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#ZIEL
7361Volkach am Main kommt 899 vom fränkischen König Arnulf von Kärnten an das Kloster Fulda, wird 1258 als Stadt erwähnt und gelangt 1328 in Teilen an das Hochstift Würzburg (1520 ganz). Der Stadtschreiber Niklas Brobst von Effelt verfasst 1504 im Volkacher Salbuch eine Sammlung des örtlichen Rechtes mit vielen Abbildungen. 1814 fällt V. an Bayern. Lit.: Das Volkacher Salbuch, hg. v. Arnold, K./Feuerbach, U., 2009
7362Völkerrecht ist die Gesamtheit der die Rechte und Pflichten der Staaten und anderen Völkerrechtssubjekte enthaltenden Rechtssätze. Das V. reicht in seinen einfachsten Anfängen (Krieg, Frieden, Bündnisse, Gesandte) Jahrtausende vor die Zeitenwende zurück. Es ist vom römischen (lat.) →ius (N.) gentium (bei allen Völkern – für alle Rechtssubjekte - geltendes Recht) wegen dessen Erstreckung auf den Rechtsverkehr mit und unter Nichtrömern zu unterscheiden. In seiner modernen Gestalt entwickelt es sich mit der Ausbildung des Staates im ausgehenden Mittelalter. Hier leiten die spanischen Spätscholastiker (Francisco de →Vitoria 1483/1493-1546, Fernando →Vazquez 1512-1569, Francisco Suarez 1548-1617) aus einem als allgemein geltend behaupteten Naturrecht gewisse allgemeine Völkerrechtssätze ab. Hugo →Grotius (1583-1645) begründet in Systematisierung dieser Vorstellungen 1605-1608 mit (lat. De iure praedae (Vom Recht der Beute) bzw. 1625 mit (lat.) De iure belli ac pacis libri tres (Drei Bücher Recht des Krieges und Friedens) überhaupt ein allgemeines Recht für alle Rechtsverhältnisse. Von 1648 bis 1815 reicht das sog. französische Zeitalter des Völkerrechts, von 1815 bis 1914 das sog. englische Zeitalter. Nach 1750 wird auf der Grundlage von Überlegungen Thomas Hobbes’ der Herrscher als Subjekt des Völkerrechts durch den Staat oder das Volk als Bezugspunkt ersetzt. 1758 wendet Emer de →Vattel in einem bedeutsamen Werk das Vernunftrecht auf das V. an. 1785 versucht Georg Friedrich von →Martens in seinen (lat.) Primae lineae (F.Pl.) iuris gentium Europaearum practici (Grundlinien des praktischen Völkerrechts Europas) eine neuartige Gliederung und legt 1797 eine Sammlung der wichtigsten völkerrecht-lichen Verträge vor. Bis zum 19. Jh. bezieht das V. nur die christlichen (zivilisierten) Staaten Europas (und Amerikas) ein, bis 1856 das osmanische Reich (Türkei) aufgenommen wird. Die Verhältnisse zwischen den Staaten des europäischen Völkerrechts und politischen Gemeinwesen in Übersee, die keine zivilisierten Nationen bilden, werden durch das überseeische Völkerrecht ge-regelt, das nur sehr schwach entwickelt ist. Seit dem 20. Jh. gewinnt das V. infolge der Tätigkeit der Vereinten Nationen größeres Gewicht und entwickelt sich von einem reinen Zwischenstaatsrecht zu einem Schutzrecht für Opfer bzw. einem Verantwortungsrecht für Täter (Nürnberger Militärtribunal 1945ff., internationale Strafgerichtshöfe für Jugoslawien und Ruanda, Entscheidung des britischen House of Lords im Fall Pinochet 1999). Kennzeichnend hierfür ist auch, dass nicht mehr nur die Interessen von Staaten, sondern auch der Staatengemeinschaft als ganzer (Gemeinwohl) geschützt werden, wobei die Einhaltung (z. B. des Genozidverbots) von jedem Staat verlangt werden kann. Quellen des Völkerrechts sind (mangels der Souveränität eines [Völkerrechts-]Gesetzgebers) hauptsächlich Verträge und Völkergewohnheitsrecht. Lit.: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 