Olschewski, Boris, Herrschaftswechsel - Legitimitätswechsel - Die Mediatisierungen Biberachs und Friedbergs im europäischen Kontext (1802-1806) (= Trierer historische Forschungen 63). Kliomedia, Trier 2009. 268 S. Besprochen von Gerold Neusser. |
Ganzen Eintrag anzeigen Olschewski, Boris, Herrschaftswechsel - Legitimitätswechsel - Die Mediatisierungen Biberachs und Friedbergs im europäischen Kontext (1802-1806) (= Trierer historische Forschungen 63). Kliomedia, Trier 2009. 268 S. Besprochen von Gerold Neusser.
Mit dem vor nahezu zwei Jahrzehnten erschienenen voluminösen Band „Das alte Reich und seine Städte“ Klaus Peter Schroeders über die Mediatisierung der oberdeutschen Reichsstädte im Gefolge des Reichsdeputationshauptschlusses1802/03 schien die Thematik von „Untergang und Neubeginn“ der alten Reichsstädte quasi endgültig abgehandelt, jedenfalls von rechtshistorischer Seite. Nun ist sie durch eine neue Studie von historischer Seite ergänzt worden: unter dem Gesichtspunkt von „Herrschaftswechsel – Legitimitätswechsel“ hat Boris Olschewski mit seiner von Helga Schnabel-Schüle betreuten Trierer Dissertation die „Mediatisierungen Biberachs und Friedbergs im europäischen Kontext (1802-1806)“ paradigmatisch untersucht. Dabei ist zu erkennen, dass die beiden Leitbegriffe der übergreifenden Arbeit am Sonderforschungsbereich 600 „Fremdheit und Armut. Wandel von Inklusions- und Exklusionsfiguren von der Antike bis zur Gegenwart“ entstammen und der Herrschaftswechsel dabei „als übergeordnete Kategorie des historischen Vergleichs verstanden“ (S.12) wird, dessen Legitimität nicht aus moralischer, sondern „aus obrigkeitlicher Perspektive behandelt“ (S.12f. Anm.6) wird. Zur Klärung dieser Begriffe sowie desjenigen der Mediatisierung greift der Verfasser auf die begriffsgeschichtlichen Grundlagen (S. 29ff.) zurück und widmet eine vertiefende Seiten-Betrachtung dem Legitimitätsbegriff Max Webers und seinen methodischen Grundüberlegungen zur Herrschaftssoziologie. An der „Begriffsklärung“ zur „Mediatisierung“ (S. 26ff.) fällt die weiter bestehende Kontroverse zu Willoweit auf, gegenüber dessen Definition von der „Ereignishaftigkeit des Phänomens“ Olschewski die „Prozeßhaftigkeit des Begriffes“ (S. 29) betont. Seinen Topos |
|
Ostasiatisches Strafrecht. Würzburger Tagung zum Strafrechtsvergleich vom 8. bis 12. Oktober 2008, hg. v. Hilgendorf, Eric. Mohr (Siebeck) Tübingen 2010. VIII, 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ostasiatisches Strafrecht. Würzburger Tagung zum Strafrechtsvergleich vom 8. bis 12. Oktober 2008, hg. v. Hilgendorf, Eric. Mohr (Siebeck) Tübingen 2010. VIII, 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das interessante Werk enthält die überarbeiteten Vorträge der vom Herausgeber in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-ostasiatischen Wissenschaftsforum Tübingen in Würzburg vom 8. bis zum 12. Oktober 2008 abgehaltenen Tagung „Das ostasiatische Strafrecht im soziokulturellen Kontext“. Ziel ist die Verstärkung des strafrechtswissenschaftlichen Austauschs zwischen den beteiligten Ländern. Dabei soll nicht nur Vergangenes abgeschlossen, sondern auch Künftiges im Sinne eines echten Dialogs vorbereitet werden.
Gegliedert ist das Werk in eine allgemeine Einführung Kristian Kühls über Strafrecht und Moral, die hinsichtlich des Inzests auch auf China eingeht, und die beiden Teile Japan und Korea einerseits und China andererseits. Gemeinsam ist die Erkenntnis, dass das europäische Strafrecht im ausgehenden 19. Jahrhundert für die ostasiatischen Länder von größter Bedeutung war, dass aber spätestens mit dem Ende des zweiten Weltkriegs eine deutliche Verselbständigung stattgefunden hat.
Für Japan äußert sich Osamu Magata zur Entwicklung des japanischen Strafrechts. Für Korea untersuchen Young-Whan Kim und Young Keun Oh die Rezeption des deutschen Strafrechts und die Einflüsse der deutschen Strafrechtslehre auf die koreanische Strafrechtslehre und Rezeptionslehre, während Seung-Hee Hong die moderne Internetkriminalität behandelt. Für China widmen sich insgesamt acht Beiträge teils allgemeineren und teils besonderen Fragen und sprechen dabei auch die geschichtliche Entwicklung weiterführend an, so dass der Band insgesamt den Fernen Osten der europäischen Rechtsgeschichte vorteilhaft näher bringt.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Ostermann, Tim, Die verfassungsrechtliche Stellung des Deutschen Kaisers nach der Reichsverfassung von 1871 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4932). Lang, Frankfurt am Main 2009. LIX, 247 S. Besprochen von Christoph Schmetterer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ostermann, Tim, Die verfassungsrechtliche Stellung des Deutschen Kaisers nach der Reichsverfassung von 1871 (= Europäische Hochschulschriften 2, 4932). Lang, Frankfurt am Main 2009. LIX, 247 S. Besprochen von Christoph Schmetterer.
In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind zahlreiche Publikationen zum letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II., erschienen, wie insbesondere die monumentale dreibändige Biographie von John Röhl. Eine zentrale Frage in der Literatur zu Wilhelm II. ist, inwieweit dieser Kaiser ganz persönlich die deutsche Politik von 1888 bis 1918 prägte. Interessanterweise wurden die verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Kaisers in diesem Zusammenhang bisher wenig thematisiert. Diese Lücke schließt nun die Arbeit von Tim Ostermann.
Nach einer allgemeinen Einleitung (1. Teil) behandelt der Autor die Entwicklung der Kaiserwürde in Deutschland vom Kaisertum des Alten Reiches über die Paulskirchenverfassung bis zum Norddeutschen Bund (2. Teil).
Der 3. Teil befasst sich dann mit dem deutschen Kaiser in der Reichsverfassung von 1871. Ostermann betont, dass nicht die Kaiserproklamation in Versailles, sondern die Annahme der Reichsverfassung konstitutiv für die Entstehung der Kaiserwürde war. Er behandelt die Alternativen zum Titel „Deutscher Kaiser“ wie den von Wilhelm I. favorisierten Titel „Kaiser von Deutschland“, der daran scheiterte, dass das neue Staatswesen weder Deutschland hieß, noch der Kaiser dessen Souverän war. Erwerb und Verlust der Kaiserwürde waren an das preußische Königtum gekoppelt. Die Thronfolge des Kaisers richtete sich somit nach der des Königs von Preußen. Daher war auch nur eine gleichzeitige Abdankung als deutscher Kaiser und als König von Preußen möglich. Die (nicht ausgeführten) Pläne Wilhelms II., im November 1918 zwar als deutscher Kaiser, nicht aber als König von Preußen abzudanken, hätten somit nicht der Verfassung entsprochen. Ostermann führt überzeugend aus, dass Wilhelm II. erst am 28. |
|
Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB). Eine europäische Privatrechtskodifikation, Band III Das ABGB außerhalb Österreichs, hg. v. Berger, Elisabeth (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 57).. Duncker & Humblot Berlin 2010. 413 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB). Eine europäische Privatrechtskodifikation, Band III Das ABGB außerhalb Österreichs, hg. v. Berger, Elisabeth (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 57).. Duncker & Humblot Berlin 2010. 413 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Österreichs Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch wurde nach jahrzehntelangen Vorarbeiten, der Niederlage gegen Napoleon bei Wagram am 5./6. Juli 1809 im fünften Koalitionskrieg und dem anschließenden, verlustreichen Frieden von Schönbrunn am 1. Juni 1811 kundgemacht und trat am 1. Januar 1812 in Kraft. Damit erhielt die Habsburgermonarchie ein einheitliches Privatrecht. 2011 jährt sich dieser bedeutsame Vorgang zum zweihundertsten Mal, so dass nicht zuletzt nach dem Vorbild des entsprechenden französischen Vorgangs eine ausführliche Würdigung sehr angezeigt erscheint.
Als erster von drei deswegen beabsichtigten Bänden ist die von Elisabeth Berger herausgegebene Geschichte des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs außerhalb Österreichs erschienen. Sie gliedert sich nach einem kurzen Vorwort in insgesamt zehn Teile. Die Herausgeberin selbst behandelt das AGB in Liechtenstein, Christian Neschwara das ABGB in Ungarn, József Szalma das AGBG in der Woiwodina, Nikola Gavella (mit Igor Gliha, Tatjana Josipović und Zlatan Stipković) das ABGB in Kroatien, Andrzej Dziadzio das ABGB in Polen, Werner Schubert (mit Jarmila Pokorna, Josef Fiala und Hans-Christian Krasa) das ABGB in der Tschechoslowakei und Maria Rosa Di Simone das ABGB in Italien. Den Einfluss des ABGB auf die Schweiz, Deutschland und Serbien schildern Barbara Dölemeyer, Werner Schubert und József Szalma.
Dabei ergibt sich, dass das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch zwar nicht den überragenden Einfluss auf die europäische Gesetzgebungsgeschichte hatte wie der 1804 geschaffene Code civil Frankreichs, aber beispielsweise auch in den deutschen Kodifikationsbemühun |
|
Ottomannus. Von Zustand, Macht und Gewalt, auch anderen verborgenen heimlichen Sachen des Ottomannischen Türkischen Reiches, beschrieben von einem Venedischen von Adel Lazaro Soranzo in italienischer Sprache und ferner durch Christian Cresse von Halle in Sachsen verdeutscht, Eisleben 1601, ins heutige Deutsch übertragen und neu hg. v. Hattenhauer, Hans/Bake, Uwe. Lang, Frankfurt am Main 2009. XXX, 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ottomannus. Von Zustand, Macht und Gewalt, auch anderen verborgenen heimlichen Sachen des Ottomannischen Türkischen Reiches, beschrieben von einem Venedischen von Adel Lazaro Soranzo in italienischer Sprache und ferner durch Christian Cresse von Halle in Sachsen verdeutscht, Eisleben 1601, ins heutige Deutsch übertragen und neu hg. v. Hattenhauer, Hans/Bake, Uwe. Lang, Frankfurt am Main 2009. XXX, 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem Fall von Byzanz im Jahre 1453 standen die Türken unter Sultan Suleiman II. dem Prächtigen 1529 erstmals vor Wien und führten nach der Seeschlacht von Lepanto (1571) und dem Fall Zyperns (1573) seit 1593 einen dreizehnjährigen Krieg mit Habsburg. In dieser schwierigen Lage konnte im Westen jegliches Wissen über die Türken nützlich sein, weswegen die 1598 von dem Venezianer Lazaro Soranzo (1572-1602) in Ferrara in italienischer Sprache unter Verwendung geheimer venezianische Quellen erstmals veröffentlichte, in Venedig selbst sofort verbotene dreiteilige politische Streitschrift über das osmanisch-türkische Reich auch im Heiligen römischen Reich auf beachtliches Interesse stieß. Die beiden Herausgeber legen die in der Gegenwart nicht leicht greifbare Ausgabe dankenswerterweise in einer modernen Übersetzung mit einer sachkundigen Einführung, Hinweisen auf Editionen, Literatur, Glossar, geografischem Register und Abbildungsnachweisen wieder vor, so dass jedermann sich selbst leicht über westliche Kenntnisse über innere Verfassung, Strategie und Politik des Osmanischen Reiches um 1600 unterrichten kann.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Padoa Schioppa, Antonio, Storia del diritto in Europa. Dal medioevo all’ età contemporanea. Il Mulino, Bologna 2007.780 S. Besprochen von Knut Wolfgang Nörr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Padoa Schioppa, Antonio, Storia del diritto in Europa. Dal medioevo all’ età contemporanea. Il Mulino, Bologna 2007.780 S. Besprochen von Knut Wolfgang Nörr.
Es ist dem Rezensenten anzulasten, dass erst jetzt das Buch Padoa Schioppas in dieser Zeitschrift vorgestellt wird. Aber der Schaden ist nicht groß, handelt es sich doch nicht um ein ephemeres, den Ereignissen des Tages gewidmetes oder sich den Modeströmungen unserer Zeit aussetzendes Werk: um ein Werk vielmehr, das manches Jahrzehnt, manche Generation überdauern und zu den Marksteinen einer bleibenden europäischen Rechtskultur selbst gehören wird.
Vier oder fünf Jahre vor der Publikation des vorzustellenden Buchs hatte Padoa Schioppa mehrere Abhandlungen aus seiner Feder zu einem Band mit dem Titel “Italia ed Europa nella storia del diritto” vereinigt. Der Titel war vermutlich von dem an erster Stelle des Sammelbands abgedruckten Aufsatz “Una identità problematica” angeregt, der sich mit der Frage nach der italianità des italienischen Rechtssystems beschäftigte. In der Antwort auf diese Frage wurden zunächst die großen Perioden der Rechtsentwicklung auf der Peninsula unterschieden, um dann unter vielem anderen das ius commune oder ius utrumque als wahrhaft europäisches Phänomen herauszustellen unbeschadet der zahlreichen Besonderheiten, die in der Rechtsentwicklung in Italien festzustellen sind. Folgt man dieser Beobachtung, der Vergleichbares für die Neuzeit zur Seite gestellt wurde, so können wir ein ius municipale und (um einen modernen Ausdruck wenn auch in anderer Bedeutung zu verwenden) ein ius Europaeum unterscheiden, haben aber zugleich beides aufeinander zu beziehen; beides hat sich im Laufe der Jahrhunderte auf vielfache Weise ineinander verwoben. Diese Sicht der Dinge, so kann man ergänzen, gilt natürlich nicht nur für Italien, sondern auch für die Rechtsentwicklung in anderen Ländern des europäischen Kontinents (für Frankreich beispielsweise vorbildlich bestätigt d |
|
Parteien in Thüringen. Ein Handbuch, hg. v. Schmitt, Karl/Oppelland, Torsten (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 16). Droste, Düsseldorf 2008. 493, A 135 S. Besprochen von Karsten Ruppert. IT. |
Ganzen Eintrag anzeigen Parteien in Thüringen. Ein Handbuch, hg. v. Schmitt, Karl/Oppelland, Torsten (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 16). Droste, Düsseldorf, 2008. 493, A 135 S. Besprochen von Karsten Ruppert.
