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#ZIEL
2441Gesundheit ist der Zustand vollkommenen Wohlbefindes eines Lebewesens. 1876 wird im Deutschen Reich als oberste Reichsbehörde für das Medizinalwesen ein Kaiserliches Gesundheitsamt gegründet (1918 Reichsgesundheitsamt, 1952 Bundesgesundheitsamt, 1994 aufgelöst zu Gunsten des Bundesinstituts für Infektionskrankheiten, des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und des Bundesinstituts für Arzneimittel und medizinische Produkte). Lit.: Möller, C., Medizinalpolizei, 2005; Grumbach, T., Kurmainzer Medicinalpolicey, 2006 (von 1650 bis 1803 etwa 240 landesherrliche „Gesetzte“); Hüntelmann, A., Hygiene im Namen des Staates, 2008; Briesen, D., Das gesunde Leben, 2010; Hierholzer, V., Nahrung nach Norm, 2010; Schlich, T., The Origins of Organ Transplantation Surgery and Laboratory Sciende, 1880-1930, 2010; Kerscher, W., Der preußische Weg zum Impfzwang, 2011; Oliver, L., The Body Legal in Barbaqrian Law, 2011 Die Behandlung der Sozial- und Gesundheitspolitik in den thüringischen Landtagen, hg. v. Thüringer Landtag, 2012;
2442Geteiltes Eigentum ist das (seit dem Hochmittelalter in Anlehnung an die im römischen Recht dem Erbpächter eröffnete [lat.] rei vindicatio [F.] utilis anerkannte,) an mindestens zwei in unterschiedlicher Stärke berechtigte Beteiligte aufgeteilte „Eigentum“ (z. B. Obereigentum mit Anrecht auf Substanz, Untereigentum [neben Recht auf die Substanz vor allem Nutzung]). Es wird von Naturrecht, Liberalismus, Kant und vor allem von →Thibaut (1801) abgelehnt und zwar noch nicht vom Allgemeinen Landrecht Preußens (1794) und dem Allgemeinen Gesetzbuch Österreichs (1811/1812, § 357 ABGB, veraltet spätestens mit der Grundentlastung 1848), aber doch bereits vom Bürgerlichen Gesetzbuch Sachsens (1863) und vom deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (1900) ausgeschlossen. Es soll in veränderter Form im Vorbehaltseigentum, im Sicherungseigentum oder in der Wohnraummiete fort-leben (str.). Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Pichler, J., Das geteilte Eigentum im ABGB, ZNR 1986, 23; Krauss, F., Das geteilte Eigentum im 19. und 20. Jahrhundert, 1999; Lehmann, J., Sachherrschaft, 2004
2443Geverde (F.) Gefahr, Gefährdung Lit.: Gudian, G., Zur rechtlichen Bedeutung der Formel „ane geverde“ im Spätmittelalter, ZRG GA 82 (1965), 333
2444Gewähr (Sachsen 1390) Lit.: Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010
2445Gewährleistung (Hannover 1706) ist das Einstehen für die Mangelfreiheit (Freiheit von Sachmangel und Rechtsmangel) einer Sache oder eines Werkes. Sie findet sich bereits im römischen Kaufrecht (→Wandelung, →Minderung, Entwerung). Entsprechend muss auch der Vermieter einstehen. Mit der Aufnahme des römischen Rechtes wird sie (den einheimischen Grundsatz „Augen auf, Kauf ist Kauf“ zurückdrängend) übernommen. Lit.: Kaser § 41; Hübner; Köbler, DRG 46, 214; Lautner, J., Grundsätze des Gewährleistungsrechts, 1937; Jakab, E:, Praedicere und cavere beim Marktkauf, 1997; Ernst, W., Neues zur Sachmängelgewährleistung, ZRG GA 116 (1999), 208; Wenzel, A., Das Gewährleistungsrecht in der Spruchpraxis des preußischen Kammergerichts von 1794-1810, 2006; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechts-wortschatzes, 2010; Wiegard, G., Vom tempus utile zum bref délai, 2014
