Thümmel, Hans Georg, Greifswald - Geschichte und Geschichten. Die Stadt, ihre Kirchen und ihre Universität (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2011. 306 S., 38 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Thümmel, Hans Georg, Greifswald - Geschichte und Geschichten. Die Stadt, ihre Kirchen und ihre Universität (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2011. 306 S., 38 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Verfasser kennt seinen Ort seit vielen Jahren aus nächster Nähe, da er nach der Geburt in Görlitz (1932) während des 1950 begonnenen Studiums der evangelischen Theologie 1951 in Erweiterung des Studiums um Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Philosophie bereits 1951 nach Greifswald kam, dort 1955 Diplom-Theologe, wissenschaftlicher Assistent (1959 über Judas Ischariot im Urteil der altkirchlichen Schriftsteller des Westens und in der frühchristlichen Kunst promoviert), 1960 Lehrbeauftragter für christliche Archäologie und Geschichte der kirchlichen Kunst, 1961 wissenschaftlicher Oberassistent (1967 mit Studien zur frühchristlichen Grabeskunst), 1988 außerordentlicher Hochschuldozent für Kirchengeschichte und christliche Archäologie und schließlich 1990 in Verbindung mit einem kurzen Ausflug nach Marburg (Vertretungsprofessor für christliche Archäologie) Professor für Kirchengeschichte, christliche Archäologie und Geschichte der kirchlichen Kunst wurde (1997 emeritiert). Nach seinem kurzen Vorwort hat sein Werk in gewisser Weise im Herbst 1989 seinen Anfang genommen, als er im Wochenabstand vor einer kleinen Zuhörerschar im Dom St. Nikolai drei Vorträge über die Geschichte der Gemeinde und der Kirche hielt. Auf dieser Grundlage will er nun einen Überblick über die ganze Geschichte Greifswalds geben, der aber Vollständigkeit von vornherein nicht anstrebt.
Nach einer von der Sage ausgehenden sehr kurzen Einleitung verfolgt der Verfasser seinen Gegenstand grundsätzlich chronologisch. Dabei unterscheidet er Anfänge (Frühgeschichte Vorpommerns, Vorgeschichte Greifswalds, Kloster Eldena, Anfänge Greifswalds, Pfarrkirchen, graues Kloster und St. Spiritus), Stadt und Universität bis zur Reformation, |
|
Towards a European Contract Law, hg. v. Schulze, Reiner/Stuyck, Jules. Sellier, München 2011.. XIII, 279 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Towards a European Contract Law, hg. v. Schulze, Reiner/Stuyck, Jules. Sellier, München 2011.. XIII, 279 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die nach dem zweiten Weltkrieg geschaffene Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und der darauf aufbauende Gemeinsame Markt haben sich als Erfolge erwiesen. Nach dem Abbau der Zollschranken bilden die unterschiedlichen nationalen Privatrechte noch Hürden auf dem Weg zu leichter Einheit. Trotz aller beharrenden Kräfte der nationalen Hoheitsträger schmilzt aber auch hier der Widerstand dahin.
Mit der Zielsetzung eines einheitlichen europäischen Vertragsrechts haben sich das Centre for European Private Law in Münster und das Study Centre for Consumer Law in Leuven zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammengefunden und im Juni 2011 Juristen aus Wissenschaft, Praxis und Politik verschiedener europäischer Länder zu einem Gespräch über die bisherigen, von einer Expertengruppe erarbeiteten und von der Europäischen Kommission veröffentlichten Vorschläge eingeladen. Auf ihr hat auch Vizepräsidentin Viviane Reding eine Erklärung abgegeben. Der vorgelegte Band veröffentlicht die Inhalte der Tagung.
Insgesamt gliedert sich der Band in sieben Teile mit 19 Beiträgen von Reiner Schulze bis zu Ole Lando. Sie reichen von einer Einführung über vorvertragliche Pflichten, Vertragsabschluss, unfaire Bedingugen, Durchführung, Abhilfe und Überlegungen über die Vorgangsweise bis zu künftigen Perspektiven, wobei jeweils eine Fülle von Einzelfragen von ausgewiesenen Sachkennern sachverständig angesprochen und behandelt wird. Im Anhang bietet das von den Herausgebern verdienstvollerweise organisierte Werk den von der Expertengruppe erarbeiteten Text der Feasibility Study for a Future Instrument in European Contract Law, so dass damit jedem Interessenten ein unmittelbarer Zugang zum derzeitigen Stand der Bemühungen um ein optionales europäisches Vertragsrecht eröffnet wird.
Innsbruck |
|
Transit Deutschland. Debatten zu Nation und Migration, hg. v. Göktürk, Deniz/Gramling, David/Kaes, Anton/Langenohl, Andreas. kup Konstanz university press, Konstanz 2010. 878 S., 13 Fotos. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Transit Deutschland. Debatten zu Nation und Migration, hg. v. Göktürk, Deniz/Gramling, David/Kaes, Anton/Langenohl, Andreas. kup Konstanz university press, Konstanz 2010. 878 S., 13 Fotos. Besprochen von Gerhard Köbler.
Weimar Republic Sourcebook lautet der aussagekräftige Titel eines 1994 von Anton Kaes, Edward Dimendberg und Martin Jay veröffentlichen Quellenwerks, in dem (kurze) Quellen innerhalb bestimmter Diskursbereiche chronologisch geordnet und mittels Montage aufeinander bezogen wurden, um Ereignisse und Entwicklungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu zeigen. Angestrebt wurde ein Netzwerk von Kommentaren, die ihrerseits neue Kommentare verursachen. Die Zukunft bleibt dabei offen und kann vom Leser weiterverfolgt werden.
Nach diesem Muster begann 2001 im Rahmen des Forschungsschwerpunkts Multicultural Germany Project am German Department der University of California, Berkeley, die Bearbeitung eines Projekts Germany in Transit. Dem lag außer einem Vergleich Deutschlands mit den Vereinigten Staaten von Amerika als typischem Einwanderungsland die Vorstellung zu Grunde, dass auch deutsche Kultur in der Gegenwart nicht ohne Einbeziehung von Migration erfasst werden kann. Hieraus erwuchs die von Deniz Göktürk, David Gramling und Anton Kaes in Englisch herausgegebene und 2007 von der University of California in der Reihe Weimar and Now – German Cultural Criticism veröffentlichte Dokumentation Germany in Transit – Nation and Migration – 1955-2005, deren Beginn mit dem fünfzigsten Jahrestag der Ankunft der ersten 100000 Gastarbeiter ais Italien in Deutschland im Rahmen europäischer Solidarität am 21. Dezember 1955 zeitlich zusammenfällt. Vier Jahre später folgt dem zeitlich zusammentreffend mit dem 50. Jahrestag eines deutsch-türkischen Gastarbeitsakommens nun eine deutsche Ausgabe.
Sie wird nach einem Überblick über die mehr als 200 verwendeten Quellen (etwa von Fatih Akin, Maxim Biller, Daniel Cohn-Bendit, Recep Tayyi |
|
Troje, Hans Erich, „Crisis digestorum“. Studien zur historia pandectarum (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 264). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. VIII, 203 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Troje, Hans Erich, „Crisis digestorum“. Studien zur historia pandectarum (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 264). Klostermann, Frankfurt am Main 2011. VIII, 203 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie der Verfasser zu Beginn seines schmalen, aber kenntnisreichen und gewichtigen Werkes ausführt, enthalten die Digesten oder Pandekten die wichtigsten und anspruchsvollsten Texte des römischen Rechts aus den Werken der römischen Rechtskundigen zwischen später Republik und frühem Dominat, die Kaiser Justinian nach seinem Herrschaftsantritt in Ostrom (527 n. Chr.) von einer Kommission zusammenstellen ließ. Sie sind zugleich die bei weitem wichtigsten Quellen der gegenwärtigen Kenntnis des römischen Rechts überhaupt, das bekanntlich noch in der Gegenwart fortwirkt. Der Verfasser vergleicht sie in ihrer Bedeutung mit der christlichen Bibel, deren Umfang von der Textmasse der Digesten noch um die Hälfte übertroffen wird.
Da die Digesten römisches Recht überliefern, sind sie an sich Gegenstand der juristischen Romanistik. Da sie aber in viele Rechtsquellen des Mittelalters und der Neuzeit Eingang gefunden haben, verdienen sie auch das Interesse des Germanisten (und des Kanonisten). Von daher ist ein kurzer Hinweis auf bedeutsame Erkenntnisse eines bekannten Romanisten vom Beginn des 21. Jahrhunderts auch in der Germanistischen Abteilung gerechtfertigt.
Hans Erich Troje gliedert seine detaillierten Feststellungen zur Überlieferungsgeschichte der Digesten in drei Teile, welche die Digesten in Handschriften und Drucken, Details, Nachlese, Seitenblicke, Rückblicke und Ausblicke betreffen. Sie beziehen sich in zehn Kapiteln auf Digestenstudien, Problemfelder, Editoren, Editionen, Graeca Modestini, Tücken, Lücken, Notae Cuiacii, Adnotata Torellis, Codex und Novellen. Wer die überzeugenden Darlegungen des viele Jahrzehnte die vielfältige, |
|
Truninger, Stephan, Die Amerikanisierung Amerikas. Thorstein Veblens amerikanische Weltgeschichte. Westfälisches Dampfboot, Münster 2010. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Truninger, Stephan, Die Amerikanisierung Amerikas. Thorstein Veblens amerikanische Weltgeschichte. Westfälisches Dampfboot, Münster 2010. 210 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der 1975 geborene Verfasser studierte in Zürich und Hannover Soziologie und Philosophie, wurde mit der vorliegenden, seit 2008 elektronisch verfügbaren Untersuchung 2007 zum Dr. phil. in Hannover promoviert und lebt nach Forschungsaufenthalten in Chicago und London als Dozent an der Kalaidos Fachhochschule Wirtschaft AG und freier Autor in Zürich. Der von norwegischen Einwanderern abstammende, unstete Thorstein Veblen wurde in Cato/Wisconsin am 30. Juli 1857 geboren und starb einsam in einer Holzhütte in Menlo Park/Kalifornien am 3. August 1929. Er ist einer der Gründer der Institutionenökonomik in der Wirtschaftswissenschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.
Das Thema der weltweiten Amerikanisierung ist bedeutsam und ansprechend. Der Verfasser bezieht es im Kern auf die Amerikanisierung Amerikas und gliedert seine Untersuchung in fünf Abschnitte. Nach einer kurzen Einleitung betrachtet er nacheinander revolutionäre Hoffnungen, die Transformationen gesellschaftlicher Praxis in der radikal bürgerlichen Gesellschaft als Motor der Stagnation, die klassenlose Klassengesellschaft mit den Mittelschichten als Motor, die amerikanische Weltgeschichte und die Entstehung der amerikanischen Tradition.
Aus allem zieht er den interessanten Schluss, dass die besondere Dynamik Amerikas besondere Modernisierungsprozesse ermöglichte. Dies wurde an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert mehr und mehr bewusst. Von hier aus setzte die Amerikanisierung weiter Teile der Welt an, die beflügelt durch wirtschaftliche und militärische Erfolge noch immer im Gange und im Ende nicht wirklich absehbar ist.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Ullrich, Christina, „Ich fühl’ mich nicht als Mörder“. Die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart 18). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011. 355 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ullrich, Christina, „Ich fühl’ mich nicht als Mörder“. Die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart 18). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011. 355 S. Besprochen von Martin Moll.
Christina Ullrichs 2008 an der Universität Marburg/Lahn angenommene Dissertation widmet sich den Lebenswegen von 19, überwiegend zwischen 1909 und 1913 geborenen NS-Tätern aus dem zweiten und dritten Glied in den westlichen Besatzungszonen bzw. in der Bundesrepublik Deutschland. Der Autorin geht es weniger um das, was diese Männer als Angehörige der SS, des SD, der Kripo bzw. von sogenannten Einsatzgruppen in den besetzten Ostgebieten taten, und mehr darum, wie sich die Integration dieser schwer belasteten Täter in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft vollzog, was diese Wiedereingliederung begünstigte oder hemmte. Vorauszuschicken ist, dass allen untersuchten Personen eine Reintegration, sei es in die Privatwirtschaft oder im öffentlichen (Polizei-)Dienst, glückte, bis sie ab etwa 1960 von ihrer Kriegsvergangenheit eingeholt und wegen ihrer zwischen 1939 und 1945 begangenen Verbrechen verurteilt wurden. Die Aussagekraft der Studie erstreckt sich somit auf abgeurteilte Täter, nicht jedoch auf jene, gegen die Strafverfahren eingestellt oder gar nicht eingeleitet wurden. Angestrebt wird eine Verzahnung individueller Biographien und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Die gelungene Reintegration vollzog sich in mehreren Phasen. Ullrich unterscheidet die Transition vom Krieg zum Nachkrieg, die Entnazifizierung sowie die eigentliche Integration, die mit einem beruflichen Wiedereinstieg einherging. In allen Etappen strebten die Protagonisten danach, ihre schon formal durch Zugehörigkeit zur NSDAP und/oder zur SS und Gestapo evidente Belastung durch exkulpatorische Strategien zu minimieren. Hierbei konnten sie auf die in den ersten Jahren nach 1945 virulenten G |
|
Urbare des Fürstentums Jägerndorf aus der Zeit der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1531-1535-1554/78), hg. v. Hanke, Siegfried/Vogel, Rainer (= Erträge Böhmisch-Mährischer Forschungen 8). LIT Verlag, Berlin 2010. 469 S. Besprochen von Christian Neschwara. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urbare des Fürstentums Jägerndorf aus der Zeit der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1531-1535-1554/78), hg. v. Hanke, Siegfried/Vogel, Rainer (= Erträge Böhmisch-Mährischer Forschungen 8). LIT Verlag, Berlin 2010. 469 S. Besprochen von Christian Neschwara.
