1281 | Decretio (F.) Childeberti (lat., auch decretus, decretum) ist ein spätestens am 1. 3. 596 verkündetes, vielleicht in verschiedenen Teilen aus verschiedenen Jahren stammendes, in 24 Textzeugen durch 21 noch greifbare Handschriften überliefertes Dekret (Kapitular) des fränkischen Königs Childebert II. für Austrasien mit gemischten Inhalten (z. B. Eintrittsrecht der Enkel, mehrfach Todesstrafe), das überwiegend mit der für Neustrien bezeugten Lex Salica überliefert ist. Lit.: Eckhardt, W., Die Decretio Childeberti und ihre Überlieferung, ZRG GA 83 (1966), 1; Woll, I., Untersuchungen zu Überlieferung und Eigenart der merowingischen Kapitularien, 1995; Mordek, H., Bibliotheca capitularium regum Francorum manuscripta, 1995; Liebs, D., Römische Jurisprudenz in Gallien, 2002; Kölzer, T., Die merowingischen Kapitularien in diplomatischer Sicht (in) Scientia veritatis, 2004, 16ff. |
1282 | Decretum (lat. [N.]) ist im römischen Prinzipat die Entscheidung (Urteil) des Prinzeps, mit der er unmittelbar Recht setzt. Lit.: Dulckeit/Schwarz/Waldstein § 32 |
1283 | Decretum (N.) Burchardi (lat.) ist die wohl zwischen 1008 und 1012 verfasste Kanonessammlung →Burchards von Worms. Lit.: Kroeschell, DRG 1 |
1284 | Decretum (N.) Gratiani (lat.) ist die zwischen 1125 und 1140 (erste, durch vier bzw. fünf Handschriften überlieferte, eher lehrbuchartige Fassung um 1140 [1139?] mit 1860 canones, zweite, stärker quellensammelnde und rechtlich argumentierende aber keine Texte aus bisher nicht verwendeten Sammlungen aufnehmende oder Ergänzungen aus schon benutzten Quellen einfügende Fassung um 1144/1145?, erste gesicherte Benutzung 1158, insgesamt mehr als 600 mittelalterliche Handschriften, noch ältere Vorstufe „Rohfassung“ möglicherweise in Handschrift Sankt Gallen, Stiftsbibliothek MS 673) in Bologna von dem nicht näher bekannten Mönch →Gratian auf Grund zahlreicher älterer Sammlungen zusammengestellte (lat.) Concordia dis-cordantium canonum (Übereinstimmung widersprüchlicher Regeln). Das Quellensammlung und Lehrbuch in sich vereinende D. G. stellt ohne strenge Systematik bzw. in schwer verständlicher Systematik die bis zum dritten lateranischen Konzil (1139) entstandenen kirchlichen Rechtssätze (Konsilscanones, päpstliche Dekretalen, Texte von Kirchenvätern [etwa 25%?], Auszüge aus Bußbüchern, römische Rechtssätze sowie biblische Sätze, insgesamt 3945 [lat. M.Pl.] canones oder [lat. N.Pl.] capitula) zusammen. Sein erster Teil enthält 101 in Kapitel (c.) geteilte Distinktionen (D.) oder allgemeine Bestimmungen über allgemeine Rechtslehre und Kleriker. Der zweite Teil befasst sich mit 36 in Untersuchungen (lat. [F.Pl.] quaestiones) und Kapitel (lat. [N.Pl.] capitula) gegliederten (fiktiven) Fällen oder (lat.) causae (C.), die beispielsweise das Prozessrecht, Strafrecht, kirchliche Vermögensrecht, Recht der Mönche, Eherecht (C. 27ff.) oder die Buße (C. 33, quaestio 3 als Traktat ausgestaltet) betreffen. Der dritte, wohl erst in der zweiten Fassung eingefügte Teil stellt in 5 Distinktionen (und Kapiteln) unter der Überschrift (lat.) De consecratione (Von der Weihe) das Recht der Weihe und anderer Sakramente dar. Kommentiert wird die Konzilskanonenes und päpstliche Dekretalen bereits aus dem 4. Jh. enthaltende Sammlung durch die Dicta Gratiani. Materielle Quellen sind Konzilskanones (davon rund 400 Kapitel aus den pseudoisidorischen Fälschungen), päpstliche Dekretalen, etwa 1200 Texte der Kirchenväter, vielleicht erst spät eingefügtes weltliches, vor allem römisches