301 | Amtsgericht (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch um 1450 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen ab 1525 [Tirol] achtmal belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, N.) ist das seit der frühen Neuzeit partikular für den Umfang eines →Amtes (Verwaltungsbezirks) eingerichtete, beispielsweise in Baden durch Verordnung von dem 22. Juli 1857 zu dem 1. September 1857 an die Stelle der Ämter gesetzte →Gericht, das durch das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz 1877/1879 zu dem einheitlichen Eingangsgericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit bestimmt wird (1893 in dem Deutschen Reich 1924 Amtsgerichte mit 4409 Richtern, 42% Einmannamtsgerichte). | Köbler, DRG 200, 261; Kern, E., Geschichte des Gerichtsverfassungsrechts, 1954; Steinbach, E./Kniffka, R., Strukturen des amtsgerichtlichen Zivilprozesses, 1982; 150 Jahre Amtsgericht Diepholz, hg. v. Kruthaup, E. u. a., 2002; 150 Jahre Amtsgericht Soltau, hg. v. Rundt, S., 2002; 150 Jahre Amtsgerichte im Bereich des ehemaligen Königreichs Hannover, 2002; 125 Jahre rheinische Amtsgerichte, hg. v. Lünterbusch, A. u. a., 2003; Fischer, D., 150 Jahre badische Amtsgerichte, 2007; Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt durch Amtsgerichte - 150 Jahre Amtsgerichte im Oldenburger Land, red. v. Welp, J., 2008; 100 Jahre Amtsgericht Elmshorn, 2010; Brenner, T./Florian, C., 200 Jahre Amtsgericht Böblingen, 2019 |
302 | Amtshaftung (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) ist die neben den Ersatzansprüchen des Einzelnen für die Aufopferung seiner Rechtsgüter für das allgemeine Wohl stehende Art der →Staatshaftung für Dritte schädigendes Verhalten von Amtsträgern. Ihr geht vor allem die spätmittelalterliche Syndikatsklage gegen einen absichtlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Urteil fällenden Richter voraus. In dem späten 18. und in dem 19. Jahrhundert wird allgemeiner eine Haftung jedes Beamten für eine Verletzung seiner Amtspflichten anerkannt (II 10 § 89 ALR für jede Fahrlässigkeit), wobei jede den Dienstvertrag verletzende Handlung dem... | Loening, E., Die Haftung des Staates aus rechtswidrigen Handlungen seiner Beamten, 1879; Heidenhain, M., Amtshaftung und Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff, 1965; Kohl, J., Die Lehre von der Unrechtsunfähigkeit des Staates, 1977; Henne, T., Verwaltungsrechtsschutz im Justizstaat, 1995; Haaf, T., Das Tonabbau-Urteil des Reichsgerichts (1912), 2012 |
303 | Amtsherzogtum (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch und älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt und in Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, N.) ist das als königliches Amt vergebene →Herzogtum (9. Jahrhundert) in Gegensatz zu dem aus der Heerführerschaft eines Volkes erwachsenden →Herzogtum. | Goetz, H., „Dux“ und „ducatus“, 1974; Hartmann, P., Bayerns Weg in die Gegenwart – vom Stammesherzogtum zum Freistaat heute, 1989, 2. A. 2004; Köglmeier, G., Vom jüngeren Stammesherzogtum der Luitpoldinger zum ottonischen Amtsherzogtum, 2012 |
304 | Amtshilfe (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1629 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen ab 1629 [Echzell] fünfmal belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) ist die auf Ersuchen einer Behörde von einer anderen Behörde geleistete ergänzende Hilfe. Sie entwickelt sich in dem 19. Jahrhundert und wird von der Rechtshilfe durch Gerichte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgegrenzt. Sie beruht anfangs auf Übung, Vertrag oder Einzelgesetz. In dem späteren 20. Jahrhundert ist sie durch Verwaltungsverfahrensgesetze allgemein geregelt. | Dreher, M., Die Amtshilfe, 1959; Schlink, B., Die Amtshilfe, 1982; Simon, J., Amtshilfe, 1991 |
305 | Amtskalender (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische und das Lateinische des Altertums mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) ist das seit dem 17. Jahrhundert allgemein entwickelte Verzeichnis von Amtsträgerrn eines Staates. →Amt | |