Dieses aus einem DFG Projekt hervorgegangene Handbuch behandelt die fünf Parteien Thüringens, die bisher im Landtag gesessen haben (CDU, SPD, PDS/Linke, FDP und Bündnis 90/Grüne) zusammen mit dem rechten Spektrum von DVU, NPD und Republikanern zwischen 1990 und 2007. Die Beiträge werden umrahmt von einer Einleitung wie einer Zusammenfassung. Zunächst muss den Mitarbeitern bescheinigt werden, dass sie die Chancen eines üppig finanzierten DFG-Projekts genutzt und bei der Erschließung von Quellen keine Mühe gescheut haben. Es wurden Forschungen in Archiven betrieben, Parteimaterialien ausgewertet, bei den Geschäftsstellen interne Informationen besorgt und mit deren Unterstützung Mitglieder und schließlich auch noch Zeitzeugen befragt.
Die Ergebnisse dieses Fleißes werden in jeweils eigenständigen und gleich aufgebauten Artikeln präsentiert und durch 40 Tabellen und 36 Grafiken illustriert. Sie gehen auf die Vorgeschichte der Parteien ein, deren Formierung während der Wende, bei der die Ausgangslagen (Neugründung, Blockpartei oder gar SED-Staatspartei) ganz unterschiedlich waren. Die Folgen waren nicht gering, allerdings nicht von Dauer, sondern zeigten sich vorwiegend in den ersten Nachwendejahren. Bei der Analyse der Entwicklung seit 1990 dominieren zwar die klassischen Themen der Parteienforschung wie Organisation, Programmatik, Wähler und Mitglieder, doch erhält man auch aufschlussreiche Einblicke in die Finanzen, die Spielräume der Partizipation, Vernetzung im vorpolitischen Raum und in die Einsatzfreude der Mitglieder. Für den Historiker besonders interessant sind das Aufdecken von Kontinuitäten und Traditionen und deren weiterwirkende Bedeutung. Darunter solche Einsichten wie die, dass es eine frappan |
|
Pätzold, Julia, Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung: Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte in Kursachsen im 16. Jahrhundert (= Schriften zur Rechtsgeschichte 143). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 1084 S., Taf., Kart. Abb. Besprochen von Marek Wejwoda. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pätzold, Julia, Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung: Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte in Kursachsen im 16. Jahrhundert (= Schriften zur Rechtsgeschichte 143). Duncker & Humblot, Berlin 2009. 1084 S., Taf., Kart. Abb. Besprochen von Marek Wejwoda.
Die Rezeption des gelehrten römisch-kanonischen Rechts im nordalpinen Bereich stellt an der Schwelle zur frühen Neuzeit den wohl wichtigsten Umbruch in der deutschen Rechtsgeschichte überhaupt dar. Sie führte nicht nur zu einer tiefgreifenden Umgestaltung des Rechts, sondern strahlte auch weit in fast alle anderen gesellschaftlichen Bereiche aus. Aus diesem Grund ist die Rezeption nicht nur ein klassisches und oft behandeltes Thema der Rechtsgeschichte, sondern – in zunehmendem Maße – auch benachbarter historischer Disziplinen und Forschungsrichtungen, etwa der Verfassungs-, Sozial- und Bildungsgeschichte. Zwar ist die Literatur zu diesem Phänomen kaum noch überschaubar. Dennoch sind keineswegs alle Fragen geklärt. Insbesondere Einzelstudien, die unter Erschließung neuer Quellenbestände und mit lokalem oder regionalem Zugriff die tatsächlichen Formen des Eindringens des gelehrten Rechts und die Umgestaltung der überkommenen Rechtsordnung fokussieren – die Rezeption in statu nascendi gewissermaßen –, sind vielerorts durchaus noch ein Desiderat.
Die 2008 von der Leipziger Juristenfakultät angenommene und mit dem Preis der Dr.-Feldbausch-Stiftung ausgezeichnete Dissertation Julia Pätzolds ermöglicht nun neue Einblicke in den konkreten Vollzug des Rezeptionsprozesses in Kursachsen, und zwar vor allem mit der hier vorgelegten Edition einer in dieser Form wohl einzigartigen, jedenfalls sonst bisher nicht bekannt gewordenen Quelle. Es handelt sich um eine „Leipziger gelehrte Schöffenspruchsammlung“ – wie sie Pätzold nennt – in der Handschrift M II 53 des Stiftskapitels St. Petri zu Bautzen, die nicht weniger als 1349 Stücke sehr verschiedenen Umfangs enthält, sämtlich aus dem 16. Jah |
|
Pauli, Frank, Wehrmachtsoffiziere in der Bundeswehr. Das kriegsgediente Offizierkorps der Bundeswehr und die Innere Führung 1955-1970. Schöningh, Paderborn 2010. 387 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pauli, Frank, Wehrmachtsoffiziere in der Bundeswehr. Das kriegsgediente Offizierkorps der Bundeswehr und die Innere Führung 1955-1970. Schöningh, Paderborn 2010. 387 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als im Zuge der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland unter den Vorzeichen eines sich immer stärker polarisierenden Ost-West-Konfliktes mit globalen Dimensionen in den 1950er Jahren die junge Bundeswehr ins Leben gerufen wurde, war die Ausgestaltung ihres inneren Gefüges eine der Kernaufgaben für die Planer. Dieses sollte sowohl den liberal-demokratischen Grundlagen der Staats- und Gesellschaftsordnung als auch den anspruchsvollen militärischen Herausforderungen in einem atomar hochgerüsteten Verteidigungsverbund gerecht werden. So wurde in der Dienststelle Blank, der Vorgängerorganisation des nachmaligen Bundesministeriums der Landesverteidigung, benannt nach dem späteren ersten Minister Theodor Blank, das dynamische Konzept der Inneren Führung entwickelt: Der Soldat sollte „Staatsbürger in Uniform“ mit grundgesetzlich garantierten Rechten bleiben, mitdenkenden Gehorsam aus Einsicht üben, auftragsorientiert und aus Eigeninitiative handeln lernen, fordernd und einsatznah ausgebildet und dabei stets im Geist der demokratischen Grundordnung erzogen werden. Für die vollständige Implementierung wurde einmal realistisch ein Zeitrahmen von „50 Jahren“ (S. 8) genannt. Ein wesentlicher Grund für das Ansetzen eines so überraschend weiten, immerhin ein halbes Jahrhundert umfassenden Zeithorizonts war der Umstand, dass der neue Weg zunächst mit und von einem Führerkorps ins Werk gesetzt werden musste, das seine Sozialisierung unter ganz anderen politischen Voraussetzungen und Werthaltungen erfahren hatte, als sie nun gelten sollten: den kriegsgedienten Offizieren.
In einem ersten Abschnitt zeigt Frank Pauli, selbst Offizier und promovierter Militärhistoriker, dass der Begriff „kriegsgediente Offiziere“ eine Homogenität suggeriert, v |
|
Paulus van Husen (1891-1971). Erinnerungen eines Juristen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik Deutschland, bearb. und eingeleitet v. Hummel, Karl-Joseph unter Mitarbeit von Frings, Bernhard (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A Quellen, Band 53). Schöningh, Paderborn 2010. LVIII, 614 S. Besprochen von Gerold Neusser. |
Ganzen Eintrag anzeigen Paulus van Husen (1891-1971). Erinnerungen eines Juristen vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik Deutschland, bearb. und eingeleitet v. Hummel, Karl-Joseph unter Mitarbeit von Frings, Bernhard (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A Quellen, Band 53). Schöningh, Paderborn 2010. LVIII, 614 S. Besprochen von Gerold Neusser.
Die Memoirenliteratur unter Juristen ist nicht gerade umfangreich, umso begrüßenswerter ist dieser vorzüglich edierte Band aus der Feder eines profilierten Verwaltungsjuristen und Richters von hohem Rang, dessen Leben acht Jahrzehnte in einem Deutschland voller tiefgreifender Wandlungen umfasste. Dabei ist vor allem bemerkenswert, dass diese Wandlungen der deutschen Staatlichkeit ihm – bei all seiner strengen juristischen Denk- und Arbeitsweise – immer wieder wesentliche und markante Aufgaben gestellt haben, die über die üblichen Arbeiten im juristischen Beruf hinausgingen und ihn in Positionen gebracht haben, die in das Spannungsfeld zum Politischen führten. Geprägt hat ihn seine westfälische Heimat und sein tiefer katholischer Glaube, aus dieser Grundausrichtung „eines fast idealtypischen katholischen Bürgers, Juristen und Staatsdieners seiner Zeit“ (Hummel S. VII) hat er „so konsequent … [gehandelt] …, dass sein Leben gerade nicht typisch und repräsentativ verlaufen ist“. Kindheit und Jugend sowie die ersten juristischen Studienjahre (in Oxford, München und Genf) hat er in dem wilhelminisch-preußischen deutschen Kaiserreich verbracht, nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg das Studium in Münster abgeschlossen, er wurde preußischer Regierungsreferendar mit der besonders zielgerichteten Ausbildung, die ihn in den Staatsdienst in Schlesien führte, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten dann Richter am Preußischen Oberverwaltungsgericht, nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde er 1940 als Rittmeister der Reserve im Oberkommando der Wehrmacht mit Rechtsangelegenheiten betraut, kam |
|
Pécsi jogászprofesszorok emlékezete (1923-2008). Antológia [Das Gedächtnis der Juraprofessoren zu Fünfkirchen. Eine Anthologie], hg. v. Kajtár, István. Publikon Verlag, Pécs 2008. 324 S. Besprochen von Katalin Gönczi. ZRG GA 128 (2011) 54 |
Ganzen Eintrag anzeigen A Pécsi Püspöki Joglyceum emlékezete 1833-1923 [Das Gedächtnis des Bischöflichen Juristischen Lyceums zu Fünfkirchen 1833-1923], hg. v. Kajtár, István/ Pohánka Éva. Publikon Verlag, Pécs 2009. 313 S. Besprochen von Katalin Gönczi.
Pécsi jogászprofesszorok emlékezete (1923-2008). Antológia [Das Gedächtnis der Juraprofessoren zu Fünfkirchen. Eine Anthologie], hg. v. Kajtár, István. Publikon Verlag, Pécs 2008. 324 S. Besprochen von Katalin Gönczi.
Wie kann man den Spagat zwischen Rechtsunterricht und rechtswissenschaftlichen Publikationen schaffen? Was prägt das Gedächtnis späterer Generationen am meisten: Die legendäre Persönlichkeit eines Hochschullehrers oder sein Œuvre als Wissenschaftler? Diese für Juraprofessoren immer wieder aktuellen Fragen liefern eine Perspektive auf zwei „Gedächtnisbände“ zur Geschichte der Juristenausbildung in Pécs / Fünfkirchen; beide Bücher sind neue Publikationen aus der Werkstatt István Kajtárs.
Die Geschichte der Juristenausbildung ist zu Beginn des dritten Jahrtausends auch in Ungarn wieder einmal en vouge geworden, wie eine Gesamtrezension von Annamária Bíró zu neueren Perspektiven der rechtshistorischen Forschungen verdeutlicht hat.[1] Aber parallel zur weitverbreiteten positivistischen Institutionengeschichte der ungarischen Verfassungs- und Rechtsgeschichtsschreibung gab es auch schon früher einen schmalen Pfad, auf dem die Wissenschaftsgeschichte ihren Weg suchte. Insbesondere Gründungsjubiläen boten einen guten Anlass für Rückblicke auf die Juristenausbildung in Ungarn. Eine kritische Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte der Juristenausbildung wurde dabei aber bislang aus Vorsicht gemieden. Daher sind die nun umfassenderen, von István Kajtár herausgegebenen Sammelbände zur Juristenausbildung in Pécs besonders zu begrüßen.
Die Vorträge einer wissenschaftlichen Konferenz im Jahre 2009 bilden die Grundlage der Publikation zum Pécser juristischen Lyzeum. Die Autoren des |
|
Pelizaeus, Ludolf, Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V. (= Geschichte in der Epoche Karls V. 9). Münster, Aschendorff 2007. XVIII, 455 S. Besprochen von Ignacio Czeguhn. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pelizaeus, Ludolf, Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V. (= Geschichte in der Epoche Karls V. 9). Münster, Aschendorff 2007. XVIII, 455 S. Besprochen von Ignacio Czeguhn.
Die Herrschaft Karls V. (der I. in Spanien) und die seines Bruders waren sowohl in Spanien als auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Verlauf ihrer Regentschaft gekennzeichnet durch eine Reihe von Aufständen, welche die politische Entwicklung in beiden Reichen stark beeinflussten. Ludolf Pelizaeus legt nun mit seinem Buch „Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V.“ erstmals eine vergleichende Betrachtung dieser Entwicklung vor.
Das Werk von Pelizaeus baut auf gründlichen Archiv- und sonstigen Quellenarbeiten auf, sowohl im Bezug auf die spanischen als auch zu den vorderösterreichischen Verhältnissen. Dabei steht im Mittelpunkt die Betrachtung der inneren Dynamik des Kampfes um Macht, Herrschaft und Ressourcen in den Städten. Pelizaeus wählt als zeitlichen Rahmen die Jahre 1468-1540. Dabei zeigt sich im Verlauf der Lektüre, dass die Auswahl der Städte als Vergleichsobjekt hervorragend gewählt wurde, da gerade ihre inneren Machtstrukturen von der bisherigen Forschung kaum untersucht wurden. Klagen über Missstände waren seitens der Städte bereits unmittelbar nach dem Amtsantritt Karls V. in den Jahren 1517/1519 formuliert worden. Sie trugen ihre Beschwerden in den kastilischen Cortes, im Rahmen des Wiener Ständekampfes bzw. gegenüber den vorderösterreichischen Landständen vor. Pelizaeus behandelt die Fragestellung auf Grundlage von umfangreichen Archivstudien anhand ausgewählter Städte in Kastilien und Andalusien (Salamanca, Zamora, Jaén, Baeza und Úbeda) sowie in den Vorderen Landen und Tirol (Belfort, Freiburg, Villingen, Waldshut, Rheinfelden, Laufenburg und Hall in Tirol). Die Untersuchung berücksichtigt dabei politische, soziale, wirtschaftliche, rechtliche, geis |
|
Pest, Folter und Schandsäule. Der Mailänder Prozess wegen „Pestschmierereien“ in Rechtskritik und Literatur, hg. v. Vormbaum, Thomas, redig. v. Dagasan, Zekai (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 6 Recht in der Kunst - Kunst im Recht 35). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag 2008. 252 S., 2 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pest, Folter und Schandsäule. Der Mailänder Prozess wegen „Pestschmierereien“ in Rechtskritik und Literatur, hg. v. Vormbaum, Thomas, redig. v. Dagasan, Zekai (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 6 Recht in der Kunst - Kunst im Recht 35). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2008. 252 S., 2 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Im Vorwort zeigt der sehr erfolgreiche Herausgeber die verschiedenen Möglichkeiten des formellen Zusammentreffens von Jurisprudenz und Literaturwissenschaft auf. Darunter befindet sich auch der Fall, dass ein und derselbe Vorgang von einem Juristen zum Gegenstand rechtsdogmatischer oder rechtskritischer Überlegungen, von einem Schriftsteller dagegen zum Sujet einer literarischen Bearbeitung gemacht ist. Ein solcher Glücksfall wird im vorliegenden Band dokumentiert und kommentiert.