Der anzuzeigende Band enthält Transkriptionen von frühneuzeitlichen Urbaren aus dem ehemaligen Fürstentum Jägerndorf, dem späteren Österreichisch-Schlesien. Die Originale der vorliegenden Edition befinden sich im tschechischen Landesarchiv Troppau.
Die beiden Herausgeber der vorliegenden Edition stammen selbst auch aus dem mährisch-schlesischen Raum, sie sind bereits durch zahlreiche Publikationen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte ihrer altösterreichischen Heimat hervorgetreten. Für die Transkription zeichnet Siegfried Hanke verantwortlich, die Festlegung der Transkriptionsregeln sieht eine nahezu wortgetreue Wiedergabe der Originaltexte vor, lateinische Eintragungen sind weitgehend übernommen worden, alttschechische Eintragungen dagegen seinerzeit grundsätzlich weggeblieben, inzwischen aber im Internet veröffentlicht unter http://www.sudetendeutsche-akademie.eu/publ.htm (16. 5. 2011).
Die Edition wird begleitet von einer ersten Erschließung und Auswertung dieser Quellen in Hinblick auf die Sprache der zeitgenössischen mundartlichen und juristischen Begriffe sowie insbesondere zur Entwicklung von Familien- und Ortsnamen in diesem schlesischen Fürstentum durch Rainer Vogel. In Verbindung mit der geographischen Einordnung der Orte und Städte in den historischen Kontext der politischen und kulturellen Entwicklung dieses Raums enthält der vorliegende Band außerdem reichhaltige Bildmaterialien von historischen Landkarten und tabellarische Übersichten der jeweils regierenden Herzöge und ihrer Hauptleute mit Erläuterung ihrer Aufgaben und Funktionen.
Urbare stellen als Quellengattung unter dem frühneuzeitlichen Archivgut des mährisch-schlesischen Raumes eine dom |
|
Urkundenbuch der ehemals freien Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, bearb. v. Herquet, Karl unter Mitwirkung von Schweineberg, W., hg. v. Magistrate der Stadt Mühlhausen (= Geschichtsquellen der Provinz Sachsen 3). Halle 1874. Neudruck Rockstuhl, Bad Langensalza. 2009. 674 S., Ill. Besprochen von Gerhard Günther. |
Ganzen Eintrag anzeigen Urkundenbuch der ehemals freien Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, bearb. v. Herquet, Karl unter Mitwirkung von Schweineberg, W., hg. v. Magistrate der Stadt Mühlhausen (= Geschichtsquellen der Provinz Sachsen 3). Halle 1874. Neudruck Rockstuhl, Bad Langensalza. 2009. 674 S., Ill. Besprochen von Gerhard Günther.
1874 erschien als 3. Band der Geschichtsquellen der preußischen Provinz Sachsen das Urkundenbuch der freien Reichsstadt Mühlhausen. Es war eines der ersten modernen Urkundenbücher von Städten, herausgegeben vom Magistrat der Stadt mit finanzieller Unterstützung des Provinziallandtages und erschien im Verlag des Waisenhauses der Frankeschen Stiftungen in Halle. Um Kosten zu sparen verwendete man eine billige Papiersorte, die etwa dem Holzschliffpapier der Zeitungen entsprach. Nach fast 140 Jahren lösen sich stark benutzte Exemplare in Einzelteile auf. Es ist daher dem Verlag Rockstuhl zu danken, wenn jetzt ein Reprint auf alterungsbeständigem Papier nach ISO 9706 vorgelegt wird, zumal angesichts der offensichtlich geringen Auflagenhöhe antiquarische Exemplare nur ganz selten und wenn, dann zu sehr hohen Preisen erhältlich waren.
Herquet hat auch Urkunden als Regest aufgenommen, in denen Mühlhausen nur als Ausstellungsort (daher die große Zahl von 94 Königsurkunden) oder in denen Personen aus Mühlhausen und Umgebung nur als Zeugen erscheinen oder auch wenn ein anderer Bezug auf Mühlhausen vorhanden war. In den Staatsarchiven Dresden, Magdeburg und Wolfenbüttel fand er hilfreiche Kollegen, die ihm handschriftlich Abschriften anfertigten, beim Stadtarchiv Erfurt (anscheinend ohne Archivar!) half ihm Stadtrat a. D. Herrmann.
Hinsichtlich der zahlreichen bereits gedruckten Quellen unterstützten die Bibliotheken in Kassel und Göttingen. Ohne Herquet einen Vorwurf machen zu wollen – er hat in kurzer Zeit eine enorme Leistung vollbracht – sei angemerkt, dass die Archive der beiden mit Mühlhausen eng verbundenen Reichsstädt |
|
Vademekum der Geschichtswissenschaften. Verbände, Organisationen, Gesellschaften, Vereine, Institute, Seminare, Lehrstühle, Bibliotheken, Archive, Museen, Dienststellen, Ämter, Verlage und Zeitschriften sowie Historiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz, im Einvernehmen mit Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, Verband österreichischer Historiker und Geschichtsvereine und Schweizerische Gesellschaft für Geschichte, 9. Ausg. 2010/2011. Steiner, Stuttgart 2010. 683 S. Besprochen vo |
Ganzen Eintrag anzeigen Vademekum der Geschichtswissenschaften. Verbände, Organisationen, Gesellschaften, Vereine, Institute, Seminare, Lehrstühle, Bibliotheken, Archive, Museen, Dienststellen, Ämter, Verlage und Zeitschriften sowie Historiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz, im Einvernehmen mit Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, Verband österreichischer Historiker und Geschichtsvereine und Schweizerische Gesellschaft für Geschichte, 9. Ausg. 2010/2011. Steiner, Stuttgart 2010. 683 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Seit 1994 bemüht sich das Vademekum der Geschichtswissenschaften, die Organisation der historischen Disziplin im deutschsprachigen Kerngebiet zu erfassen und – im Interesse einer besseren wissenschaftlichen Vernetzung ebenso wie einer verstärkten allgemeinen Präsenz und Resonanz im öffentlichen Raum - jedermann zur Verfügung zu stellen. Das im Zweijahresrhythmus aufgelegte Hilfsmittel gibt dem Nutzer in der Tat immer wieder eine erhebliche Anzahl an Basisdaten an die Hand. Im Hinblick auf eine möglichst ökonomische Bewirtschaftung des Druckraums verzichtet der Verlag auf jedwedes Vorwort ebenso wie auf einleitende erläuternde Hinweise zur Handhabung des Vademekums; die Innenseiten des vorderen und hinteren Einbanddeckels beherbergen das Ortsregister im Minidruck.
Über Jahre bewährt – und deshalb auch in der aktuellen Ausgabe beibehalten – hat sich der inhaltliche Aufbau des Nachschlagewerks. Der erste Abschnitt, Selbstdarstellungen verschiedener Forschungsinstitute zur Geschichte, wurde im Laufe der Zeit sukzessive verkleinert und beschränkt sich gegenwärtig auf zwei knappe Skizzen der Arbeitsgemeinschaft historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (AHF) und des Arbeitskreises Historische Frauen- und Geschlechterforschung e. V. (AKHFG). Die Reduzierung in diesem Teil ist verantwortlich für den zunächst erstaunlichen Umstand, dass der Gesamtumfang der neunten Ausgabe gegenübe |
|
Van der Velden, Bastiaan D., Van Praktizijnsopleiding tot Juridische Faculteit - 140 jaar juridisch onderwijs op Curaçao (= Snaar Deel 13). Boom Juridische Uitgevers, Den Haag 2009. 76 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Van der Velden, Bastiaan D., Van Praktizijnsopleiding tot Juridische Faculteit - 140 jaar juridisch onderwijs op Curaçao (= Snaar Deel 13). Boom Juridische Uitgevers, Den Haag 2009. 76 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die etwa 60 Kilometer vom südamerikanischen Festland nördlich Venezuelas und nordöstlich Kolumbiens liegende Insel Curaçao ist mit rund 444 Quadratkilometern die größte Rest der ehemaligen niederländischen Antillen in der Karibik. Sie wurde um 4000 v. Chr. von Indianern und um 1500 v. Chr. von einer zweiten Welle von Einwanderern besiedelt. ehe sie 1499 durch Spanier entdeckt und 1634 durch Niederländer erobert wurde. Seit dem 10. Oktober ist Curaçao ein autonomes Land im Königreich der Niederlande.
In der Gegenwart leben dort rund 140000 Menschen, von denen rund 8000 niederländischer Abstammung sind. Am dichtesten besiedelt ist die Gegend der Hauptstadt Willemstad. Amtssprache ist Niederländisch, doch wird tatsächlich am meisten die Kreolsprache Papiamentu gesprochen.
Für die Rechtsgeschichte besonders bedeutsam ist, dass sich dort auch eine juristische Ausbildungsstätte befindet. Ihre Entwicklung von einer Praktizijnsopleiding von 1869 zu einer Rechtshogeschool 1969 und zu einer Universität der niederländischen Antillen 1979 schildert der 2004 promovierte, auch politisch tätige Verfasser sehr anschaulich. Als wissenschaftlicher „hoofdmedewerker“ und geschäftsführender Dekan von 2006 bis 2009 kennt er die Einrichtung und die Geschichte dieses fernen Außenpostens niederländischen Rechts bestens aus eigener Anschauung, so dass er darüber hinaus 2011 auch das Werk Ik lach met Grotius, en allen die Prullen van boeken als Rechtsgeschichte Curaçaos veröffentlichen konnte.
Innsbruck^ Gerhard Köble
|
|
Ventzki, Jens-Jürgen, Seine Schatten, meine Bilder. Eine Spurensuche. StudienVerlag, Innsbruck 2011. 224 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Ventzki, Jens-Jürgen, Seine Schatten, meine Bilder. Eine Spurensuche. StudienVerlag, Innsbruck 2011. 224 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Werner Ventzki wurde in einer ursprünglich in Obornik im Nordwesten der preußischen Provinz Posen beheimateten Familie in Stolp am 19. Juli 1906 als Sohn eines Zollamtmanns geboren, studierte seit 1926 Rechtswissenschaft in Greifswald, Königsberg und Heidelberg, bestand 1930 die erste juristische Staatsprüfung, trat 1931 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ein - aus der er innerlich nie austrat -, wurde im April 1933 unter Oberbürgermeister Stuckart mit 27 Jahren Magistratsrat in Stettin, war von 1934 bis 1939 Gauamtsleiter der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt im Gau Pommern, seit 1940 Landesrat der Gauselbstverwaltung Posen und NSV-Gauamtsleiter im Warthegau, war als Leiter des Referats Umsiedler für Vertreibung und Deportation der ansässigen Bevölkerung verantwortlich und wurde am 8. April 1941 im Range eines SS-Unterscharführers Oberbürgermeister der am 11. April 1940 von Lódz in Litzmannstadt umbenannten, von der deutschen Wehrmacht besetzten polnischen Großstadt (zur Hälfte polnische Einwohner, zu einem Drittel jüdische Einwohner, zu knapp einem Sechstel Deutsche), dem ein jüdisches Getto angegliedert war. Seit der Mitte des Jahres 1943 wurde er nach einem Konflikt mit einem Vorgesetzten unter Einberufung in die Wehrmacht kommissarisch vertreten, floh bei Kriegsende über Mecklenburg nach Schleswig-Holstein, wo er nach der Entnazifizierung als Mitläufer 1952 Referent für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte im Arbeitsministerium Schleswig-Holsteins und später Oberregierungsrat in Bonn wurde, während einer seiner Mitarbeiter in Polen wegen seiner Taten hingerichtet wurde.
Sein Sohn Jens-Jürgen Ventzki wurde in der Villa des Oberbürgermiesters in Litzmannstadt am 13. März 1944 geboren. Als Verlagsberater, Verlagsgeschäftsführer und Lehrbeauftragter für |
|
Venus, Klaus/Nowack, Matthias, Speyer. Porträt der Dom- und Kaiserstadt. Braun/DRW-Verlag WeinbrennerGMBH & Co. KG., Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen, 2010. 112 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Venus, Klaus/Nowack, Matthias, Speyer. Porträt der Dom- und Kaiserstadt. Braun/DRW-Verlag WeinbrennerGMBH & Co. KG., Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen, 2010. 112 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das von den Kelten Noviomagus genannte, den Hauptort der germanischen Nemeter bildende, seit 614 als Bischofssitz bezeugte Speyer am Rhein ist nicht nur durch salische Privilegien und Bauten hervorgehoben, sondern auch als Sitz des Reichskammergerichts von 1526/1527 bis 1689 ausgezeichnet. Der schmale, aber gelungen gestaltete Bildband nennt es in seinem kurzen Vorspann in drei Sprachen einzigartig, unique bzw. nochmals unique. Die zahlreichen farbigen Abbildungen Klaus Venus’ machen dies gut verständlich und eine abschließende Zeittafel von 4000 vor Christus bis 2011 hält die wichtigsten Ereignisse auf diesem langen Weg von der ersten bäuerlichen Bevölkerung im Speyerer Raum bis zur Gegenwart, in der 950 Jahre Domweihe, 900 Jahre Königskrönung Heinrichs V. und 900 Jahre Verleihung der Bürgerprivilegien gefeiert werden, für jedermann leicht greifbar fest.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Verfemt und verboten. Vorgeschichte und Folgen der Bücherverbrennungen 1933, hg. v. Schoeps, Julius H./Treß, Werner (= Bibliothek verbrannter Bücher 2). Olms, Hildesheim 2010. 464 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Verfemt und verboten. Vorgeschichte und Folgen der Bücherverbrennungen 1933, hg. v. Schoeps, Julius H./Treß, Werner (= Bibliothek verbrannter Bücher 2). Olms, Hildesheim 2010. 464 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Dem zwiespältigen Wesen des Menschen entspricht es wohl, dass vermutlich bereits bald nach der Erfindung der Konstruktion die gegenläufige Erfindung der bewussten Destruktion folgte. Deswegen gibt es seit der Schaffung des Buches auch seine gewollte Vernichtung des Buches als äußeres, vielfach in der Öffentlichkeit gesetztes Zeichen der Ablehnung der in ihm geäußerten Gedanken, wobei die kaum erfüllbare Hoffnung besteht, dass mit jenen auch diese spurlos aus der Welt der Gedanken getilgt werden. Am bekanntesten sind dabei die Bücherverbrennungen der römisch-katholischen Kirche im Kampf gegen Häretiker und Ketzer.
