Diringer, Arnd, #JuraZitate. Boorberg, Stuttgart 2018. 218 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das aus dem Lateinischen des Altertums aufgenommene Zitat ist grundsätzlich eine wörtlich oder zumindest inhaltlich aus einem anderen Text aufgenommene Stelle oder ein Hinweis auf eine Stelle in einem anderen Text oder eine Übernahme oder ein Hinweis aus oder auf ein sonstiges Medium wie ein Bild oder ein Musikstück. Manche Zitate werden dabei so häufig verwendet, dass sie Teil der alltäglichen Sprache werden, wobei das zugehörige Wissen um die Herkunft in den Hintergrund treten kann. An der Verwendung eines Zitats kann sowohl der Urheber interessiert sein, weil sich durch Verwendung seines Einfalls sein Ruhm und seine Bekanntheit mehren können, wie auch der Zitierende, weil dadurch ein Teil des Ruhmes des Urhebers auf ihn übergehen kann, wobei die Verwendung von Zitaten in der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart durch das Urheberrecht geregelt ist, das unter bestimmten Voraussetzungen das ursprünglich völlig frei mögliche Zitieren ohne Erlaubnis des Urhebers und ohne Vergütung auch heute noch in Grenzen möglich sein lässt.
Der 1972 geborene Verfasser der vorliegenden juristischen Zitatenschau ist in Bayreuth und Erlangen in Rechtswissenschaft ausgebildet und nach der Promotion des Jahres 2001 in Erlangen-Nürnberg über Scientology (Verbotsmöglichkeit einer verfassungsfeindlichen Bekenntnisgemeinschaft) als Rechtsanwalt in Illingen nach Leitungsfunktionen des Personalrechts, Arbeitsrechts und Tarifrechts in dem Krankenhaussektor und der Versicherungsbranche seit 2008 Leiter der Forschungsstelle für Arbeitsrecht an der Hochschule Ludwigsburg. Nach dem Vorwort hat er vor etwa zwei Jahren unter dem genannten Hashtag begonnen, auf seinem Twitter-Account Zitate aus juristischen Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Von Followern seines Accounts stammt die Idee, die Sammlung von mehr als 1800 Zitaten aus rund 60 juristischen Fachzeitschriften wie ZRP, N |
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Dvorak, Helge, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, im Auftrag der Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung e. V. hg. v. Kaupp, Peter. Band 2 Künstler. Winter, Heidelberg 2018. XVII, 771 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die als Wort erstmals 1791 belegte Burschenschaft ist der neben die älteren Landsmannschaften tretende, national und liberal ausgerichtete Zusammenschluss von Studenten. In diesem Zusammenhang lösten nach älteren Planungen Friedrich Ludwig Jahns und Karl Friedrich Friesens von 1811/1812 in Jena an dem 12. Juni 1815 Mitglieder der vier Landsmannschaften Thuringia, Vandalia, Franconia und Curonia ihren Seniorenkonvent auf und zogen zu dem Gasthaus Grüne Tanne in Wenigenjena außerhalb der Stadtgrenzen Jenas und damit außerhalb der Grenzen der Universitätsgerichtsbarkeit. Dort gründeten 143 Anwesende auf der Grundlage von durch Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn und Johann Gottlob Fichte geäußerten nationalen, christlichen und liberalen Gedanken die Burschenschaft.
Im Wandel der Zeiten gehörten den aus dieser Urburschenschaft erwachsenden einzelnen Burschenschaften zahlreiche Mitglieder durchaus unterschiedlicher politischer Ausrichtung an. Allgemein bekannt sind aus der frühen Zeit Robert Blum, Heinrich von Gagern, Ferdinand Lassalle, Karl Marx oder Max Weber. Der biographischen Zusammenfassung aller Mitglieder verschrieb sich besonders der an dem 26. August 1927 geborene und in Wien an dem 10. Januar 2017 gestorbene Diplomvolkswirt Helge Dvorak, alter Herr und Ehrenbursch der Wiener akademischen Burschenschaft Olympia, der 1996 den ersten, von A bis E reichenden Teilband des den Politikern gewidmeten ersten Bandes des Biographischen Lexikons der Deutschen Burschenschaft vorlegte, an dem sich in der Folge noch sechs weitere Teilbände und zwei Supplementbände anschlossen.
Der zweite, das Gesamtwerk abschließende Band umfasst demgegenüber Dichter wie Ludwig Ganghofer, August Wilh |
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Rückert, Joachim, Unrecht durch Recht. Zur Rechtsgeschichte der NS-Zeit (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 96). Mohr Siebeck, Tübingen 2018. VIII, 386 S. Angezeigt von Albrecht Götz von Olenhusen. |
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Die Rechtsgeschichte der nationalsozialistischen Zeit zählte schon früh zu den bevorzugten Forschungsgebieten des Rechtshistorikers und Zivilrechtslehrers Joachim Rückert (Frankfurt am Main). Der neue Sammelband vereinigt eine Reihe der essentiellen Arbeiten aus mehr als drei Jahrzehnten. Der problematische Titel wird vom Verfasser so verstanden, dass Unrecht durch Recht hier politisch geschaffen worden sei, durch Missbrauch der Rechtsfunktion und durch andere Inhalte.
Die fundamentalen Studien aus der Zeit zwischen 1986 und 2017 sind gewissermaßen auch zusammen zu lesen mit Rückerts Arbeiten zum Freirecht, zum Abbau der Justiz und mit speziellen Arbeiten zum einen zu Franz Neumann, zum anderen zu Franz Wieacker. Er charakterisiert seine dauerhaften Erkenntnisinteressen, angeregt etwa primär durch Pilotstudien von Bernd Rüthers und Michael Stolleis. Allerdings waren auch schon in der Generation zuvor die juristischen Denkstrukturen und zahlreiche der „Autoritäten“ in ihrer Zeit zwischen 1933 und 1945 und mit ihren zuweilen wundersamen, dann folgenden Wechselfällen unter die kritische Lupe genommen worden, wenn auch noch nicht durchweg mit den besseren Mitteln, Möglichkeiten und Maßstäben, welche die späteren Jahrzehnte prägen sollten.
Rückert grenzt sich nach der Genese und Gestaltung seiner Arbeiten zwischen den Zeilen von den „1968ern“ ab. Das mag auch einer der Gründe dafür sein, dass die Verdienste um die theoretische und pragmatische Aufarbeitung von NS-Rechtswissenschaft und NS-Recht, die man schwerpunktmäßig auch an einigen anderen Universitäten verorten kann, in diesem Band etwas knapper zu ihrem „Recht“ kommen. Doch darf man von einer exemplarisch und fast als endgültige „Summa“ des Lebensthemas Rückerts zu |
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Bews, James, Bewirtschaftungsrecht. Die rechtliche Bewältigung von Krisensituationen am Beispiel der Elektrizitätsversorgung (= Beiträge zum Verwaltungsrecht 2). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XXV, 399 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Bewirtschaftung ist nach dem in seiner Grundlegung von dem Verfasser zitierten Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. 2002 das wirtschaftliche Leiten eines Betriebs, das Bestellen landwirtschaftlicher Flächen und die staatliche Kontrolle, Lenkung Einschränkung und Rationierung von Verbrauch, Zuteilung, Verkauf oder Vergabe von Gegenständen. Davon reicht das Bestellen landwirtschaftlicher Flächen wohl weit vor die Zeitenwende der vorherrschenden Zeitrechnung zurück. Dementsprechend engt der 1985 geborene, in Berlin und an dem King’s College London ausgebildete, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht in Heidelberg und nach der Promotion als Rechtsanwalt in Berlin tätige Verfasser bereits in seinem Titel die Bewirtschaftung auf die rechtliche Bewältigung von Krisensituationen ein.
Sein vorliegendes, von Kai von Lewinski angeregtes und betreutes, in dem Wintersemester 2015/2016 von der juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommenes, von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gefördertes Werk ist das Ergebnis der von dem Betreuer gewährleisteten Mischung aus größter wissenschaftlicher Freiheit einerseits und umsichtiger „doktoraler Aufsicht“ andererseits. Es gliedert sich in insgesamt sechs Kapitel. Sie betreffen eine Grundlegung in Begriff, Rechtsgrundlagen, Abgrenzung zu verwandten Rechtsgebieten sowie einen Exkurs in die Europäische Union, die Geschichte des (Elektrizitäts-)Bewirtschaftungsrechts von dem ersten Weltkrieg bis zu der Besatzungszeit, den Inhalt des (Elektrizitäts-)Bewirtschaftungsrechts, die Strukturen und Grenzen des (Elektrizitäts-)Bewirtschaftungsrechts, das Elektrizitätsbewirts |
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Max Friedlaender, Lebenserinnerungen, hg. vom Bayerischen Anwaltverband, bearb. v. Krach, Tillmann/Weber, Reinhard. Boorberg, Stuttgart 2018. 453 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Max Friedlaender (Friedländer) wurde in Bromberg an dem 28. Juni 1873 als zweiter Sohn des jüdischen Bankiers und Herrenhausmitglieds Preußens Dagobert Friedlaender aus dessen zweiter Ehe mit Laura Oettinger geboren und absolvierte nach dem resignierenden Umzug des Vaters nach Frankfurt am Main das Gymnasium mit 17 Jahren. Er studierte Rechtswissenschaft in Genf, Heidelberg, Straßburg und Berlin und wurde nach der ersten Staatsprüfung von 1894 in Leipzig 1896 promoviert und nach der zweiten Staatsprüfung in eine Rechtsanwaltskanzlei als Sozius aufgenommen. Als führender Vertreter der Rechtsanwaltschaft verlor er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 rasch seine Klientel und sein Ansehen als juristischer Schriftsteller, wurde 1938 verhaftet, kam jedoch durch einen Fehler der Verfolger frei und floh über Zürich nach Großbritannien, wo er in Twickenham an dem 28. Mai 1956 starb.
Das vorliegende Werk bietet nach einem Grußwort des bayerischen Anwaltsverbands und zwei sachkundigen biographischen Skizzen der Bearbeiter (Max Friedlaender und die deutsche Anwaltschaft, wer war Max Friedlaender?) die beeindruckenden Lebenserinnerungen. Sie gliedern sich in insgesamt 35 nicht vollständig abgedruckte Abschnitte. Sie beginnen mit den ersten Lebensjahren in Bromberg und führen über Frankfurt, das Studentenleben, Schaffen und Schauen, Praktikantenzeit, Verlobung und Hochzeit, Weltkrieg, Revolutionen, den Vorstand des deutschen Anwaltvereins, das Dritte Reich, den schwersten Abschied, Exodus und Erwachen, Märchen, Gefangenschaft, neues Leben, das Ende vom Anfang und den Anfang vom Ende, das Ende und Rückschau und Umschau mit Ups and Downs bis zu dem achtzigsten Geburtstag.
In dem Anhang des durch Abbildungen veranschaulichten berührenden Werkes sind Bri |
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Laagland, Daniel, Lehren, Forschen, Recht sprechen. Die Spruchpraxis als Teil des Berufsalltags an der juristischen Fakultät zu Bonn im 19. Jahrhundert (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 24). Nomos, Baden-Baden 2016. 293 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Vermutlich begann die Rechtsgelehrsamkeit mit der tatsächlichen Erfahrung in der Rechtswirklichkeit, durch die in Rom einst vermögensmäßig gut gestellte und auf Entgelt nicht angewiesene Bürger zu iurisperiti wurden, die das 451/450 v. Chr. geschaffene Zwölftafelgesetz auslegen konnten, nach einer längeren Blütezeit aber in dem dritten nachchristlichen Jahrhundert einigermaßen unvermittelt aber wieder verschwanden, während kaiserliche Konstitutionen bis über das Altertum hinaus entstanden. Vermutlich lehrten und forschten dann Irnerius und seine Schüler in Bologna in dem 12. Jahrhundert bereits, wenn sie auch noch kein Recht sprachen. In der Folge entwickelte sich über die Gutachtenpraxis der Konsiliatoren dann auch eine umfangreiche Spruchtätigkeit von Juristen zwecks Unterstützung von Gerichten.
Mit einem Teilaspekt dieses allmählich entwickelten Dreiklangs beschäftigt sich die von Mathias Schmoeckel betreute und in dem Wintersemester 2015/2016 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommenen, mit 14 Abbildungen ausgestatteten Dissertation des 1987 geborenen und ab 2013 als wissenschaftlicher Mitarbeiter seines Betreuers tätigen Verfassers. Sue gliedert sich nach einer Einführung über Aktenversendung und Spruchtätigkeit, archivalische Grundlagen der Untersuchung, Fragestellung und methodische Überlegungen in drei Sachkapitel. Sie betreffen die rechtlichen Rahmenbedingungen der Bonner Spruchtätigkeit, die Organisation des Bonner Spruchkollegiums und die vierundsiebzigjährige Bonner Spruchtätigkeit zwischen 1819 und 1893.
In seinem ansprechenden und interessanten Gesamtergebnis stellt der Verfasser fest, dass wegen der späten Eröff |
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Czeschick, Björn, Das Land- und Stadtgericht Büren 1815-1849 (= Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster III 22). Münsterscher Verlag für Wissenschaft, Münster 2017. VII, 251 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Büren nahe Paderborn und nördlich des Sauerlands wird 1095 erstmals erwähnt, wobei eine dem heiligen Gangolf geweihte Kirche des auf dem linken Ufer der Alme liegenden Dorfes (heute Menkenberg/Bühl) in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstanden sein könnte. Um 1150 errichteten die aus Deifeld nördlich Winterbergs in dem Gefolge der Grafen von Schwalenberg kommenden Edelherren von Büren eine Burg an dem Einfluss der Afte in die Alme. 1195 beschlossen der Bischof von Paderborn und die Edelherren von Büren die Anlage einer Stadt, wobei auf der Südseite der Burg etwa dreißig Hausstätten errichtet wurden.