Dementsprechend beginnt der Band nach einem einführenden Vorwort des Herausgebers mit Pietro Verris (1728-1797) Osservazioni sulla tortura von 1777, die der Herausgeber unter Berücksichtigung einer anonymen Übersetzung des Jahres 1840 selbst als Betrachtungen über die Folter übersetzt hat. Es folgt Allessandro Manzonis (1785-1872) Storia della colonna infame, deren anonyme Übersetzung des Jahres 1840 der Herausgeber überarbeitete. Von beiden Verfassern enthalten Einband und Titelei beeindruckende Abbildungen.
Verris Studie kommentiert Ezequiel Malarino in dem Beitrag „Pietro Verris Betrachtungen über die Folter und die Debatte über die Abschaffung der Folter in der österreichischen Lombardei“. Mit Manzoni befasst sich Helmut C. Jacobs in seinem Kommentar über Alessandro „Manzonis Storia della colonna infame - Wahrheitssuche zwischen Faktizität und Fiktion“. Kern des Geschehens ist der Prozess gegen den Sanitätskommissär Guglielmo Piazza in Mailand als Folge der Pest des Jahres 1630, bei der zahllose Bürger Mailands - nach Verri der Unwissenheit - zum Opfer fielen.
Im Vordergrund von Verris Beitrag steht die |
|
Pfau, Dieter, Zeitspuren in Siegerland und Wittgenstein. Früh- und Hochmittelalter (750-1250). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pfau, Dieter, Zeitspuren in Siegerland und Wittgenstein. Früh- und Hochmittelalter (750-1250). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009. 288 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Gebiet an den durch Wasserscheiden gekennzeichneten Oberläufen von Sieg, Eder und Lahn wird von der spätantiken und frühmittelalterlichen schriftlichen Überlieferung nicht erfasst. Auch archäologisch ist es lange Zeit ein fundarmer Raum. Selbst politisch fanden die beiden früher getrennten, seit 1815/1816 Preußen zugehörigen Gebiete Siegen und Wittgenstein erst in einer kommunalen Gebietsreform im Jahre 1975 zu einem Kreis Siegen zusammen, der 1984 in Siegen-Wittgenstein umbenannt wurde.
Die Idee einer Kreisgeschichte dieses neuen politischen Gebildes entstand in Gesprächen mit dem Heimatbund des Kreises. Dabei war sich der Verfasser bewusst, dass eine modernen wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Darstellung nicht mehr von einem Historiker allein ins Werk gesetzt werden kann, doch hielt er es für möglich, mit relativ wenig Aufwand die Geschichte der Region an Hand der bislang vorliegenden Literatur zusammenzufassen. Dabei sah er den Umstand, dass ihm als Neuzeithistoriker die mittelalterliche Geschichte nur in groben Zügen bekannt war, als Vorteil an, weil er ihm eine persönliche Entdeckungsreise in das Mittelalter ermöglichte, an der er Leserinnen und Leser gerne teilhaben lässt.
Rasch gewann er dabei die Überzeugung, dass eine Darstellung in einem Band der Sache nicht gerecht werden könne. Aus diesem Grund entschloss er sich zu einer Teilung in drei Bände. Von ihnen liegt in beeindruckender Ausstattung mit Bildern, Anmerkungen und Registern der erste, bis zum Ausbau der Gebietshoheit der Grafen von Nassau und der Grafen von Wittgenstein reichende Band nach etwa zwei Jahren vor.
Er beginnt im Rahmen des Frühmittelalters mit den natürlichen und klimatischen Voraussetzungen, auf deren Grundlage fränkische Landnahme, fränkische Herr |
|
Pilch, Martin, Der Rahmen der Rechtsgewohnheiten. Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte. Böhlau, Wien 2009. 600 S. Besprochen von Bernd Kannowski. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pilch, Martin, Der Rahmen der Rechtsgewohnheiten. Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte. Böhlau, Wien 2009. 600 S. Besprochen von Bernd Kannowski.
Die rechtshistorische Mediävistik kann ihr unglaubliches Glück gar nicht fassen: Die Rechtstheorie soll von der Rechtsgeschichte lernen, und zwar von der mittelalterlichen. Das nämlich meint Martin Pilch. Was er in seinem auf hohem Niveau angelegten Werk in Angriff nimmt ist – der Untertitel bringt es unmissverständlich zum Ausdruck – eine grundsätzliche Kritik am Normensystemdenken. Der Horizont des mit modernem Material arbeitenden Rechtstheoretikers soll sich weiten, indem er rechtshistorische Überlegungen zum mittelalterlichen Rechtsbegriff zu Rate zieht. Und auch der Rechtshistoriker soll lernen. Die rechtstheoretische Reflektion auch auf diesem Gebiet bedeutsamer Wissenschaftler ließe nämlich – so Pilch – das eine oder andere zu wünschen übrig.
Schon allein aus diesen Gründen muss Pilchs äußerst lesenswertes Buch das Interesse eines jeden am mittelalterlichen Rechtsbegriff Interessierten auf sich ziehen. Was wir hier vor uns haben, ist eine wirklich interdisziplinäre Arbeit. Zwar handelt es sich bei Rechtshistorie und Rechtstheorie gleichermaßen um juristische Grundlagenfächer, doch ist ihre Anknüpfung an Nachbarwissenschaften in beiden Fällen stärker ausgeprägt als bei den so genannten dogmatischen Fächern, und diese Verbindungen gehen in unterschiedliche Richtungen. Während die Rechtsgeschichte der Geschichtswissenschaft zugewandt ist, ist die Rechtstheorie mit der Philosophie verbunden. Ein großes Verdienst des Pilchschen Werkes steht hiermit in Zusammenhang: Nur wenige haben das erforderliche Hintergrundwissen, um hier einen Brückenschlag zu ermöglichen. Das bringt mit sich, dass Pilchs Darlegungen Kenntnisse auf verschiedenen Gebieten voraussetzen, über die in dieser Tiefe nur wenige verfügen werden. Ein Problem diese |
|
Pohlkamp, Matthias, Die Entstehung des modernen Wucherrechts und die Wucherrechtsprechung des Reichsgerichts zwischen 1880 und 1933 (= Rechtshistorische Reihe 390). Lang, Frankfurt am Main 2009. 303 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Pohlkamp, Matthias, Die Entstehung des modernen Wucherrechts und die Wucherrechtsprechung des Reichsgerichts zwischen 1880 und 1933 (= Rechtshistorische Reihe 390). Lang, Frankfurt am Main 2009. 303 S. Besprochen von Hans-Peter Benöhr.
Die bei Schermaier, damals in Münster, angefertigte Dissertation berichtet in ihrem ersten Teil über die Entstehung des modernen Wucherrechts (S. 29-106) und liefert in den zwei weiteren Teilen eine Analyse der Strafrechtsprechung (107-192) und sodann der Zivilrechtsprechung vom Inkrafttreten des ersten Wuchergesetzes des Deutschen Reiches, 1880, bis zum Ende der Weimarer Republik (193-272). 1933 bildet den Endpunkt, weil die einsetzende nationalsozialistische Diktatur völlig neue Fragen hervorrufen würde.
Es geht Pohlkamp um „die Frage nach einem möglichen Rechtsprechungswandel von der Durchsetzung des individualethisch begründeten Schutzauftrages des Vorkriegswucherrechts hin zur stärkeren Betonung sozialethischer Wertungen nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges“. Seiner Arbeit ist die folgende Reihe wichtiger Ergebnisse zu entnehmen.
Hauptergebnisse
Die 1880 und 1893 ergangenen Strafrechtsnormen gegen Wucher wurden nach 1914 kaum mehr angewandt. Denn mit Kriegsbeginn erhielten die Höchstpreisverordnung von 1914 und die Preistreibereiverordnung von 1915 nebst Novellierungen die Hauptbedeutung. Die von Pohlkamp wiedergegebenen Urteile zeigen, dass das Reichsgericht auch in der Vorkriegszeit die Strafvorschriften gegen Wucher meistens weit ausgelegt hat, indem es sich auf die Gesetzesmaterialien und den Normzweck berief oder die Schwächesituation des Benachteiligten betonte oder wirtschaftliche Erwägungen erheblicher fand als juristische Konstruktionen der betroffenen Geschäfte. Daher wies die Rechtsprechung zu den neuen Wuchergesetzen nach 1914 trotz der Kriegsrhetorik „beträchtliche Parallelen zur Vorkriegszeit“ auf. Nur in der Zeit der schlimmsten Wirtschaftskrise der Kriegs- und Nachkriegs |
|
Polkowski, Adam, Die polnische Zivilprozessordnung von 1930/33 - unter Berücksichtigung des deutschen, österreichischen, russischen und französischen Rechts (= Rechtshistorische Reihe 396). Lang, Frankfurt am Main 2009. 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Polkowski, Adam, Die polnische Zivilprozessordnung von 1930/33 - unter Berücksichtigung des deutschen, österreichischen, russischen und französischen Rechts (= Rechtshistorische Reihe 396). Lang, Frankfurt am Main 2009. 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Werner Schubert angeregte und betreute, im Wintersemester 2008/2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des in Danzig 1980 geborenen, in Kiel ausgebildeten Verfassers. Sie gliedert sich in eine kurze Einleitung und insgesamt vier Teile. Dabei geht die Einleitung überzeugend auf die besondere Rechtslage Polens ein, die dadurch entstand, dass das Land am Ende des 18. Jahrhunderts aufgeteilt wurde, der nach dem ersten Weltkrieg entstandene Staat aber als Fortführung des seinerzeit aufgeteilten Polen verstanden werden wollte, obwohl auf seinem Gebiet bis zu fünf verschiedene Rechtsordnungen Anwendung fanden.
Auf dieser Grundlage behandelt der erste Teil zunächst die historischen und gesellschaftlichen Ursachen für die Unifizierung und Kodifizierung des Rechtes der zweiten Republik Polen. Dabei sondert er zutreffend ehemals preußisches Teilungsgebiet, ehemals österreichisches Teilungsgebiet, ehemals ungarisches Teilungsgebiet und ehemals russisches Teilungsgebiet (Kongresspolen, Ostgebiete). Danach schildert er die Vereinheitlichungsbestrebungen bis 1918, die Gründung des polnischen Staates und die Einführung einer Verfassung.
Der zweite Teil befasst sich mit der Kodifikationskommission des neuen Staates unter besonderer Berücksichtigung der Zivilprozessordnung. Dabei schildert der Verfasser die Einsetzung, die Struktur, die fachlichen Ressourcen sowie die Arbeitsweise und Zusammensetzung der Kommission. Von den 44 Mitgliedern der Kommission hebt der Verfasser 8 besonders hervor (darunter den Strafrechtler Emil Stanisław Rappaport, 1877-1965).
Den Mittelpunkt der Arbeit bildet die Zivilpr |
|
Post, Rudolf unter Mitarbeit v. Scheer-Nahor, Friedel, Alemannisches Wörterbuch für Baden, hg. v. Landesverein Badische Heimat e. V:/Muettersproch-Gsellschaft Verein für alemannische Sprache e. V: (= Schriftenreihe der badischen Heimat 2). Braun, Karlsruhe 2009. 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Post, Rudolf unter Mitarbeit v. Scheer-Nahor, Friedel, Alemannisches Wörterbuch für Baden, hg. v. Landesverein Badische Heimat e. V:/Muettersproch-Gsellschaft Verein für alemannische Sprache e. V: (= Schriftenreihe der badischen Heimat 2). Braun, Karlsruhe 2009. 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die großen deutschen Mundarten reichen anscheinend bis in die Zeit der Völkerwanderung zurück. Jedenfalls lassen sich im Frühmittelalter Altsächsisch, Altniederfränkisch, Altostfränkisch, Altrheinfränkisch, Altbayerisch und Altalemannisch, wenn auch nicht immer ganz eindeutig, so doch insgesamt gut unterscheiden. Ihre am Ende der Völkerwanderung feststehende örtliche Verankerung hat sich im Wesentlichen bis zur Gegenwart erhalten.
Von daher ist die Erfassung des regionalen Wortschatzes auch heute noch ein wichtiges Anliegen und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben. Sie verdient nicht nur die aufwendige wissenschaftliche Vertiefung, wie sie vor allem seit dem 19. Jahrhundert erfolgt ist, sondern auch die allgemeine Verbreitung. Deswegen ist eine allgemeinverständliche Darstellung des alemannischen Wortschatzes auch eines örtlich kleineren Gebietes (Baden bzw. Südbaden) eine willkommene Bereicherung.
Nach Angaben des Verlags setzt sich das neue Werk auf etwas mehr als 10500 Stichwörtern zusammen. Dass ihnen nur 12500 Bedeutungen zugeordnet sein sollen, überrascht, doch werden es die Verantwortlichen am besten wissen. Die Einleitung stellt die Mundarträume vor und legt die Sprachgrenzen offen. 150 Sprachkarten veranschaulichen in Beispielen (etwa Mischtlache bzw. Jauche) den interessanten Inhalt.
Der Verfasser leitete von 2008 bis 2009 den Arbeitsbereich Badisches Wörterbuch am Deutschen Seminar 1 der Universität Freiburg im Breisgau und stellte in dieser Zeit den vierten Band des Badischen Wörterbuchs mit den Buchstaben N-Schw fertig. Damit ist die wissenschaftliche Ausgangsgrundlage einwandfrei gesichert. Möge die Öff |
|
Postel, Verena, Arbeit und Willensfreiheit im Mittelalter (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 207). Steiner, Stuttgart 2009. 189 S., Kart. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Postel, Verena, Arbeit und Willensfreiheit im Mittelalter (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 207). Steiner, Stuttgart 2009. 189 S., Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die am Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Universität Marburg im Bereich mittelalterliche Geschichte und Lichtbildarchiv tätige Verfasserin geht der Frage nach, welche Konsequenzen die verschiedenen theologisch-philosophischen Positionen in der Gnadenlehre für die Bewertung von Arbeit und Leistung des Menschen im Diesseits hatten. Zu diesem Zweck befasst sie sich in chronologischer Reihenfolge mit (verschiedenen Schriften von) Augustin (354-430) und Ambrosius (339-397), Cassian von Marseille (um 360-430/435), Fulgentius von Ruspe (462/463 oder 467/468-527 oder 532) und Caesarius von Arles (um 470-542), Hrabanus Maurus (780-856), Lupus von Ferrières (805-862), Hinkmar von Reims († 882) und Johannes Scotus Eriugena (810-877), Rather von Verona (887-974), Petrus Abaelard (1079-1142), Johannes von Salisbury (1151/1120!-1180) und Thomas von Aquin (1125-1274). Auf dieser Grundlage soll eine Antwort darauf geliefert werden, ob Gott das Heil unabhängig von der Leistung der Menschen im Diesseits allein auf Grund seiner Gnade vergab oder ob die Menschen zum ewigen Leben auch durch eigene Leistung beitragen konnten.