7 1992, 97; The Consolidated Treaty Series, hg. v. Parry, C., 1648ff.; Walker, T., A History of the Law of Nations, 1899; Wegner, A., Geschichte des Völkerrechts, 1936; Reibstein E., Die Anfänge des neueren Völkerrechts, 1949; Histoire des relations internationales, hg. v. Renouvin, P., Bd. 1 1953; Rie, R., Der Wiener Kongress und das Völkerrecht, 1957; Nussbaum, A., Geschichte des Völkerrechts in gedrängter Darstellung, 1960 (dt. Übersetzung der 2. amerikanischen A.); Reibstein, E., Völkerrecht – Eine Geschichte seiner Ideen, Bd. 1f. 1957ff.; Preiser, W., Die Völkerrechtsgeschichte, 1964; Reibstein, E., Völkerrechtliche Aspekte des Heiligen römischen Reiches, 1967; Mössner, J., Die Völkerrechtspersönlichkeit und die Völkerrechtspraxis der Barbareskenstaaten (Algier, Tripolis, Tunis 1518-1830), 1968; Muldoon, J., Popes, Lawyers and Infidels, 1979; Kunisch, J., Staatsverfassung und Mächtepolitik, 1979; Verdross, A./Simma, B., Universelles Völkerrecht, 3. A. 1984; The Consolidation. Treaty Series, hg. v. Parry, C., Bd. 1ff. 1969ff.; Grewe, W., Epochen der Völkerrechtsgeschichte, 1984; Fontes historiae iuris gentium, hg. v. Grewe, W., Bd. 1ff. 1988ff.; Nörr, D., Aspekte des römischen Völkerrechts, 1989; Gordley, J., The Philosophical Origins of Modern Contract Doctrine, 1991; Ziegler, K., Völkerrechtsgeschichte, 1994, 2. A. 2007, 2. A. 2007; Eick, C., Indianerverträge in Nouvelle-France, 1994; Kleinschmidt, H., Geschichte der internationalen Beziehungen, 1998; Schröder, J., Die Entstehung des modernen Völkerrechtsbegriffs im Naturrecht der frühen Neuzeit, (in) Die Entstehung und Entwicklung der Moralwissenschaften, hg. v. Byrd B. u. a., 2000; Ziegler, K., Biblische Grundlagen des europäischen Völkerrechts, ZRG KA 86 (2000), 1; Paulus, A., Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, 2001; Koskenniemi, M., The Gentle Civilizer of Nations. The Rise and Fall of International Law 1870-1960, 2001; Bederman, D., International Law in Antiquity, 2001; Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter, hg. v. Berg, D. u. a., 2002; König, K., Die völkerrechtliche Legitimation der Strafgewalt internationaler Strafjustiz, 2003; Materialien zum Völkerstrafgesetzbuch, hg. v. Lüder, S. u. a., 2003; Werle, G., Völkerstrafrecht, 2003; Steck, P., Zwischen Volk und Staat, 2003; Röben, B., Johann Caspar Bluntschli, Francis Lieber und das moderne Völkerrecht 1861-1881, 2003; Gierhake, K., Begründung des Völkerstrafrechts auf der Grundlage der kantischen Rechtslehre, 2006; Werle, G., Völkerstrafrecht, 2. A. 2007; Schmidt, F., Praktisches Naturrrecht zwischen Thomasius und Wolff - Der Völkerrechtler Adam Friedrich Glafey, 2007; Swatek-Evenstein, M., Geschichte der humanitären Intervention, 2008; Denfeld, C., Hans Wehberg (1885-1962), 2008; Degenhardt, F., Zwischen Machtstaat und Völkerbund - Erich Kaufmann, 2008; Ziegler, K., Fata iuris gentium, 2008; Toppe, A., Militär und Kriegsvölkerrecht, 2008; Steiger, H., Die Ordnung der Welt, 2010; König, S., Der Einfluss des Privatfürstenrechts auf das Völkerrecht, ZRG GA 127 (2010), 293; Weeber, U., Hugo Grotius’ Völkerrechtskonzeption, ZRG GA 127 (2010), 301; Kempe, M., Fluch der Weltmeere, 2010; Grotkamp, N., Völkerrecht im Prinzipat, 2009; Les conflits entre peuples, hg. v. Dauchy, S. u. a., 2011; Klump, R. u. a., Völkerrecht und Weltwirtschaft, 2012; Jung, H., Rechtserkenntnis und Rechtwsfortbildung im Völkergewohnheitsrecht, 2012; Toyoda, T., Theory and Politics of the Law of Nations, 2011; Pauka, M., Kultur, Fortschritt und Reziprozität _ Die Begriffsgeschichte des zivilisierten Staates im Völkerrecht, 2012; Geneuss, J., Völkerrechtsverbrechen und Verfolgungsermessen, 2013; Lovric-Pernak, K., Morale internationale und Humanité im Völkerrecht des späten 19. Jahrhunderts, 2013; Nippold, O., Die Fortbildung des Verfahrens in völkerrechtlichen Streitigkeiten, 2013