Mit einem späteren Teilaspekt der Geschichte Bürens beschäftigt sich die von Peter Oestmann betreute und 2017 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommene Dissertation des zeitweise an dem Lehrstuhl seines Betreuers tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Gliederung und Ziel, Forschungsstand und Quellen in sechs Sachkapitel. Sie betreffen die Justizorganisation (in weltpolitisch bewegter Zeit) zwischen 1802 und 1817, den Gerichtssprengel Büren, das ehemalige Jesuitenkolleg als Gerichtsgebäude, die Stellung in dem Staatsapparat Preußens, den Gerichtsalltag und das Ende des Landgerichts und Stadtgerichts Büren.
Schwerpunkt der durch 26 Abbildungen veranschaulichten Arbeit ist nach der Einleitung des Verfassers nicht die Rechtsprechung oder die juristische Behandlung einzelner Streitsachen, sondern die Schilderung der Rahmenbedingungen, unter denen die Rechtspflege in Büren stattfand, welche Maßnahmen Gericht und vorgesetzte Behörden trafen, um mit diesen Rahmenbedingungen umzugehen, und wie sich innerhalb dieser Rahmenbedingungen der Alltag an dem Gericht gestalte |
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Karallus, Christine, Die Sichtbarkeit des Verbrechens. Die Tatortfotografie als Beweismittel um 1900 (= culture – discourse – history 6). Logos, Berlin 2017. 460 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Karallus, Christine, Die Sichtbarkeit des Verbrechens. Die Tatortfotografie als Beweismittel um 1900 (= culture – discourse – history 6). Logos, Berlin 2017. 456 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seit seiner Entstehung kann der Mensch seine Umwelt in seinem Gehirn mittels der Augen abbilden und vielleicht seit seinen Anfängen kann der Mensch Handlungen begehen, welche die Gegenwart als Verbrechen einstuft. Da sie in der Regel sichtbare Spuren hinterlassen, ist das Verbrechen für den Menschen zumindest möglicherweise mittelbar sichtbar. Da der Mensch seit dem elften Jahrhundert nach Mitteln der Sichtbarmachung zusätzlich zu seinen Augen suchte, war es für ihn ein großer Erfolg, dass in dem Frühherbst 1826 Joseph Nicéphore Niépce in dem Heliografieverfahren vermutlich die erste Fotografie der Welt als Blick aus dem Arbeitszimmer herstellen und damit das Zeitalter der Fotografie eröffnen konnte.
Mit dem Teilaspekt der Tatortfotografie als Beweismittel um 1900 beschäftigt sich innerhalb dieses weiten Rahmens die 2015 an der Universität der Künste in Berlin angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie gliedert sich nach einem Vorwort Mladen Dollars über das Auge des Gesetzes und einer Einleitung über Konstellationen, Einordnungen, Interesse und Forschungsstand, Gegenstand Tatort und Tatortfotografie, die verfügbaren Quellen Tatortfotografien und Akten sowie das Vorgehen in zwölf Sachabschnitte. Sie betreffen Repräsentation, Materialkultur, die Entstehung des Faches Kriminalistik, den Iconic-Turn in dem Beweisen, die Suche nach Unmittelbarkeit bei der Spurensicherung, die Tatortsicherung in der vorfotografischen Zeit, die Fotografie als Bildregime des Rechts, die fotografische Arrestierung oder Arretierung eines Verbrechens, die Ikonophilien des Kapitaldelikts in einzelnen Fällen, Naturtreue als Diskurs, fotografische Authentizität als Rechtsprodukt und die Fotografie als Kompetenzpraktik.
Insgesamt erfragt die Verfasserin in ihrer vo |
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Böttger, Lutz, Die Entwicklung des Strafprozessrechts in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts (= Beiträge zur Strafrechtswissenschaft 20). LIT, Berlin 2016. XXI, 302 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der Strafprozess als das gerichtliche Verfahren, in dem über das Vorliegen einer Straftat und die dafür zu verhängende Strafe verhandelt wird, unterscheidet sich bereits in dem altrömischen Recht von dem privaten Prozess, wobei in Rom ohne weiteres von dem privaten Prozess in den Strafprozess gewechselt wird. In dem 12. Jahrhundert wird diese Unterscheidung erneut aufgegriffen, wobei Frankreich auf kirchlichen Wurzeln dem Heiligen römischen Reich voranzugehen scheint und beispielsweise Johann von Buch (um 1290-nach 1356) die Teilung der Klagen in peinliche, bürgerliche und gemischte Klagen aufgreift. Seit dieser Zeit ist das Strafprozessrecht in wohl unaufhörlicher und kaum voraussehbarer Entwicklung oder zumindest Veränderung.
Mit einem besonderen Teilaspekt dieses Vorgangs beschäftigt sich die von Thomas Vormbaum angeregte und Betreute, in dem Sommersemester 2015 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Fernuniversität Hagen angenommene Dissertation des in dem Sommersemester 2009 an einem strafrechtsgeschichtlichen Seminar seines Betreuers in Münster teilnehmenden Verfassers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über den Gegenstand der Untersuchung, den Gang der Untersuchung und den Forschungsstand in neun Sachkapitel. Sie betreffen das Strafprozessänderungsgesetz 1964, die Haftrechtsnovelle von dem 7. August 1972, das Einführungsgesetz zu dem Strafgesetzbuch 1974/1975, das erste Gesetz zu der Reform des Strafverfahrensrechts von dem 9. Dezember 1974, das Gesetz zu der Ergänzung des ersten Gesetzes zu der Reform des Strafverfahrensrechts von dem 20. Dezember 1974, das „Anti-Terror-Gesetz“ von dem 18. August 1976, das „Kontaktsperregesetz“ von dem 30. September 1977 und das Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 von dem 5. Okto |
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Morris, Heather, Der Tätowierer von Auschwitz, aus dem Englischen von Ranke, Elsbeth. Piper, München 2018. 303 S., 3 Abb., 2 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Morris, Heather, Der Tätowierer von Auschwitz, aus dem Englischen von Ranke, Elsbeth. Piper, München 2018. 303 S., 3 Abb., 2 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seit wohl weit mehr als hunderttausend Jahren leben Menschen auf der Erde. Auch wenn eine vollständige Digitalisierung ihres Werdens und Vergehens ausgeschlossen ist, lässt sich mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit feststellen, dass ihr Erbgut und damit auch ihr Aussehen kaum verwechselbar gleich waren. In ähnlicher Weise ist auch ihr Leben individuell und nicht wirklich vorhersehbar verlaufen und in der Wirklichkeit kann sowohl den besten und glücklichsten Menschen überraschend der Tod entreißen wie auch das gefährdetste Individuum unvorhersehbar zu weltweitem Ruhm und Erfolg gelangen kann.
1942 wird ein 1916 geborener slowakischer Jude namens Ludwig „Lale“ Sokolov (Eisenberg) in das Konzentrationslager Auschwitz in dem Süden Polens deportiert, in dem mehr als eine Million Menschen aus Belgien, dem Deutschen Reich, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Rumänien, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei und Ungarn während der Herrschaft Adolf Hitlers über das Deutsche Reich vielfach durch Vergasung getötet wurden. Unter der Nummer 32407 wird Sokolov von der Lagerverwaltung dazu bestimmt, die der bürokratischen Verwaltung dienenden Nummern der Häftlinge auf den Unterarm seiner Mitgefangenen zu tätowieren, darunter in dem Juli 1942 die Nummer 34902 auf den linken Arm eines Mädchens mit dem Namen Gisela „Gita“ Furman (Fuhrmann), dem er dabei in die Augen sehen und sich in es lebenslänglich verlieben kann.
Er nutzte fortan seine verhältnismäßig günstige Stellung zum Schutz dieser jungen Frau, wurde aber an dem 25. Januar 1945 von ihr getrennt, fand sie nach Wochen der Suche in Preßburg wieder, heiratete sie und wanderte mit ihr nach Australien aus. Aus Angst vor Verfolgung wegen Kollaboration mit den nationalsozialistis |
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Melichar, Peter, Otto Ender 1875-1960 – Landeshauptmann, Bundeskanzler, Minister – Untersuchungen zum Innenleben eines Politikers (= vorarlberg museum Schriften 39). Böhlau, Wien 2018. 369 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerMelicharottoender20181204 ZIER 8 (2018) 72. IT
Melichar, Peter, Otto Ender 1875-1960 – Landeshauptmann, Bundeskanzler, Minister – Untersuchungen zum Innenleben eines Politikers (= vorarlberg museum Schriften 39). Böhlau, Wien 2018. 369 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Otto Ender wurde als eines von vier Kindern eines Landwirts und Stickwarenzwischenhändlers und einer 1911 in der Landesirrenanstalt Vorarlberg verstorbenen Gemischtwarenhändlerin in Altach in Vorarlberg geboren. Nach dem Besuch des Jesuitenkollegs Stella Matutina in Feldkirch studierte er in Innsbruck, wo er 1896 in die Verbindung AV Austria Innsbruck eintrat, in Freiburg im Breisgau, Prag und Wien, wo er auch an Kurse der Exportakademie als der Vorläuferin der Wirtschaftsuniversität teilnahm, Rechtswissenschaft und wurde 1901 in Innsbruck promoviert. Nachdem er 1908 in Bregenz als Rechtsanwalt zugelassen worden war, wurde er 1913 Direktor der Vorarlberger Landeshypothekenbank, 1915 Oberdirektor, in dem November 1918 als Nachfolger Adolf Rhombergs zunächst für einen Anschluss an die Schweiz eintretender Landeshauptmann Vorarlbergs, Mitglied des Bundesrats, in dem Dezember 1930 Bundeskanzler Österreichs, der in dem März 1931 Engelbert Dollfuß als Landwirtschaftsminister in seine Regierung aufnahm, nach dem Zusammenbruch der sehr bedeutenden Creditanstalt und dem anschließenden Zerbrechen seiner Regierungskoalition in dem Juni 1931 von dem 14. Juli 1931 bis zu dem 24. Juli 1934 wieder Landeshauptmann von Vorarlberg und in dem September 1933 Bundesminister (ohne Portefeuille) in dem Bundeskanzleramt Engelbert Dollfuß‘, beteiligte sich auftragsgemäß maßgeblich an der Ausarbeitung der so genannten Maiverfassung von 1934, wurde 1934 Präsident des Rechnungshofs Österreichs, verlor nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich unter Adolf Hitler sein Amt, wurde mit einem Aufenthaltsverbot für den Gau Tirol-Vorarlberg belegt, nahm kein politisches Amt mehr an, o |
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Biografien bedeutender österreichischer Wissenschafterinnen – „Die Neugier treibt mich, Fragen zu stellen“, hg. v. Korotin, Ilse/Stupnicki, Natasja. Böhlau, Wien 2018. 992 S. Angezeigt von Gerhard Köbler |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerBiografiendedeutenderös20181204 Nr. 16850 ZIER 8 (2018) 02. IT
Biografien bedeutender österreichischer Wissenschafterinnen – „Die Neugier treibt mich, Fragen zu stellen“, hg. v. Korotin, Ilse/Stupnicki, Natasja. Böhlau, Wien 2018. 992 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach dem Vorwort der Herausgeberinnen des gewichtigen Sammelwerks fußt es auf den Ergebnissen des 2002 erschienenen Lexikons „Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken“. In ihm erschlossen sich an Hand von 342 durch Fachautoren und Fachautorinnen aus unterschiedlichen Disziplinen biographisch und werkspezifisch bearbeiteten Biographien vor allem die Wirkungsfelder der ersten Generation von Wissenschaftlerinnen an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck, der ersten Dozentinnen und Professorinnen sowie der Wissenschaftlerinnen in inneruniversitären und außeruniversitären Arbeitsbereichen. Thematische Schwerpunkte ergaben sich dabei durch die Zäsuren der beiden Weltkriege und die Zerstörung von Lebensplänen durch Faschismus und Nationalsozialismus.
Das vorliegende Werk beruht hauptsächlich auf einem Forschungsauftrag des Wissenschaftsministeriums der Jahre 2012/2013. Es wurde durch eine weitere Förderung des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und des Zukunftsfonds der Republik Österreich in dem Bereich der Exilforschung ergänzt. Es enthält insgesamt 300 Biographien und konzentriert sich vorwiegend auf das Frauen zurechenbare Wirken in der österreichischen Wissenschaftsgeschichte nach 1945 (Geburtsjahre von 1930 bis 1950), enthält aber auch eine Ergänzung früherer Jahrgänge. Verfasst wurden die Artikel von 109 Autoren und Autorinnen aus dem Inland und Ausland.