Recht (aus der justinianischen Kompilation) und Texte der (lat.) Glossa ordinaria des 12. Jh.s zur Bibel. Eine wichtige unmittelbare Quelle sind die Sammlungen des Ivo von Chartres (Panormia, nach 1095, Tripartita um 1100), ein bedeutsames Vorbild Alger von Lüttichs (lat.) De misericordia et iustitia (Von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, um 1100). Hinzu kommen Anselm von Lucca (um 1083), Sententiae magistri A. (um 1110), Sammlung Polycarpus (um 1111) und Drei-Bücher-Sammlung (um 1120). Um 1150 beginnt die europäische Verbreitung, die bis 1160 das gesamte damals bekannte Abendland erreicht. An das D. G. schließt sich bald (in Bologna um 1145? [Paucapalea], vor 1150?) eine wissenschaftliche Behandlung (Dekretistik in der Form von Glossen und Summen z. B. Huguccio von Pisa) an, deren Glossen →Johannes Teutonicus um 1215 zu einer (lat.) glossa (F.) ordinaria zum D. G. zusammenfasst (um 1245 von Bartholomaeus Brixiensis überarbeitet). Später bildet das D. G. den ersten Teil des (lat.) →corpus (N.) iuris canonici. Vielleicht stammt die Gliederung in Distinktionen von dem auch Zusätze verfassenden Schüler Paucapalea. Zitierweisen sind seit der Nummerierung der Kapitel in der Ausgabe Charles Dumoulins von 1553/1554 (nicht mehr die lateinischen Textanfänge der Stellen, sondern) z. B. für den ersten Teil D. (Distinktion) 20. C. (Kapitel) 2, für den zweiten Teil C. (Causa) 9 q. (quaestio) 3 c. (capitulum) 11 und für den dritten Teil De cons. D. (Distinktion) 1 c. (Kapitel) 5. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 102; Studia Gratiana, Bd. 1ff. 1953ff.; Gaudemet, J., Das römische Recht in Gratians Dekret, Österreich. Archiv f. Kirchenrecht 12 (1961), 177; Kuttner, S., Gratian and the Schools of Law, 1983; Landau, P., Forschungen zu vorgratianischen Kanonessammlungen und den Quellen des gratianischen Dekrets, Ius commune 11 (1984), 81; Winroth, A., The Two Recensions of Gratian’s Decretum, ZRG KA 83 (1997); Weigand, R., Das kirchliche Wahlrecht im Dekret Gratians, FS K. Kroeschell, hg. v. Köbler, G. u. a., 1997, 1331; Landau, P., Kanones und Dekretalen, 1997; Beyer, A., Lokale Abbreviationen des Decretum Gratiani, 1998; Larrainzar, C., El borrador de la „Concordia“ de Graciano – Sankt Gallen Stiftsbibliothek MS 673, Ius Ecclesiae 11 (1999), 593; Winroth, A., The Making of Gratian’s Decretum, 2000; Larrainzar, C., La formacion del Decreto de Graciano par etapas, ZRG KA 87 (2001), 67; Winroth, A., Recent Work on the Making of Gratian’s Decretum, Bulletin of Medieval Canon Law 26 /2004-2006), 2; Décret de Gratien.Causes 27 à 36 Le mariage, hg. v. Werckmeister, J., 2011 |
1285 | decretum (lat. [N.]) principis Entscheidung des (römischen) Kaisers in Zivilprozessen und Strafprozessen |
1286 | Decretum (N.) Tassilonis (lat.) ist die Bezeichnung für die Beschlüsse der Synoden (Versammlungen) von Aschheim, Dingolfing und Neuching, die unter Herzog Tassilo III. von Bayern (748-788) um 756, um 770 und 771 zur Regelung kirchenrechtlicher Fragen stattfinden. Lit.: Barion, H., Die Verfassung der bayerischen Synoden des 8. Jahrhunderts, Röm. Quartalschrift 38 (1930), 90; Hartmann, W., Die Synoden der Karolingerzeit, 1989; Landau, P., Kanonessammlungen in Bayern, FS K. Reindel, 1995, 137 |