7363Völkerwanderung ist allgemein die dauerhafte Veränderung des ständigen Aufenthaltsorts eines mehr oder weniger vollständigen Volks (z. B. Kimbern, Teutonen, Helvetier) und besonders die durch einen Vorstoß der Hunnen (→Türke) aus Asien 375 n. Chr. ausgelöste Wanderung germanischer Völker in die Gebiete des weströmischen Reiches (z. B. Ostgoten, Westgoten, Burgunder, Vandalen, Sueben, Alemannen, →Franken, Angeln, Jüten, Sachsen und Langobarden). Die V. endet 568 n. Chr. mit dem Vorstoß der Langobarden nach Italien. Im Ergebnis entstehen mehrere neue Reiche. Umstritten ist die Frage der Fortdauer antiker Einrichtungen. In keinem Fall darf aber die Bedeutung des von der Kirche vermittelten Wissens über das Altertum unterschätzt werden. Umfangreiche Wanderungsbewegungen finden darüber hinaus bis in die Gegenwart ebenso statt wie Versuche ihrer Abwehr oder Lenkung. Lit.: Köbler, DRG 67; Dahn, F., Die Könige der Germanen, Bd. 1ff. 1861ff.; Lot, F., Les invasions germaniques, 1935; Zöllner, E., Geschichte der Franken, 1970; Diesner, H., Die Völkerwanderung, 1976ff.; Wolfram, H., Die Goten, 4. A. 2001; Maczynska, M., Die Völkerwanderung, 1993; Anderson, M., The Rise of Modern Diplomacy, 1993; Martin, J., Spätantike und Völkerwanderung, 3. A. 1995; Baldus, C., Regelhafte Vertragsauslegung, 1998; Bade, K., Europa in Bewegung, 2000; Pohl, W., Die Völkerwanderung, 2002, 2. A. 2005; Arens, P., Sturm über Europa, 2002; Rosen, K., Die Völkerwanderung, 2002; Regna und gentes, hg. v. Goetz, H. u. a., 2002; Halsall, G., Barbarian Migration and the Roman West, 2007; Völker, Reiche und Namen im frühen Mittelalter, hg. v. Becher, M., 2010; Rummel, P. u. a., Die Völkerwanderung, 2011
7364Volksabstimmung ist die Abstimmung der stimmberechtigten Staatsbürger über eine einzelne Sachfrage. In kleinen einfachen Gesellschaften finden Volksabstimmungen in der →Volksversammlung statt. In größeren, komplexen Gesellschaften geht diese Einrichtung verloren. Seit der Aufklärung wird sie in unterschiedlicher Weise wiederbelebt (Massachusetts 1780, Frankreich 1793, helvetische Republik 1798, Deutsches Reich 1919ff.). Lit.: Schmitt, C., Volksentscheid und Volksbegehren, 1927; Tipke, K., Das Recht des Volksentscheids, Diss. jur. Hamburg 1952 masch.schr.; Schiffers, R., Elemente direkter Demokratie, 1971; Schefold, D., Volkssouveränität und repräsentative Demokratie, 1966; Bugiel, K., Volkswille und repräsentative Entscheidung, 1991; Jung, O., Plebiszität und Diktatur, 1995
7365Volksanwaltschaft ist die in Österreich mit Gesetz vom 24. 2. 1977 nach schwedischem Vorbild (Ombudsman) (zunächst nur versuchsweise) geschaffene außergerichtliche Einrichtung, bei der sich jeder Betroffene wegen eines behaupteten Missstands in der Verwaltung des Bundes bei Fehlen eines Rechtsmittels beschweren kann. Die V.muss die Beschwerde prüfen und kann gegenüber Missständen Empfehlungen aussprechen, aber nicht gerichtlich vorgehen.