Die verdienstvolle Sammlung beginnt mit der in Wien 1940 geborenen Historikerin, Germanistin, Autorin und Ministerialrätin Isabella Ackerl (geborene Broneder). Als Juristinnen erscheinen Brigitte Bierlein (Präsidentin des Verfass |
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Schmiedt, Helmut, Die Winnetou-Trilogie. Über Karl Mays berühmtesten Roman. Karl May Verlag, Bamberg/ Radebeul 2018. 300 S. Angezeigt von Albrecht Götz von Olenhusen. |
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„May ist der meistgelesene Schriftsteller der deutschen Literaturgeschichte.“ Mit diesem zutreffenden Satz beginnt eine luzide Untersuchung, die der Germanist Helmut Schmiedt (Koblenz, Köln), ausgewiesen durch zahlreiche Studien, vorlegt. Claus Roxin (München), langjähriger Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und als Strafrechtler Verfasser gleichfalls bedeutender Studien zur kriminologisch-historischen Deutung des Schriftstellers, zu seiner Biografie und seinem Werk, weist mit Recht auf den hohen Wert dieser ersten umfassenden Monografie für die Geistesgeschichte und Kulturgeschichte hin. In der Tat hat Mays Biografie und Werk auch stets die urheberrechtliche, die rechtsgeschichtliche und kriminologiegeschichtliche Wissenschaft herausgefordert.
Ob der Name und der damit gegebenenfalls verbundene Begriff inzwischen nurmehr als Titel für einen edlen Indianer steht, hat die Gerichte bis zu dem Bundesgerichtshof und zu dem Gerichtshof (der Europäischen Union) bereits seit vielen Jahren beschäftigt; ob er die Wandlung zum Allgemeinbegriff des edlen Indianerhäuptlings erfahren hat, ist eine bis heute titelrechtlich strittige Frage. Roxin weist mit Recht auf die Komplexität des Werkes Mays als eines Spiegelbilds widerstreitender geistiger und sozialer Strömungen hin, in denen die angebliche Überlegenheit europäischer Werte und die Vernichtung einer indigenen Kultur eine wesentliche Rolle spielen.
Wie sich die Bearbeitungen, die multimedialen Verwertungen von Mays Werken, die rezeptionsgeschichtliche Entwicklung bis hin zu textlichen und filmischen Aufnahmen und Parodien im Lichte der Kulturgeschichte, Mediengeschichte und Ideologiegeschichte heute darstellen, ist dieser fulminanten Studie zu entnehmen. Das lange Jahre in der Editionsgeschichte „verminte Gelände“ de |
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Antisemitismus in Österreich 1933-1938, hg. v. Enderle-Burcel, Gertrude/Reiter-Zatloukal, Ilse. Böhlau, Wien 2018. 1167 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der Mensch ist seit seinen Anfängen ein Individuum, das von der Natur zwecks Arterhaltung mit Egoismus ausgestattet wurde und sich dessen bei Bedarf aggressiv wie defensiv bedienen kann und bedient. Seit der Bildung von Völkern und Staaten hat sich diese Eigenschaft des Einzelnen auch den ihn umgebenden Gruppen mitgeteilt, die ihrerseits stetig versuchen, zwecks Gewinnung günstigerer Lebensverhältnisse sich selbst zu stärken und andere zu schwächen, wie sich von Kain und Abel über Romulus und Remus, Alexander und Caesar, die Römer und Punier, die Hunnen, Awaren, Ungarn, Mongolen, Türken, die Kolonialmächte Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, die Massenmörder Stalin, Mussolini, Hitler bis zu den Politikern der unmittelbaren Gegenwart zeigen lässt. Von daher liegen Freundschaften und Feindschaften zu eigenem Nutzen und fremdem Schaden vielleicht in der Natur des Menschen und sind nur die konkreten Verhaltensweisen unterschiedlich und damit auch ihre Sublimierung und ihre Bekämpfung, wobei wohl ein wichtiges Moment in der Gesellschaft auch die Gewinnung der Meinungsführerschaft für die eigenen Interessen sein könnte.
Mit dem Antisemitismus in Österreich zwischen 1933 und 1938 befasst sich der gewichtige Sammelband der beiden Herausgeberinnen, der auf eine viertägige, multidisziplinär besetzte Veranstaltung mit gleichem Titel in dem Juridicum der Universität Wien von dem 23. bis 26. März 2015 unter dem Ehrenschutz des seinerzeitigen Bundespräsidenten zurückgeht und sowohl ungeplante Einbußen wie auch unerwartete Zuwächse verarbeitet. Er umfasst im Ergebnis insgesamt 59 Referate, die in neun Abteilungen gegliedert sind. Diese betreffen nach einleitenden Streiflichtern Grundlagen, Politik und Religion, Kunst und Kultur, Wirtschaft und Berufe, Wissenschaft, Bundesländer, Justiz, Mikr |
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Bremm, Klaus-Jürgen, Die Waffen-SS – Hitlers überschätzte Prätorianer. Theiss, Darmstadt 2018. 362 S. 26 Abb., 8 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Bremm, Klaus-Jürgen, Die Waffen-SS. Hitlers überschätzte Prätorianer. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2018. 362 S., 26 Abb., 8 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
2014 hat der Rezensent an dieser Stelle mit Band 74 der Reihe „Krieg in der Geschichte“ des Verlagshauses Ferdinand Schöningh in Paderborn einen Band vorgestellt, der den Worten seiner Herausgeber Jan Erik Schulte, Peter Lieb und Bernd Wegner zufolge mit dem Anspruch auftrat, „der erste wissenschaftliche Sammelband zur Geschichte der Waffen-SS überhaupt“ zu sein. In den dort versammelten Beiträgen wurden nicht nur die einschlägigen, das Thema berührenden Forschungssektoren auf dem Stand der Zeit dargelegt, sondern auch „noch so manches unbearbeitete Forschungsfeld“ geortet. So erachtete man „innovative Ansätze und weitere Fallstudien [für] nötig, um die Frage zu beantworten, ob die militärischen Leistungen der Waffen-SS auf dem Schlachtfeld ihren Selbstanspruch als Elite wirklich begründen konnten“, weshalb „eine Operationsgeschichte der Waffen-SS […] des Forschens noch wert“ sei. Auch in der Frage der Kriegsverbrechen bestehe weiterhin Klärungsbedarf, weshalb systematische Vergleiche zwischen Wehrmacht und Waffen-SS für den südosteuropäischen und vor allem für den sowjetischen Kriegsschauplatz wünschenswert seien. Ein weiteres Desideratum erblickten die Schöpfer dieses Bandes damals in wirkungsgeschichtlich orientierten Untersuchungen zur Propaganda und zu den Folgen und Kontinuitäten der Geschichte der Waffen-SS. 2017 konnte Jochen Lehnhardt unter dem Titel „Die Waffen-SS: Geburt einer Legende“ – auch über diese Arbeit hat der Rezensent berichtet – nachweisen, wie sehr das gängige Bild der soldatischen Elite von dem SS-eigenen Propagandaapparat geformt und geschickt über die Medien verbreitet worden ist, sodass es bis in die unmittelbare Gegenwart immer noch in die Darstellungen diverser Historiker und Publizisten einfließt.
In die monierte Forschun |
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Nachschlagewerk des Reichsgerichts Gesetzgebung des Deutschen Reichs. Band 10 Zivilprozessordnung §§ 545-1024, Nachtrag zu § 242 BGB (Geldentwertung und Aufwendung), hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter (= Nachschlagewerk des Reichsgerichts – Gesetzgebung des Deutschen Reichs 10). Lang, Frankfurt am Main 2016. 711 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerNachschlagewerkdesreichsgerichts10zivilp20181129 Nr. 16848 ZIER 8 (2018) 07. IT
Nachschlagewerk des Reichsgerichts Gesetzgebung des Deutschen Reichs. Band 10 Zivilprozessordnung §§ 545-1024, Nachtrag zu § 242 BGB (Geldentwertung und Aufwendung), hg. v. Schubert, Werner/Glöckner, Hans Peter (= Nachschlagewerk des Reichsgerichts – Gesetzgebung des Deutschen Reichs 10). Lang, Frankfurt am Main 2016. 711 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach Carl Friedrich von Savigny hatten die Deutschen bis zu seiner eigenen Zeit niemals ein einheitliches Recht, weshalb er das klassische, von nachklassischen Entstellungen befreite römische Recht als eigentliches Recht der Deutschen verstand und die Rezeption des römischen Rechtes als Fortschritt begrüßte. Dementsprechend war mangels eines einheitlichen Rechtes in Gegensatz zu anderen Ländern Europas auch die Entwicklung eines zentralen Höchstgerichts schwierig, obwohl die königliche Gerichtsbarkeit dafür eigentlich eine ausreichende Grundlage hätte sein können und das Reichskammergericht und der Reichshofrat des Heiligen römischen Reiches seit 1495 in diese Richtung wirkten. Deswegen kommt dem an dem 1. Oktober 1879 mit fünf Zivilsenaten und drei Strafsenaten in Leipzig eröffneten Reichsgericht des zweiten Deutschen Reiches von 1871 für das deutsche Recht besondere Bedeutung zu.
Dieser ist Werner Schubert in dem Rahmen seiner bewundernswerten Editionstätigkeit neuerer deutscher Rechtsquellen in hervorragender Weise gerecht geworden, indem er seit 2005 zusammen mit Peter Glöckner Entscheidungen des Reichsgerichts in Kurzform von Leitsätzen veröffentlichte. Seitdem sind entsprechende Bände für die Kaiserzeit I Haftpflicht-, Börsen-, Versicherungs- und Kriegsnotrecht, Kaiserzeit II Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Weimarer Zeit Verfassungs-, Aufwertungs-, Arbeits-, Miet- und Pachtnotrecht, NS-Zeit Beamten-, Anerben-, Arbeits-, Patent- und Aktienrecht sowie Sonderrecht für die |
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Weiss, Sabine, Maximilian I. - Habsburgs faszinierender Kaiser. Tyrolia, Innsbruck 2018. 400 S., 303 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Maximilian wurde auf der Burg in Wiener Neustadt in der damaligen Steiermark an dem 22. März 1459 als Sohn Kaiser Friedrichs III. (1415-1493, 1424 Herzog der Steiermark, Kärntens und Krains, 1439 Herzog von Österreich, 1440 König des Heiligen römischen Reiches, 1452 Kaiser) und Eleonores von Portugal (1436-1467) geboren und war seit seiner Geburt Erzherzog von Österreich. An dem 21. April 1477 (ohne tatsächliche Anwesenheit) bzw. in Gent an dem 19. August 1477 heiratete er nach Verhandlungen seit 1463 die Erbherzogin Maria von Burgund, die Erbtochter des kurz vorher verstorbenen Herzogs Karl des Kühnen, die nach der Geburt dreier Kinder aber bereits 1482 bei einem Jagdunfall starb, so dass Burgund an ihren vierjährigen Sohn Philipp fiel, für den Maximilian als Vormund wirkte. An dem 16. Februar 1486 wurde Maximilian zu dem König des Heiligen römischen Reiches gewählt und an dem 4. Februar 1508 nahm er mit Zustimmung des Papstes den Titel erwählter römischer Kaiser an.
An dem 12. Januar 1519 starb er auf der Burg Wels in Oberösterreich. Aus Anlass des 500. Todestags ergriff Sabine Weiss, die seit ihrer Studienzeit in Graz unter Hermann Wiesflecker mit Maximilian eng verbunden war und nach ihrem Ausscheiden aus dem entsprechenden Bearbeiterteam durch Übersiedelung nach Innsbruck 2004, 2008 und 2010 wichtige Werke zu Maximilian und seinem Umfeld vorlegte, die Gelegenheit, Maximilians Leben neu zu beleuchten. Ihr Ziel war es dabei nicht, die fünfbändige Biographie Maximilians Hermann Wiesfleckers zu ersetzen, sondern aus den Quellen heraus die Ereignisse des bewegten Lebens hervorzuheben, die zukunftweisend waren wie die Weitung des Horizonts über Österreich hinaus bis nach Amerika und Asien, die Begründung der Donaumonarchie bis nach Südosteuropa und die langjährige Verknüpfung Österreichs mit dem Kaisertum |
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Jilge, Britta, Kurkölnisches Erbrecht und ius commune (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 28). Lit, Berlin 2016. XIV, 193 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das Erbrecht ist in der Geschichte der Menschheit die Folge von besonderen Rechten des Einzelnen an einzelnen Sachen und später auch einzelnen Rechten. Mit der ausschließlichen Zuordnung eines Faustkeils zu einem bestimmten Menschen stellte sich von selbst die Frage, was damit in dem Augenblick des Todes des Trägers geschehen konnte, sollte oder durfte. Dementsprechend haben sich grundsätzlich in allen menschlichen Kulturen diesbezügliche Regeln entwickelt, die freilich in dem Einzelnen unterschiedlich gestaltet sein konnten.
Mit einem Einzelaspekt dieser allgemeinen Gegebenheit beschäftigt sich die vorliegende von Christoph Becker angeregte und betreute Dissertation, die in ihren Quellen auch vier handschriftliche Darlegungen von Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels berücksichtigen konnte. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über ius commune und seine Bedeutung für die Territorialgesetzgebung sowie über die kurkölnische Rechtsordnung von 1663 in vier Sachkapitel. Sie betreffen die Intestaterbfolge, das Ehegattenerbrecht, das Testamentsrecht und das Pflichtteilsrecht.