1287 | Decurio (M.) de gradus (lat.) ist eine spätantike (6./7. Jh.?), systematische, an unbekanntem Ort geschaffene, relativ reich und erheblich unterschiedlich überlieferte, etwa eine Seite umfassende Übersicht über ein staatliches Ämterwesen (Kommandos, Staatsämter und Herrscher, Hofämter und städtische Ämter, soziale Klassen und grundherrliche Amtsträger [Ämtertraktat]), die vielleicht nur Lehrzwecken dient und keiner bekannten Wirklichkeit vollständig entspricht. Lit.: Conrat, M., Ein Traktat über romanisch-fränkisches Ämterwesen, ZRG GA 29 (1908), 239; Beyerle, F., Das frühmittelalterliche Schulheft vom Ämterwesen, ZRG GA 69 (1952), 1; Barnwell, P., Epistula Hieronimi de gradus Romanorum, Historical Research 64 (1991), 77 |
1288 | Dediticius (lat. [M.]) ist im römischen Recht der gewaltunterworfene Reichsangehörige (str.). Lit.: Kaser §§ 3, 13, 16; Dulckeit/Schwarz/Waldstein § 30; Köbler, DRG 35, 57 |
1289 | Defensor (M.) pacis (lat. Verteidiger des Friedens) (1324) ist die wichtigste staatsrechtliche Schrift des →Marsilius von Padua, in der er von der Herrschaft des Kaisers über die christliche Kirche ausgeht. Lit.: http://www.koeblergerhard.de/Fontes/Defensorpacis1324(1522).pdf; Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 109; Segall, H., Der „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua, 1959 |
1290 | Definition (F.) ist die Inhaltsbestimmung eines (zu bestimmenden und insofern als verhältnismäßig unbekannt angesehenen) Begriffs. Sie erfolgt durch (bestimmende) Angabe des übergeordneten Gattungsbegriffs und des innerhalb der Gattung aussondernden oder kennzeichnenden Einzelmerkmals (z. B. Frau ist [innerhalb] der [Gattung] Mensch, der [welcher der Art nach] weiblich ist, F = Mw). Insbesondere seit dem 18. Jh. werden diese Anforderungen präzisiert. Lit.: Schröder, J., Definition und Deskription, FS K. Kroeschell, hg. v. Köbler, G. u. a., 1997; Forgó, N., Omnis definitio in iure civili periculosa est, (in) Kontinuitäten und Zäsuren, 1999, 23 |
1291 | Deichrecht ist die Gesamtheit der den Deich (als die gegen Fluten vorgenommene Erdaufschüttung) betreffenden Rechtssätze, wie sie sich seit dem 10. oder 11. Jh. vor allem an der Nordsee entwickeln. Dazu bildet sich zunächst teils freiwillig, teils herrschaftlich ein Deichverband als Zwangsgenossenschaft der durch den Deich unmittelbar geschützten Grund-stücksberechtigten. Der Deichverband ist Eigentümer des Deiches und verwaltet ihn durch eigene Organe (Deichgraf, Deichschöffe, Deichgericht), sofern hierfür nicht die Gesamtheit zuständig ist. Der Deich ist in Teile (Kabeln, Pfänder, Lose) zerlegt, für die ein jeweiliges Grundstück (d. h. sein Nutzer oder Eigentümer) zu sorgen hat (Deichlast als Art Reallast). Wer sein Kabel nicht ordnungsgemäß unterhält, muss mit dem Verlust seines Grundeigentums rechnen (Wer nicht kann deichen, muss weichen bzw. wer nicht will deichen, darf weichen). Seit dem 16. Jh. wird der Deichverband zur Staatsanstalt, die Deichbaupflicht zur öffentlichen Last gegenüber dem Deichregalträger. Es werden Deichordnungen aufgezeichnet oder auch erlassen (Kleve 1448, Eiderstedt 1592, Hamburg 1639, Wursten 1661, Braunschweig-Lüneburg 1664, Bremen 1693). Das 19. Jh. kehrt zur Selbstverwaltung der Deichverbände zurück (Preußen Deichgesetz 1848). Bei der Schaffung der deutschen Rechtseinheit durch das Bürgerliche Gesetzbuch (1896/1900) wird das D. dem Landesgesetzgeber überlassen. Seit dem preußischen Wassergesetz des Jahres 1913 werden die Deichverbände als Wassergenossenschaften behandelt. Lit.: Schrader, C., Systematische Übersicht über das Deichrecht, 1805; Harnisch, R., Deichgesetzgebung, 1886; Gierke, J. v., Die Geschichte des deutschen Deichrechts, Teil 1f. 1901ff., Neudruck 1967; Beckmann, A., Dijk- en