7366Volksbegehren ist das Begehren einer bestimmten Zahl von Bürgern eines Staates, Gesetzesentwürfe vorzulegen und darüber eine Volksabstimmung zu verlangen. Das V. findet sich seit der Aufklärung an unterschiedlichen Orten (Georgia 1777, Schweiz 1830ff., Deutsches Reich 1919ff.) Lit.: Schambeck, H., Das Volksbegehren, 1971; Hartmann, D., Volksinitiativen, 1976; Jung, O., Direkte Demokratie in der Weimarer Republik, 1989; Mester, G., Die Volksinitiative in Sachsen, 2003
7367Volksdemokratie ist im sozialistischen Verfassungsrecht des 20. Jh.s die der bürgerlichen Demokratie bewusst entgegengesetzte Staatsform, in der die politische Macht in den Händen der kommunistischen Arbeiterpartei als Vertreterin des Volkes liegt. Nach 1945 werden zahlreiche Volksdemokratien geschaffen (z. B. Deutsche Demokratische Republik). Um 1990 tritt die V. als erfolglos zurück. Lit.: Kroeschell, DRG 3
7368Volkseigen (dem Volk und damit keinem Einzelnen gehörig) Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Krause, W., Die Entstehung des Volkseigentums in der Industrie, 1958; Hoffmann, M., Das Volkseigentum an Grund und Boden in der DDR, 1978
7369Volksempfinden Lit.: Rückert, J., Das „gesunde Volksempfinden“ – eine Erbschaft Savignys?, ZRG GA 103 (1986), 199
7370Volksgeist ist vielleicht in Wiedergabe des möglicherweise auf der bereits bei Aristoteles und dann bei Jean Bodin (1566, 1576) betonten Verschiedenheit der Völker gründenden französischen l’esprit de la nation die Gesamtheit der einem jeweiligen Volk innewohnenden teilweise unbewusst wirkenden schöpferischen Kräfte. Auf diese nationalen Kräfte greift in der deutschen Romantik Herder (1744-1803) mit Volkssprache und Volkslied zurück. →Savigny übernimmt diese Vorstellung für die Rechtsquellenlehre der →historischen Rechtsschule. Allerdings geht er dabei schon seit 1808/1809 davon aus, dass die Wanderungen und Revolutionen der germanischen Stämme verhindert hätten, dass das ursprüngliche germanische Recht einen festen Bezugspunkt und einzigen Mittelpunkt gefunden habe, weshalb die Deutschen gar kein eigenes ursprüngliches Recht besäßen, so dass auch für sie das römische Recht das eigentümliche, vom V. zu bearbeitende Recht sei. 1828 verwendet →Puchta den V. als eine von mehreren Tätigkeiten des Volkes, die eine ein-heitliche Rechtsauffassung auf der Grundlage gemeinschaftlich geteilter Über-zeugung schafft. 1840 gebraucht auch Savigny das Wort. Lit.: Köbler, DRG 178, 188; Möller, E. v., Die Entstehung des Dogmas von dem Ursprung des Rechtes aus dem Volksgeist, MIÖG 30 (1909), 1; Kantorowicz, H., Volksgeist und historische Rechtsschule, HZ 108 (1912), 295; Zahradnik, K., Nationalgeist, Diss. phil. Wien 1938 masch.schr.; Schröder, J., Zur Vorgeschichte der Volks-geistlehre, ZRG GA 109 (1992), 1