In dem ansprechenden Ergebnis der Verfasserin ist die Rechtordnung von 1663, der in Kurköln wie in vielen anderen Territorien des Heiligen römischen Reiches ein Zustand „ohne Aufzeichnung seiner Gesetze vor dem 16. Jahrhundert und danach die erste offizielle Aufzeichnung des Landesrechts in Kurköln in der Form der kurkölnischen Reformation von 1538 vorausgehen (vgl. dazu die unvollständige Anmerkung 52 der Verfasserin Die Reformation wird unter dem Titel „des Erzstifftes Köln Reformation dere weltlicher Gericht – Rechts u. Pollizei“ Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen, Band 2, S. 396.), ein typisches Gesetz seiner Zeit, das durch die Regelungen des gemeinen Rechtes ergänzt wird, aber in kein |
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Liedloff, Julia, Föderale Mitwirkung an den Unfallversicherungsgesetzen im Kaiserreich (1884-1911) (= Föderalismus in historisch vergleichender Perspektive 4). Nomos, Baden-Baden 2017. 443 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der Grundsatz, dass der Herr den Fall spürt, wurde mit der Industrialisierung seit dem 18. Jahrhundert und der Entstehung vieler Arbeitnehmer immer fragwürdiger, weil immer mehr Menschen einen Unfall als fremdbestimmte Arbeiter erlitten. Eine in diesem Bereich des Tätigwerdens auch für andere mögliche Gefährdungshaftung des Arbeitgebers, in dessen Interesse die Arbeitnehmer gefährliche Arbeiten durchführten, war aber unter Geltung des Verschuldensprinzips des 19. Jahrhunderts schwer zu verwirklichen. Außerdem waren auch Rechtsstreitigkeiten zwischen wirtschaftlich starken Arbeitgebern und wirtschaftlich schwachen Arbeitnehmern problematisch.
Diese Interessenlage nutzte Reichskanzler Otto von Bismarck in seiner Abwehr des Vordringens der sozialistischen Parteien unter den Wählern des von ihm geleiteten zweiten Reiches dahingehend, dass er durch die kaiserliche Botschaft von dem 17. November 1881 die in dem Grundsatz auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung aufbauende Sozialversicherung vorschlug, zu der auch die (soziale) Unfallversicherung zählte, mit der sich die 1980 geborene, in Aachen in Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft und anglistischer Literaturwissenschaft ausgebildete Verfasserin in der größtenteils während ihrer dreijährigen wissenschaftlichen Tätigkeit an dem früheren Institut für europäische Regionalforschungen der philosophischen Fakultät der Universität Siegen in dem Rahmen des übergeordneten Projekts Integrieren durch Regieren - Funktionsweisen und Wandel des Föderalismus in dem Deutschen Reich zwischen 1871 und 1914 entstandenen vorliegenden Untersuchung beschäftigte. Diese Arbeit gliedert sich nach einer Einleitung über die thematische Eingrenzung, das methodische Vorgehen, Forschungsst |
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Edictum Theoderici regis – Das „Gesetzbuch“ des Ostgotenkönigs Theoderich des Großen – Zweisprachige Gesamtausgabe Lateinisch und deutsch –Mit Einleitung und Kommentar, hg. v. König, Ingemar. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2018. 239 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das Edictum Theoderici ist der nur durch einen frühneuzeitlichen Druck Pierre Pithous von 1579 aus vielleicht zwei seitdem verschollenen Handschriften überlieferte Rechtstext der ausgehenden Spätantike, der in 155 kurzen, zeitlich geordneten Kapiteln unter Verwendung des Codex Theodosianus, des Codex Gregorianus und des Codex Hermogenianus sowie der so genannten Paulussentenzen und der Responsen des Paulus verschiedenste Gegenstände behandelt. Streitig ist seine genaue Entstehungszeit. Umstritten ist auch die Zuordnung zu dem Ostgotenkönig Theoderich dem Großen.
Mit dem Text befasst sich das vorliegende Werk des in Saaz 1938 geborenen, von 1960 bis 1967 in Geschichte, Romanistik (französisch) und Germanistik in Tübingen, Genf und Bern ausgebildeten, in Tübingen 1967 mit einer Dissertation über die Meilensteine der Gallia Narbonenis in dem Straßenwesen promovierten, anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Seminar für alte Geschichte und Epigraphik der Universität Bern und ab 1972 als akademischer Rat an der Universität Trier tätigen, dort 1983 habilitierten und ab 1988 als außerplanmäßiger Professor wirkenden, seit 2004 in dem Ruhestand forschenden Herausgebers. Er will, um das von ihm festgestellte wachsende Interesse an Theoderich dem Großen weiter zu unterstützen, nach seinem Vorwort erstmals eine eher für den Historiker als den Juristen gedachte „deutsche zweisprachige“ Ausgabe des Edictum vorlegen, bei dem sich der Kommentar auf den reinen Inhalt der Edikte beschränkt und nicht die juristische Frage der Rechtsabfolge und Rechtsbezüge ansprechen oder gar diskutieren will. Aus diesem Grunde wurde der Text dem klassischen Werk der Fontes Iuris Ro |
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Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit. Band 12 Königreich Schweden und Herzogtümer Pommern und Mecklenburg, hg. v. Härter, Karl/Zapnik, Jörg/Frohnert, Pär (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 306). Klostermann, Frankfurt am Main 2017. XII, 1-368, IX, 369-1019 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Das Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit ist ein hervorragendes, von Michael Stolleis geleitetes Sammlungsprojekt wichtiger öffentlicher Rechtsquellen, das die Geschichte des öffentlichen Rechtes in vorzüglicher Weise abstützt. Sein erster Band erschien als Sonderheft 84 von Ius Commune und erfasste Deutsches Reich und die drei geistlichen Kurfürstentümer Kurmainz, Kurköln und Kurtrier. Es folgten, grundsätzlich von jeweils unterschiedlichen Bearbeitern erstellt, 1998 Brandenburg/Preußen mit den Nebenterritorien Kleve-Mark, Magdeburg und Halberstadt, 1999 wittelsbachische Territorien (Kurpfalz, Bayern, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach, Jülich-Berg, Pfalz-Zweibrücken), 2001 Baden und Württemberg, (in den Studien zur europäischen Rechtsgeschichte) 2004 Reichsstädte 1 (Frankfurt am Main), 2005 Reichsstädte 2 (Köln), 2006 Orte der Schweizer Eidgenossenschaft (Bern und Zürich), 2007 Reichsstädte 3 (Ulm), 2008 Dänemark und Schleswig, 2010 Reichsstädte 4 (Speyer, Wetzlar, Worms) und 2016 die Fürstbistümer Augsburg, Münster, Speyer und Würzburg.
Diesem bisherigen eindrucksvollen Ergebnis werden nunmehr in dem zwölften Band der gewichtigen Reihe das Königreich Schweden und die Herzogtümer Pommern und Mecklenburg angeschlossen, deren Erfassung einschließlich der zugehörigen Einleitungen den aktuellen landesgeschichtlichen Forschungsstand daher nicht mehr umfassend darstellen können, sondern dem Leser hauptsächlich wesentliche Hintergrundinformationen für die Benutzung vermitteln sollen. Auf dieser hilfreichen Grundlage beginnt der von Pär Frohnert betreute Teil Schweden unter Gustav Vasa mit einem ersten Stück (K. brev) von de |
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Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512. Deutsche Reichstagsakten, Mittlere Reihe, Deutsche Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11, 3 Teilbände, hg. v. d. Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften, bearb. v. Seyboth, Reinhard. De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2017. 2811 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Nach den Akten zu den Reichsversammlungen von 1491 bis 1493, die 2008 in zwei Teilbänden erschienen sind, legt der Bearbeiter nach zehn Jahren nun eine umfangreiche Quellensammlung zu den in der Forschung bisher verhältnismäßig wenig beachteten Reichstagen der Jahre 1510 und 1512 vor mit ungedruckten Quellen aus Aachen, Augsburg, Bamberg, Basel, Berlin, Bern, Colmar, Darmstadt, Dresden, Duisburg, Erfurt, Esslingen, Frankfurt am Main, Hagenau, Hannover, Heidelberg, Innsbruck, Karlsruhe, Koblenz, Köln, Landau, Linz, London, Lübeck, Magdeburg, Mantua, Marburg, Meiningen, Mühlhausen, München, Nördlingen, Nordhausen, Nürnberg, Paris, Ravensburg, Rothenburg ob der Tauber, Salzburg, Sankt Pölten, Schwerin, Sigmaringen, Speyer, Straßburg, Stuttgart, Trier, Überlingen, Ulm, Venedig, Weimar, Wertheim, Wien, Wolfenbüttel, Worms, Würzburg und Zürich. Die beiden Zusammenkünfte hängen zeitlich und inhaltlich eng zusammen. Aus diesen Gründen ist die gemeinsame Edition naheliegend und vorteilhaft.
Dem Vorwort des Abteilungsleiters, in dem auch der Stand der Arbeiten an den Bänden 7, 10, 12 und dem geplanten Abschlussband 13 mitgeteilt wird, und dem Vorwort des Bearbeiters sowie dem Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen folgt auf den Seiten 71 bis 116 eine umfangreiche, sachkundige Einleitung des Bearbeiters über Konzeption und Gliederung, die Quellen und ihre Darbietung sowie den Reichstag zu Augsburg, den kaiserlichen Tag in Überlingen 1510 und die Reichstagsprojekte des Jahres 1511 sowie den Reichstag zu Trier und Köln bis zu dem Vollzug der Reichstagsbeschlüsse von Köln. Die Edition der von deutlichen Intere |
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Knipp, Kersten, Im Taumel – 1918 – Ein europäisches Schicksalsjahr. Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2018. 422 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die wohl seit mehr als 100000 Jahren erkennbare und in der jüngsten Vergangenheit immer stärker zunehmende Verdichtung des menschlichen Lebens hat viele auffällige Folgen von der Globalisierung des Handels bis zu der Bedrohung durch die Klimaerwärmung nach sich gezogen. Zu ihnen ist auch die von Verkehrstechnik und Waffentechnik ermöglichte Wirklichkeit weltweiter Kriege zu zählen, wie sie 1914 erstmals sichtbar wurde. Da sich das Ende dieses ersten mörderischen Ringens um die Vorherrschaft eines Staates auf der Welt zu dem hundertsten Male jährt, sind zu Erinnerung, Aufklärung und Mahnung zahlreiche Studien erschienen.
Der 1966 geborene Verfasser der vorliegenden Darstellung wurde in Köln 1997 mit einer Dissertation über zerbrechliche Bilder (Identitätskonstruktion im Werk Autran Dourados) promoviert. Seitdem hat er an vielen verschiedenen Stellen als Publizist und Journalist etwa über Ästhetik und Emanzipation, Flamenco, das ewige Versprechen oder den nervösen Orient publiziert, wobei Zeitgeschichte und Politik in dem Vordergrund stehen. 1918 ist für ihn das Schicksalsjahr, in dem das alte Europa krachend zusammenbricht, die Vielvölkerreiche zerfallen, neue Staaten auf der Landkarte entstehen und Nationalismus und ethnischer Chauvinismus ihr Haupt erheben, wofür auf dem Umschlag Kämpfe in dem Berliner Zeitungsviertel Anfang 1919 um das von Spartakisten besetzte Verlagshaus Mosse als den Druckort des Berliner Tageblatts illustrativ verwendet werden.
Gegliedert ist das auf Spannung setzende, vielfältig bunt ausgreifende Werk in fünf Teile. Sie betreffen die europäische Erbmasse mit den letzten Kriegstagen des 11. November 1918 und den Folgen sowie dem Habsburgerreich und seinen Nationen, die Diplomatie im Krieg mit der Rückkehr Polens in die europäische Staatenwelt, d |
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Padovani, Andrea, Dall’alba al crepusculo del commento. Giovanni da Imola (1375 ca. - 1436) e la giurisprudenza del suo tempo (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 303). Klostermann, Frankfurt am Main 2017. XIV, 320 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Padovani, Andrea, Dall’alba al crepusculo del commento. Giovanni da Imola (1375 ca. - 1436) e la giurisprudenza del suo tempo (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 303). Klostermann, Frankfurt am Main 2017. XIV, 320 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wenn die mittelalterliche Rechtswissenschaft mit den Glossen des Irnerius beginnt, so sind seit diesem Anfang bis zu Giovanni da (oder Johannes von Imola) rund 300 Jahre vergangen. Die Zahl der in dieser Zeit ausgebildeten Juristen dürfte europaweit erheblich gewachsen sein. Dessenungeachtet sind Leben und Werke auch der bekanntesten und bedeutendsten unter ihnen wohl noch längst nicht ausreichend erforscht sein.
Das vorliegende Werk des Verfassers geht auf eine Anregung seines ersten Lehrers in Bologna vor mehr als 40 Jahren (Guido Rossi) zurück, die er aber zu Gunsten des von Bruno Paradisi von der Sapienza geäußerten Vorschlags der Beschäftigung mit der dottrina delle sostituzioni zurückstellte. Nach vielen anderen Untersuchungen hat er sich diesem älteren Anliegen aber wieder zugewandt und ihm eine ausführliche Darstellung gewidmet, die sich in fünf Kapitel gliedert. Diese betreffen die Kommentatoren seit Accursius insgesamt, das Leben Giovanni da Imolas, die Werke, die gedankliche Spannweite und die Juristen und die Rechtskultur in Imola.