Im Ergebnis stellt die Verfasserin in ihrer mentalitätsgeschichtlichen Studie gegenüber der bisherigen Forschung fest, dass Arbeit im Mittelalter durchgehend auch als gottgefällige Bestätigung der Willensfreiheit des Menschen gesehen wurde. Allerdings setzten die einzelnen betrachteten Autoren innerhalb des Rahmens der Bejahung der menschlichen Willensfreiheit und der daraus entnommenen Verdienstethik doch auch unterschiedliche Akzente, die bereits in der Spätantike erkennbar sind. Bei Thomas von Aquin setzt sich, nach Ansicht der Verfasserin vielleicht begünstigt durch klimatische Bedingungen, demographisches Wachs |
|
Prest, Wilfrid, William Blackstone. Law and Letters in the 18th Century. Oxford University Press, Oxford 2008. XVII, 355 S., 22 Abb. Besprochen von Hans-Christof Kraus. |
Ganzen Eintrag anzeigen Prest, Wilfrid, William Blackstone. Law and Letters in the 18th Century. Oxford University Press, Oxford 2008. XVII, 355 S., 22 Abb. Besprochen von Hans-Christof Kraus.
Als Jeremy Bentham im Jahr 1776 unter dem Titel „A Fragment on Government“ seinen anonymen Erstling erscheinen ließ, beanspruchte er vermutlich, dem angesehenen „Kommentator“ des englischen Rechts, Sir William Blackstone, erstem Inhaber des angesehenen Stiftungslehrstuhls („Vinerian Chair“) für englisches Recht an der Universität Oxford, den wissenschaftlichen Todesstoß versetzt zu haben. Dem Verfasser der „Commentaries on the Laws of England“, in vier Bänden zwischen 1765 und 1769 erschienen, meinte der junge Philosoph zahlreiche Ungenauigkeiten, allzu viel Traditionsgläubigkeit, Irrationalitäten, vor allem aber Fehler in der Logik der Argumentation nachweisen zu können. Doch während Benthams Pamphlet jahrzehntelang weitgehend unbeachtet blieb, stieg der Ruhm des „Kommentators“ Blackstone unaufhaltsam weiter an, wurde das umfangreiche Werk in immer neuen Auflagen verbreitet: allein acht waren es zu Lebzeiten des Autors, und nach seinem Tod im Jahr 1780 wurden die „Commentaries“ in immer neuen Auflagen, auch mehreren Neubearbeitungen (sowie in Kurzfassungen wie „The Student’s Blackstone“ usw.) bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein aufgelegt. Später folgten mehrere Faksimiledrucke der frühen Ausgaben, und noch heute ist das Werk, ein Klassiker im besten Sinne des Begriffs, im Bücherschrank wohl fast jedes britischen und anglo-amerikanischen Juristen zu finden, der etwas auf sich hält.
Denn Blackstones überragende geistige Leistung hatte darin bestanden, in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine klare und überzeugende Synthese der ausgesprochen unübersichtlichen, zerklüfteten und auch für Kenner kaum überschaubaren Landschaft des damals gültigen englischen Rechts vorgelegt zu haben. In klarer, verständlicher Sprache, vorzüglicher Gliederung und mit einer nachgerade stupend |
|
Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 2 Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, hg. und eingel. v. Schefold, Dian in Zusammenarbeit mit Müller, Christoph. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 891 S..Besprochen von Ralf Lunau. |
Ganzen Eintrag anzeigen Preuß, Hugo, Gesammelte Schriften, Band 2 Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, hg. und eingel. v. Schefold, Dian in Zusammenarbeit mit Müller, Christoph. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. X, 891 S.. Besprochen von Ralf Lunau.
In der auf insgesamt fünf Bände angelegten Ausgabe der gesammelten Schriften von Hugo Preuß ist nunmehr nach dem ersten und dem vierten auch der zweite Band erschienen. Und obwohl der thematische Schwerpunkt „Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich“ zunächst eher ein Buch ausschließlich für rechtshistorisch Interessierte vermuten lassen kann, erweisen sich die darin abgedruckten größeren und kleineren Arbeiten als Lektüre voller Anregungen für das Verständnis heute bestehender struktureller und normativer Gegebenheiten und aktueller Auseinandersetzungen darum. Es ist geradezu überraschend, mit welcher modernen Sprache Preuß fachlich luzide und bisweilen essayistisch frech Argumentationen zu Problemstellungen von großer Aktualität entwickelt. Die Darlegungen zur Transparenz des Systems der Reichs- und Landesfinanzen aus dem Jahre 1894 (S. 471) beispielsweise können die auch in der Gegenwart regelmäßig wiederkehrende Diskussion um die Verteilung der Steuern zwischen Bund, Ländern und Kommunen bereichern. Ebensowenig hat die Philippika wider den exzessiven Gebrauch der Kommunalaufsicht durch staatliche Behörden und für eine starke Selbstverwaltung (S. 716) an ihrer Eindringlichkeit eingebüßt. Der spannende Stil des Autors, politische Entwicklungen der Entstehungszeit zu beschreiben und zu kommentieren, lässt über die wissenschaftliche Ebene seiner Betrachtungen hinaus ein atmosphärisch dichtes Bild des Kaiserreichs entstehen, das einen eigenen historiographischen Wert besitzt.
Die in diesem Band versammelten Beiträge stammen aus dem Zeitraum zwischen 1885 und 1917 und sind vom Herausgeber thematisch vier Abteilungen zugeordnet: Erste Abteilung: Theoretische Grundlagen, Zweite Abtei |
|
Principles of European Insurance Contract Law (PEICL), prepared by the Project Group Restatement of European Insurance Contract Law, established by Reichert-Facilides, Fritz †, Chairman Helmut Heiss, hg. v. the Drafting Committee Basedow, Jürgen/Birds, John/Clarke, Malcolm/Cousy, Herman/Heiss, Helmut in cooperation with Loacker, Leander D. Sellier, München 2009. LXVIII, 668 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Principles of European Insurance Contract Law (PEICL), prepared by the Project Group Restatement of European Insurance Contract Law, established by Reichert-Facilides, Fritz †, Chairman Helmut Heiss, hg. v. the Drafting Committee Basedow, Jürgen/Birds, John/Clarke, Malcolm/Cousy, Herman/Heiss, Helmut in cooperation with Loacker, Leander D. Sellier, München 2009. LXVIII, 668 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der stattliche Band enthält die Grundsätze eines europäischen Versicherungsvertragsrechts, die von der zugehörigen Projektgruppe „Restatement (Neuformulierung) of European Insurance Contract Law“ seit September 1999 erarbeitet wurden. Gründer und erster Vorsitzender war der in Innsbruck 2003 viel zu früh verstorbene Fritz Reichert-Facilides. Mit großer Befriedigung legen die Bearbeiter nun unter dem Vorsitz von Helmut Heiss, unterstützt vom österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und von der der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie als Mitglied des CoPECL Network auch von der Europäischen Kommission ihre Grundsätze so vor, wie sie Fritz Reichert-Facilides wohl gewünscht hat.
Mitglieder der Gruppe waren Jürgen Basedow, Juan Bataller Grau, John Birds, Zdzisław Brodecki, Diana Cerini, Malcolm Clarke, Herman Cousy, Bill W. Dufwa, Dariusz Fuchs, Helmut Heiss, Jerôme Kullmann, Jorge Pegado Liz, Jaana Norio-Timonen, Fritz Reichert-Facilides, Ioannis Rokas, Bernhard Rudisch, Anton K. Schnyder, Péter Takáts, Pedro Pais de Vasconcelas, Manfred Wandt und J. Han Wansink., Mitglieder der engeren Drafting Commission Malcolm Clarke, Jürgen Basedow, John Birds, Herman Cousy, Helmut Heiss und Fritz Reichert-Facilides. Die verantwortungsvolle Aufgabe des Gruppensekretärs trug als Schüler von Reichert-Facilides und Helmut Heiss Leander D. Loacker, der die Idee eines europäischen Versicherungsvertragsrechts zwischen akademischer Pionierleistung, gemeinsamem Refere3nzrahmen und optionalem Instrument (in Versicheru |
|
Principles of European Law. Study Group on a European Civil Code. Non-Contractual Liability Arising out of Damage Caused to Another (PEL Liab. Dam.), prepared by Bar, Christian von. Sellier u. a., München 2009. LV, 1384 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Principles of European Law. Study Group on a European Civil Code. Non-Contractual Liability Arising out of Damage Caused to Another (PEL Liab. Dam.), prepared by Bar, Christian von. Sellier u. a., München 2009. LV, 1384 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Möglicherweise geht in der Entstehung des Rechtes das deliktische Verhalten dem rechtsgeschäftlichen Verhalten voraus. Insofern könnte die Verantwortlichkeit für außerrechtsgeschäftliches Verhalten älter sein als für Verträge. Auch von der Zahl her dürften die deliktischen Schadensfälle den nicht ordnungsgemäß abgewickelten Rechtsgeschäften kaum nachstehen.
Vo daher kann es nicht überraschen, dass neben dem Vertragsrecht, für das Principles of European Contract Law in einem ersten und zweiten Teil bereits im Jahre 2000 von Lando und Beale und in einem dritten Teil 2003 von Lando, Clive, Prüm und Zimmermann vorgelegt wurden, auch das Deliktsrecht das Interesse der Befürworter einheitlicher Regelungen innerhalb Europas gefunden haben. Seit 1999 wurden entsprechende Beratungen in Utrecht, Rom, Stockholm, Oxford, Valencia, Löwen, Warschau, Berlin und Tartu (Dezember 2005) durchgeführt. Unter Federführung Christian von Bars konnte als Ergebnis jahrelanger intensiver Erörterungen ein umfassendes, vor allem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstütztes Dokument erarbeitet werden.
Dieses nennt zu Beginn die 27 Osnabrücker Mitarbeiter, die acht Mitglieder des Advisory Council, die Mitglieder der Co-ordinating Group und die weiteren Mitglieder von Advisory Councils. Danach folgt der englische Text. Er gliedert sich in insgesamt sieben Kapitel.
Diese betreffen Fundamental provisions mit der Grundregel: A person, who suffers legally relevant damage has a right to reparation from a person, who caused the damage intentionally or negligently or is otherwise accountable for the causation of the damage, wobei Absatz 2 einschränkend anfügt Where a person has not caused legal |
|
Principles of European Law. Study Group on a European Civil Code. Unjustified Enrichment, prepared by Bar, Christian von/Swann, Stephen. Sellier u. a., München 2010. XXXVI, 739 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Principles of European Law. Study Group on a European Civil Code. Unjustified Enrichment, prepared by Bar, Christian von/Swann, Stephen. Sellier u. a., München 2010. XXXVI, 739 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaften im Anschluss an die Beendigung des Zweiten Weltkriegs wurde zwar die Verhinderung weiterer kriegerischer Auseinandersetzungen, nicht aber eine vollständige politische Einheit in der Form eines neuen Bundesstaats angestrebt. Dementsprechend ist auch trotz aller erfolgreicher Entwicklung in vielen Einzelheiten bisher nicht mehr als ein Staatenverbund mit beschränkten Einzelzuständigkeiten entstanden. Einheitliches Recht aller Mitgliedstaaten hat sich zwar an vielen besonderen Stellen gebildet, ein einheitlicher European Civil Code ist daraus allerdings bisher nicht entstanden.
Die dafür in erster Linie ursächliche legislative Unzuständigkeit hat allerdings anderweitige Initiativen glücklicherweise nicht vollständig verhindert. Insbesondere hat sich auf der Grundlage der vorangehenden Commission on European Contract Law 1997 bzw. 1999 eine Study Group on a European Civil Code gebildet, der Christian von Bar in Osnabrück seit vielen Jahren vorsitzt. Sie stellt in diesem Band ihre Überlegungen und Vorschläge für Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung vor.
In seinem kurzen Vorwort führt Christian von Bar eindrucksvoll in die Gesamtvorgänge ein. Er weist dabei besonders darauf hin, dass die vorgestellten Grundsätze durch unparteiische und unvoreingenommene Beteiligte ermittelt wurden, deren einziges Ziel die Gewinnung sachlich guter Lösungen war. Ob darüber hinaus tatsächlich ein europäisches Privatrechtsgesetzbuch geschaffen werden muss, soll, kann oder darf, ist eine im Wesentlichen politisch zu entscheidende Frage.
Im Anschluss an diese einführenden Gedanken und die Nennung der Sponsoren bietet der Band den Text der Vorschläge in sieben Kapiteln (Al |
|
Principles of the Existing EC Contract Law (Acquis Principles) Contract II General Provisions, Delivery of Goods, Package Travel and Payment Services, prepared by Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group). Sellier, München 2009. LVII, 518 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Principles of the Existing EC Contract Law (Acquis Principles) Contract II General Provisions, Delivery of Goods, Package Travel and Payment Services, prepared by Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group). Sellier, München 2009. LVII, 518 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Errungenschaften der Gemeinschaft (frz. acquis communitaire) ist in der Europäischen Union der gemeinschaftliche Besitzstand. Er umfasst alle für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Laufe ihrer Geschichte verbindlich gewordenen Rechtsakte. Dementsprechend muss er jeweils von einem neuen Mitgliedstaat bei seinem Beitritt grundsätzlich vollständig übernommen werden.
Der vorliegende Band bietet eine neue Ausgabe der Ergebnisse der Forschungsgruppe für das Gemeinschaftsprivatrecht. Er will zur weiteren Verbesserung beitragen und vor allem die gegenwärtige Diskussion über den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über Verbraucherrechte bereichern. Hierfür gliedert er sich in einen kurzen einführenden und einen umfassenden ausführenden Teil.
Im einführenden Teil beleuchten Hans Schulte-Nölke und Fryderyck Zoll zunächst Struktur und Werte der Acquis Principles. Danach schildert Gerhard Dannemann die Tätigkeit der Forschergruppe. Zusammen mit Silvia Ferreri und Michele Graziadei weist er besonders auf den Beitrag der Terminologiegruppe hin.
Die Acquis Principles gliedern sich danach in 8 Kapitel. Sie betreffen nacheinander Intoductory Provisions, Contractual Duties, Non-discrimination, Formation, Withdrawal, Non-negotiated Terms, Performance of Obligations und Remedies, wobei jeweils specific provisions beigefügt werden. Eine Reihe von Anhängen rundet den wertvollen Band, der den zukünftigen Weg europäischen Privatrechts zu weisen versucht und zumindest teilweise auch weisen wird, ebenso vorteilhaft ab wie die Teilnehmerverzeichnisse der Vollversammlungen in Krakau (Oktober 2007), Kopenhagen (April 2008), L |
|
Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert) - ein exemplarisches Handbuch, hg. v. Pauser, Josef/Scheutz, Martin/Winkelbauer, Thomas (= MItteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 44). Oldenbourg, München 2004. 1134 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert) - ein exemplarisches Handbuch, hg. v. Pauser, Josef/Scheutz, Martin/Winkelbauer, Thomas (= Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 44). Oldenbourg, München 2004. 1134 S. Ill. Besprochen von Gerhard Köbler.