Der Bibliothek verbrannter Bücher geht es aber naheliegenderweise nicht um einen allgemeinen geschichtlichen Vorgang, sondern um das Geschehen in Deutschland 1933. Der erste hierzu 2008 vorgelegte, historisch-topographisch angelegte Band über Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933 konnte dazu zahlreiche neue Erkenntnisse für die mehr als 90 nachweisbaren Bücherverbrennungen für die Machtdurchsetzung des Nationalsozialismus erbringen. Demgegenüber will der zweite Band in seinen 20 Beiträgen weiter ausgreifen und Vorgeschichte und historische Kontexte 1933, verfolgte Literaturen sowie Aufarbeitung und Gedenken einbinden.
Nach dem Vorwort der Herausgeber werden dementsprechend verbrannte Bücher und verbrannte Menschen nebeneinandergestellt, werden Vorgeschichte und Folgen der Bücherverbrennung im Mai 1933 verbunden, wird auf Adolf Bartels, deutsche Professoren im Bündnis zwischen Mob und Elite, auf Studierende der deutschen Hochschule für Leibesübungen, auf Magnus Hirschfeld und Erich Kästner, auf die Reaktionen der ausländischen Presse und auf die Wege studentischer Aktivisten in die |
|
Verwandlungen des Stauferreichs. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa, hg. v. Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried. Theiss, Stuttgart 2009. 496 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
|
Verzeichnis der Erlanger Promotionen 1743-1885. Erstellt von einer Arbeitsgruppe mit Kötter, M./Schug, E. unter der redaktionellen Leitung v. Pohl, R., Teil 1 Theologische Fakultät, Juristische Fakultät, Philosophische Fakultät; Teil 2 Medizinische Fakultät (= Erlanger Forschungen – Sonderband 14,1, 14,2). Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Erlangen 2009, I-II, 947 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Verzeichnis der Erlanger Promotionen 1743-1885. Erstellt von einer Arbeitsgruppe mit Kötter, M./Schug, E. unter der redaktionellen Leitung v. Pohl, R., Teil 1 Theologische Fakultät, Juristische Fakultät, Philosophische Fakultät; Teil 2 Medizinische Fakultät (= Erlanger Forschungen – Sonderband 14,1, 14,2). Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Erlangen 2009, I-II, 947 S. Besprochen von Filippo Ranieri.
Im hier angezeigten zweibändigen Werk wird das Verzeichnis der Promotionen und Dissertationenschriften an der Universität Erlangen vom Gründungsjahr 1743 bis zum Jahre 1885 in einer modernen Edition der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Publikation schließt ein langjähriges Projekt ab, dessen Anfänge bis in das Jahr 1972 zurückreichen. Darüber informiert die Einleitung (S. IX-XLI), die auch ausführliche Nachweise zu den herangezogenen Quellen, zu den Verzeichnungskriterien und zu den sonstigen Benutzungshinweise enthält. Das Verzeichnis selbst ist alphabetisch strukturiert und nach Fakultäten gegliedert, wobei die medizinische Fakultät allein den zweiten Band in Anspruch nimmt. Die juristischen Promotionen und Dissertationenschriften sind im ersten Band (S. 43-114) verzeichnet. Es handelt sich insgesamt um 332 Einträge, wobei auch die im 18. Jahrhundert gelegentlich vorkommenden juristischen Promotionen in absentia sowie die zahlreichen Promotionen ohne Anfertigung einer Dissertationsschrift mit aufgelistet sind. Die Einträge werden in der Regel ergänzt durch kurze, gelegentlich allerdings auch relativ ausführliche, bio- und bibliographische Hinweise zum jeweiligen Promovenden. Das Werk wird abgeschlossen (Zweites Band, S. 779-947) durch die Register der Promovierten, der Orte und der Stichworte. Erwähnt sei insbesondere ein Register der jüdischen Promovierten (ebda. S. 843-844). Der Reichtum an Informationen und deren sorgfältige Erschließung machen das Verzeichnis zu einem wichtigen Instrument für die Wissenschafts- und Sozialgeschi |
|
Vielhaber, Thomas, Reformperspektiven zur Reichsverfassung im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden. Diss. jur. Bonn 2008. 197 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Vielhaber, Thomas, Reformperspektiven zur Reichsverfassung im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden. Diss. jur. Bonn 2008. 197 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die technisch nicht in besonders moderner Gestaltung vorgelegte Arbeit ist die von Christian Waldhoff betreute, im Sommersemester 2008 der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn vorliegende Dissertation des in Erfurt 1936 geborenen, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Bonn, München und Köln und nach der zweiten juristischen Staatsprüfung bei dem Landesarbeitsamt Berlin und verschiedenen Bundesministerien (zuletzt als Ministerialdirigent im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mit Zuständigkeit für Verfassungs-, Organisations- und Grundsatzfragen der Sozialversicherung und für das Sozialgesetzbuch) tätigen Verfassers. Ihr geht es um einen Beitrag zur Bearbeitung und Neubewertung der Reichsgeschichte nach dem Westfälischen Frieden. Dazu untersucht der Verfasser Schriften sechser überwiegend lateinisch schreibender Autoren.
Nach einer knappen Einleitung legt er zunächst die Reichsverfassung nach dem Westfälischen Frieden dar. Den Reformbedarf behandelt er an hand der Autoren Chemnitz, Hugo, Pufendorf, Textor, Leibniz und Becher. Sein Vergleich der Reformkonzepte mit den Reformanläufen in der Reichspolitik zeigt, dass die Reformkräfte in der Reichspraxis deutlich hinter den Reformvorschlägen zurückbleiben.
Von den Reformvorschlägen werden nur eine Teilreform der Reichsverteidigung ohne wirklichen Erfolg und eine wirtschaftliche Abwehrfront des Reiches mit merkantilistischen Instrumenten in den Kriegen gegen Frankreich verwirklicht. Dementsprechend werden die an sich vorhandenen Reformpotentiale nicht wirklich genutzt, weil die Träger der Reichsgewalt dazu nicht bereit waren. Dieses Ergebnis ist nicht wirklich grundlegend neu, aber in vertiefter Auseinandersetzung mit dem seinerzeitigen Schrifttum fundierter abgestützt.
|
|
Vocelka, Karl, Die Familien Habsburg und Habsburg-Lothringen. Politik - Kultur - Mentalität. Böhlau, Wien 2010. 243 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vocelka, Karl, Die Familien Habsburg und Habsburg-Lothringen. Politik - Kultur - Mentalität. Böhlau, Wien 2010. 243 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
„Die Publikationen über die Habsburger sind von großer Quantität, nicht immer von großer Qualität“: Dieses aussagekräftige Statement ist zugleich der erste Satz der Einleitung in Karl Vocelkas kleinem, feinem Büchlein zur Geschichte jener Herrscherdynastie, die das Schicksal nicht nur Mitteleuropas beinahe sechseinhalb Jahrhunderte, von 1273 bis 1918, maßgeblich bestimmt hat. Genau gesagt ist die Rede eigentlich von zwei Familien, zunächst von den sogenannten „Althabsburgern“, und, nach deren Aussterben im Mannesstamm mit dem Tod Kaiser Karls VI. im Jahr 1740, dem durch die eheliche Verbindung seiner Tochter Maria Theresia mit Franz Stephan von Lothringen neu hervorgegangenen Haus „Habsburg-Lothringen“.
Das eingangs zitierte Verdikt des Verfassers zielt auf die seiner Meinung nach zu häufig auftretende Einseitigkeit vieler Publikationen: Entweder seien diese nur biografisch oder aber dominant politisch akzentuiert, Kompilationen aus älterer Literatur oder überhaupt apologetisch. Dass es auch anders geht, deutet der 1947 geborene Wiener Professor für österreichische Geschichte mit den deklarierten Forschungsschwerpunkten Sozial- und Kulturgeschichte Zentraleuropas in der Frühen Neuzeit, Eliten- und Frömmigkeitsgeschichte und – selbstredend – Geschichte der Habsburger nicht nur mit der Trias „Politik-Kultur-Mentalität“ im Untertitel an, er hat dies auch schon mehrfach selbst bewiesen; unter anderem hat er sich zunächst mit den habsburgischen Hochzeiten 1550-1600 (1976), dann mit der politischen Propaganda Rudolfs II. (Habilitation 1981) intensiver auseinandergesetzt. Besondere Erwähnung verdienen aber die beiden gemeinsam mit Lynne Heller zu den „Lebenswelten“ (1997) und der „privaten Welt“ (1998) der Habsburger erarbeiteten Studien, deren Erkenntnisse der hier vorliegende Band in k |
|
Völkische Wissenschaften und Politikberatung im 20. Jahrhundert. Expertise und „Neuordnung“ Europas, hg. v. Fahlbusch, Michael/Haar, Ingo. Schöningh, Paderborn 2010. 420 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Völkische Wissenschaften und Politikberatung im 20. Jahrhundert. Expertise und „Neuordnung“ Europas, hg. v. Fahlbusch, Michael/Haar, Ingo. Schöningh, Paderborn 2010. 420 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem kurzen Vorwort von Wolfgang Benz ist es hoch an der Zeit, dass nach langen Jahrzehnten des Schweigens, Ignorierens und Verdrängens eine neue Generation von Historikern mit unbefangenem Blick, Nüchternheit und den handwerklichen Methoden ihrer Profession ans Licht bringt, wie völkische Wissenschaft in Theorie und Praxis zur Expansion des NS-Staats beigetragen hat. Dementsprechend hat sich für das vorliegende enthüllende Werk rasch ein sachkundiger Rezensent gefunden. Da der Verlag aber kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber mit wenigen Zeilen auf das Buch hinweisen.
Es enthält insgesamt 19 Beiträge. Nach dem besonders auf Friedrich Meinecke, Gerhard Ritter und Hans Rothfels deutenden Vorwort stellen die Herausgeber den Sammelband dar, der Wert darauf legt, die Kopplungen zwischen Wissenschaft und Politik und anderen gesellschaftlichen Teilsystemen aufzuzeigen. Ein Ziel ist es dabei, die Wege zu beschreiben, wie die Akteure in der Nachkriegszeit in einer demokratischen Gesellschaft neu Fuß fassen konnten und welche narrative Dispositionen sie dabei benutzte, was an Hand von Analysefeldern, Akteurskonstellationen und Ressourcenensembles sowie Transformationen nach 1945 überzeugend gelingt.
Dementsprechend stellt Nicolas Berg zu Beginn die Frage nach der Bedeutung der Formel „jüdischer Geist“ um 1900. Danach werden antijüdische Wissenschaft, Geschichte der Judenfrage, nationalsozialistische Judenforschung, Westforschung, völkische Planwirtschaft, Einwandererzentralstelle, Hans Steinacher, Gunther Ipsen, Otto Reche, Egon Freiherr von Eickstedt, Friedrich Burgdörfer, Robert René Kuczynski, Walter Hotz, Robert Van Roosbroek, der Fall Alfred C. Toepfer, das Recht auf Heimat, Ostforschung |
|
Von der Doppelmonarchie zur Europäischen Union. Österreichs Vermächtnis und Erbe, hg. v. Béhar, Pierre/Philippoff, Eva (= Documenta Austriaca 1). Olms, Hildesheim 2011. 242 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Von der Doppelmonarchie zur Europäischen Union. Österreichs Vermächtnis und Erbe, hg. v. Béhar, Pierre/Philippoff, Eva (= Documenta Austriaca 1). Olms, Hildesheim 2011. 242 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem kurzen Vorwort der Herausgeber hatte der 2004 erfolgte Beitritt mehrerer osteuropäischer Staaten (Polen, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn und Slowenien) zur Folge, dass zum ersten Male seit beinahe einem Jahrhundert die meisten Länder der ehemaligen Donaumonarchie (wieder) einem gemeinsamen politischen Staatenverbund angehören. Aus diesem Grunde wurde an der Arbeitsstelle für österreichische Literatur und Kultur an der Universität des Saarlandes vom 14. bis zum 16. Oktober ein internationales Kolloquium abgehalten, auf dem das gemeinsame Erbe unter geschichtlichem und kulturellem Aspekt erneut betrachtet wurde. Seine 14 im vorliegenden Band veröffentlichten Beiträge befassen sich in zwei Teilen mit der Zeit vor und nach dem Zerfall der Doppelmonarchie.
Dabei behandelt nach einem einführenden Plädoyer für eine neue zentraleuropäische Identität für die ältere Epoche etwa Ernst Bruckmüller die Problematik kollektiver Identitätsstiftungm Magdolna Orosz die Sprachenproblematik, Peter Urbanitsch den Ausgleich der Nationen untereinander, Milan Hlavačka die Sicht der Tschechen, Alfred Strasser Jaroslav Hašeks Parodie der Doppelmonarchie, Catherine Horel die Stellung der Ungarn und Marijan Bobinac das Verhältnis Kroatiens zu Österreich-Ungarn. Im zweiten Teil vermittelt László Tarnoi ungarische Neuinterpretationen der Kossuthschen Konföderationsthesen um 1920, behandelt Eva Philipoff unter der Frage, ob Hitler ein Zufall war, die Geschichte des Antisemitismus in Österreich (in Wien 1860 offiziell 6200 Juden [2,2 Prozent der Bewohner], 1870 40000, 1880 726000, 1900 147000, 1914 200000 oder 10 Prozent der Einwohner), sucht Michel Cullin die theoretischen Grundlagen für Republik und Nation in Österreich, betrachtet Anne |
|
Vormbaum, Thomas, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte, 2. Aufl. Springer, Heidelberg 2011. XVII, 321 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Vormbaum, Thomas, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte, 2. Aufl. Springer, Heidelberg 2011. XVII, 321 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die erste Auflage des vor allem an studentische Leserinnen und Leser, aber auch an spätberufene Interessenten der Rechtsgeschichte gerichteten Werkes ist 2009 im Umfang von XV und 311 Seiten erschienen. Sie ist in dieser Zeitschrift in Band 128 (2011) der Germanistischen Abteilung von Arnd Koch als Sachkenner angezeigt. Die Juristische Schulung hat sie zu einem der hervorgehobenen juristischen Ausbildungsbücher des Jahres 2009 gewählt.