Dabei verfolgt der Verfasser sehr sorgfältig das Leben des bei Baldus, Francesco Ramponi und Johannes von Lignano ausgebildeten, später in Pavia, Siena und Bologna tätigen Gelehrten von seiner Herkunft und Prägung bis zu dem Tod und den Nachkommen sehr sorgfältig. Bei den Schriften lassen sich neben zivilistischen Werken vor allem auch kanonistische Darstellungen nachweisen, die Johannes zu einem der bedeutendsten Kommentatoren der Dekretalen Gregors IX. werden ließen. Abgerundet wird das interessante und weiterführende Werk durch einen Anhang vierer weiterer Schriften, eine umfangreiche Bibliographie (S. 237-275), einen Index der komment |
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Schöps, Silke, Vom Stimmrecht zum Wahlrecht – Eine rechts- und verfassungsgeschichtliche Untersuchung zur politischen Partizipation von Frauen im Rahmen des bürgerlichen Verfassungsstaates des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts insbesondere in Sachsen. SV Saxonia Verlag für Recht, Wirtschaft und Kultur, Dresden 2017. LXI, 539 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schöps, Silke, Vom Stimmrecht zum Wahlrecht – Eine rechts- und verfassungsgeschichtliche Untersuchung zur politischen Partizipation von Frauen im Rahmen des bürgerlichen Verfassungsstaates des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts insbesondere in Sachsen. SV Saxonia Verlag für Recht, Wirtschaft und Kultur, Dresden 2017. LXI, 539 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Spätestens seit den Hochkulturen des Altertums war die Welt der Menschen zumindest äußerlich patriarchalisch geprägt. Die wohl überwiegend größeren, stärkeren und schnelleren Männer bestimmten das Geschehen in der Außenwelt, die wohl überwiegend kleineren, schwächeren und langsameren Frauen die inneren Beziehungen zu den Kindern und ab der Sesshaftwerdung in dem Haus. Diese grundsätzliche Rollenverteilung änderte sich wesentlich anscheinend erst mit der Aufklärung.
Die vorliegende umfangreiche Untersuchung ist die bis zu seinem Tode in dem August 2015 von Dieter Wyduckel und danach von Martin Schulte betreute, in dem Sommersemester 2016 von der juristischen Fakultät der Technischen Universität angenommene Dissertation der bereits durch verschiedene aktuelle Editionen moderner Rechtsquellen hervorgetretenen, politisch aktiven Verfasserin. Sie gliedert sich nach Inhaltsverzeichnis, Quellen- und Literaturverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis und Einführung und Literaturstand (Aufgabenstellung und Ziel der Arbeit, Literaturstand, Gang der Untersuchung) in sieben Kapitel mit weiteren 18 chronologisch geordneten Untereinheiten. Sie betreffen begrifflich-systematische und verfassungsgeschichtliche Voraussetzungen, das Wahlrecht nach der Verfassungsgebung von 1831 und der Staatsreform 1831-1835, die Entwicklung des Frauenstimm- und Wahlrechts von 1838 bis 1866, die Reformphase nach dem Beitritt zu dem norddeutschen Bund 1866 und der Gründung des Kaiserreichs 1871, die Zeit von den Wahlrechtskämpfen um 1900 bis zu dem Ende der Monarchie in Sachsen 1918 und schließlich die Einführung des Frauen |
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Die „Neuordner“ Europas beim Wiener Kongress 1814/1815, hg. v. Böttcher, Winfried. Nomos, Baden-Baden 2017. 252 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Die „Neuordner“ Europas beim Wiener Kongress 1814/1815, hg. v. Böttcher, Winfried. Nomos, Baden-Baden 2017. 252 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Nach dem Ende der Vorherrschaft Napoleon Bonapartes in Europa tagte in Wien (aber niemals in einem Plenum) ein Kongress der an den napoleonischen Kriegen beteiligten großen Mächte über die künftige politische Gestaltung, die in dem Ergebnis weitgehend die Erhaltung des vorrevolutionären Zustands bedeutete. Von einem Kupferstich Jean Godefroys (1771-1839) nach einem Gemälde Jean-Baptiste Isabeys (1767-1855) einer Sitzung der an dem Traktate von Paris beteiligten Mächte des Jahres 1819 geht der vorliegende Sammelband aus. Er will nach einer Einführung des Herausgebers über den Zeitgeist in dem Umbruch von dem Ancien Régime zu der Moderne, Napoleons Europabild, das Europabild der Restaurateure und ihre Interessen, eine Auswahl wichtiger Akteure und die verwendete Literatur die Neuordner lexikalisch erfassen.
Sein Herausgeber wurde 1936 in Morbach geboren, studierte nach dem Abitur in Bernkastel-Kues 1956 an der Technischen Hochschule in Aachen Maschinenbau und nach dem ersten Staatsexamen 1963 zusätzlich neuere Geschichte, Volkswirtschaftslehre und politische Wissenschaft, wobei er von 1965 bis 1967 an die London School of Economics wechselte. 1970 wurde er als wissenschaftlicher Assistent Klaus Mehnerts mit einer Dissertation über das Deutschlandbild der Engländer 1960-1966 promoviert und wirkte als akademischer Rat und akademischer Oberrat an dem Institut für politische Wissenschaft in Aachen, wo er 1973 zu einem Professor mit dem Schwerpunkt internationale Politik, Friedenspolitik und Europapolitik berufen wurde. In dem Mittelpunkt seiner Interessen steht der Friede in Europa, zu dessen Gunsten die Nationalstaaten der Vergangenheit zurückzutreten haben.
Sein vorliegendes Werk versteht sich als lexikalische Ergänzung über die in der Literatur erwähnten wichtigsten Akteure des Wiener Kong |
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Sozialgerichtsbarkeit und NS-Vergangenheit. Karrierewege, Konflikte, Rechtsprechung am Beispiel Nordrhein-Westfalen, hg. v. Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (= Juristische Zeitgeschichte Nordrhein-Westfalen 22). Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2016. 343 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Nach dem Vorwort des Justizministers Nordrhein-Westfalens waren, nachdem der Gesetzgeber 2002 und damit 57 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs auf internationalen Druck das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto erlassen hatte, die gesetzliche Rentenversicherung als Leistungsträgerin und die Sozialgerichtsbarkeit als für einschlägige Rechtsstreitigkeiten zuständige Gerichtsbarkeit mit Fragen zu den Arbeitsbedingungen und Lebensbedingungen von Juden in Ghettos befasst. Weil anfangs viele Anträge abgelehnt wurden, erfuhren die Bewilligungspraxis der Rentenversicherung und die bei Rechtsstreitigkeiten erlassenen Urteile der Sozialgerichte starke Kritik (aus dem Inland und aus dem Ausland). Als Folge änderte das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung, womit deutlich mehr Renten bewilligt und ausgezahlt wurden.
Das in diesem Zusammenhang auf Grund der Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Rheinland für Antragsteller aus Israel in dem Mittelpunkt der Kritik stehende Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen versuchte deswegen die öffentliche Auseinandersetzung mittels einer Fachtagung, einer Israelreise, einer Wanderausstellung und zahlreicher Vorträge und Publikationen von Richterinnen und Richtern der Sozialgerichtsbarkeit. Es ergriff dabei auch die Initiative, zusammen mit dem Justizministerium des Landes die nationalsozialistische Vergangenheit von Richtern der nordrhein-westfälischen Sozialgerichte wissenschaftlich erforschen zu lassen, womit die Dokumentationsstelle und Forschungsstelle der Sozialversicherungsträger auftragt wurde. Dabei ergab sich, dass die Zahl |
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Das Ende der Monarchie in den deutschen Kleinstaaten. Vorgeschichte, Ereignis und Nachwirkungen in Politik und Staatsrecht 1914-1939, hg. v. Gerber, Stefan (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe 54). Böhlau, Köln 2018. 354 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Das Ende der Monarchie in den deutschen Kleinstaaten. Vorgeschichte, Ereignis und Nachwirkungen in Politik und Staatsrecht 1914-1939, hg. v. Gerber, Stefan (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe 54). Böhlau, Köln 2018. 354 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Monarchie als die Staatsform, bei der grundsätzlich ein einzelner Mensch, der seine Stellung vielfach von einem Gott ableitet, als Träger der Staatsgewalt an der Spitze des Staates steht, hat sich vermutlich parallel zu der Bildung von Staaten überhaupt entwickelt. Sie ist für das Altertum vielfach bezeugt, auch wenn sie dort teilweise sogar für längere Zeit von Republik und Demokratie abgelöst wird. Diese sind dann aber in der Folge grundsätzlich wieder von der Monarchie ersetzt worden, so dass zumindest Europa in der frühen Neuzeit bis zu der Revolution in Frankreich in dem Jahre 1789 von Monarchen beherrscht wurde, deren Familien sogar in der Gegenwart verschiedentlich noch das Staatsoberhaupt stellen, wenngleich sie inhaltlich durchweg die politische Macht verloren haben und eigentlich nur noch Entscheidungen der tatsächlichen Machtträger verkünden und repräsentativ wirken dürfen.
Diese Umwandlung von der Monarchie vollzog sich in dem deutschen Sprachraum ziemlich plötzlich an dem Ende des ersten Weltkriegs vor einigermaßen genau einhundert Jahren. Die diesbezüglichen Forschungslagen, Problemkonstellationen und Fragen standen in dem Hintergrund der von der Forschungsstelle für neuere Regionalgeschichte Thüringens an der Universität Jena an dem 13. und 14. Oktober veranstalteten Tagung über das Ende der Monarchien in den deutschen Kleinstaaten. Die seinerzeit vorgelegten Referate stellt der von Stefan Gerber, der in Grimma 1975 geboren, nach dem Abitur des Jahres 1993 in Jena in Geschichte, Germanistik und Erziehungswissenschaft ausgebildet, 2003 als Promotionsstipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes bei Hans-Werner Hahn pro |
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Lipstadt, Deborah, Der neue Antisemitismus, aus dem Englischen von Pauli, Stephan. Berlin Verlag, München 2018. 304 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der Mensch lebt von seinen ersten Anfängen an in der Spannung zwischen Individuum und Sozialwesen, so dass er zwar ein besonderes Einzelwesen ist, aber ohne mitmenschliche Umgebung nicht bestehen kann. In diesem Rahmen bildet er ständig einzelne Vorstellungen, die er seinerseits Mitmenschen so zu vermitteln versucht, dass sie von ihnen erfasst und begeistert werden. Das führt angesichts der tatsächlichen Vielfalt wie von selbst zu Begegnungen mit Aufnahme und Ablehnung.
Die sich in diesem Zusammenhang mit der besonderen Thematik des Antisemitismus beschäftigende Verfasserin wurde 1947 in Manhattan in einer jüdischen Familie geboren und zu einem Bewusstsein erzogen, dass man zu Ungerechtigkeit nicht schweigen dürfe. Nach dem Studium in New York und Tätigkeiten in Los Angeles und Seattle wurde sie 2014 Dorot Professorin für moderne jüdische Geschichte und Studien über den Holocaust an der Emory University in Atlanta/Georgia. Allgemeiner bekannt wurde sie durch Arbeiten über das Verschweigen des Wissens von der Vernichtung des europäischen Judentums durch die Medien der Vereinigten Staaten von Amerika während des zweiten Weltkriegs (1986) und durch eine Geschichte der Leugnung des Holocaust (1993), auf Grund dessen es zu einer erfolglosen Klage David Irvings gegen die Verfasserin und ihren Verlag kam.
Gegliedert ist die grundsätzliche Untersuchung, deren englisches Original 2019 unter dem Titel Antisemitism Here and Now in New York erscheinen soll, nach einer allgemeineren Vorbemerkung in insgesamt sieben Kapitel. Sie betreffen den Antisemitismus im Sinne des Hasses auf Juden als einen Wahn, die von dem Extremisten über Steigbügelhalter und Salonantisemiten bis zu den Ahnungslosen reichenden Typen, den Antisemitismus in dem Kontext von fraglichem geistigem Versagen, Delegitimation und |
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Nationalsozialismus und Recht. Zweite und dritte Babelsberger Gespräche, hg. v. Hermann, Hans-Georg/Lahusen, Benjamin/Ramm, Thilo u. a. Nomos, Baden-Baden 2018. 313 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Nationalsozialismus und Recht. Zweite und dritte Babelsberger Gespräche, hg. v. Hermann, Hans-Georg/Lahusen, Benjamin/Ramm, Thilo u. a. Nomos, Baden-Baden 2018. 313 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Darmstadt 1925 als Sohn eines früh verstorbenen kaufmännischen Angestellten geborene hochbegabte und geschichtlich sehr interessierte Thilo Ramm entwickelte trotz Zugehörigkeit zu dem Jungvolk des Nationalsozialismus wegen des Kriegstods seines 1942 gefallenen Bruders bald einen persönlichen Hass gegen Adolf Hitler. Während des nach dem Abitur in Marburg aufgenommen und in Breslau, Frankfurt am Main und wieder Marburg weiter betriebenen Studiums wurde er Gegner des Nationalsozialismus und verlor wegen des Erzählens politischer Witze die zunächst zugestandene Rückstellung von dem Wehrdienst, so dass er in einer Nachrichtenaufklärungseinheit der Reichswehr in Frankreich eingesetzt wurde. Nach seiner bei Fritz von Hippel in Marburg 1949 erfolgten Promotion über Ferdinand Lassalle und der nach einer Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaft zur Wahrung der Bürgerrechte ebenfalls bei Fritz von Hippel in Freiburg im Breisgau mit einer Schrift über die großen Sozialisten als Rechts- und Sozialphilosophen erreichten Habilitation wurde er 1962 nach Gießen und 1977 an die Fernuniversität Hagen berufen, wo er in erster Linie arbeitsrechtlich und allgemein privatrechtlich wirkte, sich aber bereits 1984 besonders dem nationalsozialistischen Familienrecht und Jugendrecht widmen konnte.