2446Gewährschaft ist das Einstehen des Veräußerers einer Sache für den Fall, dass ein Dritter von dem Erwerber die Sache herausverlangt. Im römischen Recht erhält der Erwerber aus der (lat. [F.]) mancipatio das Recht, in einem solchen Fall den Veräußerer als seinen (lat. [M.]) auctor zu prozessualer Beistandschaft zu veranlassen, um die Sache gegen den (angreifenden) Dritten zu verteidigen. Verweigert der Veräußerer die Unterstützung oder erteilt er sie erfolglos, so dass der Dritte die Sache erhält, so haftet der Veräußerer dem Erwerber auf den doppelten Kaufpreis. Außerhalb der (lat. [F.]) mancipatio wird dieses Ergebnis durch eine vertragliche Abrede auf Leistung des doppelten Kaufpreises erreicht. Im deutschen Recht entwickelt sich im Frühmittelalter (str.) eine Gewährschaftsbürgschaft und daraus eine allgemeine G. Lit.: Kaser § 41 V; Hübner 577f.; Rabel, E., Die Haftung des Verkäufers wegen Mangels im Recht, 1902; Gillis, F., Gewährschaftszug und laudatio auctoris, 1911; Ullrich, G., Eine Urkunde über Gewährschaft nach fränkischem Recht, ZRG GA 59 (1939), 269; Eckhardt, K., Gewährschaft und Übereignung, Beiträge zur Geschichte der Werralandschaft 4, 1937; Partsch, G., Zur Entwicklung der Rechtsmangelhaftung des Veräußerers, ZRG GA (1960), 87
2447Gewalt (Wort 790 belegt) ist der Einsatz von Kraft zur Erreichung eines Zieles sowie die Möglichkeit hierzu. Der moderne Staat strebt das Gewaltmonopol an. Deswegen versucht er die G. des Einzelnen möglichst auszuschließen. →väterliche Gewalt Lit.: Köbler, WAS; Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 3 1982, 817; Böckenförde, E., Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. A. 1981; Buisson, L., Potestas und caritas, 2. A. 1982; Wenninger, L., Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, 1982; Richardi, H., Schule der Gewalt, 1983; Willoweit, D., Die Herausbildung des staatlichen Gewaltmonopols, (in) Konsens und Konflikt, hg. v. Randelzhofer, A. u. a., 1986, 313; Roth, A., Kollektive Gewalt und Strafrecht, 1989; Die Gewalt in der Geschichte, hg. v. Sieferle, R., 1998; Lacour, E., Schlägereien und Unglücksfälle, 2000; Violence in Medieval Society, hg. v. Kaeuper, R., 2000; Ruff, J., Violence in early modern Europe 1500-1800, 2001; Töngi, C., Geschlechterbeziehungen und Gewalt, 2002; Gewalt, hg. v. Bulst, N. u. a., 2004; Töngi, C., Um Leib und Leben, 2004; Hahn, J., Gewalt und religiöser Konflikt, 2004; A Great Effusion of Blood?, hg. v. Meyerson, M. u. a., 2004; Gewalt im Mittelalter, hg. v. Braun, M. u. a., 2005; Gewalt in der frühen Neuzeit, hg. v. Ulbrich, C. u. a., 2005; Angenendt, A., Toleranz und Gewalt, 2006; Boari, M., La coercizione privata nella Magna Glossa, 2007; Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums, hg. v. Zimmermann, M., 2009; Metz, K., Geschichte der Gewalt, 2010¸ Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechts-wortschatzes, 2010; North, D. u. a., Gewalt und Gesellschaftsordnungen, 2011; Schimrosczyk, C., Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten gegen Gewalt in der Ehe, 2012; Kollektive Gewalt in der Stadt - Europa 1890-1939, hg. v. Lenger, F., 2013
2448Gewaltenteilung (Gewaltentrennung) ist die Aufteilung der staatlichen Hoheitsgewalt in mehrere grundsätzlich autonome und als gleichwertig geltende, sich gegenseitig kontrollierende und beschränkende, von unterschiedlichen Menschen innegehabte Gewalten. Die Vorstellung von der Notwendigkeit der G. entsteht unabhängig von älteren Gedankengängen (z. B. Herodot, Plato [427-347 v. Chr.], Aristoteles [384-322 v. Chr., dreigliederige Funktionszuschreibung von gesetzgebender, ausführender und richterlicher Staatskompetenz], Polybios [2. Jh. v. Chr.], Cicero [106-43 v. Chr.]) und Wirklichkeitsansätzen (römische Republik) in der frühen Neuzeit (Florenz 16. Jh., Henning Arnisaeus, Johannes Limnaeus) als Folge der gegen den →Absolutismus eines Monarchen gerichteten Aufklärung. Vielleicht schon (vor) 1690 entwickelt John →Locke (1632-1704) in England zur Sicherung der Freiheit des Einzelnen die Trennung von ausführender Gewalt (executive power) und gesetzgebender Gewalt (legislative power) (1690 Two Treatises of Government, Zwei Abhandlungen über die Regierung). 