7371Volksgerichtshof ist das am 24. 4. 1934 geschaffene Gericht der nationalsozialistischen Regierung des Deutschen Reiches vor allem für Hochverrat und →Landesverrat (12 Berufsrichter, wovon nur einer vor 1933 der NSDAP angehörte, seit 1942 auf Lebenszeit ernannt), das in Senaten mit 2 Berufsrichtern und drei Volksrichtern (Funktionären, Offizieren, Beamten) entscheidet (insgesamt rund 570 Richter und Staatsanwälte). Der V. sichert (auch durch „verfahrensmäßige Normalität“) die nationalsozialistische Herr-schaft. Unter seinem Präsidenten (Roland Freisler August 1942-3. 2. 1945) werden bis 1945 bei 16342 Angeklagten (mindestens 15729 Abgeurteilten) 5243 Todesurteile verhängt. Rechtsmittel fehlen. Am 25. 1. 1985 erklärt der deutsche Bundestag alle Entscheidungen des Volksgerichtshofs als nichtig. Durch Gesetz vom 25. 8. 1998 werden alle Urteile als nationalsozialistisches Unrecht aufge-hoben. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, DRG 235; Buchheit, G., Richter in roter Robe, 1968; Wagner, W., Der Volksgerichtshof, 1974, 2. A. 2011; Im Namen des deutschen Volkes, hg. v. Hillermeier, H., 2. A. 1982; Koch, H., Der Volksgerichtshof, 1988; Marxen, K., Der Volksgerichtshof, Anwaltsbl. 1989, 17; Marxen, K., Das Volk und sein Gerichtshof, 1994; Schlüter, H., Die Urteilspraxis des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs, 1995; Die Angeklagten des 20. Juli vor dem Volksgerichtshof, hg. v. Mühlen, B. v. zu, 2001; Eder, W., Das italienische Tribunale speciale per la difesa dello stato und der deutsche Volksgerichtshof, 2002; Breuning, S., Roland Freisler, 2002; Terror und Normalität, v. Marxen, K. u. a., 2004; Ramm, A., Der 20. Juli vor dem Volksgerichtshof, 2007
7372Volksgesetzbuch ist das schon im 18. Jh. angestrebte volkstümliche, das gesamte Recht eines →Volkes verständlich zusammenfas-sende Gesetzbuch. Seit (11. 3.) 1938 (Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich) befasst sich die →Akademie für deutsches Recht mit einem Projekt eines in 8 Bücher (Volksgenosse, Familie, Erbe, Vertrag und Haftung, Eigentum, Arbeit, Unternehmen, Vereinigung) gegliederten Volksgesetzbuchs. Dieses teils reaktionäre, teils fortschrittliche Vorhaben einer gemäßigten Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs (1900) wird im August 1944 eingestellt. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, DRG 237; Hedemann, J., Das Volksgesetzbuch der Deutschen, 1941; Krause, H., Wirtschaftsrecht und Volksgesetzbuch, Deutsche Rechtswissenschaft 1941, 204; Hedemann, J./Lehmann, H./Siebert, W., Volksgesetzbuch, 1942; Hattenhauer, H., Das NS-Volksgesetzbuch, FS R. Gmür 1983, 255; Volksgesetzbuch, hg. v. Schubert, W., 1988
7373Volkshaus ist die Bezeichnung für das Parlament in der nicht verwirklichten deutschen Verfassung von 1849. Seine Abgeordneten sollen durch geheime, direkte, allgemeine und gleiche Wahlen bestimmt werden. Lit.: Köbler, DRG 194; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 5. A. 2005
7374Volksheer ist das vom gesamten Volk gebildete Heer, wie es bei allen Völkern am Anfang stehen dürfte. Im fränkischen Reich tritt das V. gegenüber dem von Lehnsmannen gebildeten Reiterheer zurück. Das moderne V. erscheint in den Befreiungskriegen gegen Napoleon (Österreich 1808, Preußen 1808/1813) und setzt die der Volkssouveränität entsprechende all-gemeine →Wehrpflicht voraus. Im späten 20. Jh. dringt die Vorstellung einer Berufsarmee wieder vor. 2011 wird in Deutschland die Wehrpflicht ausgesetzt. Lit.: Conrad, H., Geschichte der deutschen Wehrverfassung, 1939; Frauenholz, E. v., Das deutsche Wehrwesen, 1941; Hermann, H., Deutsche Militärgeschichte, 1966