Seine frühe Gegnerschaft zu dem Nationalsozialismus gewann wieder an Gewicht, nachdem er zusammen mit Stefan Christoph Saar in Potsdam-Babelsberg eine allgemeine Grundlage gefunden hatte, aus der sich Babelsberger Gespräche über Nationalsozialismus und Recht entwickeln konnten. Nach dem Vorwort des vorliegenden, Thilo Ramm nach seinem Tode an dem 17. Juni 2018 gewidmeten Bandes ermunterte die positive Resonanz auf die erste Tagung zu einer Fortsetzungstagung in Mü |
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Briefe der Liebe – Henriette von der Malsburg und Georg Ernst von und zu Gilsa 1765 bis 1767, hg. v. Leuschner, Ulrike (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 46 = Kleine Schriften 15). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2018. 272 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Seit seiner Entstehung hat der Mensch einen festen, aus unterschiedlichen organischen Massen zusammengesetzten Körper, der sich von der Empfängnis bis zu dem Tode unaufhörlich nach wohl vorgegebenen Regeln verändert. In ihm sind an unbekannter Stelle in unbekannter Weise unterschiedlichste unkörperliche Gedanken und Gefühle möglich, die sich nur bedingt erklären und gestalten lassen. Zu ihnen zählt vielleicht von unbekannten vormenschlichen Anfängen an auch die letztlich der Arterhaltung dienende Liebe, die kaum überbietbare Freuden und ebenso wenig beherrschbare Leiden verursachen kann.
Mit den quellenmäßig belegten Auswirkungen eines vergangenen Einzelfalls befasst sich die vorliegende Edition, die von der alten Geschichte, dass ein Jüngling ein Mädchen liebt und wiedergeliebt wird, ausgeht, obwohl in den zugehörigen Adelskreisen der zugehörigen Zeit Liebe bei der Stiftung von Ehen nicht vorgesehen ist. Henriette von der Malsburg ist 1764 sechzehn Jahre alt, als sie in Marburg den acht Jahre älteren Georg Ernst von und zu Gilsa kennenlernt und anschließend heiratet. Nach dem ersten Ehejahr stirbt sie in dem Kindbett und ihr Ehemann trauert lebenslang um sie und verwahrt als Zeugnisse der vergänglichen Gemeinsamkeit den Briefwechsel, der bei dem Ordnen der Bibliothek der Familie von und zu Gilsa wiedergefunden wird.
Die 1953 geborene, nach dem Studium von Germanistik und Philosophie in Würzburg mit einer Edition von Maler Müllers „Dramatisirtem Faust“ 1996 promovierte und seit 2000 in Darmstadt in der neueren deutschen Literaturwissenschaft tätige Herausgeberin hat die insgesamt 122 Briefe des fast vollständig erhaltenen Schriftverkehrs der |
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Gerwarth, Robert, Die größte aller Revolutionen. November 1918 und der Aufbruch in eine neue Zeit, aus dem Englischen von Weber, Alexander. Siedler, München 2018. 384 S., 26 Abb., 2 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Gerwarth, Robert, Die größte aller Revolutionen. November 1918 und der Aufbruch in eine neue Zeit, aus dem Engl. v. Weber, Alexander. Siedler, München 2018. 384 S., 26 Abb., 2 Kart. Besprochen von Werner Augustinovic.
Dass die Geschichte der Weimarer Republik (1918 – 1933) von den Historikern vorwiegend unter dem Aspekt ihres Scheiterns interpretiert wird, liegt in hohem Maß an ihrem verunglückten Ende, der Kapitulation vor dem Nationalsozialismus. Nimmt man diesen Umstand zum Ausgangspunkt der Betrachtung, so erscheinen die zurückliegenden Jahre als solche, in denen sich die demokratische Ordnung unfähig erwies, den Aufstieg jener radikalen Kräfte von rechts und links, die man 1918/1919 nicht zu neutralisieren imstande war, wirksam zu unterbinden. In solch einer retrospektiven Wahrnehmung wird jedoch oft übersehen, dass der Nationalsozialismus sich erst in einer späten Phase der Republik, nämlich mit der Weltwirtschaftskrise 1929, zu einem Massenphänomen und damit zu einer politisch relevanten Kraft zu entwickeln vermochte. War es aber tatsächlich so, dass die breite Masse der deutschen Bevölkerung der Republik von Anfang an ablehnend gegenüberstand?
Um dieser Frage nachzugehen, richtet Robert Gerwarth, der in Oxford promovierte, heute als Professor für Moderne Geschichte am University College in Dublin lehrende Geschichtswissenschaftler, dessen Publikationen zum Bismarck-Mythos (2007), über den Chef des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich (2011) und zu den Besiegten des Ersten Weltkriegs (2017) allgemeine Aufmerksamkeit und Lob geerntet haben, seinen Blick nun speziell auf die revolutionären Jahre von 1918 bis 1923. Dabei geht es ihm darum, diese Zeit aus der Perspektive der Zeitgenossen zu rekonstruieren, um zu validen Aussagen darüber zu gelangen, welche Hoffnungen und Erwartungen im Hinblick auf die demokratische Ordnung die Öffentlichkeit bestimmten und welche Faktoren maßgebliche Änderungen der Stimmung indizierten. Sein |
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Slawik, Julian, Die Entstehung des deutschen Modells zum Schutz von Unternehmensgeheimnissen – Ein Beitrag zur Geschichte des geistigen Eigentums (= Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 126). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. 778 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Wohl seit frühen Zeiten steht der Mensch zu den meisten Mitmenschen in einem Wettbewerb um die günstigsten Lebensbedingungen. Dessenungeachtet gab es für den Erfinder des Rades keinen Schutz für die von ihm entwickelte Möglichkeit der Herstellung dieses für die gesamte spätere Menschheit vorteilhaften Geräts, weil zu dieser Zeit selbverständlich jedermann ohne weiteres nachbauen durfte, was er bei einem anderen gesehen hatte. Erst in der Neuzeit setzte sich die Vorstellung allmählich durch, dass jede Idee eigentlich ihrem Urheber zu der ihn grundsätzlich ausschließlich begünstigenden vorrangig wirtschaftlichen Verwertung zusteht.
Mit einem Teilaspekt dieser Entwicklung beschäftigt sich die von Diethelm Klippel betreute und auch von Ansgar Ohly und die Stiftung der deutschen Wirtschaft geförderte, in dem Wintersemester 2015/2016 von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth angenommene, für die Drucklegung redaktionell überarbeitete und geringfügig ergänzte Dissertation des 1982 geborenen, in Bayreuth und Cambridge ausgebildeten und nach der zweiten juristischen Staatprüfung seit 2015 als Rechtsanwalt in München tätigen Verfassers. Die umfangreiche Untersuchung gliedert sich nach einer Einleitung über Unternehmensgeheimnisse als Kristallisationspunkte divergierender Interessen und die historische Dimension ihres rechtlichen Schutzes in drei Teile. Diese betreffen die prägende Vorgeschichte in den Strafgesetzbüchern der deutschen Staaten vor 1871 und das Unternehmensgeheimnis in der Patentkontroverse, die Kontroverse über die (Wieder)Einführung eines Schutzes von Unternehmensgeheimnissen in dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von 1 |
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Schubert, Werner, Vom Konzessions- zum Normativsystem. Materialien zur Aktienrechtsnovelle 1870 (= Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht/ZGR – Sonderheft 21). De Gruyter, Berlin 2017. IX, 254 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die als Wort anscheinend 1828 erstmals belegte Aktiengesellschaft ist die Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ein in Aktien zerlegtes Grundkapital hat und für deren Verbindlichkeiten den Gläubigern (nur) das gesamte Gesellschaftsvermögen unbeschränkt haftet, nicht dagegen auch jeder Gesellschafter mit seinem sonstigen Vermögen. Auf der Grundlage erster Durchbrechungen des Grundsatzes der persönlichen Haftung des handelnden Kaufmanns infolge des wachsenden Kapitalbedarfs in Bergbau und Fernhandel in dem 15. Jh. entstand (auf römischen Grundlagen) nach Vorläufern (Genua 1407 St. Georgsbank) die Aktiengesellschaft aus den Bedürfnissen der Beschaffung hohen Kapitals und der Streuung großen Risikos in dem Kolonialhandel an dem Beginn des 17. Jahrhunderts (English East India Company 1600 zunächst als Rahmen für auf einzelne Unternehmungen beschränkte terminated stock companies, Vereinigte [Niederländische] ostindische Handelscompagnie VOC 20. 3. 1602. Sie beruht zunächst auf einem einzelnen Privileg, entwickelt sich später aber weiter.
Nach dem knappen Vorwort des verdienstvollen Verfassers und Herausgebers des vorliegenden Werkes fanden 1847 in dem Innenministerium Preußens erste Überlegungen statt, das Erfordernis der Konzessionierung der Aktiengesellschaften, wie es in dem Gesetz über die Aktiengesellschaften für die königlich preußischen Staaten von dem 9. November 1843 festgelegt worden war, aufzugeben. Die in dem Ergebnis hieraus erwachsende Aktienrechtsnovelle von 1870 kann das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, mit dem Konzessionssystem gebrochen zu haben. Den Weg dorthin zeigen nach einer Einleitung zu dem Umfang der Edition, dem Aktiengesetzentwurf Preußens von 1869, den Berat |
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Hentschel, Volker, Wieder nichts Neues über Hitler – aber alles, was man über ihn weiß (und wert ist, gewusst zu werden) auf 248 Seiten. Aschendorff, Münster 2018. 248 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen KöblerHentschelwiedernichtsneuesüberHitler20181114 ZIER 8 (2018) 72. IT
Hentschel, Volker, Wieder nichts Neues über Hitler – aber alles, was man über ihn weiß (und wert ist, gewusst zu werden) auf 248 Seiten. Aschendorff, Münster 2018. 248 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Braunau an dem Inn an dem 20. April 1889 als Sohn des Zollamtsoberoffizials Alois Hitler (bis 1876 Schicklgruber) geborene Adolf Hitler ist der weltweit bekannteste Österreicher und Deutsche. Er enthielt der Allgemeinheit seine Person hinter seinen Reden und Taten nach Kräften vor, indem er kein Tagebuch führte, fast keine Briefe schrieb, Gespräche und Besprechungen unter seiner Beteiligung nur zeitweise und ausnahmsweise protokollieren ließ, vor seiner Selbsttötung befahl, alles, was sonst Auskunft über ihn geben könnte, zu vernichten, sein einziges Buch mit Unwahrheiten füllte, in seinen Reden Wahrheit und Lüge vermischte und in seinen Monologen in dem Führerhauptquartier ein wirklichkeitsfremdes Bild zeichnete. Gleichwohl kann nach dem Autor ein einzelner Mensch die zu Hitler seit 1945 geschriebene Literatur in ihrer ganzen Fülle nicht mehr überschauen, zur Kenntnis nehmen oder verwerten, obwohl seit vielen Jahren immer mehr Biographien mit wissenschaftlichen Ansprüchen erschienen sind.
Demgegenüber erhebt der in Aue in Sachsen 1944 geborene, nach mittlerer Reife als Industriekaufmann und nach Ablegung des Abiturs in Hamburg in Betriebswirtschaftslehre sowie Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte ausgebildete, 1974 mit einer Dissertation über die deutschen Freihändler und den volkswirtschaftlichen Kongress 1858 bis 1885 promovierte, als wissenschaftlicher Assistent in Heidelberg 1978 mit der Arbeit Wirtschaft und Wirtschaftspolitik im wilhelminischen Deutschland – organisierter Kapitalismus und Interventionsstaat für neuere Geschichte habilitierte, 1980 für Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte an die Universität Mainz berufene |
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Recht und Kultur im frühmittelalterlichen Alemannien. Rechtsgeschichte, Archäologie und Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, hg. v. Brather, Sebastian (= Rellexikon der germanischen Altertumskunde – Ergänzungsbände 102). De Gruyter, Berlin 2017. 348 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Die Alemannen sind ein wohl an dem Ende des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts vor allem aus elbgermanischen Sueben gebildeter, in dem 3. Jahrhundert erstmals erwähnter germanischer Stamm, der 259/260 den Limes der Römer durchbricht und das Gebiet an dem oberen Rhein besiedelt. 496/497 unterliegen sie unter einem König den Franken, deren König 746 ihr Herzogtum endgültig beseitigt. Christianisiert und mit einem eigenen, in dem 6. und 7. Jahrhundert aufgezeichneten Recht versehen, leben sie in den späteren Ländern Schwaben, Elsass, vielen Kantonen der Schweiz, Liechtenstein und Vorarlberg mit einer eigenen Umgangssprache fort.
Von dem 11. bis 13. Juli 2013 fand in Freiburg im Breisgau eine Tagung über alemannisches Recht und alltägliches Leben – Das frühe Mittelalter im interdisziplinären Gespräch statt. Veranstaltet wurde sie von dem 1984 gegründeten Forschungsverbund Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends in Südwestdeutschland, in dem die frühe Archäologie und die mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte an der Universität Freiburg verbunden sind. Die dortigen 14 Referate stellt der in fünf Abteilungen gegliederte Sammelband gedruckt der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Im Einzelnen betrachtet dabei nach einer Einführung des Herausgebers Heiko Steuer die Alamannia vom 6. bis 8. Jahrhundert aus Sicht der Archäologie, aus der die Alamannia nur eine Konstruktion ist, und Dieter Geuenich Geschichte, Sprache und räumliche Ausdehnung der Alemannen im 7. und frühen 8. Jahrhundert, wobei er darauf hinweist, dass die Sprachwissenschaft über keine gesicherte Methode verfügt, den Raum der Alamannia vor dem Ende des älteren alemannischen He |
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Peters, Gwendolyn, Kriminalität und Strafrecht in Kiel im ausgehenden Mittelalter. Das Varbuch als Quelle zur Rechts- und Sozialgeschichte (= Kieler Werkstücke, Reihe A Beiträge zur schleswig-holsteinischen und skandinavischen Geschichte 45). Lang, Frankfurt am Main 2017. XV, 161 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Einzelne Menschen haben sich wohl seit Entstehung der Menschheit abweichend von anderen verhalten, worauf die Mitmenschen ganz unterschiedlich reagieren konnten. Zwecks Verhinderung unerwünschten abweichenden Verhaltens entwickelten schon die Hochkulturen des Altertums das besondere Strafrecht, das von der Öffentlichkeit gegen Täter verhängte Strafen vorsah, ohne dass dadurch das gesamte Verhalten zu durchgehender Rechtstreue verändert wurde. Sachliche Voraussetzung für solche Regeln war dabei wohl ein handlungsfähiger und an der Einhaltung von Regeln zu dem Schutze der Allgemeinheit interessierter Staat.