1730/1731 greift dort Henry St. John Viscount Bolingbroke (1678-1751) in seinen Remarks on the History of England die dreigliederige G. des Aristoteles theoretisch wieder auf. 1748 setzt sich in Frankreich Charles de Secondat Baron de la Brède et de →Montesquieu (1689-1755) unter Ausschluss rechtsfreier Handlungsspielräume etwa des Königs sehr wirkungsvoll für die Dreiteilung Exekutive, Legislative und Judikative ein (De l’ésprit des lois, Vom Geist der Gesetze). Als staatlicher Grundsatz werden diese Gedanken erstmals 1776 in Nordamerika in den Bill of Rights von 1776 und 1780 und in der Philadelphia Convention umgesetzt. In Frankreich greifen dies 1789 die Déclaration des droits de l’homme et du citoyen (Erklärung der Menschenrechte und Bürgerrechte, Art. 16), am 16. 8. 1790 ein besonderes Gesetz und 1791 (III, Art. 3-5), 1795 und 1848 die Verfassungen auf. Im deutschen Bereich behält die Vorstellung von der Einheit des Staates und der Macht der Fürsten Gewicht, steht die Staatswissenschaft der Gewal-tenteilungslehre mehrheitlich kritisch gegenüber und übernehmen die meisten, entweder dem Vorbild Frankreichs von 1814 oder dem Vorbild Belgiens von 1831 folgenden Verfassungen der deutschen Einzelstaaten in ihren Text (nur) die Bestimmung, dass alle Gesetze der Zustimmung des Landtags bedürftig seien, welche die Freiheit oder das Eigentum der Staatsangehörigen betreffen. Später wird das Gewaltenteilungsschema leitendes Ordnungsprinzip. In der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 ist die G. zwischen Exekutive und Legislativew im Nebeneinander von Reichstag und Reichsrat einerseits und monarchischem Präsidium andererseits erkennbar. Durch die Verfassung von Weinmar (1919) wird das dreigliederige Gewaltenteilungsprinzip im Deutschen Reich eingeführt. In der Demokratie, in der alle Gewalt vom Volk ausgeht, wird die G. verschiedentlich in Frage gestellt (z. B. Volksdemokratie), hat aber auch hier als Schutz vor Missbrauch tatsächliche Vorzüge. Vom 24. 3. 1933/30. 1. 1934 bis 1945 wird die Gewaltenteilung im Deutschen Reich zumindest tatsächlich aufgehoben. Art. 20 II GG kehrt zur G. zurück. In England werden die Gewalten 2003 entflochten. Lit.: Köbler, DRG 190, 197, 200; Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 2 1975, 923; Klimowski, E., Die englische Gewaltenteilungslehre bis zu Montesquieu, 1927; Kägi, O., Zur Entstehung, Wandlung und Problematik des Gewaltenteilungsprinzips, 1937; Imboden, M., Montesquieu und die Lehre von der Gewaltentrennung, 1959; Korioth, S., Monarchisches Prinzip und Gewaltenteilung unvereinbar? (in) Der Staat 37(1998), 27ff.; Gewaltentrennung im Rechtsstaat, hg. v. Merten, D., 1989; Executive and Legislative Powers in the Constitutions of 1848-1849, hg. v. Dippel, H., 1999; Pahlow, L., Justiz und Verwaltung, 2000; Pahlow, L., Zur Theorie der Gewaltenteilung im 18. Jahrhundert (in) Aufklärung 15 (2003), 275; Máthé, G., Die Problematik der Gewaltentrennung, 2004; Racky, M., Die Diskussion über Gewaltenteilung und Gewaltentrennung im Vormärz, 2005; Höchli, D., Der Florentiner Republikanismus, 2005; Maier, C., Gewaltenteilung bei Aristoteles, 2006; Riklin, A., Machtteilung, 2006