Waterschapsrecht, Bd. 1f. 1905ff.; Gierke, J., Chrene cruda und Spatenrecht, ZRG GA 28 (1907), 290; Bochalli, A., Wassergenossenschafts- und Deichrecht nach dem preußischen Wassergesetz, 2. A. 1925; Fockema Andreae, S., Het hoogheemraadschap van Rijnland, 1934; Felkes, E., Die geschichtliche Entwicklung der Deichlast in Nordfriesland, 1937; Albers, E., Das Deichrecht im Amt Ritzebüttel, 1938; Römer, H., Die Rechtsgeschichte der Koogs- und Deichverbände, 1938; Winsemius, J., De historische ontwikkeling van het waterstaatsrecht in Friesland, 1947; Linden, H. van der, De Cope, 1955; Obreen, H., Dijkplicht en Waterschappen aan Frieslands Westkust, (1956); Buijtenen, M. u. a., Westergo’s Ysselmeerdijken, 1956; Djuren, H., Das Deichrecht im Lande Wursten, Diss. jur. Göttingen (um 1960); Ostfriesland im Schutze des Deiches, hg. v. Ohling, J., 1969; Blok, D., Wie alt sind die ältesten niederländischen Deiche, (in) Probleme der Küstenforschung 15 (1984), 1; Gottschalck, M., Deich- und Wasserbau, 1985; Petersen, S., Deutsches Küstenrecht, 1989; Ehrhardt, M., Ein guldten Bandt des Landes, 2003; Fischer, N., Wassersnot und Marschengesellschaft, 2003; Nawotki, K., Die schleswigsche Deichstavengerechtigkeit, 2004 |
1292 | Dei gratia (lat. [F.]) ist eine von Karl dem Großen 768 nach biblischem und auch kirchlichem Vorbild (6. Jh.) aufgegriffene, zunächst nur religiös zu verstehende Formel, mit welcher der irdische Herrscher zum Ausdruck bringen will, dass seine Stellung von Gottes Gnade herrührt. Ob die Vermittlung durch den Papst erfolgen muss, ist zeitweise streitig. Lit.: Köbler, DRG 83; Kern, F., Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im frühen Mittelalter, 1912, 7. A. 1980; Schmitz, K., Ursprung und Geschichte der Devotionsformeln, 1913; Körntgen, L., Königsherrschaft und Gottes Gnade, hg. v. Goetz, H. u. a., Bd. 2 2000 |
1293 | Dekalog sind die zehn Gebote, die Moses auf dem Sinai (von Gott) empfängt (2. Moses 20,2-17, 5. Moses 5,6-21). Der D. enthält klare Regeln für wichtige gesellschaftliche Störungen. Die zugehörigen, den Nichtjuden durch das Christentum vermittelten Lösungen beeinflussen das weltliche Recht großer Teile der gesamten Menschheit bis in die Gegenwart. Lit.: Weber, H. v., Der Dekalog als Grundlage der Verbrechenssystematik, FS W. Sauer, 1949, 44; Hossfeld, F., Der Dekalog, 1982 |
1294 | Dekan (M., zu lat. decem, Num. Kard., zehn) ist ein kirchlicher wie weltlicher Amtsträger. Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972 |
1295 | Dekret ist allgemein die obrigkeitliche Entscheidung. Im Kirchenrecht ist D. das (lat.) →Decretum (N.) Gratiani. Lit.: Söllner § 15; Köbler, DRG 102; Dekrete der ökumenischen Konzilien, hg. v. Wohlmuth, J., Bd. 1ff. 1997ff. |
1296 | Dekretale ist die seit dem 4. Jh. n. Chr. (385 n. Chr. [lat.] Directa ad decessorem, Papst Siricius an Bischof Himerius von Tarragona) sichtbare, vor allem in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit rund 1100 erhaltenen Zeugnissen zahlenmäßig sehr häufige Entscheidung des Papstes in einem einzelnen Fall sowie später der sie verkündende feierliche Erlass. Sammlungen von Dekretalen sind beispielsweise die Sammlung des Dionysius Exiguus, die pseudoisidorischen Fälschungen, die (lat.) Collectio (F.) Wigorniensis (um 1173/1174, noch unsystematisch), der (lat.) Appendix (M.) concilii Lateranensis III (England um 1183, bereits systematisch nach Titeln geordnet und teilweise auch in einzelne Blöcke zerlegt), die Collectio Britannica oder