Es kann daher kaum überraschen, dass die erste Auflage nach dem Vorwort des Verfassers eine so günstige Aufnahme gefunden hat, dass nach nur zwei Jahren eine zweite Auflage folgen kann. Ihre Zielsetzung konnte unverändert bleiben. Neben der Beseitigung einiger technischer und redaktioneller Fehler wurden einige Punkte differenziert und vertieft, so dass der Umfang des Werkes um 12 Seiten gewachsen ist.
Es beginnt dabei nach wie vor mit der Strafrechtslehre der Aufklärung und setzt deswegen personell vor allem mit Kant und Feuerbach ein. Am Ende führt es bis zur strafrechtlichen Aufarbeitung der Vergangenheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Möge es mit seinen 19 Abbildungen die vom vielseitigen und erfolgreichen Verfasser angestrebte Aufklärung über Wesen, Gefahren und Nutzen des Strafrechts in Vergangenheit und damit auch in Gegenwart und Zukunft weiterhin erfolgreich fördern und mehren.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Vorurteil und Genozid. Ideologische Prämissen des Völkermords, hg. v. Benz, Wolfgang. Böhlau, Wien 2010. 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Vorurteil und Genozid. Ideologische Prämissen des Völkermords, hg. v. Benz, Wolfgang. Böhlau, Wien 2010. 295 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Dass der Mensch des Menschen Wolf ist, weiß der Mensch schon seit langer Zeit. Dass Völker kommen und gehen, ist wohl auch seit dem immer deutlicher sichtbaren, zumindest relativen Erfolg des Experiments Mensch nachweisbar. Der Tatbestand Völkermord in der Rechtsgeschichte ist aber doch erst eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, jedenfalls etikettiert der Herausgeber in seiner Einleitung das 20. Jahrhundert als Jahrhundert des Völkermords.
Das von Friedrich Gehart angestrebte und mit großem Einsatz verwirklichte Buch ist im Auftrag des Sir Peter Ustinov-Instituts entstanden. Nach der kurzen Einleitung des Herausgebers vereinigt es elf Beiträge ausgewiesener Sachkenner. Sie betreffen die Herero in Deutsch-Südwestafrika (Jürgen Zimmerer), die Armenier in der Türkei (Annette Schaefgen), den organisierten Hungertod (Holodor) in der sowjetischen Ukraine, (Svetlana Burmistr), die Endlösung der Judenfrage (Bernward Dörner), die Sinti und Roma (Peter Widmann), die Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa (Wolfgang Benz), das Pol-Pot-Regime in Kambodscha (Angelika Königseder), den Zerfall Jugoslawiens (Holm Sundhaussen), die Eliminierung der Tutsi in Ruanda (Dominik J. Schaller) und die Frage nach Völkermord oder Bürgerkrieg in Darfur (Juliane Wetzel). Am Ende stellt Yehuda Bauer Holocaust und Genozid heute einander gegenüber.
Gemeinsame Ursache der in allen Fällen in zahllosen grausamsten Einzelheiten sichtbaren Unmenschlichkeit, die angesichts der modernen technischen Möglichkeiten auch vor Millionen von Opfern nicht mehr zurückschreckt ist das Vorurteil, das sich zu Feindbildern verdichtet und in Massengewalt mündet. Wird aber Vorurteil jemals durch Völkermord ausschließendes Urteil verhindert werden können? Nach Yehuda Bauer wird in der dialektischen Spannung zwischen der Präzed |
|
Votýpka, Vladimir, Rückkehr des böhmischen Adels, aus dem Tschechischen von Reichel, Walter/Reichel, Simin. Böhlau, Wien 2010. 400 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Votýpka, Vladimir, Rückkehr des böhmischen Adels, aus dem Tschechischen von Reichel, Walter/Reichel, Simin. Böhlau, Wien 2010. 400 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das seit dem 6. Jahrhundert von Slawen an der Stelle abziehender Germanen besiedelte, unter Ottokar II. ab 1251 mit Österreich kurz verbundene und 1526 auf Grund von Erbansprüchen Ferdinands I. mit Zustimmung des heimischen Adels an Österreich gelangte Böhmen trennte sich erst am Ende des ersten Weltkriegs mit weiteren Gebieten von Österreich in der Form der Tschechoslowakei ab. Obwohl in ihr noch viele Familien deutscher Herkunft lebten, führte der spätestens seit 1848 deutlich sichtbar werdende Nationalismus am Ende des zweiten Weltkriegs zu Vertreibung und Flucht. Mit der Europäisierung Europas als Folge der europäischen Gemeinschaften wurde jedoch wieder ein friedlicher Ausgleich möglich.
In seinem Prolog beschreibt der Verfasser kurz, wie die Ereignisse vom Jahresende 1989 für das Leben in der Tschechoslowakei eine Reihe von Veränderungen bewirkten, die auch die Rechtsordnung umgestalteten. In der Folge kamen verschiedene Mitglieder des ehemaligen böhmischen Adels nach Böhmen, teils erstmals in ihrem Leben, teils auch nur zeitweise. Vielen von ihnen begegnete der Verfasser, der dies zum Anlass für insgesamt drei Bücher über den böhmischen Adel nahm, von denen das erste die Schicksale während der Herrschaft des Kommunismus behandelte und 2007/2008 unter dem Titel Böhmischer Adel - Familiengeschichten in deutscher Übersetzung erschien, während aus den folgenden beiden Bänden eine Auswahl der interessantesten Kapitel im vorliegenden Band getroffen wurde.
Erfasst sind dabei die Familien Mladota, Schwarzenberg, Battaglia, Mensdorff-Pouilly, Dobrzensky, Troskov, Kinsky, Belcredi, Dlauhowesky, Coudenhove-Kalergi, Lobkowicz, Czernin, Kolowrat und Razumovsky. Ihre Geschichten werden in vielen bunten Schilderungen einfühlend journalistisch dargestellt. Damit we |
|
Vries, Oebele, Asega, is het dingtijd? De hoogtepunten van de Oudfriese tekstoverlevering, met medewerking van Hempenius-van Dijk, Dieneke. Steven Sterk, Leeuwarden 2007. 535 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Vries, Oebele, Asega, is het dingtijd? De hoogtepunten van de Oudfriese tekstoverlevering, met medewerking van Hempenius-van Dijk, Dieneke. Steven Sterk, Leeuwarden 2007. 535 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Friesen sind das besondedre, am Südufer der Nordsee siedelnde, im ersten nachchristlichen Jahrhundert durch den römischen Schriftsteller Plinius erstmals erwähnte germanische Volk, das im 8. Jahrhundert von den Franken unterworfen wird. Ihre Lex Frisionum wird wohl um 802 schriftlich festgeshalten, zahlreiche weitere Rechtsqullen werden im Hochmittelalter und im Spätmittellter aufgezeichnet.
Politisch integriert in den de Niederlanden und in Deutschland sprechen in der Gegenwart noch etwa 300000 Menschen das besondere Friesische. Um das ältere freiesische Recht haben sich verschiedene Forscher des 19. und 20. Jahrhunderts verdient gemacht, doch ist die grundlegende Textausgabe der friesischen Rechtsquwellen durch Kalr von Richthofen im Jahre 1840 trotz der ihr anhaftenden Schwächen ingesamt durch neuere Editionen nicht wirklich vollständig ersetzt.
Eine praktische Verbesserung dieser schwierigen Lage bietet von der Philologie her das von Horst Haider Munske 2001 herausgegebene Handbuch des Friesischen und von der Edition her das stattliche, an breitere Leserkreise gerichtete Werk des nach dem Studium der Geschichte 1986 in Groningen mit einer Dissertation über die mittelalterliche friesische Freiheit promovierten Historikers Oebele Vries. Es gliedert sich in eine Einleitung, eine Beschreibung der 24 einbezogenen Texte mit sehr anschaulichen Abbildungen und unter der als Titel verwendeten Frage in eine umfangreiche wertvolle Edition (De sage van Karel en Redbad, Proloog op de Keuren en Landrechten, De Zeventien Keuren, De uitzonderingen op de Zestiende Keur, De uitzonderingen op de Zeventiende Keur, De Vierentwintig Landrechten, De Overkeuren, De Willekeuren von de Opstalsboom, Het Algemene (Oosterlauwerse) Boetenr |
|
Wagner, Alexander, „Gleicherweiß als wasser das feuer, also verlösche almuse die sünd“. Frühneuzeitliche Fürsorge- und Bettelgesetzgebung der geistlichen Kurfürstentümer Köln und Trier (= Schriften zur Rechtsgeschichte 153). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 431 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wagner, Alexander, „Gleicherweiß als wasser das feuer, also verlösche almuse die sünd“. Frühneuzeitliche Fürsorge- und Bettelgesetzgebung der geistlichen Kurfürstentümer Köln und Trier (= Schriften zur Rechtsgeschichte 153). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 431 S. Besprochen von Werner Schubert.
Ziel der Untersuchungen Wagners ist es, „Unterschiede und Gemeinsamkeiten der territorialen Armenfürsorgegesetzgebung der geistlichen Fürstentümer Köln und Trier herauszuarbeiten“ (S. 390). Dabei geht es zunächst um die Begründung der „staatlichen Kompetenzen im Bereich der Armenfürsorgegesetzgebung“ (S. 25), welche die Sicherung der menschlichen Existenz „durch staatliche Kontrolle und Verwaltung“ (S. 26) bezweckte. Wagner geht aus von der mittelalterlichen Fürsorgetheorie (Verdienstlichkeit der Spenden nach der Almosenlehre des Aquinaten; legistische Jurisprudenz der Kommentatorenzeit) und von den Bettelordnungen Nürnbergs von 1370 und 1478 (S. 45ff.). Die Befugnis zum Betteln wurde an die Erlangung von Bettelscheinen geknüpft, wobei fremde und auswärtige Arme vom Betteln ausgeschlossen wurden. Hinzu kam eine Kontrolle der Spitäler. Die Nürnberger Almosenordnung von 1522 (S. 56), die Wagner nicht mehr detailliert behandelt, wurde von zahlreichen Reichsstädten übernommen. Die Versorgungsreform wurde vom „kontrollierten Bettel“ auf eine „zentralisierte Zuteilung von Unterstützung“ umgestellt. Gegenstand eines weiteren Abschnitts sind die Fürsorgekonzepte des Humanismus, die Ypener Armenordnung von 1525, das darauf aufbauende Edikt Karls V von 1531 für die habsburgisch-niederländischen Städte und die theoretische Durchdringung des Ypener Fürsorgemodells durch den spanischen Humanisten Vives (S. 58ff.). Die protestantischen Armen- und Kastenordnungen gingen aus von der Zurückweisung der „Verdienstlichkeit des Almosens“ als „formale Werkgerechtigkeit“ (S. 66ff.). Die Reichspolizeiordnungen von 1530, 1548 und 1577 stellten den „Anfangs- und Endpunkt d |
|
Wagner, Walter, Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen Staat. Erweiterte Neuausgabe mit einem Forschungsbericht für die Jahre 1975 bis 2010 von Zarusky, Jürgen (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Band 16 Die deutsche Justiz und der Nationalsozialismus, Teil 3). Oldenbourg, München 2011. 1023 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Wagner, Walter, Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen Staat. Erweiterte Neuausgabe mit einem Forschungsbericht für die Jahre 1975 bis 2010 von Zarusky, Jürgen (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Band 16 Die deutsche Justiz und der Nationalsozialismus, Teil 3). Oldenbourg, München 2011. 1023 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Walter Wagner wurde in Posen am 31. Juli 1901 geboren, studierte ab dem Sommersemester 1920 Rechtswissenschaft in Gießen, München und Frankfurt am Main, wurde nach der Promotion 1928 Staatsanwalt in Frankfurt am Main, 1930 Staatsanwaltschaftsrat in Berlin 1935 Erster Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht in Breslau, 1938 Oberstaatsanwalt in Schweidnitz und 1939 in Posen. Von 1940 bis 1945 war er im Kriegsdienst, wurde aber bereits 1945 Staatsanwalt in Frankfurt am Main, 1950 Oberstaatsanwalt und am 8. August 1954 Bundesanwalt am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, wo er am 31. Juli 1966 als stellvertretender Generalbundesanwalt in den Ruhestand trat. Auf Anregung des früheren Präsidenten des Bundesgerichtshofs (Hermann Weinkauff) beschäftigte er sich mit dem Volksgerichtshof, für den sich zahlreiche Quellen ermitteln ließen.
!974 legte er sein umfangreiches Arbeitsergebnis vor. Soweit ersichtlich wurde von ihm in der Zeitschrift für Rechtsgeschichte nicht besonders Kenntnis genommen. Deswegen ist es angebracht, darauf mit wenigen Zeilen des Herausgebers zu verweisen.
Gegliedert ist das Werk in insgesamt sieben Abschnitte. In ihnen schildert der Verfasser aus seiner Sicht sorgfältig und detailliert Ursprung, Aufbau und Entwicklung des Volksgerichtshofs, die Strafbestimmungen und Zuständigkeiten, die Rechtsprechung zu den Ursprungsgesetzen, die Rechtsprechung zu den Kriegsgesetzen, die Verfolgung des Widerstands in den eingegliederten und besetzten Gebieten, die Verfolgung der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 sowie Besonderheiten (Todesurteile, einzelne Verfahrensarten, Ära Freisler |
|
Weber, Ines, Ein Gesetz für Männer und Frauen. Die frühmittelalterliche Ehe zwischen Religion, Gesellschaft und Kultur, 2 Teilbände (= Mittelalter-Forschungen 24, 1, 2). Thorbecke, Ostfildern 2008. XIV, 395, VI, 364 S. Besprochen von Hiram Kümper. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weber, Ines, Ein Gesetz für Männer und Frauen. Die frühmittelalterliche Ehe zwischen Religion, Gesellschaft und Kultur, 2 Teilbände (= Mittelalter-Forschungen 24, 1, 2). Thorbecke, Ostfildern 2008. XIV, 395, VI, 364 S. Besprochen von Hiram Kümper.