2449Gewaltverhältnis ist das von Gewalt bestimmte Verhältnis (z. B. zwischen Allgemeinheit und Einzelnem). Lit.: Wenninger, L., Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, 1982
2450Gewann ist die vielleicht in der Grundherrschaft im Hochmittelalter und im Spätmittelalter ausgebildete Unterteilung der Ackerflur des mittelalterlichen Dorfes in Gruppen gleichförmiger und einheitlich zu bewirtschaftender Streifen, wobei jeder Hofstätte eines Dorfes in jedem Gewann ein Flurstück zugeteilt wird. Die Gewanne werden wegen ihrer verhältnismäßigen Unwirtschaftlichkeit in der maschinenbestimmten Landwirtschaftdurch die Flurbereinigung beseitigt. Lit.: Haff, K., Gewann – Aas, ZRG GA 42 (1921), 465; Bader, K., Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes, Bd. 1 1957, 42; Rösener, W., Bauern im Mittelalter, 1985; Rösener, W., Agrarwirtschaft, 1992
2451Gewedde s. Gewette Lit.: Ebel, F., Der Traktat „Von gewedde, ZRG GA 99 (1982), 276
2452Gewerbe ist die erlaubte, auf Dauer und Gewinnerzielung (str.) gerichtete selbständige Tätigkeit. In Rom finden sich neben der Plan-tagenwirtschaft von Großgrundherren auch mit Hilfe von Sklaven betriebene Manufakturen für Textilien, Metallwaren und Keramik, die noch keinen Maschineneinsatz kennen. In den Wirren des 3. Jh.s n. Chr. verfällt die gewerb-liche Produktion. Sie beginnt neu in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft (z. B. Schmied, Töpfer, Weber), gelangt aber erst in der hochmittelalterlichen Stadt zu größerer Bedeutung. Dort wird das G. in der →Zunft organisiert und reglementiert. Im 19. Jh. löst der Liberalismus die Zwangsordnung auf, nimmt den Zünften den Zunftzwang und schafft die →Gewerbefreiheit, aber auch die staatliche Gewerbeaufsicht. Lit.: Köbler, DRG 67, 78, 97, 134, 175, 225, 250; Eberstadt, R., Das französische Gewerberecht, 1899; Schulte, E., Das Gewerberecht der deutschen Weistümer, 1909; Peterka, O., Das Gewerberecht Böhmens im 14. Jahrhundert, 1909; Schulte, E., Das Gewerberecht der deutschen Weistümer, 1909; Fecht, O., Die Gewerbe der Stadt Zürich, 1909; Koehne, C., Gewerberechtliches in deutschen Rechtssprichwörtern, 1915; Heimpel, H., Das Gewerbe der Stadt Regensburg, 1926; Mannert, L., Die öffentliche Förderung der gewerblichen Produktionsmethoden, 1930; Huber, H., Die Arbeitsverfassung im Süderländer und Siegener Eisengewerbe, Diss. jur. Göttingen 1956; Kreutzberger, E., Das Gewerberecht der Reichsstadt Goslar, 1959; Henning, F., Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 1ff. 1973f.; Vom Gewerbe zum Unternehmen, hg. v. Willoweit, D. u. a., 1982; Weyrauch, T., Städtische Amts- und Gewerbeordnungen, 1987; Reininghaus, W., Gewerbe in der frühen Neuzeit, 1990; Ziekow, J., Freiheit und Bindung des Gewerbes, 1992; Karl, M., Fabrikinspektoren in Preußen, 1993; Kraushaar, M., Die Gewerbegerichte, (in) Arbeit und Recht, 1995, 313; Rohde, J., Das Recht der genehmigungs-bedürftigen Anlagen im Gewerbe- und Immissionsschutzrecht von 1810 bis in die Gegenwart, 2000; Vorindustrielles Gewerbe, hg. v. Häberlein, M. u. a., 2004; Sack, R., Das Recht am Gewerbebetrieb, 2007
