr, Tübingen 1998. XXXVI, 244 S. Besprochen von Thomas Gergen. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen GergenSuevos20000927 Nr. 1258 ZRG 119 (2001) 21
Suevos – Schwaben. Das Königreich der Sueben auf der Iberischen Halbinsel (411-585), hg. v. Koller, Erwin/Laitenberger, Hugo. Narr, Tübingen 1998. XXXVI, 244 S.
Der vorliegende Band über das Königreich der Sueben im Norden der iberischen Halbinsel vereint Tagungsbeiträge des Kolloquiums „Suevos-Schwaben“, das im März 1996 an der Universidade do Minho in Braga, der Residenz der Suebenkönige im 5. und 6. Jahrhundert, stattfand.
Es zeigte sich, daß es noch immer keinen Konsens über die Identität und geographische Herkunft dieser Volksgruppe gibt, die im Jahre 411 im Nordwesten der Iberia ein Königreich gründete. Die herrschende Meinung geht dahin, daß es sich um einen Teil der in Mähren siedelnden suebischen Quaden handelte, welche gemeinsam mit den ihnen benachbarten Vandalen und Alanen zu ihrem Zug nach Spanien aufgebrochen seien. Auch wird vertreten, daß die Sueben alamannisch seien, Schwaben also, die sich im deutschen Südwesten den beiden anderen Völkern auf deren Wanderung angeschlossen hätten[1]. In jedem Fall verbindet die iberischen Sueben mit den heutigen Schwaben die Identität ihres Namens, die die Herausgeber des Buches damit deutlich zum Ausdruck gebracht haben.
Für den Rechtshistoriker interessant ist der Aufsatz „Os Concílios Suevos de Braga (561 e 572)“[2], in dem Franquelim Neiva Soares die beiden Konzilien analysiert, die in suebischer Zeit in Braga abgehalten wurden und die als die ersten nationalen Konzilien auf der iberischen Halbinsel gelten können. Sie setzten die durch Martin von Dume (Braga) vorangetriebene Rekatholisierung der Sueben in der Zeit ihres Königs Charrarich/Chararicus voraus. Das erste Konzil fand 561 unter Teilnahme von acht Bischöfen unter dem Vorsitz des Bischofs Lucretius statt. Es wurden die an Bischof Balconius gesandten Glaubensregeln verlesen sowie 17 anti-priszilianische und anti-arianische Glaubenssätze erlassen. Ferner beschloß ma |
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| *Sydow, Gernot, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Eine Quellenstudie zu Baden, Württemberg und Bayern mit einem Anhang archivalischer und parlamentarischer Quellen (= Freiburger Rechts- und staatswissenschaftliche Abhandlungen 66). C. F. Müller, Heidelberg 2000. XIX, 273 S. Besprochen von Clemens Jabloner. ZRG GA 119 (2002) |
Ganzen Eintrag anzeigen JablonerSydow20010906 Nr. 10286 ZRG 119 (2002) 57
Sydow, Gernot, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Eine Quellenstudie zu Baden, Württemberg und Bayern mit einem Anhang archivalischer und parlamentarischer Quellen (= Freiburger Rechts- und Staatswissenschaftliche Abhandlungen 66). C. F. Müller, Heidelberg 2000. XIX, 273 S.
Die Durchsetzung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war zunächst die politische Reaktion des liberalen Bürgertums auf die wachsende Bedeutung des Staates im Übergang zur Industriegesellschaft. Darüber hinaus stellte die Verwaltungsgerichtsbarkeit eine spezifisch juristische Leistung dar, eine Verfeinerung und Ausdifferenzierung der staatsrechtlichen Institutionen. Die „Ausbalancierung“ der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Gewaltengefüge lag nicht auf der Hand, alle Modelle hatten und haben einen kompromisshaften Charakter.
Der Rezensent verfolgt seit Jahren die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich und ist aktuell mit einem Gesetzentwurf konfrontiert, der an Stelle der Einrichtung echter Verwaltungsgerichte erster Instanz den Ausbau der verwaltungsinternen Kontrolle durch Tribunale („Verwaltungsrechtssprechung“ oder „Administrativjustiz“ in rechtshistorischer Terminologie) vorantreiben will. Was die nun schon in erfreulicher Zahl vorliegenden Studien über die Entstehung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in einzelnen deutschen Ländern und in Österreich so interessant macht, ist die daraus zu gewinnende Einsicht, dass die verfassungsrechtliche Positivierung zwar für viele Jahrzehnte die Strukturfragen der Verwaltungsgerichtsbarkeit „einfrieren“ kann, diese aber bei jeder angedachten Veränderung wiederum ihre ganze Aktualität zeigen.
Die vorliegende Untersuchung von Gernot Sydow gilt der Darstellung der rechtspolitischen Auseinandersetzung um die „Verwaltungsrechtspflege“ und um die schließliche Etablierung der Verwaltungsgeri |