Da es einen solchen bei den Germanen und in dem Frühmittelalter noch nicht gab und der Verletzte auf Selbsthilfe angewiesen war, entwickelte sich während dieser Zeit in diesen Räumen auch noch kein Strafrecht. Dies änderte sich anscheinend mit dem Hochmittelalter, wofür der Sachsenspiegel ein beredtes Zeugnis ablegt. Die in diesem Zusammenhang stehende Veröffentlichung ist nach dem Vorwort der Verfasserin eine überarbeitete Fassung ihrer von Johannes Rosenplänter angeregten, von Oliver Auge und Andreas Bihrer begleiteten und in dem April 2016 an dem Lehrstuhl für Regionalgeschichte der Universität Kiel eingereichten Masterarbeit, die sich nach einer kurzen Einleitung in acht Sachkapitel gliedert und von dem zwischen 1465 und 1546 auf Geheiß von Ratsherren unregelmäßig geführten Stadtbuch ausgeht, von dessen 68 Einträgen 66 Fälle von Gerichtsverhandlungen über 74 Angeklagte betreffen.
Als Kapitaldelikte treten in der auf lübischem Recht beruhenden Quelle Tötungsdelikte, Diebstahlsdelikte, Zauberei, Brandstiftung, Verge |
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McCarthy, Thomas J. H., The continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle (= Monumenta Germaniae Historica, Schriften 74). Harrassowitz, Wiesbaden 2018. XXVII, 257 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen McCarthy, Thomas J. H., The continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle (= Monumenta Germaniae Historica, Schriften 74). Harrassowitz, Wiesbaden 2018. XXVII, 257 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der wahrscheinlich in Bayern zu nicht genau bekannter Zeit geborene und an dem 17. Januar 1103 gestorbene Frutolf von Michelsberg war Mönch, Priester und zeitweise Prior in dem Kloster Michelsberg in Bamberg. Vielleicht als Lehrer, Schreiber und Bibliothekar bemühte er sich um eine deutliche Vermehrung des klösterlichen Buchbestands. Darüber hinaus verfasste er eine Chronik, die von der Schöpfung bis zu dem Jahre 1099 reicht und auf Grund ihres Umfangs und ihrer Ordnung als herausragende frühmittelalterliche Leistung angesehen wird.
Der Verfasser des vorliegenden Werkes über die an diese Chronik anschließenden Fortsetzungen ordnet es in das Gefolge seiner in dem Jahre 2014 geschaffenen Übersetzung der Chronik und ihrer Fortsetzungen und als Vorbereitung einer Ausgabe der Chronik Ekkehards von Aura ein. Zu Beginn seiner Tätigkeit war er von der herkömmlichen Zuschreibung der Fortsetzungen an Ekkehard von Aura durchaus überzeugt. In dem Laufe seiner Beschäftigung wuchsen aber die Zweifel an der Richtigkeit dieser Vorstellung.
Gegliedert ist das neue Werk nach einer kurzen Einleitung in insgesamt fünf Kapitel. Sie betreffen die Forschungsgeschichte der Fortsetzungen von Georg Pertz, Georg Waitz, Harry Bresslau und Schmale, die Forschungsgeschichte und Biographie Ekkehards von Aura von Johannes Trithemius, Georg Waitz, Harry Bresslau und Schmale, die Paläographie der Handschriften der Fortsetzungen J (Schreiber A, B, C) und C, die einzelnen Handschriften der Chronik in Jena, der Fortsetzung von 1101 in Karlsruhe, der Fortsetzung von 1106 in Prag und Wien, der Chronik Ekkehards in Berlin, Paris und Würzburg, der Fortsetzung von 1125 in Dresden, Erlangen, Gotha, Jena, Leipzig, Stuttgart, Venedig, Wien und Zeitz und schließlich Quellen, |
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Hincmari archiepiscopi Remensis epistolae – Die Briefe des Erzbischofs Hinkmar von Reims Teil 2, nach Vorarbeiten von Perels, Ernst/Ertl, Nelly hg. v. Schieffer, Rudolf (= Monumenta Germaniae Historica Epistolae VIII = Epistolae Karolini aevi VI). Harrassowitz, Wiesbaden 2018. VII, 229-464 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Der noch unter Karl dem Großen 800/810 in einer adeligen Familie geborene Hincmarus oder auch Incmarus wurde in Saint-Denis gebildet und kam 822 durch Vermittlung des Abtes Hilduin an den Hof Ludwigs des Frommen. Als Anhänger Karls des Kahlen wurde er in dem April 845 als Nachfolger des umstrittenen Erzbischofs Ebo Erzbischof von Reims, errang beachtlichen Einfluss, musste aber 882 vor den Normannen fliehen und starb in Épernay an dem 21. oder 23. Dezember dieses Jahres. Von ihm stammen verschiedene Traktate zu kirchlichen Tagesfragen, eine Fortsetzung der Annales Bertiniani sowie zahlreiche Briefe.
Die Briefe bearbeitete für die Monumenta Germaniae Historica zunächst Ernst Perels (1882-Flossenbürg 10. Mai 1945), der aber als „Halbjude“ 1935 seine Professur an der Universität Berlin verlor und 1939 auch die Arbeit an der Ausgabe der Briefe Hinkmars öffentlich beenden musste. 1939 erschien ein erster, schon länger ausgedruckter Faszikel der von Perels mit Unterstützung der 1938 mit einer Dissertation über Diktatoren frühmittelalterlicher Papstbriefe promovierten Nelly Ertl (1910-1991) erarbeiteten Briefe Hinkmars, der in Erwartung einer baldigen Fortsetzung ohne Titelei und dementsprechend namenlos veröffentlicht wurde. Nach nahezu achtzig Jahren folgt dem nun auf Grund des selbstlosen Einsatzes Rudolf Schieffers der zweite, das Gesamtwerk erheblich weiterführende Teil.
Er umfasst die Briefe 207* (Juni/Juli 868) bis 341* (Hinkmar an Abt Trasulf und den Konvent von Corbie wegen eines entlaufenen Mönches, den König Karl der Kahle in Gnaden aufgenommen hatte,) aus der Zeit zwischen 861 und Dezember 872. In dem drit |
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Clark, Christopher, Von Zeit und Macht. Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2018. 313 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Zeit und Raum sind die beiden bekanntesten, den Menschen in seiner Vergänglichkeit beherbergenden Dimensionen, denen er sich nicht entziehen kann. Nur in ihnen vermag er darum sein jeweiliges kurzes Dasein zu gestalten und dabei vielleicht auch Macht über andere Mitmenschen auszuüben. Zeit und Macht sind daher weitgespannte Problembereiche menschlicher Existenz.
Nach dem vorliegenden Werk eines der bekanntesten Historikers der Gegenwart beugt die Macht die Zeit so wie die Schwerkraft das Licht. Wer Macht hat, verortet sich (vielleicht nur stärker als andere) in der Zeit. Er begreift sich (vielleicht nur stärker als andere) als Teil der Geschichte und schafft damit (vielleicht nur stärker als andere) das Geschichtsbild seiner Zeit. Als bezeichnende Beispiele für diese abstrahierenden Überlegungen verwendet der Verfasser zur Aufklärung der Allgemeinheit nach einer übergreifenden Einleitung die Geschichtsmaschine Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1675), den Historiker König Friedrich II. von Preußen (1712-1786), den Steuermann Otto von Bismarck in dem Strom der Zeit (1815-1898) und entindividualisiert die Zeit der Nationalsozialisten etwa mit Adolf Hitler (1889-1945), Joseph Goebbels und Hermann Göring.
Unmittelbar nach seinem Erscheinen hat das die üblichen Bahnen der geschichtlichen Betrachtung verlassende und einen neuen Zugang versuchende Werk die Aufmerksamkeit eines sachkundigen Rezensenten erweckt. Deswegen genügt es an dieser Stelle vorweg darauf hinzuweisen, dass das Buch zeigen will, was geschieht, wenn zeitliches Bewusstsein durch die Linse der Macht betrachtet wird und die Formen der Geschichtlichkeit untersucht werden, welche die ausgewählten Machthaber sich aneigneten und ihrerseits verwendeten. Benutzerfreundlich |
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Faszination Schwert – Große Sonderausstellung im Landesmuseum Württemberg 13. Oktober 2018 – 28. April 2019 Altes Schloss Stuttgart, hg. v. Landesmuseum Baden-Württemberg. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss. Darmstadt 2018. 112 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Dass der Mensch des Menschen größter Feind sein kann, wusste er wohl selbst schon früh. Aus diesem Grund suchte vermutlich bereits der Vormensch nach günstigeren Lebensbedingungen notfalls auch auf Kosten seiner Artgenossen. Steinkeile wird er sicher auch benutzt haben, um sich selbst zu verteidigen und bei Versuchung oder Bedarf auch andere anzugreifen.
Mit einem Teilbereich dieser Thematik beschäftigt sich eine große Sonderausstellung in dem Landesmuseum Württemberg in dem alten Schloss in Stuttgart, die von dem 13. Oktober 2018 bis zu dem 28. April 2019 geöffnet ist. Der zugehörige Begleitband ist auf der Vorderseite mit dem Schwert Herzog Friedrichs I. von Württemberg von etwa 1594 geschmückt, in dem Frontispiz mit Schwertern des 6. bis 8. Jahrhunderts aus Württemberg in dem Landesmuseum. Er gliedert sich in insgesamt 13 Abschnitte.
Nach einer Einführung der Direktorin des Landesmuseums über die jedenfalls früher von dem Schwert ausgehende Faszination wird zunächst die Entwicklung und der Einsatz des Schwertes von der Bronzezeit, in welcher das besser bearbeitbare Metall den vorgegebenen Stein ablöste, bis in die frühe Neuzeit, in der dem blanken Metall das weiterreichende Pulver folgte, dargelegt. Danach werden das Symbol von Macht und Männlichkeit, das Schwert als Rechtssymbol, das Schwert in dem Kult, das Schwert im Moor, magische Anhänger, Inschriften und Symbole, das Flammenschwert als christliches Symbol, das Schwert in Mythos, Sage und Legende, Excalibur, Andúril & Co., das Geschichtstheater als Doing History, das Schwert in Frauenhand zwischen femme forte und femme fatale und schließlich das Schwert in der politischen Bildsprache von dem 19. Ja |
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Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm, Deutsches Wörterbuch, Neubearbeitung, hg. v. d. Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Band 5, Lieferung 7 Büffelkuh – Cyberspace, bearbeitet in der Arbeitsstelle Göttingen v. Bambek, A. u. a. Hirzel, Stuttgart 2018. Sp. 961-1172. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm, Deutsches Wörterbuch, Neubearbeitung, hg. v. d. Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Band 5, Lieferung 7 Büffelkuh – Cyberspace, bearbeitet in der Arbeitsstelle Göttingen v. Bambek, A. u. a. Hirzel, Stuttgart 2018. Sp. 961-1172. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Als die in Hanau als Enkel eines reformierten Geistlichen und Söhne eines Amtmanns 1785 und 1786 geborenen Brüder Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, die 1830 und 1835 nach zahlreichen philologischen Arbeiten Professoren an der fortschrittlichen Universität in Göttingen geworden waren, 1837 gegen den Verfassungsbruch ihres Landesherrn ihre Stimme erhoben, verloren sie mit fünf Kollegen Amt und Auskommen. Auf der Suche nach einem neuen Einkommen begannen sie ein auf zehn Bände berechnetes Deutsches Wörterbuch des mit der Neuzeit beginnenden, dem Indogermanischen, Germanischen, Althochdeutschen, Altsächsischen, Altniederfränkischen, Mittelhochdeutschen, Mittelniederdeutschen und Mittelniederländischen folgenden Neuhochdeutschen und wurden daraufhin 1840/1841 an die noch neuere Universität Berlin berufen. 1854 war der erste Band von A bis Biermolke der Allgemeinheit übergeben, 1860 der zweite Band von Biermörder bis zu dem Ende des Buchstabens D und 1862 der dritte Band von E bis Forsche, doch starb nach Wilhelm Grimm auch Jacob Grimm 1862 über der Bearbeitung des Wörterbuchartikels Frucht.
Nach einiger Unterbrechung setzten Nachfolger seit 1868 mit öffentlichen Mitteln die mühsame fruchtbare Sammeltätigkeit fort und veröffentlichten 1878 den Band IV, I, 1 von Forschel bis Gefolgsmann, 1897 den Band IV, I, 2 von Gefoppe bis Getreibs, 1911 den Band IV, I, 3 von Getreide bis gewöhniglich, 1949 den Band IV, I, 4 von gewöhnlich bis Gleve, 1958 den Band IV, I, 5 von Glibber bis Gräzist, 1935 den Band IV, I, 6 von Greander bis Gymnastik, 1877 den Band IV, II mit H, I, J, 1873 den Band V mit K, 1885 den B |
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Ruppenthal, Jens, Raubbau und Meerestechnik – Die Rede von der Unerschöpflichkeit der Meere (= Historische Mitteilungen Beiheft 100). Steiner, Stuttgart 2018. 293 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
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Lange nach dem Urknall und lange vor dem Werden des Menschen entstanden nach der Sonne und der Erde auch das Wasser und das Festland. Seit langem bedeckt das Salzwasser den weitaus größeren Teil der Oberfläche des menschenfreundlichsten Planeten des Sonnensystems und wohl auch seit langer Zeit leben dort viele Fische. Spätestens seit seiner Sesshaftwerdung hat sich der Mensch aber allmählich zu einem egoistischen Herren über die Erdkugel aufgeschwungen und beutet weitgehend nach Belieben seine bisherige Lebensgrundlage ohne große Rücksichtnahme und Voraussicht aus.