2453Gewerbefreiheit ist die Freiheit der gewerblichen Betätigung (Frankreich 1791, Preußen 1807/1810/1811/1845, England 1814, Dänemark 1849/1857, Österreich 1859). Sie ist im Einzelnen im Deutschen Reich durch die →Gewerbeordnung (ursprünglich des Norddeutschen Bundes) von 1869 näher ausgestaltet. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft/Europäischen Union sind alle nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininiteresses notwendigen Beschränkungen grenzüberschreitender gewerblicher Betätigung rechtswidrig bzw. verboten. Lit.: Köbler, DRG 175, 176; Rohrscheidt, K. v., Vom Zunftzwange zur Gewerbefreiheit, 1898; Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. v. Coing, H., Bd. 1ff. 1973ff., 3,3,3527; Vogel, B., Allgemeine Gewerbefreiheit, 1983; Baryli, A., Konzessionssystem contra Gewerbefreiheit, 1984; Quante, C., Die geistesgeschichtlichen Grundlagen und die Entwicklung der Gewerbefreiheit in Deutschland, 1984; Schnattinger, A., Die Rückwirkung des Europarechts auf das deutsche Gewerberecht, 2005
2454Gewerbegericht ist das für Gewerberechtsstreitigkeiten (Arbeitsrechtsstreitigkeiten) zuständige Gericht. Nach mittelalterlichen Vorläufern innerhalb der Zünfte entstehen zu Beginn des 19. Jh.s auf deutschem Boden besondere gewerbliche Fachgerichte, die aber von geringer Bedeutung bleiben. In Frankreich gründet Napoleon für Lyon am 18. 3. 1806 einen Conseil de Prud’hommes als Ausnahme von der ordentlichen Gerichtsbarkeit, was von 1809 an verallgemeinert wird und über das Rheinland und Elsass-Lothringen auch Eingang im deutschsprachigen Raum findet. Die Gewerbeordnung Preußens von 1845 sieht für Streitigkeiten die Anrufung des Gemeindevorstehers vor, was die Gewer-beordnung des Norddeutschen Bundes 1869 übernimmt. Am 29. 7. 1890 wird ein Reichs-gesetz betreffend Gewerbegerichte geschaffen. Die danach eingerichteten Gewerbegerichte (Bayern etwa 80) erweisen sich nur als bedingt erfolgreich und werden 1927 durch die Arbeitsgerichte (23. 12. 1926/1. 7. 1927) abgelöst. Lit.: Zimmermann, U., Die Entwicklung der Gewerbegerichtsbarkeit in Deutschland, 2005
2455Gewerbeordnung ist die rechtliche Regelung des Rechtes der →Gewerbe (z. B. Gesetz über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe, 1811 [Preußen], Braunschweig 1821, Bayern 1825, 1868, Württemberg 1828, Hohenzollern-Hechingen 1842, Allgemeine preußische Gewerbeordnung vom 17. 1. 1845, Hannover 1847, Entwürfe im Deutschen Bund 1848, 1849, Österreich 1859, Nassau 1860, Sachsen 1861, Oldenburg 1861, Baden 1862, Sachsen-Meiningen 1862, Waldeck 1862, Gotha 1863, Reuß jüngere Linie 1863, Coburg 1863, Hamburg 1864, Schwarzburg-Rudolstadt 1864, Schwarzburg-Sondershausen 1865, Lübeck 1866, Reuß ältere Linie 1868), insbesondere im Norddeutschen Bund das am 21. 6. 1869 geschaffene, später etwa durch die Handwerksordnung oder das Gaststättengesetz sachlich eingeschränkte Gesetz. Lit.: Miritz, T., Geschichte des Gewerberechts von 1869 bis zur Gegenwart, 1983; Ziekow, J., Freiheit und Bindung des Gewerbes, 1992; Rohde, J., Das Recht der genehmigungsbedürftigen Anlagen im Gewerbe- und Immissionsschutzrecht von 1810 bis in die Gegenwart, 2000
2456Gewerbesteuer ist die vom Gewerbeertrag zu leistende Steuer. Lit.: Köbler, DRG 55; Heni, G., Historische Analyse und Entwicklungen der Gewerbesteuer, 1991; Schnädter, H., Die Geschichte des Gewerbesteuerrechts, Diss. jur. Köln 1993