Den Begriff der Quellenkunde verbinden die Herausgeber in ihrer kurzen Vorbemerkung des eindrucksvollen, bedauerlicherweise nur mit einiger Verspätung anzuzeigenden Werkes mit dem Namen des Philologen, Historikers und kleindeutschen Politikers Friedrich Christoph Dahlmann (1785-1860), der auf Wunsch seiner Hörer 1830 eine Quellenkunde der deutschen Geschichte veröffentlichte. Da Quellen für den Historiker unentbehrlich sind, wurde das Werk rasch zu einem großen Erfolg, der noch in der Gegenwart anhält. Hierauf bauen die Herausgeber auf, wählen für ihre exemplarische Quellenkunde aber den anderen Weg, grundsätzlich keine Art von Quelle auszuschließen und alle intellektuellen Artefakte auf Schrift/Bild-Basis einzubeziehen, weil gerade die Frühneuzeitforschung eine Fülle neuer Quellen erstmals zur Forschungszwecken herangezogen und alte Quellen vor neuem Hintergrund für neue Fragestellungen fruchtbar gemacht habe.
Im Gegensatz zu bisherigen Quellenkunden versucht der Band erstmals eine frühneuzeitliche Quellentypologie innerhalb der Habsburgermonarchie. Der regionale Schwerpunkt wurde dabei vorrangig auf das Gebiet des heutigen Österreich (einschließlich Südtirols) gelegt, doch wurden nach Möglichkeit auch Böhmen, Mähren und Ungarn einbezogen. Gegenüber der 1982 von Erich Zöllner herausgegebenen überblicksartigen Zusammenstellung zur Quellenlage werden wichtige sachliche Neuerungen aufgegriffen, wobei freilich die Planungen infolge Ausfalls unterschiedlicher Beiträge nicht vollständig verwirklicht werden konnten.
Gegliedert ist der von insgesamt mehr als 75, am Ende alphabetisch unter Voranstellung der Vornamen aufgelisteten |
|
Raberg, Frank, Eugen Bolz. Zwischen Pflicht und Widerstand (= Prägende Köpfe aus dem Südwesten 3). DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2009. 141 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Raberg, Frank, Eugen Bolz. Zwischen Pflicht und Widerstand (= Prägende Köpfe aus dem Südwesten 3). DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2009. 141 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Eugen Anton Bolz wurde am 15. Dezember 1881 als zwölftes Kind und erster Sohn des Kolonialwarenhändlers Joseph Bolz (1832-1899) und der Kornhändlerstochter Maria Theresia Huber (1841-1918) in Rottenburg am Neckar geboren. Nach dem Besuch der Volksschule, der in der Gegenwart Eugen-Bolz-Gymnasium genannten Lateinschule in Rottenburg und des Karlsgymnasiums in Stuttgart studierte Bolz seit dem Wintersemester 1900/1901 in Tübingen, Bonn, Berlin und Tübingen Rechtswissenschaft und bestand danach die beiden Staatsprüfungen als einer der besten Kandidaten. Im Juli 1909 begann er eine Laufbahn als Beamter im Justizdienst Württembergs bei der Staatsanwaltschaft in Ulm, in deren Rahmen er 1916 Amtsrichter in Stuttgart wurde.
Bereits 1911 kandidierte der strenggläubige Katholik Bolz für die Zentrumspartei, errang am 12. Januar 1912 mit deutlicher Mehrheit einen Sitz im Reichstag und gewann am 16. November 1912 auch ein Landtagsmandat. Am 24./29. Oktober 1919 wurde er Justizminister Württembergs, am 2. Juni 1923 Innenminister, 1924 auch Finanzminister, am 8. Juni 1928 Staatspräsident des freien Volksstaats Württemberg. Am 8. März 1933 beanspruchte aber der Reichstagsabgeordnete der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Dietrich von Jagow als Reichskommissar von Bolz die Übernahme der Befugnisse der obersten Landesbehörden auf der Grundlage der Notverordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat, wonach Bolz und seine Partei am 15. März 1933 dazu beitrugen, durch die Unterstützung der Wahl des Gauleiters Wilhelm Murr zum Staatspräsidenten im Landtag der Machtübernahme in Württemberg „ein legalistisches Mäntelchen überzuwerfen“.
Der entmachtete Staatspräsident Bolz blieb zwar Mitglied des Reichstags, wurde aber am 19. Juni 1933 bis 12. |
|
Rass, Christoph, Institutionalisierungsprozesse auf einem internationalen Arbeitsmarkt. Bilaterale Wanderungsverträge in Europa zwischen 1919 und 1974 (= Studien zur historischen Migrationsforschung 19). Schöningh, Paderborn 2010. 571 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rass, Christoph, Institutionalisierungsprozesse auf einem internationalen Arbeitsmarkt. Bilaterale Wanderungsverträge in Europa zwischen 1919 und 1974 (= Studien zur historischen Migrationsforschung 19). Schöningh, Paderborn 2010. 571 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit seiner Entstehung ist der Mensch in Bewegung. Ganz allmählich hat er sich von Ostafrika aus über alle Erdteile verbreitet. Ein rund zweihundert Jahre währender Abschnitt der europäischen Geschichte an der Grenze zwischen den Epochen Altertum und Mittelalter wird sogar überhaupt als Völkerwanderung bezeichnet.
Gleichwohl ist vermutlich erst im 20. Jahrhundert die größte Zahl von Menschen gleichzeitig gewandert. Dies dürfte mit den verbesserten Bewegungsstrukturen und den erweiterten Unterrichtungsmöglichkeiten zusammenhängen. Hieraus sind internationale politische Fragen erwachsen, deren sinnvolle und dauerhafte Lösung derzeit noch nicht wirklich absehbar ist.
Mit einem wichtigen Ausschnitt aus dieser Problematik befasst sich die von Paul Thomas betreute, im Jahr 2007 an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Technischen Hochschule Aachen angenommene Habilitationsschrift des 2001 in Aachen mit einer Untersuchung über Menschenmaterial - Sozialprofil, Machtstrukturen und Handlungsmuster einer Infanteriedivision der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg promovierten Verfassers. Begonnen wurde die Untersuchung als Projekt zur Rolle von Bürokratien in Migrationsprozessen am Beispiel der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, doch erwies sich rasch die Notwendigkeit der Internationalisierung der Betrachtung. Ziel ist es nach den Worten des Verfassers, zum Schließen einer Forschungslücke beizutragen und das Verständnis der Arbeitsmigration im Europa des 20. Jahrhunderts zu erhellen, um aus der Geschichte für die Gestaltung der Zukunft zu lernen.
Nach einer kurzen Einleitung untersucht der Verfasser zunächst das europäische Ar |
|
Recht mitgestalten. 150 Jahre Deutscher Juristentag 1860-2010, hg. v. Deutscher Juristentag. Text und Bild Waldmann, Anke/Becker, Wibke. Beck, München 2010. 146 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Recht mitgestalten. 150 Jahre Deutscher Juristentag 1860-2010, hg. v. Deutscher Juristentag. Text und Bild Waldmann, Anke/Becker, Wibke. Beck, München 2010. 146 S. Besprochen von Werner Schubert.
Parallel zur Festschrift „150 Deutscher Juristentag“ veröffentlichte der Deutsche Juristentag eine Geschichte der Juristentage von seinen Anfängen an bis 2008. Das erste der vier Kapitel befasst sich unter der Überschrift „Der Weg zur Rechtseinheit“ mit der Zeit von 1860-1900. Bereits zum ersten Berliner DJT kamen 700 Juristen; allerdings ließ sich die hohe Teilnehmerzahl nicht auf die Dauer halten (1882: 300 Teilnehmer des DJT). 1886 stellte Gneist fest, von den 120 wichtigsten Fragen, die der DJT bisher behandelt habe, seien mehr als 100 von der Gesetzgebung in seinem Sinne entschieden worden (S. 34). Zu S. 37 ist darauf hinzuweisen, dass die 1. BGB-Kommission 1874 nicht vom Reichstag, sondern vom Bundesrat eingesetzt wurde. Im Zeitraum zwischen 1900 und 1931 beriet der DJT u. a. über die Automobilhaftpflicht bereits 1902, nahm sich seit 1906 der sozialen Frage an (Arbeitsrecht), beschäftigte sich seit 1902 mit der Strafrechtsreform und seit 1921 mit Fragen der Reform des Familienrechts (Unehelichenrecht, Güterstandsrecht). 1904 hatte Marie Raschke (seit 1902 im Mitgliederverzeichnis des DJT geführt) als erste Frau auf dem Innsbrucker Juristentag das Wort ergriffen und hatte Marie Munk ein Gutachten für den DJT 1931 erstattet.
Auf den Seiten 65ff. beschäftigt sich die Schrift ausführlich mit der Absage des für September 1933 geplanten Deutschen Juristentags durch die Ständige Deputation, dessen Mitglieder S. 74-83 biographisch vorgestellt werden. Bedeutsam erscheint, dass die Deputation einen kollektiven Rücktritt ablehnte und sich auch der Verein DJT sich nicht auflöste, aber dann durch ein Gesetz vom 27. 5. 1937 zwangsweise aufgelöst wurde. Die Juristentage von 1949 bis 1989 werden unter der Überschrift „Rechtspolitik in der Bundesrepub |
|
Rechtswissenschaft in Osteuropa - Studien zum 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. v. Pokravac, Zoran (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte = Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 248 = Rechtskulturen des modernen Osteuropa. Traditionen und Transfers 5). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. IX, 436 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtswissenschaft in Osteuropa - Studien zum 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. v. Pokravac, Zoran (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte = Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main 248 = Rechtskulturen des modernen Osteuropa. Traditionen und Transfers 5). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. IX, 436 S. Besprochen von Werner Schubert.
Band 5 der Reihe „Rechtskulturen des modernen Osteuropa. Traditionen und Rechtstransfers“ geht zurück auf die Tagung dieses Forschungsprojekts im November 2005 im Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte. Die Beiträge beruhen auf dem Stand von 2007. Der Band wird eröffnet mit dem Beitrag V. O. Abaschniks (Charkow) über die „Rechtswissenschaft und Juristenausbildung in der Ukraine am Beispiel der Universität Charkow (1804-1820)“ (S. 1-46). An der 1804 gegründeten Universität lehrten zunächst auch deutsche, stark naturrechtlich ausgerichtete Professoren wie Schad, Jakob, Schweikart und Lang. Im Einzelnen befasst sich Abaschnik schwerpunktmäßig mit der Fakultätsgeschichte und der Juristenausbildung. A. Rudokvas und A. Kartsov (St. Petersburg) geben einen guten Überblick über die Entwicklung der russischen Rechtswissenschaft unter dem Aspekt des Rechtstransfers zwischen 1800 und 1917 (S. 291ff.). Nach einer Übersicht über die Anfänge der modernen russischen Rechtslehre, die von Anfang an stark beeinflusst war von den jeweiligen Entwicklungen in Deutschland, beschreiben sie die Entwicklung der Zivilrechtslehre seit den Reformen von 1864, die auf den Ideen Savignys (Auszüge aus der Besprechung der Übersetzung von Savignys Obligationenrecht durch Tabašnikov [S. 310ff.]) und den Lehrbüchern zum Pandektenrecht beruhte. Auf große Sympathien stieß das Werk Rudolf von Jherings insbesondere bei Muromcev und Petražickij, die in Abkehr von einer rein rechtsdogmatisch ausgerichteten Wissenschaft verstärkt rechtspolitische Ziele („Civilpolitik“) verfolg |
|
Rechtswissenschaft. Zeitschrift für rechtswissenschaftliche Forschung, hg. v. Dauner-Lieb, Barbara/Grigoleit, Hans-Christoph/Gutmann, Thomas u. a., Jahrgang 1, Heft 1 Januar 2010. Nomos, Baden-Baden 2010. 112 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rechtswissenschaft. Zeitschrift für rechtswissenschaftliche Forschung, hg. v. Dauner-Lieb, Barbara/Grigoleit, Hans-Christoph/Gutmann, Thomas u. a., Jahrgang 1, Heft 1 Januar 2010. Nomos, Baden-Baden 2010. 112 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die menschliche Gesellschaft wird nicht nur seit Jahrtausenden verrechtlicht, sondern auch seit Jahrhunderten verwissenschaftlicht. Deswegen hat sich vor allem in der Neuzeit die Rechtswissenschaft mit stetig steigender Tendenz immer weiter ausdifferenziert. Angesichts dieses beeindruckenden Vorganges kann eine zwischenzeitliche Rückbesinnung auf eine eigentliche Einheit niemals schaden.
Der Verlag Nomos hat dies zum Anlass der Eröffnung einer neuen Zeitschrift genommen, die Beiträge auf höchstem wissenschaftlichem Niveau veröffentlichen soll. Zum Kreis ihrer zunächst 15 Herausgeber gehört auch Hans-Peter Haferkamp, so dass auch die Rechtsgeschichte bestens vertreten ist. Ziel ist die Beförderung des rechtswissenschaftlichen Diskurses in Richtung auf einen Gegenpol zur zunehmenden Spezialisierung.
Vorgesehen sind Abhandlungen zu grundlegenden Fragen aus allen Rechtsgebieten, Rezensionsaufsätze aus Anlass herausragender Veröffentlichungen, nachgelagerte Koreferate zu wissenschaftlichen Fachtagungen und Beiträge zu den Rahmenbedingungen von Forschung und Lehre. Alle Abhandlungen sollen ein echtes Peer-Review-Verfahren nach internationalen Standards durchlaufen, bei dem die Beiträge durch einschlägig ausgewiesene Fachkollegen anonym begutachtet werden. Möge dem interessanten Vorhaben, das von Horst Dreier (Der freiheitliche Verfassungsstaat als riskante Ordnung), Thomas Weigend („Die Strafe für das Opfer“) und Helge Dedek (Die Schönheit der Vernunft - [Ir-]Rationalität von Rechtswissenschaft in Mittelalter und Moderne] eindrucksvoll eröffnet wurde, trotz des damit verbundenen administrativen Aufwands ein langes, gutes Gelingen beschieden sein.
