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#ZIEL
701Besonderes Gewaltverhältnis ist das Verhältnis, das, im Gegensatz zum allgemeinen Verhältnis des Inhabers von Hoheitsgewalt über den Bürger, zusätzliche Einwirkungen ohne weitere Rechtsgrundlage ermöglicht (z. B. Staat - Strafgefangener). Diese im 19. Jh. entwickelte Vorstellung wird im letzten Drittel des 20. Jh.s zunehmend abgelehnt. Lit.: Wenninger, L., Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, 1982
702Bessarabien (östlicher Teil der Moldau zwischen Pruth und Dnjestr, in dem ab 1814 von Zar Alexander I. Deutsche angesiedelt wurden, 1918 Rumänien, 1940 umgesiedelt, 1945 vertrieben)→Rumänien, Sowjetunion, Moldawien Lit.: King, C., The Moldovans, 2000; Schmidt, U., Die Deutschen aus Bessarabien, 2003, 2. A. 2004, 3. A. 2006
703Besserung ist allgemein die Vermehrung der Güte eines Zustands. Hierzu kann auch die wertsteigernde Aufwendung auf zur Leihe überlassenem Land gezählt werden. Sie ist teilweise eigenständiges, veräußerliches Gut. Lit.: Arnold, W., Zur Geschichte des Eigentums in den Städten, 1861; Wolf, M., Der Bau auf fremden Gut, 1900; Stingel, M., Die bäuerliche Leihe im Recht des Würzburger Benediktinerklosters Sankt Stephan in Würzburg, Diss. jur. Erlangen 1962
704Bestand (Wort 1272) ist allgemein der Zustand, Bestandkontrakt (1740) bzw. Bestandvertrag (1809) die deutsche Wiedergabe der (lat.) locatio conductio, Bestandteil (1811) der zum Bestand einer Sache gehörige Teil. Lit.: Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010
705Bestechung ist die Gewährung eines Vorteiles an einen Amtsträger für eine Dienstpflichtverletzung. Sie ist als Wahlbestechung bereits dem römischen Recht bekannt. Besondere Bedeutung erlangt sie mit der Entwicklung des Beamtentums. Lit.: Rüping, H./Jerouschek, G., Grundriss der Strafrechtsgeschichte, 5. A. 2007; Kulesza, R., Die Bestechung im politischen Leben Athens, 1995
706Besthaupt ist das beim Tode eines Bauern besonders in Grundherrschaften an einen Herrn abzuliefernde beste Stück Vieh. Das B. begegnet in Flandern und Lothringen im 9. Jh. und ist im Hochmittelalter weit verbreitet. Bereits zu dieser Zeit schwindet es aber in den Städten, wird allgemein jedoch erst am Beginn des 19. Jh.s aufgegeben. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Bodmann, F., Historisch-juristische Abhandlung vom Besthaupte, 1794; Schultze, A., Seelgerät und Besthaupt, ZRG GA 38 (1917), 301; Mayer, E., Seelgerät und Besthaupt, ZRG GA 38 (1917), 301; Stutz, U., Zweitbesthaupt, ZRG GA 40 (1919), 282; Müller, W., Die Abgaben von Todes wegen in der Abtei Sankt Gallen, 1961
707Bestimmtheitsgebot ist das Gebot (an den Gesetzgeber), einen Rechtssatz insbesondere im Strafrecht so bestimmt zu fassen, dass der Betroffene Tragweite und Anwendungsbereich erkennen kann. Es erwächst aus der Aufklärung. Es setzt sich seit dem 19. Jh. durch. Lit.: Schreiber, H., Gesetz und Richter, 1976; Krey, V., Keine Strafe ohne Gesetz, 1983; Müller-Dietz, H., Abschied vom Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht? FS T. Lenckner, 1998, 179
708Bet, Josef →Karo