2457Gewerblicher Rechtsschutz (um 1900) ist der gewerbliche Rechte betreffende Schutz durch die Rechtsordnung. Er umfasst das Recht der Patente (Venedig 1474, England 1623/1624, Frankreich 1791), der Gebrauchs-muster (Deutschland 1871), der Geschmacksmuster (Frankreich 1711, Deutschland 1876), der Zeichen (Deutschland 30. 11. 1874, 12. 5. 1894, 5. 5. 1936) und des unlauteren Wettbewerbs (Deutschland 12. 5. 1894, 7. 6. 1909). Lit.: Tolksdorf, B., Der gewerbliche Rechtsschutz in Deutschland, 1908; Zimmermann, P., Frühe Beispiele aus der Welt der gewerblichen Eigentumsrechte, GRUR 69 (1969), 173; Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. v. Coing, H., Bd. 1ff. 1973ff., 3,3,4205; Simon, J., Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine gewerblichen Erscheinungsformen, 1981; Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, hg. v. Beier, F. u. a., Bd. 1f. 1991; Wadle, E., Geistiges Eigentum, Bd. 1f. 1996f.; Ausschüsse für den gewerblichen Rechtsschutz, hg. v. Schubert, W., 1999; Schmoeckel, M., Rechtsgeschichte der Wirtschaft, 2008
2458Gewere ist im mittelalterlichen deutschen Recht (der sachenrechtliche Vorgang [Einkleidung eines Menschen mit einer Sache oder einem Amt, lat. investitura] und) das (aus diesem Vorgang erwachsende) Verhältnis eines Menschen zu einer Sache oder einem Amt, kraft dessen der Träger vor allem rechtswidrige Zugriffe auf den Gegenstand (defensiv) abwehren und den Gegenstand nach Wegnahme (offensiv) herausverlangen sowie außerdem (translativ) übertragen darf. Die G. gilt der herrschenden Meinung als urtümliche Grundfigur des germanischen Sachenrechts. Wahrscheinlich wird sie aber im spätantiken Kirchenrecht zur Sicherung gegenüber sich wandelnden Sa-chenrechtsverhältnissen entwickelt. Sie wird formelhaft als Kleid (d. h. äußere Erscheinungsform) des (als rein gedanklichen Gebildes unsichtbaren) Sachen-rechts (z. B. Eigentum an einem Grundstück) beschrieben. Sie zeigt sich augenscheinlich beispielsweise im Innehaben und Benutzen des Gegenstands. Der Aufteilung des Sachenrechts auf mehrere Berechtigte (z. B. Obereigentümer, Untereigentümer) entspricht die Aufteilung in eine ideelle (unkörperliche) und eine leibliche (körperliche) G. Der G. werden eine Offensiv-funktion, eine Defensivfunktion und eine Translativfunktion zugeschrieben. Durch Ausübung einer ursprünglich fehlerhaft begründeten, auf Schein beruhenden G. während einer bestimmten Zeit ohne gerichtliche Inan-spruchnahme seitens des Berechtigten kann rechte G. entstehen. Mit der Aufnahme des römischen Rechtes seit dem späten Mittelalter wird das Wort G. durch das zu (lat. [F.]) possessio gebildete Wort Besitz abgelöst, innerhalb dessen zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitz unterschieden wird. Lit.: Hübner 198, 430; Köbler, DRG 74, 90, 123, 162; Köbler, WAS; Albrecht, W., Die Gewere, 1828; Heusler, A., Die Gewere, 1872; Huber, E., Die Bedeutung der Gewere im deutschen Sachenrecht, 1894; Meyer, H., Entwerung und Eigentum im deutschen Fahrnisrecht, 1902; Kiesel, K., Die Bedeutung der Gewere des Mannes am Frauengute für das Ehegüterrecht des Sachsenspiegels, 1906; Bückling, G., Die Wechselwirkung gewererechtlicher und fronungsrechtlicher Elemente im Liegenschaftsrecht des deutschen Mittelalters, 1911; Iterson, W. van, Der Ausdruck „mit allerschlachter Nut“ und sein Zusammenhang mit der Gewere, ZRG GA 84 (1967), 310; Levy, E., The Law of Property, 1975; Köbler, G., Die Herkunft der Gewere, TRG 43 (1975), 195; Laske, W., Die Bedeutung des „Gewereanschreibens“ gemäß dem Tractatus de iuribus incorporalibus von 1679, ZRG GA 93 (1976), 344; Ishikawa, T., Die Gewere im Sachsenspiegel, FS H. Thieme, 1986, 59