Innsbruck |
|
Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, J. F., Regesta Imperii, Unterreihe). Heft 24 Die Urkunden und Briefe aus dem historischen Staatsarchiv Königsberg im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, aus den Staatsarchiven Gdańsk, Toruń, Riga sowie dem Stadtarchiv Tallinn für die historischen Landschaften Preußen und Livland, bearb. v. Eibl, Elfie-Marita. Böhlau, Wi |
Ganzen Eintrag anzeigen Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, J. F., Regesta Imperii, Unterreihe). Heft 24 Die Urkunden und Briefe aus dem historischen Staatsarchiv Königsberg im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, aus den Staatsarchiven Gdańsk, Toruń, Riga sowie dem Stadtarchiv Tallinn für die historischen Landschaften Preußen und Livland, bearb. v. Eibl, Elfie-Marita. Böhlau, Wien 2010. 255 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.
Auch der vorliegende Regestenband bietet wieder reichhaltiges Quellenmaterial zur Tätigkeit Friedrichs III. Erfasst sind zwei Gebiete – Preußen und Livland -, die zwar rechtlich nur teilweise zum Heiligen Römischen Reich zählten, durch die personellen Querverbindungen des Deutschen Ordens jedoch eng mit diesem verbunden waren. Die Königsberger Überlieferung war schon bisher durch ein von Erich Joachim und Walter Hubatsch in den Jahren 1948 bis 1950 erarbeitetes Regestenwerk gut bekannt, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Überlieferung im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz befindet und dort (bzw. vorher in Göttingen) eingesehen werden konnte. Für die an Ort und Stelle verbliebenen Bestände aus Danzig, Thorn, Riga und Reval (für diese Städte ist die moderne Bezeichnung des Ortsnamens gewählt worden, nicht jedoch die heutige Bezeichnung des aufbewahrenden Instituts; die überlieferte deutsche Bezeichnung hätte man zumindest in Klammern hinzusetzen müssen) lagen teilweise deutschsprachige bzw. gedruckte Bestandsverzeichnisse vor, so dass ein guter Zugang gefunden werden konnte. Es ist erfreulich, dass die Zusammenarbeit mit den polnischen bzw. baltischen Archiven offenbar gut klappte, gewiss auch dank der Zugehörigkeit der betroffenen Staaten zur Europäischen Union.
Mit Recht geht die Bearbeiterin nach Vorstellung der Archivsituation in ihrer Einleitung zunächst auf |
|
Regesten zu den Urkunden des Amtleutearchivs St. Columba in Köln, bearb. v. Diederich, Toni (= Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 78). Droste, Düsseldorf 2009. XLIII, 659 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Regesten zu den Urkunden des Amtleutearchivs St. Columba in Köln, bearb. v. Diederich, Toni (= Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 78). Droste, Düsseldorf 2009. XLIII, 659 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Historische Archiv der Stadt Köln ist am 3. März 2009 unversehens in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses geraten, als es völlig überraschend vollständig in eine durch Arbeiten im Untergrund entstandene Aushöhlung stürzte. Vorwort und Einleitung der vorliegenden Edition wurden glücklicherweise bereits vorher formuliert und sind dementsprechend teilweise nicht mehr aktuell. Sie erweisen aber in besonders nachdrücklicher Weise die Geschichtlichkeit des menschlichen Lebens und die Notwendigkeit wie den Wert wissenschaftlicher Dokumentation.
Bis zum Zeitpunkt der Drucklegung war es nach den Worten des Verfassers, der von 1968 bis 1979 in dem Archiv tätig war und sich ihm auch nach seinem Wechsel zum historischen Archiv des Erzbistums Köln immer in besonderer Weise verbunden fühlte, nicht möglich, den Umfang vernichteter, beschädigter und gut erhaltener Archivalien, etwa bei den Schreinsbüchern, zu ermitteln. Glücklicherweise können die von ihm regestierten Urkunden des Stadtarchivs Köln als gerettet gelten. Dementsprechend steht hinter dem Regest noch immer eine diplomatische Wirklichkeit für den Interessenten zur Verfügung.
Im kurzen und klaren Vorwort weist der Verfasser zunächst einleitend auf die Edition der Kölner Schreinsurkunden des 12. Jahrhunderts durch Robert Hoeniger (1884, 1894), der Amtleutebücher der kölnischen Sondergemeinden durch Thea Buyken und Hermann Conrad (1936) sowie der Kölner Schreinsbücher des 13. und 14. Jahrhunderts durch Hans Planitz und Thea Buyken (1937) hin, die vor allem die Statuten der Schreinsbehörden und eine Auswahl von mehr als 2500 Einträgen in den Schreinsbüchern betrafen. Demgegenüber wurden die selbständigen, meist besiegelten Urkunden auf Pergamen |
|
Reichert, Folker, Gelehrtes Leben. Karl Hampe, das Mittelalter und die Geschichte der Deutschen (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 79). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009. 459 S. Besprochen von Thomas Vogtherr. |
Ganzen Eintrag anzeigen Reichert, Folker, Gelehrtes Leben. Karl Hampe, das Mittelalter und die Geschichte der Deutschen (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 79). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009. 459 S. Besprochen von Thomas Vogtherr.
Unter den zahlreichen Wissenschaftlerbiographien der vergangenen Jahre nimmt diese Arbeit zu Leben und Wirken des Heidelberger Mediävisten Karl Hampe (1869-1936) eine wichtige Position ein, denn der Verfasser des Bandes bedient sich keiner irgendwie gearteten theoretischen Kunstgriffe (vgl. S. 317), sondern erzählt bemerkenswert geradlinig die Geschichte des Lebens Hampes, seines öffentlichen Wirkens, seiner Stellung innerhalb der Mediävistik seiner Zeit und insbesondere auch seines Nachlebens. Damit ist ein ebenso umfassendes wie konzeptionell zu Recht konservativ gehaltenes Werk entstanden, das – soviel sei vorweggenommen – dem Gegenstand voll gerecht wird und einen der einflussreichsten Mediävisten des Kaiserreichs und der Weimarer Republik eindrucksvoll porträtiert.
Hampe wurde in Bremen geboren, in ein „hanseatisch-bildungsbürgerliches, protestantisch eingestimmtes und national bewegtes Umfeld“ hinein (S. 19), das Reichert knapp und sehr treffend charakterisiert. Er absolvierte das humanistische Gymnasium in der Hansestadt und stand als Primaner einem der an solchen Schulen nicht seltenen Prima-Vereine vor, in dem wissenschaftliche Studien getrieben wurden und der Comment der Zeit eingeübt wurde (S. 30-34). In Bonn und Berlin studierte Hampe von 1888 bis zum Abschluss der Promotion 1894. Die Dissertation, eine für damalige Zeiten mit annähernd 400 Seiten exzeptionell umfangreiche Schrift, war eine Biographie des „letzten Staufers“ Konradin, deren Anfertigung der heute zu Unrecht im Schatten der Wissenschaftsgeschichte bleibende Paul Scheffer-Boichorst betreute. Unmittelbar nach Studienende trat Hampe dann bei den Monumenta Germaniae Historica als „Hilfsar |
|
Renz, Ulrich, Georg Elser. Ein Meister der Tat. Braun, Karlsruhe 2009. 124 S., 12 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Renz, Ulrich, Georg Elser. Ein Meister der Tat. Braun, Karlsruhe 2009. 124 S., 12 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zu den prägenden Köpfen aus dem Südwesten zählen die Herausgeber Peter Steinbach und Reinhold Weber sowie der Verlag nach Claus von Stauffenberg, Friedrich Ebert, Eugen Bolz, Mathilde Planck, Ferdinand Nägele und Leo Wohlleb als siebten auch den Schreiner Johann Georg Elser, der in seiner unbeirrbaren und zugleich unbedingten Entschlossenheit in der Geschichte des Widerstands gegen Adolf Hitler allein dastehend gesehen wird. Die zum siebzigsten Gedenktag des Attentats vom 8. November 1939 erschienene Studie des als Journalist seit Jahrzehnten über nationalsozialistische Verbrechen berichtenden Verfassers beschreibt das Leben Elsers und die daraus erwachsene Tat. Von einfachen Verhältnissen über Entscheidung im Herbst 38, den explodierenden Saal, die Verhaftung mit Rätseln bis zum langen Weg zum Ruhm wird „ein Meister der Tat detailliert und einnehmend dargestellt und durch Zeittafel und Literaturverzeichnis der eigenständigen Vertiefung zugänglich gemacht.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
|
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit. Band 10 Reichsstädte 4 Speyer, Wetzlar, Worms, hg. v. Mahlerwein, Gunter/Rölle, Thomas/Schieber, Sigrid. (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 251). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. VIII, 755 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit. Band 10 Reichsstädte 4 Speyer, Wetzlar, Worms, hg. v. Mahlerwein, Gunter/Rölle, Thomas/Schieber, Sigrid. (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 251). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. VIII, 755 S. Besprochen von Werner Schubert.
Band 10 des Repertoriums der Policeyordnungen der frühen Neuzeit erschließt die Gesetzgebung der drei Reichsstädte Speyer, Wetzlar und Worms, die zum Oberrheinischen Rechtskreis gehörten. Die jeweiligen Policeyordnungen werden zunächst in chronologischer Reihenfolge nachgewiesen. Die inhaltliche Erschließung erfolgt nach einem in Band 1 der Reihe (1996) festgelegten Gliederungsschema und nach einem alphabetischen Sachregister („Materien und Sachbetreffs“). Die Einleitungen der Herausgeber befassen sich vornehmlich mit der verfassungsrechtlichen Entwicklung der drei Reichsstädte unter Einbeziehung der allgemeinen Geschichte. Thomas Rölle behandelt für Speyer insbesondere die verfassungsrechtlichen Konfliktlagen zwischen den jeweiligen Bischöfen und der Stadt sowie mit dem landesherrlich regierten Umland. Anschließend geht Rölle noch auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und das Gerichtswesen näher ein. Es ist zu bedauern, dass ein Überblick über die 3386 ermittelten Verordnungen (1195-1797) fehlt, wie ihn Sigrid Schieber für die Verordnungen der Stadt Wetzlar bringt (S. 489ff.). Hier bestanden nicht nur Spannungen zwischen der Stadt und dem Schutzherrn (Hessen-Darmstadt), sondern nach der Übersiedlung des Reichskammergerichts (Wiedereröffnung 1693) auch mit dem Kameralen (S. 480ff.). Die zeitliche Verteilung der 429 ermittelten Dekrete und Verordnungen zeigt „eine Tendenz zur Zunahme, jedoch keine explosionsartige Vermehrung der Verordnungen im Lauf der frühen Neuzeit“ (S. 490). 57 % der Verordnungen betreffen den Bereich der Wirtschafts-, Arbeits- und Berufsordnung. Aufwand- und Luxusordnungen fehlen fast völlig. Etwas umfangreicher ist die Zahl de |
|
Repräsentationen von Kriminalität und öffentlicher Sicherheit. Bilder, Vorstellungen und Diskurse vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, hg. v. Härter, Karl/Sälter, Gerhard/Wiebel, Eva (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. VIII, 636 S. Besprochen von Dieter Kugelmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Repräsentationen von Kriminalität und öffentlicher Sicherheit. Bilder, Vorstellungen und Diskurse vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, hg. v. Härter, Karl/Sälter, Gerhard/Wiebel, Eva (= Studien zu Policey und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am Main 2009. VIII, 636 S. Besprochen von Dieter Kugelmann.
Der Tagungsband dokumentiert Vorträge, die auf einer von den Arbeitskreisen „Historische Kriminalitätsforschung“ und „Polizey/Polizei im vormodernen Europa“ veranstalteten Tagung gehalten wurden. Die Beiträge schlagen den Bogen vom 16. bis zum 21. Jahrhundert. Dabei werden Bilder und Bildnisse in ihren Aussagen zu Sicherheit und Sicherheitsdiskursen erörtert. Einen ersten Schwerpunkt bildet die frühe Neuzeit mit den Sachfragen der Hexerei, den Bildern soldatischer Kriminalität und Bildern der Wilderei. Sie vereinen druckgeschichtliche, historisch-allgemeine und rezeptionsgeschichtliche Erörterungen. Der Band wendet sich dann dem 18. Jahrhundert zu, etwa mit der Behandlung der Bilder krimineller Karrieren. Das 20. Jahrhundert bildet den Schwerpunkt des Bandes und die Klammer für die Mehrzahl der Beiträge. Demagogenverfolgung, das Bild des Vagabunden, Polizeibilder und Verbrecherbilder oder aber auch spezifische Fallgestaltungen wie die Gewaltdarstellung am Beispiel des Falles Fritz Haarmann lassen vielfältige Einblicke in die mediale Repräsentation von Sicherheitsfragen und Fällen von Sicherheitsverstößen zu. Den Abschluss bilden Beiträge zum Wandel sicherheitsrechtlicher Dogmatik und zu Konzepten der sog. „sicheren Stadt“ in der britischen Stadtpolitik. Die Beiträge sind nicht alle in gleicher Intensität mit Bildern und Abbildungen versehen. Dennoch erweist sich der Band als anschauliche Zusammenfassung medialer Repräsentation von Kriminalität und öffentlicher Sicherheit.
Münster Dieter Kugelmann
|
|
Reske, Christoph, Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Auf der Grundlage des gleichnamigen Werkes von Josef Benzing (= Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 51). Harrassowitz, Wiesbaden 2007. XXXI, 1090 S. Besprochen von Elmar Wadle. |
Ganzen Eintrag anzeigen I. Reske, Christoph, Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Auf der Grundlage des gleichnamigen Werkes von Josef Benzing (= Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 51). Harrassowitz, Wiesbaden 2007. XXXI, 1090 S. Besprochen von Elmar Wadle.
II. Die kaiserlichen Druckprivilegien im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Verzeichnis der Akten vom Anfang des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Deutschen Reichs (1806), mit Erläuterungen hg. v. Koppitz, Hans-Joachim (= Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem Deutschen Bucharchiv München 75). Harrassowitz, Wiesbaden 2008. XXVII, 685 S. Besprochen von Elmar Wadle.
Wer sich mit der Geschichte des Buch- und Druckwesens im deutschen Sprachraum beschäftigt, kommt an den beiden hier vorzustellenden Bänden nicht vorbei; dies gilt selbstverständlich auch für jeden, der sich für die rechtshistorischen Aspekte dieser Forschungsbereiche interessiert.