die zwischen 1187 und 1226 (bzw. 1188/1190 und 1226) entstandenen sog. compilationes antiquae (lat. [F.Pl.] alte Sammlungen, später sog. compilatio prima [= Breviarum extravagantium, geteilt in fünf Bücher iudex, iudicium, clerus, conubia, crimen h. h. Richter, Gericht, Klerus, Ehe, Verbrechen] 1188-1191 bzw. um 1188/1190 Bernardus Balbi von Pavia bzw. Bernardus Papiensis [vor allem Dekretalen Alexanders III.] in 5 Büchern, compilatio secunda des Johannes Galensis 1210-1212 [Dekretalen zwischen 1191 und 1198], compilatio tertia 1209/1210 [Papst Innozenz III. durch] Petrus Beneventanus bzw. Petrus Collivaccinus [erste authentische Sammlung, Dekretalen Papst Innozenz’ III.], compilatio quarta 1216 Johannes Teutonicus (mit Texten insbesondere des vierten Laterankonzils, von Papst Innozenz III. zurückgewiesen), compilatio quinta 1226 [Papst Honorius III. 1216-1227 durch] Tancred bzw. Tancredus Bononienis). Sie werden auf Grund eines von Papst Gregor IX. (1227-1241) 1230 erteilten Auftrags von dem spanischen Kirchenrechtler →Raymundus de Penyafort (1180-1275) zu einer neuen ergänzten Dekretalensammlung (mit 2139 Kapiteln zwischen 1140 und 1234) vereinigt, die am 5. 9. 1234 als (lat.) Liber (M.) (decretalium) extra (Decretum Gratiani) veröffentlicht wird. Sie gliedert sich in fünf Bücher (Richter, Gericht, Klerus, Ehe, Verbrechen). Sie ersetzt alle älteren Sammlungen der Dekretalen. Eine zugehörige (lat.) glossa (F.) ordinaria stammt von Bernardus Parmensis († 1266) bzw. →Johannes Andreae († 1348). Die bedeutendste Summe ist die 1253 abgeschlossene, seit 1477 so bezeichnete (lat. [F.]) Summa aurea (goldene Summe), die wichtigste Kommentierung die zwischen 1262 und 1265 entstandene (lat.) Lectura (F.), Lesung, des Hostiensis (Heinrich von Segusia, Susa vor 1200-Lyon 1270). Zitiert wird dieser Liber extra z. B. als X 1. 2. 13. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 102, 108; Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972; Landau, P., Die Entstehung der systematischen Dekretalensammlungen, ZRG KA 66 (1979), 120; Kuttner, S., Medieval Councils, Decretals and Collections, 1980; Landau, P., Kanones und Dekretalen, 1997; Landau, P., Rechtsfortbildung im Dekretalenrecht, ZRG KA 117 (2000), 86; Jasper, D./Fuhrmann, H., Papal letters in the early middle ages, 2001; Zechiel-Eckes, K., Die erste Dekretale - Der Brief Papst Siricius’ an Bischof Himerius von Tarragona vom Jahr 385 (JK 255), 2013 |
1297 | Dekretalist ist der die →Dekretalen (1234 nach Erscheinen des Liber extra) bearbeitende Kirchenrechtler (z. B. Johannes Andreae, Tancred, Innozenz IV., Hostiensis [Summa aurea, goldene Summe], Durantis, Baldus, Zabarella, Nikolaus de Tudeschis [Panormitanus]). Die Gesamtheit der Dekretalisten wie die Tätigkeiten der Dekretalisten werden als Dekretalistik bezeichnet. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Kuttner, S., Gratian and the Schools of Law, 1983 |
1298 | Dekretist ist der das →Dekret Gratians bearbeitende Kirchenrechtler (z. B. Paucapalea, Rufinus, Stephan von Tournai, Huguccio, Johannes Teutonicus). Lit.: Kuttner, S., Gratian and the Schools of Law, 1983 |
1299 | delatura (lat. [F.], Anzeigelohn?) →dilatura |
1300 | De laudibus legum Angliae (lat., Über die Vorzüge des englischen Rechtes) ist eine 1470 vom Richter Sir John →Fortescue verfasste Darstellung des →englischen Rechtes im Vergleich zum festländischen Recht. Lit.: Baker, J., An Introduction to English Legal History, 1971, 2. A. 1979, 3. A. 1990, 4. A. 2002 |