2459Gewerkschaft ist der Zusammenschluss von Menschen zu einem gewerblichen Zweck, insbesondere im Arbeitsbereich der freiwillige Zusammenschluss von Arbeitnehmern zur Sicherung und Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen. Im Bergrecht ist die G. eine wohl im 13. Jh. (Iglau 1249) aus älteren Arbeitsgenossenschaften gebildete Gesell-schaftsform ohne festes Grundkapital. Die vor dem Allgemeinen Berggesetz für die preußischen Staaten vom 24. 6. 1865 gebildete ältere bergrechtliche G. ist →Gesamthand (mit herkömmlich 128 Wertanteilen [Kuxen] am Gesellschaftsvermögen), die G. neueren Rechtes (Preußen 1865) ist juristische Person mit zwischen 100 und 10000 Kuxen. Beide werden in Deutschland im Gefolge des Bundesberggesetzes vom 13. 8. 1980 aufgehoben und in andere Gesellschaftsformen umgewandelt. Im Arbeitsrecht bildet sich aus älteren Gesellenvereinen die G. (engl. trade union) zuerst in England, wo sie durch Gesetz (Combination Laws von 1799 bzw. 1800) bis 1824 verboten wird. In Deutschland entwickelt sich die G. nach unbedeutenden Anfängen in der Mitte des 19. Jh.s als arbeitsrechtliche G. nach der Aufhebung gesetzlicher Ver-einigungsverbote (Sachsen 1861, Preußen [Verbot 1845] 1867, Norddeutscher Bund 21. 6. 1869 [§ 152 I Gewerbeordnung]). Sie ist regelmäßig nicht-rechtsfähiger →Verein. 1868 entsteht ein allgemeiner deutscher Arbeiterschafts-verband (von 12 sog. freien Gewerkschaften), 1869 ein Verband der deutschen Gewerkenvereine. 1890 gründen die freien Gewerkschaften die Generalkom-mission der Gewerkschaften Deutschlands (1919 Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund). 1894 entwickeln sich christliche Gewerkschaften. Am 23. 12. 1918 wird vom Rat der Volksbeauftragten eine Tarifvertragsordnung erlassen, welche die Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften sichert. 1919 gewährt Art. 159 WRV die Vereinigungsfreiheit zur Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Am 30. 10. 1923 wird eine Schlichtungsordnung erlassen. Nach Auflösung der freien Gewerkschaften und Einbeziehung der übrigen Gewerkschaften in die Deutsche Arbeitsfront von 1933 bis 1945 wird 1949 in der Bundesrepublik der Deutsche Gewerkschaftsbund mit (16) Einzelge-werkschaften gegründet, dem die Deutsche Angestelltengewerkschaft und der Deutsche Beamtenbund zur Seite stehen. Seit dem ausgehenden 20. Jh. verlieren die (zumindest mittelbar Herstellungskosten steigernden und damit Arbeitslosigkeit verursachenden) Gewerkschaften Mitglieder und Einfluss. Lit.: Hübner 312; Köbler, DRG 167, 177, 218, 24; Gierke, O. v., Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 1 1868, Neudruck 1954, 971; Deutsch, J., Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung, Bd. 1f. 1908ff.; Weber, A., Der Kampf zwischen Kapital und Arbeit, 6. A. 1954; Jühe, R./Niedenhoff, H./Pege, W., Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland, 2. A. 1982; Hägermann, D./Ludwig, K., Europäisches Montanwesen, 1986; Schulte Beerbrühl, M., Vom Gesellenverein zur Gewerkschaft, 1991; Schneider, M., Kleine Geschichte der Gewerkschaften, 2. A. 2000; Stadtland, H., Herrschaft nach Plan und Macht der Gewohnheit, 2001; Zwickel, K., Geben und Nehmen, 2005; Hildebrandt, J., Gewerkschaften im geteilten Deutschland, 2010; Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund, hg. v. Mielke, S. u. a., 2011
2460Gewette (Gewedde) ist (bei ungeklärter Herkunft) in Ostfalen (Sachsenspiegel) im Hochmittelalter die vom Täter an den Richter zu erbringende Leistung (Strafgeld für schuldhafte Handlungen gegen Recht und Gericht?), die neben der Leistung an den verletzten Kläger steht. →fredus, Bann Lit.: Sperling, H., Zur Geschichte von Buße und Gewette im Mittelalter, Diss. jur. Straßburg 1874; Friese, V., Das Strafrecht des Sachsenspiegels, 1898, 196; Ebel, F., Der Traktat „Von Gewette“, ZRG GA 99 (1982), 276
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