Für den Zugang zum deutschen Buchdruck des 16. und des 17. Jahrhunderts hat Reske ein unverzichtbares Nachschlagewerk vorgelegt. Es basiert - wie der Untertitel anzeigt – auf dem von Josef Benzing in zwei Auflagen (1963 und 1982) publizierten Vorgängerlexikon und bietet unter Beibehaltung der gewohnten Darstellungsweise zuverlässige Informationen über die inzwischen erschienene Spezialliteratur. Wie Benzing orientiert sich auch Reske an dem Stichdatum 31. Dezember 1500. Es werden demnach auch jene Buchdrucker vorgestellt, die schon früher mit der Druckerei begonnen und nach dem Stichtag weitergearbeitet haben; ältere Buchdrucker, die - wie etwa Johannes Gutenberg (um 1400-1468) – bereits im 15. Jahrhundert gestorben sind, werden nicht erwähnt. Die Abgrenzung zum Buchwesen des 18. Jahrhunderts wird weniger rigide durchgehalten; auf diese Weise ist wenigstens ein Teil des Buchwesens des 18. Jahrhunderts erfasst. Er bleibt zu wünschen, dass eines Tages ein Werk zur Verfügung steht, das mit gleicher Präzision über die ganze Gesch |
|
Riedi, Barbara, Die Porten der Unteren Straße, ihr Ladungsrecht und der Straßenunterhalt (= Rechtshistorische Reihe 397). Lang, Frankfurt am Main 2009. 469 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Riedi, Barbara, Die Porten der Unteren Straße, ihr Ladungsrecht und der Straßenunterhalt (= Rechtshistorische Reihe 397). Lang, Frankfurt am Main 2009. 469 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Pio Caroni betreute, am 17. April 2008 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern angenommene, nach Angabe der Autorin ohne Unterstützung durch Familie und Freundinnen wohl nie beendete Dissertation der 1964 geborenen, nach dem Lizentiat des Jahres 1996 als Assistentin am rechtshistorischen Seminar der Universität Bern und als Redakteurin der Zeitschrift Verwaltungspraxis der Bundesbehörden in der Bundeskanzlei tätigen, danach den Rechtsdienst der eidgenössischen Finanzkontrolle leitenden Verfasserin. Sie beschäftigt sich mit der bereits oft geschriebenen Geschichte der Bündner Säumergenossenschaften (Porten). Dabei vertieft sie an Hand zahlreicher lokaler Quellen wie Portenprotokolle, Landschaftsprotokolle und Dorfprotokolle das Ladungsrecht und die Straßenunterhaltungspflicht.
Ausgangspunkt war nach der kurzen Einleitung die Lizentiatsarbeit zur Aufhebung der Porten, die sich vor allem auf Sekundärliteratur stützte und die Verfasserin dementsprechend mit dem Wunsch zurückließ, darüber nochmals zu schreiben. Deswegen formuliert sie auch Thema, Fragestellung und Möglichkeiten neu. Im Anschluss hieran geht sie vertieft auf Graubünden, den Transit und die (bekannte) Geschichte der Porten bis zu ihrer Aufhebung ein und führt dazu auch einen Exkurs Frauen aus.
Der Hauptteil A verfolgt dann das Ladungsrecht von seiner Entstehung bis zum Bundesbeschluss von 1861. Die Entwicklung vom Weg zur Straße wird vom 18. Jahrhundert bis zum Straßengesetz von 1882 betrachtet. Dabei erweist die Arbeit, wie nach der Aufhebung der Portenrechte aus dem Vorrecht der Vertrag wurde und wie nach Bau der Fahrstraße durch den Kanton mit fremdem Geld für den Straßenunterhalt weiterhin die Arbeitskraft der Ansässigen (der P |
|
Riegler, Thomas, Terrorismus. Akteure, Strukturen, Entwicklungslinien. StudienVerlag, Innsbruck 2009. 636 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Riegler, Thomas, Terrorismus. Akteure, Strukturen, Entwicklungslinien. StudienVerlag, Innsbruck 2009. 636 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Terrorismus ist heutzutage wieder in aller Munde, und der Begriff wird besonders gerne bemüht, wenn es um vorgeblich unvermeidbare Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten geht. Umso notwendiger angesichts solch inflationären Gebrauchs sind phänomenologische Analysen, die darzulegen vermögen, worin nun denn eigentlich das Wesen dessen besteht, worüber man sich so gern und so leichtfertig verbreitert.
Es ist Thomas Riegler zu danken, dass er sich dieser nicht einfachen Aufgabe stellt; fast 600 Textseiten geben Zeugnis von den Bemühungen dieses in einem eigenen „Netzwerk Terrorismusforschung“ engagierten, noch jungen Wiener Historikers und Publizisten. Die Ergebnisse seiner in drei thematische Blöcke untergliederten Studie können sich durchaus sehen lassen.
Der erste Teil der Arbeit verfolgt die Absicht, Grundlagenwissen zur Verfügung zu stellen. Darin begibt sich der Verfasser auf die Suche nach einer Definition und stellt die historische Entwicklung des modernen, mit dem Anarchismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Terrorismus bis in die unmittelbare Gegenwart dar, gefolgt von Überlegungen zu dessen Methoden, Strategien, zu soziologischen Fragen, Ursachenkomplexen und den als „Acting Out“ bezeichneten Identifikationsmustern.
Sprachlich abgeleitet von der terreur der Französischen Revolution, entzieht sich der Terrorismusbegriff bis dato einer griffigen, allgemein verbindlichen Definition. Als wichtiges konstituierendes Element benennt der Autor die Qualität „minoritärer“ Gruppen, deren „revolutionäre Projekte … selbstreferentielle Angelegenheiten“ ohne Massengefolgschaft blieben, im Unterschied etwa zu den „legitimen“ Guerilla- und Befreiungskämpfern mit völkerrechtlich zuerkanntem Kombattantenstatus (S. 52). Historisch ließen sich bislang auf die |
|
Rodríguez-Rosado, Bruno, Abstraktionsprinzip und redlicher Erwerb als Mittel zum Schutze des Rechtsverkehrs (= Schriften zur Entwicklung des Privatrechtssystems 4). Lang, Frankfurt am Main 2010. 172 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rodríguez-Rosado, Bruno, Abstraktionsprinzip und redlicher Erwerb als Mittel zum Schutze des Rechtsverkehrs (= Schriften zur Entwicklung des Privatrechtssystems 4). Lang, Frankfurt am Main 2010. 172 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Andreas Wacke betreute, in Málaga beendete Dissertation des Verfassers, die in Köln im Wintersemester 2007/2008 angenommen wurde. Sie befasst sich vor allem mit der Frage, inwieweit das Abstraktionsprinzip notwendig ist, wenn es, wie etwa im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 892, 932 einen gutgläubigen Erwerb gibt. Für eine Antwort greift der Verfasser weit zurück.
Deswegen erörtert er im ersten seiner sechs Abschnitte die Regelung der Eigentumsübertragung in Deutschland, Frankreich und Spanien im allgemeinen auf der Grundlage des römischen Rechts, des Mittelalters und der Rezeption, wobei er die Fortgeltung der kausalen Übergabe im spanischen Recht besonders hervorhebt. Der zweite Abschnitt betrifft den redlichen Erwerb von Fahrnis, wobei er unter Hinweis auf Karl Friedrich Eichhorn die Ansicht vertritt, dass das Hand-wahre-Hand-Prinzip nur eine von den Germanisten des 19. Jahrhunderts geschaffene Rechtsfigur. Hieran schließt er den redlichen Erwerb von Immobilien an.
Im vierten Abschnitt stellt er Abstraktionsprinzip und gutgläubigen Erwerb als Mittel zum Schutz des Rechtsverkehrs gegenüber. Im Anschluss hieran prüft er die Korrektur des Kausalprinzips durch die Einschränkung der Unwirksamkeitsgründe und die Korrektur des Abstraktionsprinzips im deutschen Recht. Im Ergebnis hält er das Kausalprinzip für überlegen.
Insgesamt gelingt dem Verfasser eine eindrucksvolle Leistung. Er verbindet geschickt Rechtsvergleichung Rechtsgeschichte. Ob sich eine europäische Lösung eines Tages seiner Entscheidung für das Traditionsprinzip anschließen wird, ist damit freilich noch nicht entscheiden, da er selbst darauf hinweist, dass trotz beachtlicher deutscher Stimme |
|
Rohrkamp, René, „Weltanschaulich gefestigte Kämpfer“. Die Soldaten der Waffen-SS 1933-1945. Organisation - Personal - Sozialstrukturen (= Krieg in der Geschichte 61). Schöningh, Paderborn 2010. 656 S. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rohrkamp, René, „Weltanschaulich gefestigte Kämpfer“. Die Soldaten der Waffen-SS 1933-1945. Organisation - Personal - Sozialstrukturen (= Krieg in der Geschichte 61). Schöningh, Paderborn 2010. 656 S. Besprochen von Martin Moll.
Um die Waffen-SS, den militärischen Arm der Schutzstaffel (SS) der NSDAP, rankten sich schon während des Zweiten Weltkrieges und erst recht danach zahllose Mythen, die bis heute fortleben: Feuerwehr des Führers, Soldaten wie andere auch, vierter Wehrmachtsteil, Hitlers politische Soldaten sind nur die gebräuchlichsten Schlagworte (und Buchtitel), die den Elitecharakter der Waffen-SS betonen oder, im Gegensatz dazu, deren Status als reguläre Truppe gleich den Soldaten des deutschen Heeres. Die meisten dieser Legenden, wenn auch nicht alle, können durch die jetzt gedruckte Dissertation Rohrkamps als erledigt gelten. Die erwähnte Einschränkung stellt zugleich das einzige Manko dieser Arbeit dar, denn sie behandelt nicht die Gesamtheit der bei Kriegsende 38 Divisionen umfassenden Waffen-SS, sondern nur jene Großverbände, die aus reichsdeutschem Personal bestanden. Ausgeklammert bleiben die aus sogenannten Volksdeutschen und ausländischen Freiwilligen rekrutierten Einheiten, in denen aber rund die Hälfte der ca. 900.000 in die Waffen-SS eingetretenen Männer diente. Diese Beschränkung ist bedauerlich, denn dadurch geht ein wesentliches Merkmal der mitunter als europäische Armee apostrophierten Waffen-SS verloren.
Rohrkamps Fokus auf SS-Soldaten mit deutscher Staatsbürgerschaft ergibt sich aus seinen Quellen: Er hat rund 2.500 Personalakten von Mannschaftssoldaten und Unteroffizieren der Waffen-SS ausgewertet. Dieses dem SS-Oberabschnitt West bzw. dem Wehrkreis VI (Münster) entstammende Sample wird mit einer etwa 9.900 Köpfe zählenden Gruppe von im Dienstgrad vergleichbaren Soldaten des Heeres verglichen. Mit Staunen folgt der Leser dem Verfasser, wenn er die Vielzahl dieser Personalakten (Wehrstammrolle, Soldbuch, |
|
Rome I Regulation. The Law Applicable to Contractual Obligations in Europe, hg. v. Ferrari, Franco/Leible, Stefan. Sellier, München 2009. X, 377 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rome I Regulation. The Law Applicable to Contractual Obligations in Europe, hg. v. Ferrari, Franco/Leible, Stefan. Sellier, München 2009. X, 377 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 128 (2011) 89.
Vom 17. Juni 2008 stammt die Verordnung Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf Vertragsverpflichtungen anwendbare Recht (Rom I Regulation). Ihr Text ist im Anhang des Werkes wiedergegeben. Er gliedert sich in vier Kapitel (Scope, Uniform Rules, Other Provisions, Final Provisions) mit 29 Artikeln, die vom 17. 6. 2009 (Artikel 26) bzw. 17. 12. 2009 an anwendbar sind.
Nach dem kurzen Vorwort der Herausgeber benötigt der Gemeinsame Markt auch Rechtssicherheit. Sie soll unabhängig davon sein, vor welchem Gericht welchen Mitgliedstaats eine Klage erhoben wird. Deswegen bestand seit langem auch ein Bedarf nach einheitlichen Regeln über das internationale Schuldrecht.
Der von den Herausgebern vorgelegte Sammelband vereint die Beiträge einer in Verona im März 2009 abgehaltenen Konferenz. Ihm ging bereits das von Stefan Leible 2004 herausgegebene Grünbuch zum Internationalen Privatrecht mit Beiträgen zur Fortentwicklung des europäischen Kollisionsrechts der vertraglichen Schuldverhältnisse voraus, das übereine in Jena im Juni 2003 abgehaltene Konferenz über das „Green Paper on the conversion of the Rome Convention of 1980 on the law applicable to contractual obligations into a Community instrument and its modernisation unterrichtete. Kurze Zeit danach behandelte eine zweite Konferenz in Bayreuth im September 2007 den von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung (Rom I), deren Ergebnisse Franco Ferrari und Stefan Leible 2007 veröffentlichten, so dass das dritte Werk bereits auf eine interessante Geschichte der jüngsten europäischen Privatrechtsentwicklung zurückblicken kann.
Insgesamt enthält es 14 Referate. Sie reichen von der Parteiautonomie (Helmut Heiss) bis zu eine |
|
Ruault, Franco, „Neuschöpfer des deutschen Volkes“. Julius Streicher im Kampf gegen „Rassenschande“ (= Beiträge zur Dissidenz 18). Lang, Frankfurt am Main 2006. 565 S., 55 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ruault, Franco, „Neuschöpfer des deutschen Volkes“. Julius Streicher im Kampf gegen „Rassenschande“ (= Beiträge zur Dissidenz 18). Lang, Frankfurt am Main 2006. 565 S., 55 Abb. Besprochen von Martin Moll.
Obwohl mehr als 550 engbedruckte Seiten, davon rund 140 Seiten Endnoten, stark, handelt es sich bei dem hier vorzustellenden Werk lediglich um den ersten Teil einer geisteswissenschaftlichen Innsbrucker Dissertation (S. 9). Der zweite, etwas kürzere Teil wurde mittlerweile ebenfalls publiziert und bleibt einer gesonderten Besprechung vorbehalten.
Anders als der Buchtitel anzudeuten scheint, handelt es sich nicht um eine Biographie des 1946 in Nürnberg hingerichteten NS-Gauleiters von Franken, Julius Streicher, der im Bewusstsein der Nachwelt in erster Linie als langjähriger Herausgeber der üblen antisemtischen Wochenschrift „Der Stürmer“ in Erinnerung geblieben ist. Wie man die Arbeit – wenn sie denn keine Biographie ist und dies auch nicht sein will – zu klassifizieren hat, stellt den Rezensenten vor eine gewisse Verlegenheit, zumal Ruaults Ansatz keiner der klassischen Kategorien entspricht; am ehesten könnte man von einer geistes- oder ideengeschichtlichen Studie mit einigen biographischen Einschlägen sprechen.