709Betäubungsmittel ist das der Betäubung der menschlichen Sinne dienende Mittel (z. B. Opium, Morphium, Heroin, Kokain, Cannabis und synthetische B.). Seit dem 16./17. Jh. wird die Sucht nach Betäubungsmitteln als Krankheit erkannt, seit etwa 1850 breitet sich die Sucht allmählich, seit etwa 1965 rasch aus. Mit der zweiten Hälfte des 19. Jh.s begint die gesetzliche Bekämpfung (Preußen, kaiserliche Verordnung vom 25. 3. 1872, Opiumkonferenz von Schanghai 1909, Den Haag, Ausführungsgesetz von 1921, Opiumgesetz vom 1. 1. 1930, Betäubungsmittelgesetz 1972). Lit.: Wriedt, J., Von den Anfängen der Drogengesetzgebung bis zum Betäubungsmittelgesetz vom 1. 1. 1972, 2006
710Betreibung Lit.: Malamud, S. u. a., Die Betreibungs- oder Eingewinnungsverfahren der Stadt Zürich im Spätmittelalter, ZRG GA 116 (1999), 87
711Betreuung ist in Deutschland seit 1. 1. 1992 die staatliche Fürsorge für die Person und das Vermögen eines volljährigen Menschen, soweit er infolge einer Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann, durch einen vom zuständigen Vormundschaftsgericht bestellten Betreuer. Die B. ersetzt die Entmündigung Lit.: Köbler, DRG 268; Damrau, J./Zimmermann, W., Betreuungsgesetz, 1991; Müller, B., Rechtliche und gesellschaftliche Stellung von Menschen mit einer geistigen Behinderung, 2001
712Betrieb Lit.: Jakobi, C., Die vieldeutige Betriebsgemeinschaft, 2013
713Betriebsrat ist das Organ der Arbeitnehmer einer Betriebs, das in bestimmten Angelegenheiten eines Betriebs mitwirkt und mitbestimmt. Der B. entwickelt sich am Ende des 19. Jh.s (1905 Bergbau, 1916 Kriegs-wirtschaft). Nach dem Betriebsrätegesetz vom 4. 2. 1920 ist in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten ein B. zu bilden (Österreich 1919). Im Dritten Reich wird der B. beseitigt, 1946 (in Österreich 1947) aber wieder eingeführt und danach gestärkt (11. 10. 1952, 15. 1. 1972). Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Köbler, DRG 241, 273; Oertzen, P. v., Betriebsräte in der Novemberrevolution, 1963; Plumeyer, M., Die Betriebsrätegesetze, Diss. jur. Hannover, 1992; Schaub, G., Der Betriebsrat, 1973, 7. A. 2002, 8. A. 2005; Raedel, C., Amtsenthebungen und Kündigungen von Betriebsräten, 1999
714Betriebsrisiko ist im Arbeitsrecht die im 20. Jahrhundert verrechtlichte Gefahr des Erliegens bzw. Stillstands eines Betriebs ohne Verschulden eines Beteiligten. Lit.: Tamm, M., Die Entwicklung der Betriebsrisikolehre, 2001
715Betriebsverfassung ist die Gesamtheit der Regeln, welche die Rechte des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer und ihrer Organe im Betrieb in Bezug auf das Betriebsgeschehen ordnen. Die B. wird in Deutschland nach einzelnen Vorläufern des späten 19. Jh.s durch das Betriebsrätegesetz vom 4. 2. 1920 eingerichtet und (nach Beseitigung während der nationalsozialistischen Herrschaft) durch Gesetz vom 17. 4. 1946 wiederhergestellt. Lit.: Köbler, DRG 273; Adelmann, G., Quellensammlung zur Geschichte der sozialen Betriebsverfassung, Bd. 1f. 1960ff.; Reichold, H., Betriebsverfassung als Sozialprivatrecht, 1995; Mitbestimmung und Betriebsverfassung, hg. v. Pohl, H., 1996
716Betriebswirtschaft ist die Wirtschaft des einzelnen Betriebs (im Gegensatz zur Wirtschaft des gesamten Volkes oder Staates), die seit 1898 (Leipzig, Aachen, Wien) wissenschaftlich gelehrt wird und nach steilem Aufstieg (1923 23 Orte, 1924 43, 1939 70) derzeit jährlich 100000 Studierende für mehr als 1000 Professoren findet.. Lit.: Entwicklungen der Betriebswirtschaftslehre, hg. v. Gaugler, E./Köhler, R., 2002; Burr, W./Wagenhofer, A., Geschichte des VHB, 2011