Die ältere Lehre, fußend etwa auf die prominenten Studien Herbert Meyers oder Paul Mikats, hat sich die frühmittelalterliche Ehe und ihr Zustandekommen als in vierfacher Weise möglich vorgestellt: neben der frei geschlossenen Friedelehe und die gewaltsam gestifteten Raubehe sah man das dauerhafte Kebsverhältnis und schließlich die dotierte Muntehe als nicht nur gelebte, sondern auch in irgend einer Weise normativ begründete Formen ehelichen Zusammenlebens. Bis heute findet sich trotz vereinzelter Kritik diese Vorstellung von den vierfältigen frühmittelalterlichen Eheformen. Dagegen setzt nun die Verfasserin die pointierte These: „Weder die Texte der Konzilien, Kapitularien und Bußbücher noch die Leges und Formulae lassen auf derartig unterschiedliche Eheformen schließen“ (S. 33).
Kritisch, aber angenehm abwägend und niemals polemisierend setzt sich Weber mit der bisherigen Forschungsliteratur auseinander. Ihr eigener neuer Ansatz stellt sehr überzeugend den Konsens und dessen Zustandekommen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei argumentiert sie auf breiter Grundlage normativer Texte (Formulae, Kapitularien, Kanones, Leges und Bußbücher), die sie in konkrete lebensweltliche Zusammenhänge einzuordnen sucht. Besonders die komplexen Verflechtungen der an der Eheschließung beteiligten Gruppen werden einleuchtend herausgearbeitet. Was darüber ein wenig kurz kommt, ist die Frage nach dem tatsächlichen Stellenwert des Konsenses der beiden Ehepartner, namentlich der Braut. Weber hat sicher Recht, dass diese Frage, die bislang zu den Leitfragen der Untersuchung frühmittelalterlicher Eheschließungen zählte, auf anachronistische Prämissen aufbaut. Dagegen schlägt sie einen zeitgemäßen Konsensbegri |
|
Weber, Petra, Gescheiterte Sozialpartnerschaft - Gefährdete Republik. Industrielle Beziehungen, Arbeitskämpfe und der Sozialstaat. Deutschland un d Frankreich im Vergleich (1918-1933/39) (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 77). Oldenbourg, München 2010. 1245 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Weber, Petra, Gescheiterte Sozialpartnerschaft - Gefährdete Republik. Industrielle Beziehungen, Arbeitskämpfe und der Sozialstaat. Deutschland und Frankreich im Vergleich (1918-1933/39) (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 77). Oldenbourg, München 2010. 1245 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die 1958 geborene, nach dem Studium von Politikwissenschaft, Germanistik und Geschichte in Freiburg 1987 mit der von Wilhelm Hennis betreuten Dissertation über Sozialismus als Kulturbewegung - frühsozialistische Arbeiterbewegung und das Entstehen zweier feindlicher Brüder Marxismus und Anarchismus - promovierte Verfasserin, die seit 1995 als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Zeitgeschichte in München wirkt, ist auch bereits durch die Bearbeitung der Sitzungsprotokolle der SPD-Fraktion im deutschen Bundestag 1949-1947 und eine umfangreiche, das gesamte Geschehen berücksichtigende Biographie Carlo Schmids (1896-1979) hervorgetreten. Das vorliegende stattliche Werk fällt zeitlich gewissermaßen in die Mitte ihrer bisherigen Untersuchungen. Ihr besonderes Kennzeichen ist die mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbundene vergleichende Ausrichtung über die nationale Geschichte hinaus.
Gegliedert ist die Untersuchung nach einer einführenden Einleitung in insgesamt sieben chronologisch geordnete Kapitel, für welche die Weichenstellungen der Zeit vor dem ersten Weltkrieg die Grundlage bilden. Den Krieg selbst sieht die Verfasserin in der Spannung zwischen Reform und Radikalisierung und als Ursache der Generalstreiks des Frühjahrs 1920. Es folgen Unternehmeroffensive und Inflationskrisen, Fortschritt und Blockaden, gescheiterte Krisenstrategien, Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschen Reich und Volksfront und Modernisierung der industriellen Beziehungen in Frankreich mit dem 6. Februar 1934 als Wendepunkt.
Im Ergebnis sieht die Verfasserin die Zwischenkriegszeit als eine Zeit der gemeineuropäischen Krise. Ob |
|
Weber, Thomas, Die Ordnung der Rechtsberatung in Deutschland nach 1945. Vom Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 64). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XX, 405 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weber, Thomas, Die Ordnung der Rechtsberatung in Deutschland nach 1945. Vom Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 64). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XX, 405 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Florian Mächtel angeregte, von Diethelm Klippel betreute, im Wintersemester 2009/2010 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth angenommene, zu klaren Einsichten gelangende Dissertation des 1978 geborenen, seit 2006 als Rechtsanwalt und seit 2009 als Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayern tätigen Verfassers. Sie knüpft an die von Werner Schubert in ZRG GA 126 (2009) besprochene Untersuchung Simone Rückers (Rechtsberatung. Das Rechtsberatungswesen von 1919-1945 und die Entstehung des Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes von 1935 [= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 54], 2007) an. Dabei untersucht der Verfasser vor allem die Frage, ob das Vorläufergesetz des Jahres 1935 tatsächlich nach 1945 in ganz Deutschland uneingeschränkt in Geltung war, welche inhaltlichen Änderungen der Gesetzgeber im Einzelnen vornahm und was jeweils die Gründe dafür waren, untersucht aber auch Auslegung und Anwendung des Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes bzw. nach Umbenennung von 1962 des Rechtsberatungsgesetzes.
Gegliedert ist das Werk in eine kurze Einleitung, neun Kapitel und eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Dabei weist der Verfasser besonders darauf hin, dass das von der Reichsregierung 1935 auf Grund des Ermächtigungsgesetzes beschlossene Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz die bestehende Gewerbefreiheit auf dem Gebiet der Rechtsbesorgung aufhob und ein weitreichendes präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt einführte. Ausgenommen von der Erlaubnispflicht wurden vor allem Rechtsanwälte.
Im Einzelnen betrachtet der Verfasser die „Entnazifizierung“ des Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes n |
|
Wedel, Joachim von, Zur Entwicklung des deutschen parlamentarischen Zweikammersystems (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 82). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Wedel, Joachim von, Zur Entwicklung des deutschen parlamentarischen Zweikammersystems (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 82). Duncker & Humblot, Berlin 2011. 372 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das klassische Zweikammersystem nimmt seinen Ausgang in England, in dem in langwierigen Auseinandersetzungen Adelige im Oberhaus und Nichtadelige im Unterhaus des gemeinen Mannes ein Mitsprachrecht neben dem König erringen. Dabei wird das ursprünglich modifizierende Oberhaus im Laufe der Zeit ein eher retardierendes Moment. Dem folgen im Wesentlichen souverän gewordene deutsche Staaten nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reichs seit 1806.
Demgegenüber untersucht der Verfasser nach Schließung des Senats als zweiter Kammer im Freistaat Bayern im Jahre 2000 drei Projekte, die sich in diesen Gesamtablauf eines allgemeinen Modernisierungsvorgangs nur mit Schwierigkeiten einfügen lassen. Sie betreffen die erste Kammer in Preußen (1848/1854), die berufsständischen Parlamente des Volkswirtschaftsrats (1880/1881), des Reichswirtschaftsrats (1920-1934) und des bayerischen Senats (1946-1999) sowie den ökologischen Senat (1990f.). Ihren Betreibern ging es nach den Erkenntnissen des Verfassers statt um Moderation von Modernisierung um Ersetzung der Verfassung durch eine Endordnung.
Im Ergebnis erweist sich das nichtföderale deutsche Zweikammersystem vor allem als Übergangsphase zur freiheitlichen Demokratie. Damit soll eine brauchbare Antwort auf eine zunehmende Ideologisierung von Politik versucht werden. Verkürzend zusammengefasst ordnet der Verfasser am Ende seiner vielfältigen Darlegungen selbst die drei behandelten Gegenstände als verfassungskonform entschärfte Überreste misslungener politischer Totalrevisionen ein, die aber als eine Form zur Politisierung des Ultrapolitischen einen eigenen Wert haben und im weiten Gesamtrahmen der Verfassungsgeschichte auch einen festen Platz verdienen.
Innsbruck |
|
Wege in die Kriegsgefangenschaft. Erinnerungen und Erfahrungen deutscher Soldaten, hg. v. Scherstjanoi, Elke. Karl Dietz Verlag, Berlin 2010. 304 S., 33 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wege in die Kriegsgefangenschaft. Erinnerungen und Erfahrungen deutscher Soldaten, hg. v. Scherstjanoi, Elke. Karl Dietz Verlag, Berlin 2010. 304 S., 33 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Im neuen Millenium ab 2000, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Ende von NS-Herrschaft und Zweitem Weltkrieg, wurde zunehmend deutlich, wie sehr die Zeit drängt, um quasi in letzter Minute Erlebnisberichte einstiger Zeitzeugen dieser für Europa schicksalsschweren Jahre dokumentarisch festzuhalten – sei es schriftlich oder mittels audiovisueller Medien. Im zurückliegenden Jahrzehnt sind daher nochmals und wohl letztmals zahlreiche Publikationen erschienen, in denen damals Beteiligte unterschiedlichster Gruppen zu Wort kommen: (Jüdische) Opfer des NS-Regimes, deutsche Bombengeschädigte und Heimatvertriebene, Kindersoldaten und Flakhelfer und, last but not least, Vertreter jener Millionen Soldaten, die oft jahrelang als Kriegsgefangene interniert waren, bei welcher Gewahrsamsmacht auch immer.
Der hier vorzustellende, von Elke Scherstjanoi sorgfältig zusammengestellte und, wo erforderlich, ebenso sparsam wie sachkundig erläuterte Sammelband mündlicher und schriftlicher Zeitzeugenberichte eröffnet einen sehr speziellen Zugang zu den Erlebnissen und Erfahrungen deutscher Soldaten in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. „Wege in die Kriegsgefangenschaft“ meint hier die unmittelbare Vorgeschichte der Gefangennahme, diese selbst und die ersten Wochen danach, nicht jedoch den fast ausnahmslos mehrjährigen unfreiwilligen Aufenthalt der Protagonisten im Inneren der Sowjetunion. Zeitlich gesehen, wird somit bewusst nur ein schmales Segment der gesamten Dauer der Gefangenschaft abgedeckt, jedoch ein in vielerlei Hinsicht überaus interessantes und einschneidendes: Behandelt wird der krasse Bruch, den der Rollenwechsel vom deutschen Landser zum Gefangenen für ausnahmslos alle Betroffenen markierte, deren Befürchtungen und die Kontrastierung dieser meist negativen Erw |
|
Weiers, Michael, Geschichte Chinas - Grundzüge einer politischen Landesgeschichte. Kohlhammer, Stuttgart 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Weiers, Michael, Geschichte Chinas - Grundzüge einer politischen Landesgeschichte. Kohlhammer, Stuttgart 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das fast 10 Millionen Quadratkilometer Gebiet umfassende China ist nach dem Zweiten Weltkrieg in der Form einer Volksrepublik (und einer wirtschaftlich ähnlich gewichtigen Republik) zu einer Weltmacht aufgestiegen, der sich im Jahre 2011 sogar die Vereinigten Staaten und die Europäische Union als Bittsteller auf dem Finanzmarkt andienten. Zudem ist das Recht Chinas mit dem Recht Deutschlands in vielfältiger Weise verbunden, ohne dass in der Gegenwart noch von einem einfachen West-Ost-Gefälle in Eurasien gesprochen werden kann. Aus diesem Grunde verdient auch eine Geschichte Chinas wenigstens einen Hinweis in wenigen Zeilen.
Der 1937 in Bernried am Starnberger See geborene, mit Untersuchungen zu einer historischen Grammatik des präklassischen Mongolisch in Bonn (1965) promovierte und mit einer Untersuchung über die Sprache der Moghol der Provinz Herat in Afghanistan (1972) hervorgetretene Orientalist, Philologe und Historiker lehrte von 1972 bis 2003 Sprach- und Kulturwissenschaft an der Universität Bonn. Nach einer Geschichte der Mongolen (2004) und Beiträgen zur Sprache und Geschichte der Mongolen (2009) legte er zuletzt auch eine Geschichte Chinas vor.