Streicher und die von ihm über viele Jahre hinweg betriebene Judenhetze stehen für eine selbst für den Nationalsozialismus eigenwillige Spielart des Antisemitismus: Diesem ging es weniger um die angeblich unangemessene Stellung von Juden in der deutschen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, sondern um die „Gefährdung des deutschen Blutes durch ,Rassenschande’“, also den einmaligen oder wiederholten Geschlechtsverkehr von Juden oder Jüdinnen mit Deutschen. Wohl war Streichers Forderung, diesen Verkehr mit welchen Mitteln auch immer zu unterbinden, innerhalb des NS-Regimes durchaus konsensfähig und wurde dann im September 1935 durch Erlass der „Nürnberger Rassegesetze“ auch umgesetzt. Streicher ging jedoch noch ei |
|
Ruault, Franco, Tödliche Maskeraden. Julius Streicher und die „Lösung der Judenfrage“. Lang, Frankfurt am Main 2009. 411 S., 60 Abb. Besprochen von Martin Moll. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ruault, Franco, Tödliche Maskeraden. Julius Streicher und die „Lösung der Judenfrage“. Lang, Frankfurt am Main 2009. 411 S., 60 Abb. Besprochen von Martin Moll
Kürzlich wurde an dieser Stelle der erste, 2006 unter dem Titel „Neuschöpfer des deutschen Volkes“ erschienene Band von Franco Ruaults umfangreicher Studie über den NS-Gauleiter und Hauptproponenten der antisemitischen Hetze, Julius Streicher, besprochen. Dort war die Publikation des zweiten Teils dieser ursprünglich als geisteswissenschaftliche Dissertation an der Universität Innsbruck entstandenen Arbeit angekündigt worden. „Tödliche Maskeraden“, im selben Verlag publiziert, scheint diesen zweiten Teil darzustellen, wenngleich Vorwort, Klappentext usw. nun jede Bezugnahme auf die im ersten Band noch erwähnte Dissertation und deren akademische Betreuer vermissen lassen. Die Parallelität von Untertiteln und Inhalten erweist den Zusammenhang beider Bände jedoch eindeutig.
Im Wesentlichen wird die Argumentation von „Neuschöpfer des deutschen Volkes“ hier erneut aufgenommen, aber wenigstens teilweise in neue Richtungen fortentwickelt. In Summe bleiben derlei Innovationen jedoch sehr begrenzt, geht es doch in beiden Bänden einerseits um die von Streicher betriebene Judenhetze mit ihrer spezifischen, auf den perhorreszierten Geschlechtsverkehr zwischen Deutschen und Juden und die daraus angeblich folgende „Rassenschande“ konzentrierten Perspektive und, andererseits, um die Ableitung dieser selbst für NS-Begriffe singulären Agitation aus den (laut Ruault) Gefährdungen des Patriarchats. In die Krise gekommene deutsche Patriarchen erblickten in den – wie man ergänzen muss: männlichen – Juden gefährliche Konkurrenten um die Herrschaft über deutsche Frauen und bekämpften sie deshalb so erbittert. Folgerichtig stimmen Vorwort und Einleitung von „Tödliche Maskeraden“ auf weiten Strecken mit dem ersten Band überein; Ruault hat bestenfalls seine Philippika gegen das Patriarchat, für ihn di |
|
Rüping, Hinrich, Rechtsanwälte im Bezirk Celle während des Nationalsozialismus (= Juristische Zeitgeschichte 7, Beiträge zur Anwaltsgeschichte2). BWV Berliner Wissenschaftsverlag. 2007. XIX, 293 S. Besprochen von Klaus Luig. |
Ganzen Eintrag anzeigen Rüping, Hinrich, Rechtsanwälte im Bezirk Celle während des Nationalsozialismus (= Juristische Zeitgeschichte 7, Beiträge zur Anwaltsgeschichte2). BWV Berliner Wissenschaftsverlag. 2007. XIX, 293 S. Besprochen von Klaus Luig.
Neben einer erfreulicherweise zunehmenden Zahl von Arbeiten über das unter dem Nationalsozialismus erlittene Schicksal jüdischer Juristen in einzelnen Städten und Gerichtsbezirken Deutschlands, - Arbeiten, die inzwischen teilweise auch zu einem Buch zusammengefasst worden sind (Anwalt ohne Recht – Schicksale jüdischer Anwälte in Deutschland nach 1933 hg. v. der Bundesrechtsanwaltskammer, Berlin 2007. Liste der einschlägigen Werke bei Rüping S. 84 Note 25), verdienen auch Untersuchungen Beachtung, die sich nicht nur der Verfolgung jüdischer Rechtsanwälte durch die Nationalsozialisten widmen, sondern die Geschichte der Rechtsanwaltschaft insgesamt im Dritten Reich zum Objekt haben. Eine solche Untersuchung hat Hinrich Rüping, ein bewährter Experte auf dem Gebiete der Erforschung der Geschichte der Rechtsanwälte in Deutschland, für den Bezirk des Oberlandesgerichts Celle vorgelegt.
Einzuordnen ist die Untersuchung in das große Feld der dem Verfasser besonders am Herzen liegenden Forschungen zur Frage der Freiheit oder staatlichen Lenkung der Anwaltschaft. Der große Vorteil einer solchen die gesamte Rechtsanwaltschaft erfassenden Darstellung im Vergleich zu einer speziell den jüdischen Anwälten gewidmeten Studie liegt darin, dass man, soweit es um die Opfer geht, neben der am schwersten betroffenen Gruppe, nämlich den jüdischen, halbjüdischen und vierteljüdischen Anwälten, auch das Schicksal weiterer Verfolgter in den Blick bekommt, etwa auch das Schicksal der jüdisch Versippten (mit einer Jüdin verheirateten nichtjüdischen Anwälte) oder auch derer, die, ohne selbst betroffen zu sein, versucht haben zu helfen, und sogar derjenigen, die es schlicht an der zur damaligen Zeit nötigen Distanz gegenüber Juden hatten fehl |
|
Sächsische Lebensbilder, Band 6, hg. v. Wiemers, Gerald, 2 Teilbände A-K, L-Z (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 33). Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in Kommission bei Steiner, Stuttgart 2009. 1-432, VIII, 433-878 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sächsische Lebensbilder, Band 6, hg. v. Wiemers, Gerald, 2 Teilbände A-K, L-Z (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 33). Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in Kommission bei Steiner, Stuttgart 2009. 1-432, VIII, 433-878 S. Besprochen von Werner Schubert.
Band 6 der Sächsischen Lebensbilder – Band 5 ist 2003 erschienen – bringt 39 Biographien und ist dem 600jährigen Bestehen der Universität Leipzig gewidmet. Obwohl der Schwerpunkt im 19./20. Jahrhundert liegt, sind auch Biographien für das 16.-18. Jahrhundert vertreten (u. a. der Beitrag über Moritz von Sachsen). Der Band 6 bringt drei Biographien über Rechtswissenschaftler. Bernd-Rüdiger Kern geht in seiner Biographie über Carl Georg von Waechter (1797-1880; S. 785ff.) auf die einzelnen Lebensabschnitte und Tätigkeitsbereiche Waechters ein, der unter den Zeitgenossen als einer der bedeutendsten Juristen des 19. Jahrhunderts galt. Diese Einschätzung werde, so Kern, heute weithin nicht mehr geteilt (S. 797). Jedoch haben neuere Arbeiten zu einer vorsichtigen Neubewertung Waechters geführt. Besonderes Interesse kann die Biographie von Martin Otto über Erwin Jacobi (1884-1965; S. 365ff.) beanspruchen, der, da er väterlicherseits jüdischer Abstammung war, zum Wintersemester 1933/34 in den Ruhestand versetzt worden war. Nach 1945 hatte Jacobi insbesondere als Rektor der Universität Leipzig (1947) den „durchaus offiziellen Status eines ,Nicht-Marxisten’, der jedoch der ,neuen gesellschaftlichen Entwicklung aufgeschlossen gegenüber steht’“ (S. 372). In das Kreuzfeuer der offiziellen Kritik geriet die Festschrift zum goldenen Doktorjubiläum am 23. 12. 1957, deren Autoren formalistische Objektivität und Verhaftetsein in bürgerlichem Rechtsdenken vorgeworfen wurde. Jacobis Bedeutung ist vor allem in seinen Arbeiten aus der Weimarer Zeit zum Arbeitsrecht und zum Staatsrecht zu sehen, die seit den 1980er Jahren zunehmend wieder Beachtung gefunden haben (hierzu auch die Biog |
|
Sanktionen. 10 Jahre danach - Die Maßnahmen der Länder der Europäischen Union gegen die österreichische Regierung im Jahr2000, hg. v. Strauß, Martin/Strähle, Karl-Heinz. StudienVerlag, Innsbruck 2010. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sanktionen. 10 Jahre danach - Die Maßnahmen der Länder der Europäischen Union gegen die österreichische Regierung im Jahr2000, hg. v. Strauß, Martin/Strähle, Karl-Heinz. StudienVerlag, Innsbruck 2010. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist nicht nur ein vernünftiges Wesen, sondern auch ein soziales. Deswegen ist er trotz aller individuellen Einzigartigkeit auf den Mitmenschen als Gesellschafter angewiesen. Seit nicht wirklich genau bekannter Zeit hat sich dabei aus der Gesellschaft der Menschen der Staat als besondere zivilisatorische Einrichtung verselbständigt.
Dieses neue unnatürliche Wesen hat von Anfang an wie der einzelne Mensch individuelle Eigenständigkeit und Unabhängigkeit behauptet und angestrebt. Einmischung anderer in innere Angelegenheiten hat es sich nach Möglichkeit strikt verbeten. Das gilt im Grundsatz noch in der Gegenwart, obwohl der tatsächliche Abstand der einzelnen Staaten zueinander auf Grund des technischen Fortschritts des Menschen immer geringer geworden ist und viele Staaten sich sogar in vielfältige nähere Beziehungen zueinander begeben haben.
Als im Jahre 2000 die Bürger des souveränen, wenn auch weltpolitisch nicht besonders bedeutsamen Staates Österreich eine demokratische politische Entscheidung in Richtung auf die Freiheitliche Partei Österreichs trafen, schreckte der Österreich seit 1995 umfassende Staatenverbund Europäische Union auf und suchte nach Maßnahmen zur Bekämpfung oder Bestrafung dieser für gefährlich gehaltenen Entwicklung. Insgesamt elf Beiträge des Sammelbands von Wolfgang Benz bis zu Martin Strauß beleuchten diesen völkerrechtlich bedeutsamen politischen Vorgang aus verschiedenster Sicht (Schutzreflex Europas, Erfolgsgeschichte, Nötigung, selektive Wahrnehmung, Frankreich, Deutschland, Demoralisierung, Rechtsextremismus, Österreich-Vernaderer, Vergangenheitsbewältigung). Am Ende steht Christian Höllers Aufbruch, Kunst, Vorwärts und Vergessen, ohne dass gesicher |
|
Sauter, Marianne, Hexenprozess und Folter. Die strafrechtliche Spruchpraxis der Juristenfakultät Tübingen im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert (= Hexenforschung 13). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 306 S., graph. Darst., CD. Besprochen von Harald Maihold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Sauter, Marianne, Hexenprozess und Folter. Die strafrechtliche Spruchpraxis der Juristenfakultät Tübingen im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert (= Hexenforschung 13). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010. 306 S., graph. Darst., CD. Besprochen von Harald Maihold.
Hexenprozess und Folter sind einer landläufigen Ansicht zufolge eng miteinander verbunden, ja die Folter wurde gelegentlich sogar als die „eigentliche Seele“ des Verfahrens gegen die Hexen bezeichnet. Bisher wurde jedoch noch nicht systematisch untersucht, inwiefern die Folter im Hexenprozess im Vergleich zur Anwendung in anderen Strafprozessen eine Sonderrolle gespielt hat. Diesem Forschungsdesiderat widmet sich das Buch Marianne Sauters, das aus dem Forschungsprojekt „Recht und Verhalten in der Hexenverfolgung: Hexengesetzgebung und Hexenprozess“ hervorgegangen ist. Aus dem gleichen Projekt stammt auch die bereits vor drei Jahren veröffentlichte Arbeit von Robert Zagolla,[1] der anhand der Rostocker Spruchpraxis zeigen konnte, dass die Anwendung der Folter im Hexenprozess sich nicht grundsätzlich von derjenigen in anderen Verfahren wegen schwerer Straftaten unterschied.
Für die Überprüfung der These von der Sonderrolle der Folter im Hexenprozess wählt Sauter, wie schon Zagolla, als Quellenbasis die Spruchakten einer juristischen Fakultät, die sich als „Schnittstelle zwischen gelehrter Jurisprudenz und Gerichtspraxis“ (S. 16) besonders gut für Einblicke in die Prozesspraxis eignen. Die Gutachten der Tübinger Juristenfakultät, mit denen sich Sauter beschäftigt, sind zudem seit 1602 fast lückenlos erhalten. Daher ist Sauters Ansatz, die rechtshistorische Fragestellung mit quantitativen Methoden der historischen Kriminalitätsforschung zu untersuchen, vielversprechend. Dem solchen Arbeiten oft gemachtem Vorwurf, die qualitative Analyse des statistischen Materials zu vernachlässigen, begegnet Sauter wirkungsvoll mit einem eigenen diesen Fragen gewidmeten Teil.
|
|
Schaletzki, Anika, Pragmatismus und Beständigkeit - Die Verfassung des Freistaates Lippe. Diss. jur. Würzburg 2008. XXX, 170 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schaletzki, Anika, Pragmatismus und Beständigkeit - Die Verfassung des Freistaates Lippe. Diss. jur. Würzburg 2008. XXX, 170 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Fabian Wittreck betreute, der juristischen Fakultät der Universität Würzburg vorgelegte Dissertation der Verfasserin. Sie ist in 14 Abschnitte gegliedert. Ihr Gegenstand ist das Fürstentum Lippe, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine konstitutionelle Monarchie war, dessen Verfassungsrecht nicht auf einer einzigen Verfassungsurkunde beruhte, sondern sich aus verschiedenen Einzelgesetzen zusammensetzte.
Die Verfasserin beginnt ihre Untersuchung einleitend mit der Betrachtung von Fragestellung, Forschungs- und Quellenlage, um daran einen landeskundlichen Überblick anzuschließen. Danach schildert sie das geltende Staatsrecht und die vergeblichen Versuche einer Reform. Es folgt die Beschreibung des Weges vom Fürstentum zum Freistaat, der das erste allgemeine und gleiche Wahlrecht für Lippe bringt, und der darauf gegründeten vorläufigen Verfassung vom 12. Februar 1919.
Im Mittelpunkt steht allerdings die Verfassung vom 21. Dezember 1920, deren Werden als Werk Heinrich Drakes die Verfasserin sorgfältig verfolgt. Hinsichtlich ihres Inhalts betrachtet die Verfasserin näher die Staatsform, den Landtag, das Landespräsidium, die direktdemokratischen Instrumente, die Landesverwaltung, die Rechtspflege und den Landeshaushalt. Hinsichtlich des Landtagsausschusses und des Dörentrup-Prozesses stellt sie zwei einzelne Verfassungskonflikte dar.
Im Anschluss hieran wendet sie sich folgerichtig der Verfassungsreform von 1931/1932, der wachsenden Radikalisierung und dem Untergang des Landes Lippe 1933 sowie der zwischen britischer Besatzungspolitik und lippischer Selbstbestimmung pendelnden kurzen Zeit Lippes nach dem zweiten Weltkrieg zu, in der am 11. September 1946 nochmals eine Verfassung gelingt, die freilich nicht mehr in Kraft tritt, da sie vom Ans |