717Betrug ist die durch Täuschung verursachte Vermögensschädigung (z. B. der Universitätsassistent I. lässt sich im öffentlichen Dienst jahrelang krank schreiben und betreibt in dieser Zeit privatwirtschaftlich einen Verlag für Lügenbarone). Im römischen Recht erfassen (lat. [N.]) falsum (Fälschung), stellionatus (M.) (Hinterhältigkeit) und (N.) furtum (Wegnahme) einzelne Fälle des nicht als solcher zusammengefassten Betrugs. Ähnlich verfährt auch das Mittelalter. Die durch Täuschung verursachte Vermögensschädigung findet sich seit dem 16. Jh., ohne dass sie aber von der Fälschung bereits eindeutig geschieden werden kann. Erst in der Mitte des 19. Jh.s bzw. 1871 gelingt unter dem Einfluss des Code pénal (1810) Frankreichs eine klare Abgrenzung. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 158; Köstlin, C., System des deutschen Strafrechts, Bd. 2 1858, Neudruck 1978, 124ff.; Mommsen, T., Römisches Strafrecht, 1899, Neudruck 1955; His, R., Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Bd. 2 1935, 318ff.; Naucke, W., Zur Lehre vom strafbaren Betrug, 1964; Hupe, E., Falsum, fraus und stellionatus im römischen und germanischen Recht bis zur Rezeption, Diss. jur. Marburg 1967; Kausch, W., Die Entwicklung des falsum, Diss. jur. Göttingen 1971; Schütz, S., Die Entwicklung des Betrugsbegriffs, 1988; Roth, J./Sokolowsky, K., Lügner, Fälscher, Lumpenhunde, 2000; Lügen und Betrügen, hg. v. Hochadel, O. u. a., 2000; Freller, T., Die Welt will betrogen sein, 2001; Die Autobiographie des Betrügers Luer Meyer 1833-1855, 2010
718Betteln ist das Bitten um unentgeltliche Leistungen zum Lebensunterhalt. Es wird seit dem Hochmittelalter sichtbar. Zeitweise wird es mit polizeilichen Mitteln entschieden bekämpft (Bettelordnungen Nürnbergs von 1370, 1478, Reichspolizeiordnungen von 1530, 1548 und 1577, s. a. z. B. Graz 1996). Lit.: Stamm, R., Theodor Konrad Hartleben (1770-1827) und seine Allgemeine deutsche Justiz- und Polizey-Fama, ZGO 113 (1965), 45; Goglin, J., Les miserables, 1976; Scherner, K., Arme und Bettler, ZNR 1988, 129; Rudersdorf, M., Das Glück der Bettler, 1995; Bindzus, D./Lange, J., Ist Betteln rechtswidrig? JuS 1996, 482; Bräuer, H., . und hat seit hero gebetlet, 1996; Bettler in der europäischen Stadt der Moderne, hg. v. Althammer, B., 2007; Wagner, A., Gleicherweiß als wasser, 2011
719Betti, Emilio (Camerino 1890-1968), nach juristischen Studien in Parma und philosophischen Studien in Bologna seit 1917 Professor für römisches Recht in Camerino und in Macerata, Messina, Parma, Florenz, Mailand und Rom, bemüht sich unter Verknüpfung von Dogmatik und Geschichte vor allem um ein neues Verständnis der →Auslegung und der Hermeneutik insgesamt. Lit.: Betti, E., Die Hermeneutik als allgemeine Methodik der Geisteswissenschaften, 1962; L’ermeneutica giuridica di Emilio Betti, hg. v. Frosini, V./Riccobono, F., 1994
720Beunde (963 ahd. piunta) ist das dorfnahe, durch Einzäunung („Bewindung“?) aus der Allmende ausgeschiedene landwirtschaftliche Grundstück. Lit.: Bader, K., Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes, Bd. 1 1957, Bd. 3 1973
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