306 | Amtspflicht (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1499 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen ab 1504 dreizehnmal belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) ist die dienstliche Pflicht eines Amtsträgers. | Hüssener, A., Die civilrechtliche Verantwortlichkeit der Beamten wegen Verletzung der Amtspflicht, 1901; Reimer, A., Die Amtspflicht der Reichs- und Staatsbeamten, 1919; Otto, M., Die Ausweitung des „Begriffes „Amtspflicht gegenüber Driitten“ durch die Einbeziehung allgemeiner Sorgfaltspflichten in der Rechtsprechung zu § 839 BGB, 1956; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
307 | Amtspflichtverletzung (Wort 1896 bezeugt und in Grimm Deutsches Wörterbuch und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt) ist die Verletzung einer einem Amtsträger gegenüber einem Dritten obliegenden Pflicht. Sie begründet nach § 839 BGB (1900) einen Schadensersatzanspruch (Amtshaftung, Staatshaftung). | Köbler, DRG 217; Grunau, M., Die Amtspflichtverletzung in der neuen Rechtsprechung, 1933; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechts-wortschatzes, 2010; Lang, D., Die Sanktionierung von Amtspflichtverletzungen in der öffentlichen Verwaltung, 2017 |
308 | Amtsrecht (Wort in Grimm Deutsches Wörtebuch 1414 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen ab 1205/1216 vierzehnmal in verschiedenen Bedeutungen belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, N.) ist sachlich in dem römischen Recht das von dem Amtsträger geschaffene Recht (lat. →ius [N.] honorarium). | Wieacker, F., Römische Rechtsgeschichte, Bd. 1 1988 |
309 | Amtssasse (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1313 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, M.) ist der in dem Gerichtsstand erster Instanz dem örtlichen Amt zugeordnete →Landsasse. | |
310 | Amtsverbrechen (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1847 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen einmal 1626 [Reval] als Verletzung einer Zunftordnung belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, N.) ist sachlich das in einem →Amt in Ausübung amtlicher Tätigkeit begangene Verbrechen. Als gedankliche Einheit werden die Amtsverbrechen erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts erkannt. Noch das Allgemeine Landrecht Preußens (1794) behandelt in dem Abschnitt Verbrechen der Diener des Staates (II 20 §§ 323ff.) strafrechtliche und disziplinare Sanktionen nebeneinander. Unter französischem Einfluss wird danach das Standesdisziplinarrecht der Beamten von dem Strafrecht geschieden (in Preußen 1849 zwei Verordnungen über das Disziplinarre... | Stock, U., Entwicklung und Wesen der Amtsverbrechen, 1932; Sturm, W., Die Entwicklung der Sonderverbrechen in Wissenschaft und Rechtsprechung seit dem 19. Jahrhundert, 1939; Schmitt-Weigand, A., Rechtspflegedelikte in der fränkischen Zeit, 1962; Lüpkes, H., Die Verbrechen der Diener des Staats, 2004 |
311 | Amtsverfolgung (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) ist die Verfolgung eines Unrechtserfolgs durch die Allgemeinheit bzw. den Staat von Amts wegen ohne Antrag des Verletzten. Sie findet sich sachlich bereits in Rom in dem Altertum und erscheint erneut seit dem Frühmittelalter. →Offizialmaxime | |
312 | Amtsvergehen (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1848 bezeugt und – als Ansatz - nicht in älteren deutschen Rechtsquellen belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, N..) ist das in einem →Amt in Ausübung amtlicher Tätigkeit begangene Vergehen. Als gedankliche Einheit werden die Amtsvergehen erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts erkannt. Noch das Allgemeine Landrecht Preußens (1794) behandelt in dem Abschnitt Verbrechen der Diener des Staates (II 20 §§ 323ff.) strafrechtliche und disziplinare Sanktionen nebeneinander. Unter französischem Einfluss wird danach das Standesdisziplinarrecht der Beamten von dem Strafrecht geschieden (in Preußen 1849 zwei Verordnungen über das Disziplinarrecht). In dem preußischen Strafgesetzbuch von 18... | Sturm, W., Die Entwicklung der Sonderverbrechen in Wissenschaft und Rechtsprechung seit dem 19. Jahrhundert, 1939; Schmitt-Weigand, A., Rechtspflegedelikte in der fränkischen Zeit, 1962 |
313 | Amtsvormundschaft (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, F.) ist die besondere, bei Bedarf durch den Staat von Amts wegen und durch ein Amt (Jugendamt) übernommene →Vormundschaft für einen Minderjährigen. | Schwanhäußer, W., Die Amtsvormundschaft des Jugendamtes, 1927; Häusler, C., Das Vormundschaftsrecht im Wandel der Zeit – die rechtliche Entwicklung der Amtsvormundschaft 2012 (Bachelorarbeit) |
