7421 | Vorsprecher →Fürsprech, Fürsprecher |
7422 | Vortäuschen einer Straftat (Vortäuschung einer Straftat) ist der 1913 in die Diskussion eingebrachte, 1943 gesetzlich festgelegte Straftatbestand des deutschen Strafrechts, nach dem sich jemand dadurch strafbar macht, dass er eine nicht vorhandene Straftat vortäuscht. Lit.: Bernhard, L., Falsche Verdächtigung (§§ 164, 165 StGB) und Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB), 2003 |
7423 | Vorurteil ist das dem Urteil zeitlich vorausliegende Urteil und zwar auch im Sinne einer eine Meinung bestimmenden oder ein Urteil prägenden, oft nicht geäußerten Lebenserfahrung. Im Recht ist die vorgefasste Meinung grundsätzlich rechtswidrig. Sie lässt sich allerdings selten nachweisen. Lit.: Horaczek, N./Wiese, S., Handbuch gegen Vorurteile, 2011 |
7424 | Vorverfahren ist ein einem eigentlichen Verfahren zeitlich vorangehendes Verfahren (z. B. Inquisition im spätmittelalterlich-früh-neuzeitlichen Inquisitionsprozess). Es dient der Vorbereitung oder Entlastung. In der Gegenwart muss es rechtsstaatliche Anforderungen erfüllen. Lit.: Köbler, DRG 117, 263 |
7425 | Vorvertrag ist der auf Abschluss eines Vertrags gerichtete, vorbereitende →Vertrag. Er ist dem römischen Recht bereits bekannt. Er ist gegebenenfalls formbedürftig. Die Verletzung von vor Abschluss eines Vertrags bestehenden Aufklärungspflichten und Sorgfaltspflichten verpflichtet bei →culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss, Ihering 1861) zu Schadensersatz. Lit.: Kaser § 39 I 2; Wabnitz, B., Der Vorvertrag, Diss. jur. Münster 1962 |
7426 | Vorzensur (F.) vorherige →Zensur |
7427 | votum (N.) ad imperatorem (lat.) Vorlage bei dem Kaiser Lit.: Sellert, W., Prozessgrundsätze und Stilus Curiae, 1973, 346 |
7428 | Vsehrdy, Viktorin Cornelius von (um 1460-1520), Bürgerssohn, wird nach dem artistischen Studium in Prag Artist, 1493 stellvertretender Schreiber des Königreichs →Böhmen. Seit 1495 verfasst er Neun Bücher über die Rechtsordnung des Landes Böhmen. Nach 1501 überarbeitet er dieses bedeutende Werk nochmals. Lit.: Vsehrdy, V., O právích zeme ceské knihy devatery, hg. v. Jirecek, H., 1874 |
7429 | Vulgarrecht ist das spätantike weströmische Recht (3.-5. Jh.). Es ist gekennzeichnet durch die durchaus nicht vom Volk, sondern den führenden Schichten ausgehende teilweise propagandistisch bedingte, vulgare Haltung (str.). Sie zeigt sich in einfachem, unverhülltem Zweckstreben, in bildhafter Anschaulichkeit und in gefühlsbetonter rhetorisierter Moralität. Die klassische rechtswissenschaftliche Begrifflichkeit (z. B. dominium, possessio) verfällt (str.). Demgegenüber wird sie im Osten von →Justinian (527-565) restauriert. Vulgarrechtliche Quellen sind etwa die (lat.) →sententiae (F.Pl.) Pauli, die →regulae (F.Pl.) Ulpiani, die →res (F.Pl.) cottidianae, der →Gaius von Autun, die →Collatio (F.) legum Mosaicarum et Romanarum, die →Con-sultatio (F.) cuiusdam veteris iurisconsulti, die →interpretationes (F.Pl.) oder die romanistischen →Volksrechte der Westgoten, Burgunder und Ostgoten (str.). Lit.: Kaser §§ 1 II, 2 II, 3 III; Söllner § 20; Kroeschell, DRG 1; Köbler, DRG 52, 62; Levy, E., West Roman Vulgar Law, 1951; Wieacker, F., Vulgarismus und Klassizismus im Recht der Spätantike, SB. d. Akad. d. Wiss. Heidelberg 1953; Levy, E., Weströmisches Vulgarrecht, 1956; Stühff, G., Vulgarrecht im Kaiserrecht, 1966; Schmidt, H., Die Vulgarrechtsdiskussion, (in) Funktion und Form, hg. v. Kroeschell, K. u. a., 1996, 1; Lange, H., Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 1 1997; Vandendriessche, S., Possessio und dominium im postklassischen römischen Recht, 2006 |