Das Werk beschränkt sich auf die politische Entwicklung, die es chronologisch in zehn Abschnitte einteilt. Den frühen Stätten der Kultur folgen Chinas junge Reiche, die große Wende, das Land der vielen Reiche im 4. bis 7. Jahrhundert, das Großreich China, Zersplitterung und Verfremdung mit fünf Dynastien und zehn Staaten, der Weg von der Unabhängigkeit zur Fremdherrschaft, ein chinesisches Zwischenspiel, das fremdbestimmte, seinen Kaiser verlierende China und die Republiken seit dem 20. Jahrhundert. Sehr vorsichtig und zugleich vertrauenerweckend führt der Verfasser von den sagenhaften Anfängen bis zur dynamischen Gegenwart, ma |
|
Weiglin, David Christopher, Richard Martin Honig (1890-1981) - Leben und Frühwerk eines deutschen Juristen jüdischer Herkunft. Zugleich ein Beitrag zur Entwicklung der modernen Lehre von der objektiven Zurechnung (= Studien zum Strafrecht 49). Nomos, Baden-Baden 2011. 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weiglin, David Christopher, Richard Martin Honig (1890-1981) - Leben und Frühwerk eines deutschen Juristen jüdischer Herkunft. Zugleich ein Beitrag zur Entwicklung der modernen Lehre von der objektiven Zurechnung (= Studien zum Strafrecht 49). Nomos, Baden-Baden 2011. 201 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Urs Kindhäuser betreute, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Universität Bonn angenommenes Dissertation des Verfassers. Sie ist nicht zuletzt angeregt durch zwei kürzlich veröffentlichte Studien des Betreuers, die Honigs Gedanken zu neuem Leben erwecken wollen. Da Honig unter den heutigen Juristen eher unbekannt ist, hält es der Verfasser überzeugend für an der Zeit, ihn und sein Werk in einer Monographie zu würdigen, wobei es allerdings nach den Worten des Verfassers die immense wissenschaftliche Bandbreite Honigs vom Strafrecht bis zum Kirchenrecht nahezu unmöglich macht, das Gesamtwerk in einer einzigen Schrift mit der notwendigen Sorgfalt zu behandeln, so dass er sich auf die Habilitationsschrift über die Einwilligung des Verletzten (1919) und einen Beitrag in der Festgabe für Reinhard von Frank (1860-1934, nach eigener Einschätzung anfangs demokratisch, liberal und politisch links, nach der Revolution mit ihren vaterlandslosen Untertönen stark nach rechts geschoben) über Kausalität und objektive Zurechnung (1930) beschränkt.
Der in Gnesen am 3. Januar als Sohn eines jüdischen Justizrats und Notars geborene, kurz nach der Geburt die Mutter verlierende, 1909 am humanistischen Gymnasium seiner Heimatstadt das Abiturzeugnis erwerbende, 1910 in München das Studium der Rechtswissenschaft aufnehmende, zu einem nicht genannten Zeitpunkt nach Breslau wechselnde Honig bestand am 5. Juli 1913 die erste „juristische Prüfung beim Oberlandesgericht Breslau“ und wurde am 12. März 1914 bei Philipp Allfeld In Erlangen mit einer Untersuchung über den ungleichartigen Rückfall als einen allgemeinen Stra |
|
Weimar 1919 - Chancen einer Republik, im Auftrag der Stadt Weimar hg. v. Ulbricht, Justus H. Böhlau, Köln 2009. 183 S., 78 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Weimar 1919 - Chancen einer Republik, im Auftrag der Stadt Weimar hg. v. Ulbricht, Justus H. Böhlau, Köln 2009. 183 S., 78 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Am 6. Februar 1919 trat die am 19. Januar 1919 gewählte verfassunggebende Nationalversammlung des Deutschen Reiches im - so am Wahltag proklamierten - Nationaltheater Weimar zusammen, wo sie bis zur Annahme des Verfassungsentwurfs am 31. Juli 1919 und der Unterzeichnung (11. August 1919) tagte. 2009 war Weimar Kulturstadt Europas. Da lag es sehr nahe, zur Erinnerung an den 90. Jahrestag der Eröffnung der Nationalversammlung eine Sonderausstellung über die Weimarer Republik der Allgemeinheit zu präsentieren.
Die damit verbundene demokratische Hoffnung will der zugehörige Ausstellungsband veranschaulichen und verstetigen. Nach Grußworten, in denen etwa Brigitte Zypries mehr Gerechtigkeit für die Weimarer Verfassung vorschlägt, umrahmen insgesamt 7 Beiträge die 78 abgebildeten Ausstellungsstücke. Darin schildert der Kurator der Ausstellung die Morgendämmerung der Demokratie und zeichnet abschließend ein Panorama der Erinnerung. Jürgen Jahn widmet sich besonders Thüringen, Michael Dreyer dem Ertrag, Ursula Büttner der Überforderung, Jens Riederer und Christine Rost der Chronik sowie nochmals Michael Dreyer den Reden Friedrich Eberts, Wilhelm Pfannkuchs und Hugo Preuß’.
Am Anfang ist ein Feldgottesdienst des (5. thüringischen) Infanterieregiments Großherzog von Sachsen im Hof des Stadtschlosses in Weimar im August 1914 abgelichtet, am Ende ein Flugblatt der Deutschen Demokratischen Partei für die Wahl zum Thüringer Landtag am 10. Februar 1924. Anmerkungen sind am Ende des durch ein Personenverzeichnis erschlossenen Bandes angebracht. Möge der interessante Band dazu beitragen, dass zum 100. Jahrestag der Nationalversammlung ein vorgeschlgenes Haus der Demokratie in Weimar eröffnet werden kann.
Innsbruck |
|
Weiterleben - Weitergeben - Jüdisches Leben in Deutschland, Fotos von Herlich, Rafael, Texte von Kiesel, Doron, mit einem Vorwort von Knobloch, Charlotte. Böhlau, Köln 2009. 184 S., 140 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Weiterleben - Weitergeben - Jüdisches Leben in Deutschland, Fotos von Herlich, Rafael, Texte von Kiesel, Doron, mit einem Vorwort von Knobloch, Charlotte. Böhlau, Köln 2009. 184 S., 140 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das vom Fotografen seinen in der Zeit des Nationalsozialismus in Polen ermordeten Großeltern gewidmete Werk will die Verankerung der jüdischen Gemeinschaft in der deutschen Gesellschaft zeigen. Nach dem Vorwort der Präsidentin des Zentralrats der Juden wäre dies in Anbetracht der Shoah vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar gewesen. Jetzt kann das Werk beredtes Zeugnis von der Hoffnung einer selbstverständlichen jüdischen Existenz in Deutschland abgeben, zu der ein schwieriger Weg zu durchmessen war und ist.
In der Einleitung weist der Verfasser besonders darauf hin, dass am Ende des zweiten Weltkriegs nur noch etwa 17000 Juden in Deutschland verblieben waren. Sie mussten die Erfahrung machen, dass sie der Erinnerung an die Zeit der Verfolgung und Erniedrigung nicht ausweichen konnten. Gleichwohl überwog auch bei ihnen die Hoffnung.
1950 konnte dann der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet werden, der die politischen Interessen und repräsentativen Aufgaben der neu gegründeten jüdischen Gemeinden übernahm. Er vertritt inzwischen mehr als 100000 Juden in rund 100 Gemeinden. Sie zeigen die farbigen Fotos in Alltag und Lebenswelt, in Religion und religiöser Praxis, im politischen Leben, in Feiertagen, Erinnerung und Gedenken, in Solidarität mit Israel, zu Gast in der ehemaligen Heimat und auch in ihrer beeindruckenden Vielfalt, wobei die Öffnung des Eingangstors der neuen Synagoge in München der Hoffnung Ausdruck verleihen soll, dass die jüdische Gemeinschaft in Deutschland eine gedeihliche und sichere Zukunft erwarten möge..
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Weitin, Thomas, Recht und Literatur (= Literaturwissenschaft. Theorie und Beispiele 10). Aschendorff, Münster 2010. 168 S. Besprochen von Heinz Müller.Dietz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weitin, Thomas, Recht und Literatur (= Literaturwissenschaft. Theorie und Beispiele 10). Aschendorff, Münster 2010. 168 S. Besprochen von Heinz Müller.Dietz.
Der relativ schmale, aber konzise und in der Darstellung stark konzentrierte und verdichtete Band ist in einer literaturwissenschaftlichen Reihe erschienen. Er thematisiert und reflektiert in acht Kapiteln das überaus weitläufige – und zumindest teilweise auch schwer zu fassende – Verhältnis von Literatur und Recht. Dabei knüpft er einleitend an den US-amerikanischen Diskurs über „Recht als Literatur“ an. Freilich vermisst Thomas Weitin in diesem Diskurs nicht zuletzt den historischen Rückgriff, der ja in der europäischen Diskussion über die Entwicklung der Beziehungen zwischen Literatur und Recht eine bedeutsame Rolle spielt. Als Beispiele für die Begegnung der beiden kulturellen Phänomene werden nicht nur sprachliche Akzente bemüht – etwa die Rhetorik vor Gericht, Metaphern von Rechtstexten und die Hermeneutik, die ja für die Auslegung von Rechtsnormen zentral ist. Vielmehr breitet der Verfasser – nicht zuletzt auf literaturgeschichtlicher und philosophischer Grundlage - ein breites, vielseitiges Panorama wechselseitiger Beziehungen und Querverbindungen aus. Weitin schreitet vom „klassischen“ Vergleich zwischen Theaterstück, Schauspiel und gerichtlichem Prozess über Kants Geschmackslehre, Gadamers Hermeneutik, Derridas Dekonstruktion des Rechts, Luhmanns Verständnis von Literatur und Recht als gesellschaftlicher Funktionssysteme bis hin zu Foucaults Diskursanalyse von Wissenskonstitution und Wissenserwerb und der Entwicklung des Urheberrechts die moderne Entwicklung des Verhältnisses von Literatur und Recht in großen Zügen ab. Er registriert die hohe Einschätzung des Wertes literarischer Lektüre durch Juristen, namentlich Rechtsanwälte, die ja wohl auch zur zunehmenden rechtswissenschaftlichen Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex „Literatur und Recht“ beigetrage |
|
Weizsäcker, Richard, Der Weg zur Einheit. Beck, München 2009. 223 S., 10 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Weizsäcker, Richard, Der Weg zur Einheit. Beck, München 2009. 223 S., 10 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Aus Erfahrung weiß der Mensch, dass die Vergangenheit im Vergessen versinkt und die Zukunft nicht vorhersehbar ist. 40 Jahre nach ihrer Gründung feierte sich die Deutsche Demokratische Republik 1989 so glanzvoll, wie ihr dies möglich war, und kaum einer der äußeren Betrachter ahnte, dass dies der Anfang eines unmittelbar bevorstehenden Endes war. Nur ein Jahr später war die Deutsche Demokratische Republik nur noch Geschichte und vielleicht sogar nur eine Fußnote der Geschichte.
Dieses zumindest aus deutscher Sicht weltgeschichtlich bedeutsame Ereignis erregt naturgemäß das Interesse der Historiker. Deswegen ist der Vorgang bereits vielfach Gegenstand zeitgeschichtswissenschaftlicher Forschungen und Darstellungen gewesen und wird es auch noch weiter sein. Dessenungeachtet verdienen Betrachtung und Bewertung durch einen führenden, sich selbst vor allem als Zeitungsleser verstehenden deutschen Politiker besondere Aufmerksamkeit.
Richard von Weizsäcker gliedert seine Darstellung des danaligen Geschehens in insgesamt 25 Abschnitte, die mit der Einsicht beginnen, dass die Geschichte die Antwort gibt. Über Niederlage und Neuanfang von 1945 und den ostdeutschen Weg und den westdeutschen Weg sowie viele weitere Schritte, auf denen nach Ausweis des Personenregisters Michael Gorbatschow die wohl bedeutsamste Rolle spielt, gelangt der Verfasser zu Einheit und Freiheit am 3. Oktober 1990 und zum anschließenden, noch andauernden Versuch der inneren Einheit. Im Anhang des bewegenden Einblicks aus einem Zentrum deutscher Politik veröffentlicht er seine Rede vom 3. Oktober 1990, in der die Geschichte vor allem als Chance begriffen wird.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Weller, Andreas, Die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im französischen Rechtsgebiet der preußischen Rheinprovinz (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 14). Nomos, Baden-Baden 2011. 361 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weller, Andreas, Die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im französischen Rechtsgebiet der preußischen Rheinprovinz (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 14). Nomos, Baden-Baden 2011. 361 S. Besprochen von Werner Schubert.
Die weitgehende Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts durch das Bürgerliche Gesetzbuch zum 1. 1. 1900 war verbunden nicht nur mit dem Erlass umfangreicher Übergangsgesetze meist in Form von Ausführungsgesetzen, sondern auch mit einer reichhaltigen Judikatur zu den altrechtlichen Fällen. Diese Aspekte der Aufarbeitung der vor dem 1. 1. 1900 ganz oder teilweise abgeschlossenen Rechtssachverhalte ist bisher kaum in das Blickfeld der rechtshistorischen Literatur gelangt, weshalb es wichtig erscheint, dass sich Weller dieser Materie für das Rechtsgebiet des rheinpreußisch-französischen Rechts angenommen hat. In einem ersten Teil behandelt Weller die weitgehende Beibehaltung des französischen Zivilrechts in der preußischen Rheinprovinz nach 1814 (S. 27-62). Erst zwischen 1885 und 1888 wurde das neue preußische Grundstücksrecht von 1872 mit Modifikationen eingeführt (S. 54ff.). Abweichend vom innerpreußischen Recht konnte die Auflassung nicht nur vor dem Grundbuchamt, sondern auch vor einem Notar erfolgen. Das französische Prozessrecht war bereits durch die Reichsjustizgesetze von 1877 abgelöst worden. Allerdings behauptete sich die umfangreiche Mündlichkeit des Verfahrens, welche die Civilprozessordnung nicht ausgeschlossen hatte, noch sehr lange (S. 180). Im zweiten Kapitel geht es um den „Kampf um den Erhalt rheinischer Eigenheiten in den Gesetzgebungsverfahren zum Bürgerlichen Gesetzbuch und den preußischen Ausführungsgesetzen“ (S. 63-116). Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die meist vergeblichen Versuche insbesondere des Rheinischen Notariatsvereins, auf den Inhalt der BGB-Entwürfe Einfluss zu nehmen (S. 80ff.). Als Erfolg konnte das rheinisch-französische Recht lediglich die Zulassung auch des holographis |
|
Wer war wer in der DDR? Ein Lexikon ostdeutscher Biographien, 5. Aufl., zwei Bände, hg. v. Müller-Enbergs, Helmut/Wielgohs, Jan u. a. Ch. Links Verlag, Berlin 2010. 1604 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Wer war wer in der DDR? Ein Lexikon ostdeutscher Biographien, 5. Aufl., zwei Bände, hg. v. Müller-Enbergs, Helmut/Wielgohs, Jan u. a. Ch. Links Verlag, Berlin 2010. 1604 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der Nacht zum 13. August 1961 begann die in der sowjetischen Besatzungszone des 1945 von den Alliierten total besiegten Deutschen Reiches errichtete Deutsche Demokratische Republik nach ihren eigenen Angaben zur Sicherung vor westlichen Gefahren mit dem Bau einer Grenzmauer, die bis zum Ende des Jahres 1989 ihre Bewohner von der Bundesrepublik Deutschland abschotteten. Dementsprechend wenig war im Westen über den Osten bekannt, sogar so wenig, dass sich noch am 40. Jahrestag der Errichtung im Oktober des Jahres 1989 kaum jemand vorstellen konnte, dass sich dieser bedeutende Industriestaat binnen kurzer Zeit vollständig würde auflösen können. Nachdem dies dann aber doch überraschend geschah und viele Informationen plötzlich verfügbar waren, war auch die Nachfrage nach einem Lexikon ostdeutscher Biographien vor allem im Westen sehr groß.