314 | analog (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1762 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt, Adj.) gleich, ähnlich, entsprechend | |
315 | Analogie (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1527 als aus dem Lateinischen und Griechischen des Altertums aufgenommen bezeugt und – als Ansatz – in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie über die Bestandteile mit dem Indogermanischen verbindbar, F., Adjektiv analog 1762) ist der bereits der griechischen Philosophie bekannte, wohl der Methodenlehre zuordenbare Schluss von der (eigentlichen) Gleichheit mindestens zweier zunächst (nach dem Wortlaut des Gesetzes oder der rechtlichen Bestimmungen) rechtlich verschieden behandelter Tatbestände auf die (wegen der Gleichheit gerechterweise notwendige) Ausdehnung der Rechtsfolge eines (ersten) Tatbestands auf den zweiten oder weiteren Tatbestand. Der Begriff analogisch taucht in der juristischen Literatur in dem 16./17. Jahrhundert auf,... | Falk, J., Die Analogie im Recht. Eine Studie zur neueren Rechtsgeschichte, Diss. jur. Gießen, 1906; Diedenhofen, P., Die Artikel 104/105 der peinlichen Gerichtsordnung, 1938; Steinwenter, A., Prolegomena zu einer Geschichte der Analogie, FS F. Schulz 2 (1951), 345; Langhein, A., Das Prinzip der Analogie als juristische Methode, 1992; Chanos, A., Begriff und Geltungsgrundlagen der Rechtsanalogie, 1994; Raisch, P., Juristische Methoden, 1995, 78; Schröder, J., Zur Analogie, ZRG GA 114 (1997), 1; Höltl, J., Die Lückenfüllung der klassisch europäischen Kodifikationen - Zur Analogie im ALR, Code civil und ABGB, 2006; Hofstadter, D./Sander, E., Die Analogie - das Herz des Denkens, 2014; Analogie – als Quelle der Erkenntnis, hg. v. Bender, O., 2021 |
316 | Analogieverbot (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch nicht bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen über das Griechische des Altertums und das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar, N.) ist das Verbot für alle in dem Strafverfahren beteiligten staatlichen Stellen, →Analogie eines Strafgesetzes zu Ungunsten des Handelnden (Angeschuldigten) vorzunehmen, und damit die strenge Bindung des Richters an den Wortlaut des Gesetzes. Seit dem späten 18. Jahrhundert wird Analogie zu Ungunsten Handelnder verboten (Österreich 1787). In dem Deutschen Reich wird an dem 28. 6. 1935 das Analogieverbot aufgehoben, indem auch bestraft wurde, „wer eine Tat begeht, die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden ... | Köbler, DRG; Schottlaender, A., Die geschichtliche Entwicklung des Satzes Nulla poena sine lege, 1911; Kleinheyer, G., Vom Wesen der Strafgesetze, 1968; Schreiber, H., Gesetz und Richter, 1976; Rüping, H./Jerouschek, G., Grundriss der Strafrechtsgeschichte, 5. A. 2007, 6. A. 2011; Weber, W., Analogie- und Rückwirkungsverbot, Diss. jur. Bonn 1998; Fitting, C., Analogieverbot und Kontinuität – Entwicklungslinien des strafrechtlien Analogieverbots seit 1871, 2016 |
317 | Analytical jurisprudence (ne. [N.] ist die von John →Austin (1790-1859) begründete Strömung der englischen Rechtswissenschaft. | Hearn, W., The Theory of Legal Duties and Rights – an introduction to analytical jurisprudence, 2017 |
318 | Anarchie (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch 1637 als aus dem Mittellateinischen und mittelbar dem Griechischen des Altertums aufgenommen bezeugt und – als Ansatz – in älteren deutschen Rechtsquellen nicht belegt sowie in den Bestandteilen teils mit dem Indogermanischen verbindbar und teils in der Herkunft ungeklärt, F.) Herrschaftslosigkeit | Der Anarchismus, hg. v. Oberländer, E, 1972; Lösche, P., Anarchismus 1977; Anarchismus, hg. v. Diefenbacher, H., 1996; Stowasser, A., Anarchie! – Geschichte, Perspektiven, 2020 |
319 | anbieten (Wort in Grimm Deutsches Wörterbuch um 1125 bezeugt und in älteren deutschen Rechtsquellen ab um 1100 belegt sowie in den Bestandteilen über das erschließbare Germanische mit dem Indogermanischen verbindbar) | |
320 | Ancien régime ist die Bezeichnung für die monarchisch-feudale Regierungsform (in Frankreich vor der französischen Revolution des Jahres 1789 bzw. allgemein) zwischen etwa 1650 und 1800. | Köbler, DRG 129, 132; Fehrenbach, E., Vom ancien régime zum Wiener Kongress, 1981, 5. A. 2008 |