7375Volkskammer ist das Parlament der →Deutschen Demokratischen Republik. Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Köbler, DRG 258; Lapp, P., Die Volkskammer der DDR, 1975; Lapp, P., Wahlen in der DDR, 1982
7376Volkskunde ist die Lehre von den Wesenszügen eines →Volkes. Die rechtliche V. bezieht sich dabei vornehmlich auf das Recht. Ihre Ansätze gehen in das 18. Jh. zurück. 1886/1887 erscheint in Frankreich eine folklore juridique (Rolland), 1925 in Deutschland die rechtliche V. (Künßberg). Ihre Quellen sind Sprachgut (z. B. Namen), Sachgut (z. B. Rathaus), Brauchgut (z. B. Umritt), Glaubensgut (z. B. Eid) und anderes. In der Gegenwart versteht sich die V. zunehmend als Teil der allgemeinen Ethnologie. Lit.: Grimm, J., Deutsche Rechtsaltertümer, 1828, Bd. 1f. 4. A. 1899, Neudruck 1922, 1989, 1994; Künßberg, E. v. Rechtliche Volkskunde, 1936; Künßberg, E. Frhr. v., Lesestücke zur rechtlichen Volkskunde, 1936; Boehm, M., Volkskunde, 1937; Mackensen, L., Volkskunde der deutschen Frühzeit, 1937; Wohlhaupter, E., Beiträge zur rechtlichen Volkskunde Schleswig-Holsteins, Nordelbingen 16 (1940), 74, 17/18 (1942), 51; Bader, K., Die zimmerische Chronik als Quelle rechtlicher Volkskunde, 1942; Amira, K. v./Schwerin, C. Frhr. v., Rechtsarchäologie, 1943; Walker, M., Das volkstümliche Leben im 15. und 16. Jahrhundert, Diss. phil. Tübingen 1954; Wackernagel, H., Altes Volkstum der Schweiz, 1956; Kramer, K., Bauer und Bürger im nachmittelalterlichen Unterfranken, 1957; Volkskunde, hg. v. Lutz, G., 1958; Strübin, E., Grundfragen des Volkslebens bei Jeremias Gotthelf, 1959; Kramer, K., Volksleben im Fürstentum Ansbach, 1961; Jacobeit, W., Schafhaltung und Schäfer, 1961; Zur Geschichte von Volkskunde und Mundartforschung in Württemberg, 1964; Künßberg, E. Frhr. v., Rechtsgeschichte und Volkskunde, bearb. v. Tzermias, P., 1965; Das Ochsenfurter Kauzenbuch 1611-1802, 1967; Siebs, B., Weltbild, 1969; Duenninger, J. u. a., Bräuche und Feste im fränkischen Jahreslauf, 1971; Kramer, K., Grundriss einer rechtlichen Volkskunde, 1974; Das Recht der kleinen Leute, hg. v. Köstlin, K. u. a., 1976; Forschungen zur Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde, hg. v. Carlen, L., 1978ff.; Mohrmann, R., Volksleben in Wilster, 1977; Göttsch, S., Stapelholmer Volkskultur, 1981; Köbler, G., Bilder aus der deutschen Rechtsgeschichte, 1988
7377Volksrecht ist das Recht eines Volkes, insbesondere das Recht eines der frühmittelalterlichen Nachfolgevölker der Germanen (lat. F. lex, ahd. F. ewa). Die Aufzeichnungen der Volksrechte in lateinischer Sprache beginnen nach römischem und kirchlichem Vorbild noch am Ende des Altertums (lat. CodexM. Euricianus 475). Überliefert sind Volksrechte der Goten, Burgunder, Franken (ab 507-511?), Alemannen, Bayern, Langobarden, Sachsen, Thüringer, Friesen und (in der Volkssprache) der Angelsachsen (→lex, leges). Inhaltlich setzen sie sich aus Gewohnheitsrecht und Gesetzesrecht zusammen. Sachlich bedeutsam sind vor allem der Unrechtserfolgsausgleich durch →Wergeld und Buße (→Kompositionensystem) und das Verfahren. Die Aufzeichnung der durch →Kapitularien ergänzten Volksrechte endet im frühen 9. Jahrhundert (802), die Überlieferung im Hochmittelalter, in dem das V. durch das →Landrecht (z. B. Sachsenspiegel 1221-1224) abgelöst wird. Das V. ist bereits durch römisches Recht und kirchliches Recht beeinflusst. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Köbler, DRG 79, 80, 101; Thöl, H., Volksrecht, Juristenrecht, 1846; Mitteis, L., Volksrecht und Reichsrecht, 1891, Neudruck 1963; Halban, A. v., Das römische Recht in den germanischen Volksstaaten, 1899ff.; Mayer-Homberg, E., Die fränkischen Volksrechte im Mittelalter, Bd. 1 1912; Eckhardt, K., Gesetze der Merowinger und Karolinger, ZRG GA 55 (1935), 232; Buchner, R., Die Rechtsquellen, 1953; Amira, K. v., Germanisches Recht, Bd. 1 4. A. 1960; Stammesrecht und Volkssprache, hg. v. Hüpper, D. u. a., 1991
7378Volksrichter ist der nicht durch eine rechtswissenschaftliche Ausbildung ausgewiesene, durch Volksvertretung oder Bürger gewählte Richter der sowjetischen Besatzungszone bzw. der →Deutschen Demokratischen Republik. Lit.: Köbler, DRG 262; Pfannkuch, J., Volksrichterausbildung in Sachsen, 1993; Hattenhauer, H., Über Volksrichterkarrieren, 1995; Volksrichter in der SBZ/DDR, hg. v. Wentker, H., 1997; Backhaus, J., Volksrichterkarrieren in der DDR, 1998; Mathes, R., Volksrichter, Schöffen, Kollektive, 1999
7379Volksschädling ist nach einer besonderen nationalsozialistischen Verordnung des Deutschen Reiches (1935), wer den Interessen des deutschen Volkes schadet. Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Köbler, DRG 237; Jansen, S. Schädling, 1999
7380Volkssouveränität ist die Innehabung der Staatsgewalt durch das Volk als Souverän. Die V. entwickelt sich nach bereits antiken (→Cicero 106-43 v. Chr.) und mittelalterlichen (→Marsilius von Padua 1324) Ansätzen aus der Souveränitätsvorstellung der frühen Neuzeit (Bodin 1527). Nach Emer de Vattel (1758) und Jean-Jacques →Rousseau (1762) ist Inhaber der Souveränität das Volk. Dementsprechend erklärt die →Virginia Bill of Rights 1776, dass alle Gewalt vom Volk ausgehe. Auch die französische Revolution behauptet die Verankerung jeglicher Souveränität in der Nation. Dem folgen deutsche Politiker seit etwa 1820, wenn sie die V. dem →monarchischen Prinzip, dem Gottesgnadentum und der Fürstensouveränität gegenüberstellen. Die Weimarer Reichsverfassung (1919) und die späteren deutschen Verfas-sungen führen dann uneingeschränkt alle Staatsgewalt auf das Volk zurück. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 191, 230, 248; Murhard, F., Die Volkssouveränität, 1832; Koch, G., Manegold von Lautenbach und die Lehre von der Volkssouveränität, 1902; Wolf, H., Volkssouveränität und Diktatur in den italienischen Stadtrepubliken, 1937; Schefold, D., Volkssouveränität und repräsentative Demokratie in der schweizerischen Regeneration, 1966; Schubert, F., Volkssouveränität und Heiliges römisches Reich, HZ 213 (1971), 91; Reibstein, E., Volkssouveränität und Freiheitsrechte, hg. v. Schott, C., Bd. 1f. 1972; Kielmannsegg, P., Volkssouveränität, 1977; David, M., La souveraineté du peuple, 1996; Lamprecht, O., Das Streben nach Demokratie, Volkssouveränität und Menschenrechten in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts, 2001
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