7430 | Vulgarsubstitution ist im römischen Recht die Einsetzung eines Ersatzerben für den einfachen Fall, dass der an erster Stelle Eingesetzte nicht Erbe wird. Die regelmäßige V. steht in Gegensatz zur Pupillarsubstitution, bei der einem unmündigen (lat. M.) suus (pupillus) (Hauserben) für den Fall, dass er als Unmündiger sterben sollte, ein Ersatzerbe eingesetzt wird. Lit.: Kaser § 68 II 5a; Söllner § 11 |
7431 | Vulgata →Vulgathandschrift |
7432 | Vulgathandschrift (F.) Handschrift einer meistgebrauchten Fassung eines Textes (z. B. der →Digesten) Lit.: Söllner § 22 |
7433 | Waadt (Vaud, „Wald“) ist das Gebiet zwischen Jura, Genfer See (nördlich des Genfer Sees), Alpen und Saarne, das über Römer, Burgunder und Burgund 1032 zum deutschen Reich gelangt. Nach 1218 gerät es unter den Einfluss der Grafen von Savoyen. 1536 fällt es an Bern. 1616 erhält die W. ein eigenes Landrecht. Am 30. 3. 1798 wird die W. Kanton der Helvetischen Republik, 1803 der →Schweiz. Die Verfassung der W. stammt von 1885. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Champeaux, E., Le coutumier vaudois de Quisard, 1930; Chapuis, M., Recherches sur les institutions politiques, 1940; Ammann, H., Über das waadtländische Städtewesen, Schweizerische Zs. für Geschichte 4 (1954), 1; Poudret, J., La succession testamentaire dans le pays de Vaud, 1955 (Diss. Lausanne); Bercher, J., Approche systématique de l’ancien droit privé vaudois, 888-1250, 1963; Anex, D., Le servage au pays de Vaud, 1973; Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. v. Coing, H., Bd. 1ff. 1973ff., 2,2,464, 3,2,1870; Walliser, P., Das Bürgschaftsrecht, 1974; Les sources du droit du canton de Vaud, Bd. 1ff. 1972ff.; Hubler, L., Histoire du Pays de Vaud, 1991 |
7434 | Waal (M., zu lat. aqualis, Adj. Wasser betreffend?) ist ein landwirtschaftlicher Bewässerungsgraben im Vintschgau in Südtirol. Möglicherweise wurden die Waale im 12. Jh. angelegt. Ihre arbeitsaufwendige Verwaltung erfolgt genossenschaftlich unter Leitung eines Waalmeisters. Lit.: Bodini, G., Südtiroler Waalwege, 1996 |
7435 | Wachszins (M.) Zins in Bienenwachs |
7436 | Wächter, Carl Joseph Georg Sigismund (Marbach/Neckar 24. 12. 1797-Leipzig 15. 01. 1880), Beamtensohn, wird nach dem Rechtsstudium in Tübingen und Heidelberg (Thibaut) Richter, außerordentlicher Professor (Tübingen 1817) und ordentlicher Professor (Tübingen 1822, Leipzig 1833, Tübingen 1836), 1851 Präsident des Oberappellationsgerichts in Lübeck und 1852 nochmals Professor in Leipzig. Neben einem Lehrbuch zum Strafrecht ver-öffentlicht er seit 1839 ein unvollendetes Handbuch des im Königreich →Würt-temberg geltenden Privatrechts und 1841 eine wichtige Abhandlung zum internationalen Privatrecht. Lit.: Wächter, P. v., Carl Georg von Wächter, 1891; 500 Jahre Eberhard-Karls-Universität Tübingen, hg. v. Decker-Hauff, H. u. a., Bd. 1 1977; Sandemann, N., Grundlagen und Einfluss der internationalprivatrechtlichen Lehre, Diss. jur. Münster 1979; Laufs, A., Das wirklich geltende, durch den allgemeinen Willen gesetzte Recht, FS K. Kroeschell, hg. v. Köbler, G. u. a., 1997; Jungemann, L., Carl Georg von Wächter, 1999; Zwischen Romanistik und Germanistik, hg. v. Kern, B., 2000; Mauntel, C., Carl Georg von Wächter (1797-1880), 2004 |
7437 | wadiare (lat.-afrk.) wetten, versprechen Lit.: Kroeschell, DRG 1 |
7438 | Wadiatio |
7439 | Lit: Hagemann, H., Fides facta und wadiatio, ZRG GA 83 (1966), 1 |
7440 | wadium (lat.-afrk. N.) Wette, Versprechen, Pfand Lit.: Kroeschell, DRG 1 |