Dies brachte Christoph Links und Jochen Černý auf die naheliegende Idee eines biographischen Nachschlagewerkes über die DDR, das bereits 1992 in einer ersten Auflage vorgelegt werden konnte. Die Nachfrage war so groß, dass 1994 eine erweiterte Auflage, 2001 eine zweite Auflage und mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung und des absatzstarken Weltbildes 2006 eine vierte Auflage jeweils in mehreren Lizenzausgaben möglich waren. Die fünfte, aktualisierte und stark erweiterte, dem 20. Jubiläum der Revolution des Herbstes 1989 und dem 20. Jahrestag der deutschen Vereinigung gewidmete Ausgabe konnte mangels Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht an einen der mehreren Rezensionsinteressenten gegeben werden, so dass der Herausgeber auf sie mit wenigen Sätzen hinweisen muss.
Die fünfte, vollständig durchgesehene und erweiterte Ausgabe enthält nach Angabe des Vorworts ex |
|
Westermann, Ekkehard/Denzel, Markus A., Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548 (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 215). Steiner, Stuttgart 2011. 526 S., 1 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Westermann, Ekkehard/Denzel, Markus A., Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548 (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 215). Steiner, Stuttgart 2011. 526 S., 1 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Am Ende der 1980er Jahre machte der bekannte Wirtschaftshistoriker Hermann Kellenbenz (1913-1990, zuletzt in Erlangen-Nürnberg) den in Trachenberg in Schlesien 1940 geborenen, an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe tätigen Montanhistoriker Ekkehard Westermann auf eine Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufmerksam, die er auf Grund seiner Erfahrung als für die oberdeutsche und internationale Wirtschaftsgeschichte sehr bedeutsam einstufte, aber selbst nicht mehr bearbeiten konnte. Um 1995 kam es daraufhin zu einem Kontakt mit dem 1967 geborenen Leipziger Sozial- und Wirtschaftshistoriker Markus A. Denzel. Gemeinsam wurde 1998 die Herausgabe des anonym verfassten Kaufmannsnotizbuchs mit einer kurzen Einleitung in einem auf zwei Jahre angelegten Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft beschlossen, dessen Ergebnis 12 Jahre später im Manuskript vorgelegt werden konnte.
In der Einleitung beschreiben die Bearbeiter nach der Wiedergabe einer der berühmtesten, wohl nach 1560 angefertigten, Jakob Fugger den Reichen mit seinem Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz in der Gulden Schreibstube um 1520 zeigenden Abbildungen der europäischen Handelsgeschichte die Entstehung ihrer Vermutung, dass es sich bei dem rechten großen Buch auf der vorderen Tischhälfte des gezeigten Raumes um die von ihnen ausgewertete Wiener Handschrift CVP 10720 handeln könnte. Danach erörtern sie den Forschungsstand und ihre methodischen und editorischen Vorüberlegungen. In deren Mittelpunkt steht die Vermutung, dass die Handschrift den Kern aller Informationen über die Engagements der Fugger in der Tiroler und Kärntner Montanwirtschaft zwischen 1520 und 1550 enthält und dass der Hauptbuchhalter |
|
Westermann, Stefanie, Verschwiegenes Leid. Der Umgang mit den NS-Zwangssterilisationen in der Bundesrepublik Deutschland (= Menschen und Kulturen 7). Böhlau, Köln 2010. 336 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Westermann, Stefanie, Verschwiegenes Leid. Der Umgang mit den NS-Zwangssterilisationen in der Bundesrepublik Deutschland (= Menschen und Kulturen 7). Böhlau, Köln 2010. 336 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Rainer Eisfeld betreute, im Sommer2009 vom Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt angenommene Dissertation der in der Bearbeitungszeit an den medizinhistorischen und medizinethischen Instituten der Universitäten Tübingen und Aachen beschäftigten Verfasserin. Bereits im Vorwort zeigt sie den Stand des Jahres 2010 auf, nach dem die von nationalsozialistischen Zwangssterilisationen Betroffenen zumindest geringe Entschädigungen erhalten können, die betreffenden Verbrechen vom Bundestag geächtet und die Urteile der nationalsozialistischen Erbgesundheitsgerichte aufgehoben sind. Der Weg dahin war freilich lang, weil bis in das Ende des 20. Jahrhunderts eine von Juristen und Medizinern behauptete Definitionshoheit herrschte.
Ihn verfolgt die Verfasserin nach einer Forschungsstand, Quellen und Methodik behandelnden Einleitung aufmerksam und kritisch in drei Teilen, von denen der erste die Theorie und Praxis der Wertigkeit betrifft. Auf dieser Grundlage wendet sie sich den Wiederaufnahmeverfahren von Erbgesundheitsgerichtsprozessen nach 1945 zu, geht dabei auf einzelne Gerichte ein und setzt die Wiederaufnahmeverfahren in Bezug zur politischen Kultur der Bundesrepublik. Im dritten Teil legt sie die Perspektiven der Betroffenen dar.
Insgesamt wurden weit mehr als 300000 Menschen zwischen 1934 und 1945 im nationalsozialistisch beherrschten Deutschen Reich zwangsweise sterilisiert. Dies bedeutete grundsätzlich Zerstörung menschlicher Lebensperspektiven. Die Verfasserin sieht darin zu Recht auch eine Folge der ambivalent wirkenden, vor 1933 beginnenden und nach 1945 andauernden Aufklärung, auf deren menschenunwürdige Auswirkungen sie engagiert und nachdrücklich hinweist.
Innsbruck |
|
Wiede, Wiebke, Rasse im Buch. Antisemitische und rassistische Publikationen in Verlagsprogrammen der Weimarer Republik (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 34). Oldenbourg, München 2011. 328 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Wiede, Wiebke, Rasse im Buch. Antisemitische und rassistische Publikationen in Verlagsprogrammen der Weimarer Republik (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 34). Oldenbourg, München 2011. 328 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die rasch auf das Interesse eines Sachkenners stoßende, mangels Lieferung eines Rezensionsexemplars aber vom Herausgeber mit wenigen Zeilen anzuzeigende Arbeit ist die von Lutz Raphael betreute, 2008 am Fachbereich III der Universität Trier angenommene Dissertation der 1974 geborenen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigenVerfasserin in einer leicht überarbeiteten Fassung. Sie betrifft eine vor allem wegen der nachfolgenden nationalsozialistischen Herrschaft sehr interessanten Gegenstand. Sie beruht außer auf einer breiten Literaturgrundlage auf der Verwertung der vor allem von Betroffenen zugänglich gemachten privaten Archivalien.
Sie ist überzeugend klar gegliedert. Nach einer kurzen Einleitung zu Forschungsstand und Forschungsinteresse, Quellen, Methoden und den begrifflichen Ausgangspunkten Verlagsbuchhandel, Rassismus und Antisemitismus sowie Absatz stellt die Verfasserin die Frage, wie deutsch der deutsche Buchmarkt der Weimarer Republik war. Danach untersucht sie exemplarisch den Georg Westermann Verlag mit Werken von Adolf Bartels, Otto Hauser, Ewald Banse und Werner Jansen, den auf dem Umschlag als Georg Fischer Verlag benannten Gustav Fischer Verlag mit Werken zu Wirtschaft und Gesellschaft, Medizin und Naturwissenschaften vor allem an Hand Herman Lundborgs und den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht mit Werken zu Wissenschaft und Glauben vor allem an Hand Max Maurenbrechers Heiland der Deutschen.
Insgesamt kann die Verfasserin zeigen, dass rassistische und antisemitische Bücher auch außerhalb einschlägig ausgerichteter Verlage erscheinen konnten. Sie stellt aber zugleich fest, dass rassistische und antisemitische Veröffentlichungen in der Weimarer Republik ke |
|
Wilke, Karsten, Die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit“ (HIAG) 1950-1990. Veteranen der Waffen-SS in der Bundesrepublik. Schöningh, Paderborn 2011. 464 S., 13 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wilke, Karsten, Die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit“ (HIAG) 1950-1990. Veteranen der Waffen-SS in der Bundesrepublik. Schöningh, Paderborn 2011. 464 S. 13 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als sich am18./19. April 1959 im hessischen Arolsen der „Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS e. V.“ (HIAG) endgültig zu etablieren vermochte, konnte die Interessensgemeinschaft der vorgeblichen Elite-Veteranen des Zweiten Weltkriegs bereits auf eine mehr als ein Jahrzehnt lange bewegte Geschichte zurückblicken. Bereits am Ende der 1940er Jahre waren dezentral auf regionaler Ebene, ausgehend von paternalistischen Initiativen hoher und höchster Offiziere der Waffen-SS, Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen worden, die sich als „Hilfsgemeinschaften auf Gegenseitigkeit“ (kurz HIAG) bezeichneten und deren Mitglieder einander bei der Organisation des Alltags unterstützten, einen Vermisstensuchdienst aufbauten und Hinterbliebene wie inhaftierte ehemalige Truppenangehörige betreuten. Konträre Auffassungen in Fragen der gesellschaftlichen Integration und der internen Organisation, dazu Kompetenzkonflikte unter den maßgeblichen Führungspersönlichkeiten, den ehemaligen hoch dekorierten Waffen-SS Generälen Paul Hausser, Felix Steiner und Herbert Otto Gille, die jeweils in unterschiedlichen Publikationsorganen („Der Ausweg“, „Wiking-Ruf“, „Der Freiwillige“) ihrer Stimme Ausdruck verliehen, verhinderten lange die Zusammenführung, die schließlich unter HIAG-Bundessprecher Kurt Meyer („Panzermeyer“), der sich „durch sein Geschick als Redner und durch seine fortgesetzte Präsenz auf öffentlichen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet eine hohe Popularität unter den Mitgliedern (erarbeitete)“ (S. 75), gegen andauernde Widerstände umgesetzt werden konnte. Bis zu 20.000 Mitglieder sollen bisweilen der sich durch Beschluss des Bundesvorstandes am 31. Dezember 1992 schließlich selbst auflösenden Organisation angehört haben.
Inhaltlich auf |
|
Will, Martin, Selbstverwaltung der Wirtschaft. Recht und Geschichte der Selbstverwaltung in den Industrie- und Handelskammern, Handwerksinnungen, Kreishandwerkerschaften, Handwerkskammern und Landwirtschaftskammern (= Ius Publicum 199). Mohr (Siebeck), Tübingen 2010. XLII, 977 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wiede, Wiebke, Rasse im Buch. Antisemitische und rassistische Publikationen in Verlagsprogrammen der Weimarer Republik (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 34). Oldenbourg, München 2011. 328 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die rasch auf das Interesse eines Sachkenners stoßende, mangels Lieferung eines Rezensionsexemplars aber vom Herausgeber mit wenigen Zeilen anzuzeigende Arbeit ist die von Lutz Raphael betreute, 2008 am Fachbereich III der Universität Trier angenommene Dissertation der 1974 geborenen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigenVerfasserin in einer leicht überarbeiteten Fassung. Sie betrifft eine vor allem wegen der nachfolgenden nationalsozialistischen Herrschaft sehr interessanten Gegenstand. Sie beruht außer auf einer breiten Literaturgrundlage auf der Verwertung der vor allem von Betroffenen zugänglich gemachten privaten Archivalien.
Sie ist überzeugend klar gegliedert. Nach einer kurzen Einleitung zu Forschungsstand und Forschungsinteresse, Quellen, Methoden und den begrifflichen Ausgangspunkten Verlagsbuchhandel, Rassismus und Antisemitismus sowie Absatz stellt die Verfasserin die Frage, wie deutsch der deutsche Buchmarkt der Weimarer Republik war. Danach untersucht sie exemplarisch den Georg Westermann Verlag mit Werken von Adolf Bartels, Otto Hauser, Ewald Banse und Werner Jansen, den auf dem Umschlag als Georg Fischer Verlag benannten Gustav Fischer Verlag mit Werken zu Wirtschaft und Gesellschaft, Medizin und Naturwissenschaften vor allem an Hand Herman Lundborgs und den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht mit Werken zu Wissenschaft und Glauben vor allem an Hand Max Maurenbrechers Heiland der Deutschen.
Insgesamt kann die Verfasserin zeigen, dass rassistische und antisemitische Bücher auch außerhalb einschlägig ausgerichteter Verlage erscheinen konnten. Sie stellt aber zugleich fest, dass rassistische und antisemitische Veröffentlichungen in der Weimarer Republik ke |
|
Winkler, Heinrich August, Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Beck, München 2009. 1343 S. Besprochen von Marcel Senn. |
Ganzen Eintrag anzeigen Winkler, Heinrich August, Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Beck, München 2009. 1343 S. Besprochen von Marcel Senn.
Was ist das: „der Westen“? Diese Frage habe ich mir, offen gestanden, noch nie gestellt, so wie sich viele andere ja auch nie fragen, was denn die berüchtigte Allerweltsvokabel „Europa“ bedeute, und von der zwar alle meinen, sie wüssten, wovon sie sprächen.[1] Es sind diese selbstverständlichen Halbbegrifflichkeiten, die wie graue Eminenzen durch aller Munde kursieren und die selbst die Wissenschaften noch erfolgreich beflügeln. Nun also schickt sich einer an, das Phänomen „Westen“ historisch aufzuarbeiten. Und mit Hermann August Winkler – inzwischen emeritierter Professor der Humboldt-Universität und ehemals Mitbegründer sowie langjähriger Mitherausgeber von „Geschichte und Gesellschaft“ (einer der profundesten Zeitschriften im Fachbereich der Geschichte) setzt sich zugleich einer der besten Kenner der neuesten Geschichte Mitteleuropas mit dieser Frage auseinander.
Winkler definiert den „Westen“ als „Projekt“, das zwar weitgehend der Aufklärungsperiode Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika entsprungen sei, seine Wurzeln jedoch schon in der Antike und im Mittelalter gehabt habe. Dieses Projekt werde durch die vier Ideen der (1) unveräußerlichen Menschenrechte, der (2) repräsentativen Demokratie, der (3) Herrschaft des Rechts bzw. des Rechtsstaats und der damit verbundenen (4) Idee der Gewaltenteilung konstituiert.
Die Geburt dieses Projekts verdanke sich, so Winkler, dem ständigen Leiden an den Missständen in der Praxis. Denn dies entspreche Eigenart und Charakter des Westens, der sich die antike philosophische Tugend der Selbstkritik stets bewahrt, diese Kritik aber auch ständig zur Korrektur der eigenen Praxis eingesetzt und sich nie mit der Faktizität der Praxis begnügt habe. Insofern sei der Westen durch einen doppelten Widerspruch geprä |
|
Winrici Treverensis/Winrich von Trier, Conflictus ovis et lini. Der Streit zwischen Schaf und Lein. Lateinisch/Deutsch, hg., zum ersten Mal in eine andere Sprache übersetzt und kommentiert v. Dräger, Paul. Kliomedia, Trier 2010. 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Winrici Treverensis/Winrich von Trier, Conflictus ovis et lini. Der Streit zwischen Schaf und Lein. Lateinisch/Deutsch, hg., zum ersten Mal in eine andere Sprache übersetzt und kommentiert v. Dräger, Paul. Kliomedia, Trier 2010. 280 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das in sieben Handschriften überlieferte und durch zwei weitere verlorene Handschriften bezeugte, wohl zwischen 1066 und 1078 von dem aus Verdun nach Trier als Leiter der Domschule und Bibliothekar gekommenen Winrich verfasste hochpoetische Streitgedicht ohne große Nachwirkung wird vom sehr engagierten, verdienstlichen Herausgeber in eine mögliche Beziehung zu Heinrich IV. und Gregor VII. gestellt, kommentiert und dabei mit Quellenhinweisen versehen sowie in seinen 781 Versen erstmals in eine andere Sprache übersetzt und damit der Gegenwart leicht verständlich gemacht.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Worby, Sam, Law and Kinship in Thirteenth-Century England (= Studies in History New Series). The Royal Historical Society/Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2010.. VIII, 198 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Worby, Sam, Law and Kinship in Thirteenth-Century England (= Studies in History New Series). The Royal Historical Society/Boydell Press, Woodbridge/Suffolk 2010.. VIII, 198 S. Besprochen von Susanne Jenks.
Angezeigt werden soll dieses aus einer 2005 eingereichten Dissertation entstandene Buch, das sich - trotz des Titels - mit dem 13. und 14. Jahrhundert (mit Ausflügen ins 15. Jahrhundert) beschäftigt und die Charakteristika der „kinship systems“ in Theorie und Praxis aufzeigen will. In den ersten beiden Kapiteln werden die (idealisierten) kanonischen und common law Verwandtschaftsstrukturen vorgestellt. Kapitel 3 hebt die Dominanz des kanonischen Verwandtschaftsrechts als Denkmodell im spätmittelalterlichen England hervor. Kapitel 4 behandelt die praktische Anwendung der Vorschriften durch die Rechtsgelehrten und Kapitel 5 die Einstellung der Bevölkerung zu den Vorschriften auf der Grundlage von 59 Kirchenrechtsfällen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert und 130 Common Law Fällen aus dem 13. Jahrhundert. Im Schlusskapitel werden die Ergebnisse zusammengefasst. Zudem werden in vier Anhängen Raymón de Penyafortes Quia tractare intendimus, die historische Einleitung zu Sciendum est und die Common Law Adaptionen der Kirchenrechtstraktate Quibus modis und Triplex est abgedruckt, wobei es sich dabei nicht um Editionen im herkömmlichen Sinne handelt, sondern um „critical transcriptions, based on manuscripts that are good enough to allow an adequate rendering“, wobei allerdings nicht erläutert wird, welche Auswahlkriterien zugrunde gelegt wurden. Eine Bibliographie und ein Index runden dieses Erstlingswerk ab.
London Susanne Jenks
|
|
Wornien, Sebastian, Das Verhältnis von materiellem und formellem Strafrecht während des Nationalsozialismus (= Rechtsgeschichtliche Studien 36) Kovač, Hamburg 2010. LVIII, 159 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Wornien, Sebastian, Das Verhältnis von materiellem und formellem Strafrecht während des Nationalsozialismus (= Rechtsgeschichtliche Studien 36) Kovač, Hamburg 2010. LVIII, 159 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit beruht auf einer von Heiner Lück in Halle-Wittenberg angeregten und betreuten Schwerpunktbereichsarbeit des Wintersemesters 2008/2009 des in Berlin 1979 geborenen Verfassers. Sie befasst sich mit dem Verhältnis von materiellem und formellem Strafrecht der Jahre zwischen 1933 und 1945, greift aber weiter zurück und auch weiter aus. Man wird sie für eine Schwerpunktbereichsarbeit als erheblich überdurchschnittlich einstufen dürfen.
Ihre Grundlage ist bereits ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis. Gegliedert ist sie außer in eine thematische Einführung über die heutige Literatur, die Aufgaben und Ziele des Strafverfahrensrechts, das Strafrecht als Indikator der Staatsverfassung, den Nationalsozialismus und die eigenen Ziele in eine Übersicht über den Sachgegenstand in der Zeit der Weimarer Republik, in der Zeit des Nationalsozialismus und in Deutschland in der Nachkriegszeit. Am Ende beschäftigt sich der Verfasser selbständig mit den übergreifenden Zusammenhängen.
Dabei stellt er fest, dass 1933 keine Zäsur bedeutet, sondern dass das nationalsozialistische materielle und formelle Strafrecht einer strukturellen Kontinuität folgen. Dementsprechend ermittelt er, dass die nationalsozialistische Perversion des Strafrechts durch die in der Weimarer Zeit misslungenen humanen spezialpräventiven Strafrechtsreformen, durch die „Effektivierungs- und Einsparungsnovellen“ im Strafprozess und in der Gerichtsverfassung und durch die sondergerichtliche Justizpolitik im Bereich der politischen Straftaten begünstigt bzw. ermöglicht wurde. Dementsprechend empfiehlt er abschließend als Lernstrategie, den politischen Grundwert der Legalität zu erkennen, den Tendenzen zur Aushöhlung der Gesetzlichkeit im Strafrecht entge |
|
Wunderlich, Steffen, Das Protokollbuch von Mathias Alber. Zur Praxis des Reichskammergerichts im frühen 16. Jahrhundert, in zwei Bänden (= Quellen und Foirschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 58). Böhlau, Köln 2011. 1469 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wunderlich, Steffen, Das Protokollbuch von Mathias Alber. Zur Praxis des Reichskammergerichts im frühen 16. Jahrhundert, in zwei Bänden (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 58). Böhlau, Köln 2011. 1469 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Werk ist die von Gero Dolezalek betreute, im Wintersemester 2009/2010 an der Juristenfakultät Leipzig angenommene Dissertation des am Lehrstuhl des Doktorvaters tätigen Verfassers. Sie besticht allein schon durch ihr besonderes Gewicht der beiden insgesamt fast 1500 Seiten umfassenden Bände. Freilich beginnt auf Seite 295 eine Edition, die zusammen mit Verzeichnissen insgesamt etwa vier Fünftel des Ausdrucks ausmacht. Selbst wenn man diese ungewöhnlichen Umstände berücksichtigt, bleibt die Leistung des Verfassers aber in jedem Fall durchaus anerkennenswert.
Nach einem umfangreichen Literaturverzeichnis geht der Verfasser in seiner Einleitung wie im Übrigen auch in seiner gesondert veröffentlichten Studie über die Begründung von Urteilen am Reichskammergericht davon aus, dass während der gesamten, 300 Jahre dauernden Rechtsprechung des Reichskammergerichts die Urteile den Prozessparteien und der Öffentlichkeit nur im Tenor bekannt gegeben wurden, weil das Gericht als Autorität nicht in Frage gestellt werden sollte. Da die Urteile (wie ausgefüht!) schweigen, sich der heutige Historiker aber dadurch um Erkenntnismöglichkeiten gebracht sieht, sucht er nach zusätzlichen Quellen. Bis weit in das 17. Jahrhundert hinein fehlen aber die dafür besonders geeigneten offiziellen, gerichtsintern geführten Protokollbände.
In dieser Lage trifft es sich gut, dass es privat von Assessoren geführte Protokollbücher gibt. Trotz wohl vieler Verluste sind solche Protokollbücher der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Matthias Alber (1532-1535), Viglius von Aytta (1535-1537), Nicolaus Everhardus sen. (1535-1542) und Mattheus Neser (1536-1544, 1548-1554) sowie aus späterer Zei |
|
Wunderlich, Steffen, Über die Begründung von Urteilen am Reichskammergericht im frühen 16. Jahrhundert (= Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung 38). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V., Wetzlar 2010. 44 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Wunderlich, Steffen, Über die Begründung von Urteilen am Reichskammergericht im frühen 16. Jahrhundert (= Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung 38). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V., Wetzlar 2010. 44 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das mit der Titelseite des in Innsbruck aufbewahrten Protokollbuchs Mathias Albers geschmückte Heft bietet die ergänzte und erweiterte Fassung des Vortrags des mit dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte verbundenen Verfassers im Stadthaus am Dom zu Wetzlar vom 11. März 2010. Es behandelt eine interessante prozessrechtsgeschichtliche Frage vor allem an Hand zweier einzelner Fälle hauptsächlich an Hand der Protokollbücher von Assessoren. Dabei geht es um den Fall des Klosters Fulda gegen die Riedesel und den Fall des Haimeran Zenger gegen Justina Sintzenhoverin.
Der Verfasser stellt überzeugend fest, dass am Reichskammergericht Urteile rational begründet wurden, wobei die Assessoren, die bereits nach 1530 (fast) alle rechtsgelehrt waren, die betroffenen Fragen in Auslegung und Anwendung des geltenden Rechtes beurteilten. Dabei wurden frühere Entscheidungen berücksichtigt. Für sie nimmt der Verfasser an, dass bereits früh Urteilsregister bestanden, in welche die Entscheidungen und abweichende Voten eingetragen wurden, die aber für die Zeit vor 1684 verloren sind.
Die Begründungen wurden freilich den streitenden Parteien nicht mitgeteilt. Damit sollte vermieden werden, dass Parteien und Vollstreckungsbehörden die Richtigkeit der Entscheidung in Zweifel ziehen konnten. Aus diesem Grunde lehnte das Reichskammergericht nach Ansicht des Verfassers sogar eine von Mathias Alber ausgearbeitete Lösung ab und entschied sich für eine Entscheidung, die für alle Seiten ohne Bekanntgabe der Gründe nachvollziehbarer und annehmbarer erschien, obwohl sie nach Einschätzung des Verfassers weniger gerecht war.
Innsbruck |
|
Zaunstöck, Holger, Das Milieu des Verdachts. Akademische Freiheit, Politikgestaltung und die Mergenz der Denunziation in Universitätsstädten des 18. Jahrhunderts (= Hallische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit 5). Akademie, Berlin 2010. 410 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT |
Ganzen Eintrag anzeigen Zaunstöck, Holger, Das Milieu des Verdachts. Akademische Freiheit, Politikgestaltung und die Mergenz der Denunziation in Universitätsstädten des 18. Jahrhunderts (= Hallische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit 5). Akademie, Berlin 2010. 410 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das zwischen 2002 und 2007 am Institut für Geschichte der Universität Halle-Wittenberg entstandene Werk ist die von Monika Neugebauer-Wölk betreute, 2008 von der philosophischen Fakultät I der Universität Halle-Wittenberg angenommene Habilitationsschrift des 1998 mit einer Untersuchung über die mitteldeutschen Aufklärungsgesellschaften im 18. Jahrhundert promovierten Verfassers. Sie geht davon aus, dass auch wenn es bereits vor 1989 ein geschichtswissenschaftliches Interesse am Denunziationsverhalten gegeben habe, doch allgemein die Wende in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik mit dem neuen Blick auf den bis dahin in der Geschichte einmalig ausgedehnten und die gesamte Gesellschaft durchdringenden und durchsetzenden Apparat der Staatssicherheit als entscheidender Impuls für die Untersuchung von Denunziationen angesehen werde. Demgegenüber darf freilich nicht übersehen werden, dass auch während der nationalsozialistischen Herrschaft die Denunziation von beachtlicher praktischer Bedeutung war.
Seinen eigenen Untersuchungsgegenstand gliedert der Verfasser nach einer ausführlichen Einleitung über das Forschungsprofil und die Quellen in fünf Sachkapitel. Dabei beginnt er mit dem Muster der Denunziation in den Duelldelikten um 1700 in Leipzig, Wittenberg, Jena, Halle, Rostock, Helmstedt, Göttingen und Erlangen. Dem folgen die Eroberung der Universitätsstadt mit Studentenorden, Landsmannschaften und neuen Edikten nach 1740, die Emergenz der Denunziation im Konfliktfeld arkaner Studentengesellschaften nach 1760, das Überwechseln der Denunziation in weitere Bereich als Implikation des Medienzeitalters nach 1780 und schließlich die |