Das vorliegende, nach dem kurzen Vorwort von dem Meer handelnde und größtenteils tief in dem Land entstandene Werk ist die gekürzte Fassung der geschichtswissenschaftlichen, von Jürgen Elvert kundig und wohlwollend begleiteten und stets mit freundschaftlichem Rat und nötigem Meeresbewusstsein bestärkte, in dem Wintersemester 2015/2016 von der philosophischen Fakultät der Universität Köln unter dem Titel Meeresnutzung contra Raubbau. Marine Ressourcen in deutschen und internationalen Debatten 1950-2000 angenommene Habilitationsschrift des seit 1997 in Geschichte und Philosophie im Kiel und Aberdeen ausgebildeten, 2006 in Kiel mit einer Dissertation über Kolonialismus als „Wissenschaft und Technik“ – Das hamburgische Kolonialinstitut 1908 bis 1919 promovierten, von 2003 bis 2015 in Köln und seit 2016 in Bremen sowie zuletzt an dem Deutschen Schifffahrts-Museum tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer von dem Zitat Gotthilf Hempels, „ob der Mensch das Meer ruinieren kann?“ ausgehenden Einleitung in vier Sachabschnitte. Sie betreffen Meere in der Geschichtswissenschaft, Meeresnutzung und internationales Seerecht (S. 62-73), Fischerei und Meeresbergbau.
Auf der Grundlage z |
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Träger der Verschriftlichung und Strukturen der Überlieferung in oberitalienischen Kommunen des 12. und 13. Jahrhunderts, hg. v. Keller, Hagen/Blattmann, Marita (= Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster X, 25). Monsenstein und Vannerdat, Münster 2016, 504 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Träger der Verschriftlichung und Strukturen der Überlieferung in oberitalienischen Kommunen des 12. und 13. Jahrhunderts, hg. v. Keller, Hagen/Blattmann, Marita (= Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster X, 25). Monsenstein und Vannerdat, Münster 2016, 504 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Zivilisatorisch und kulturell waren die Hochkulturen des Altertums den an ihren Grenzen lebenden Barbaren in vielen Belangen erheblich überlegen, woran sich durch die Einfügung weiter Teile in das Weltreich der Römer grundsätzlich nichts änderte. In der Völkerwanderung überschritten freilich vor allem germanische Völker den zu ihrer Abwehr von den Römern an Donau und Rhein errichteten Grenzwall und errichteten danach auf dem früheren Boden Westroms eigene Reiche. Dass dabei die römische Zivilisation und Kultur beeinträchtigt wurde, steht außer Frage, doch ist unklar, inwieweit in den früheren Provinzen noch ein Vorsprung gewahrt werden konnte, der einen rascheren Wiederaufstieg ermöglichte.
Für den in dem Frühmittelalter einsetzenden Verschriftlichungsprozess ist in diesem Zusammenhang von der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Münster der Sonderforschungsbereich 231 Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter eingerichtet worden, in dessen Rahmen auch das Teilprojekt A über den Verschriftlichungsprozess und seine Träger in Oberitalien (11.-13. Jahrhundert) bearbeitet wurde. Die Arbeit hieran wurde 1986 aufgenommen und führte neben Einzelveröffentlichungen der Beteiligten 1991 und 1995 zu zwei Sammelwerken über Statutencodices, hg. v. Keller/Busch und kommunales Schriftgut, hg. v. Keller/Behrmann. An dem Ende des Jahres lief die institutionelle Förderung des Forscherteams aus, doch verhinderten personelle Veränderungen und weitere Wechselfälle, dass zusätzliche Untersuchungen trotz 2003 abgeschlossener Redaktion der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden konnten, was erst 2016 gelang.
Der damit |
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Ungleiche Kurfürsten? Die Pfalzgrafen bei Rhein und die Herzöge von Sachsen im späten Mittelalter (1356-1547), hg. v. Klingner, Jens/Müsegades, Benjamin (= Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde – Schriftenreihe des Instituts für fränkisch-pfälzische Geschichte und Landeskunde 19). Winter, Heidelberg 2017. 280 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ungleiche Kurfürsten? Die Pfalzgrafen bei Rhein und die Herzöge von Sachsen im späten Mittelalter (1356-1547), hg. v. Klingner, Jens/Müsegades, Benjamin (= Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde – Schriftenreihe des Instituts für fränkisch-pfälzische Geschichte und Landeskunde 19). Winter, Heidelberg 2017. 280 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Kurfürst ist in dem Heiligen römischen Reich der seit dem 13. Jahrhundert den König wählende Fürst, der vor allem in Eike von Repgows Sachsenspiegel von vielleicht 1221-1224 erstmals besonders aufgeführt und 1298 mit dieser Bezeichnung benannt wird. Wie dieser enge, und zwischen dem 13. Jahrhundert und dem 18. Jahrhundert kaum geänderte Kreis der besonderen Wähler des Königs und später Kaisers entstanden ist, ist ungeklärt und umstritten. Eindeutig ist nur, dass er sich während der längsten Zeit aus dem Erzbischof von Köln, Mainz und Trier und dem Herzog von Sachsen, dem Pfalzgrafen bei Rhein und dem Markgrafen von Brandenburg sowie dem König von Böhmen zusammensetzt.
Nach dem kurzen Vorwort des vorliegenden Sammelbands haben der Herzog von Sachsen und der Pfalzgraf bei Rhein seit langer Zeit das Interesse der geschichtlichen Forschung gefunden. Allerdings fehlten bislang Arbeiten, welche die beiden Kurfürsten vergleichend in den Blick nahmen und zueinander in Beziehung setzen. Diese Fragestellung nahm in der besonderen Form „(Un)Gleiche Kurfürsten?“ eine wissenschaftliche Tagung auf, die in Dresden an dem 8./9. Oktober 2015 stattfand und aus der Kooperation des Instituts für fränkisch-pfälzische Geschichte und Landeskunde der Universität Heidelberg, des Instituts für sächsische Geschichte und Volkskunde e. V. sowie des Sächsischen Staatsarchivs – Hauptstaatsarchiv Dresden erwuchs und sowohl Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede zwischen den beiden Kurfürsten ermitteln wollte, die nunmehr gedruckt der Allgemeinheit zu interessierter Verfügung stehen.
Das mit ei |
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Zwirlein, Susanne, Versprechen und Zufall. Eine historisch-vergleichende Studie zur Gefahrtragung beim Kauf beweglicher Sachen im englischen und deutschen Recht (= Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 372). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIII, 331 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zwirlein, Susanne, Versprechen und Zufall. Eine historisch-vergleichende Studie zur Gefahrtragung beim Kauf beweglicher Sachen im englischen und deutschen Recht (= Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 372). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIII, 331 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seit Entstehung der Menschheit kann sich neben einem menschlichen Willen auch der von einem Willen völlig unabhängige Zufall als das Ergebnis, für das keine Gesetzmäßigkeit erkennbar ist, auswirken. Die Verfasserin schildert dies an einem Geschäft des Senators Thomas Buddenbrook, der sich bei Thomas Mann in dem Frühjahr 1868 dazu entschließt, dem ihm bekannten Gutsherrn Ralf von Maiboom in einer Geldnot durch den Kauf der kommenden Getreideernte zu einem geringen Preis unter sofortiger Barzahlung und unter Ausschluss etwaiger Rückzahlungspflichten zu helfen, wobei der Handel für Buddenbrook erfolgreich ist, wenn die Ernte ertragreich ausfällt, für Maiboom dagegen vorteilhaft, wenn der Ernteertrag gering ist. Da in der Wirklichkeit in dem Monat Juli des Jahres das gesamte noch auf dem Halm stehende Getreide durch einen Hagelsturm zerstört wird, verliert Buddenbrook den gezahlten Kaufpreis, ohne dafür einen Gegenwert zu erhalten, wodurch sein Unternehmen wirtschaftlich so schwer getroffen wird, dass sich der Niedergang der Buddenbrooks beschleunigt.
Mit dieser bedeutsamen Problematik beschäftigt sich die von Stephan Lorenz betreute und in dem Sommersemester 2016 von der juristischen Fakultät der Universität München angenommene Dissertation der 1989 geborenen, in München und Oxford in der Rechtswissenschaft ausgebildeten, zeitweise an dem Lehrstuhl ihres Betreuers wirkenden und inzwischen als Rechtsanwältin tätigen Verfasserin, die von der Notwendigkeit ausgeht, trotz der seit 2016 in Europa und besonders in Großbritannien eingetretenen Entwicklungen Europa ungeachtet institutioneller Folgerungen in seiner Vielfalt zu erhalten. Gegliedert ist ihr |
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Wallenberger, Robert, Geschäftsgang und Wirkungskreis der Landgerichte älterer Ordnung in Bayern unter besonderer Berücksichtigung verschiedener Reformvorschläge. Untergerichte in Bayern im ländlichen Raum von der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts (= Europäische Hochschulschriften 5955). Lang, Frankfurt am Main 2017. 203 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wallenberger, Robert, Geschäftsgang und Wirkungskreis der Landgerichte älterer Ordnung in Bayern unter besonderer Berücksichtigung verschiedener Reformvorschläge. Untergerichte in Bayern im ländlichen Raum von der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts (= Europäische Hochschulschriften 5955). Lang, Frankfurt am Main 2017. 203 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Dem Landgericht voraus geht das Land, weshalb das Landgericht erst mit der Territorialisierung des deutschen Reiches den älteren und einfacheren Malbergen folgen kann. Seit dieser hochmittelalterlichen Zeit hat sich die deutsche Gerichtslandschaft noch weiter erheblich verändert. Dementsprechend ist das Landgericht in Deutschland in der Gegenwart innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit die zweite von vier Gerichtsinstanzen und deshalb zwar praktisch wichtig, kann aber nur selten für die gesamte Rechtsordnung neue Weichen stellen.
Mit einem besonderen Teilaspekt seiner langen Geschichte beschäftigt sich die vorliegende, von Hans-Georg Hermann seit 2012 betreute, 2017 an der Universität München angenommene Dissertation des in München 1985 geborenen, an seiner Heimatuniversität in Rechtswissenschaft ausgebildeten und nach der zweiten juristischen Staatsprüfung 2013 als Rechtsanwalt zugelassenen Verfassers. Sie gliedert sich nach einem Literatur- und Quellenverzeichnis und einer Vorbemerkung in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Ausgangssituation auf der Grundlage der Staatsorganisation durch Montgelas und den Harrdenbergschen Reformen in dem an Bayern fallenden Ansbach-Bayreuth, die Landgerichte ab dem 24. März 1802, die Geschäftskreise bei dem Landgericht und Reformvorschläge (unbekannter Verfasser, Reingruber, von Hornthal, Puchta, Justizminister von Maurer).
In seiner Schlussbemerkung zu den 1802 geschaffenen Landgerichten kann der Verfasser festhalten, dass „durch die Errichtung von Landgerichten die Pflegerichte (!) abgeschafft und dadurch die Missstände des Pflegewesens endgül |
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Völkerrecht in Kiel. Forschung, Lehre und Praxis des Völkerrechts am Standort Kiel seit 1665, hg. v. Arnauld, Andreas von (= Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für internationales Recht an der Universität Kiel 198). Duncker & Humblot, Berlin 2017. 592 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Völkerrecht in Kiel. Forschung, Lehre und Praxis des Völkerrechts am Standort Kiel seit 1665, hg. v. Arnauld, Andreas von (= Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für internationales Recht an der Universität Kiel 198). Duncker & Humblot, Berlin 2017. 592 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das Völkerrecht als die Gesamtheit der die Rechte und Pflichten der Staaten und anderen Völkerrechtssubjekte enthaltenden Rechtssätze kann zwar nicht älter als das Recht und die Völker sein, aber doch entstanden sein, sobald das Recht und die Völker vorhanden waren. Das war in jedem Fall früher als die Eröffnung des akademischen Betriebs des Instituts für internationales Recht an dem Standort Kiel in dem Februar 1914, die der vorliegende Sammelband zu seinem Ausgangspunkt nimmt. Dessenungeachtet ist es sehr zu begrüßen, dass das älteste universitäre Institut für Völkerrecht in Deutschland, Europa und – wegen der seinerzeit andernorts wenig ausgeprägten Neigung zu einer Bildung von Instituten – wohl auch darüber hinaus seinen hundertsten Geburtstag zu einem Anlass nimmt, auf das seit 1665 bestehende Ordinariat des ius naturae et gentium in Kiel zurückzublicken.
Dies geschieht insgesamt in der Form neunzehner Beiträge, die zu einem beachtlichen Teil von dem Herausgeber selbst verfasst sind. Gegliedert ist der Band dabei in fünf Teile. Sie betreffen Institutionelles, Biographisches, Publizistisches, historische Schlaglichter und eine Dokumentation der Kieler Professoren und Professorinnen des Völkerrechts seit 1665 von Samuel Rachel aus Lunden in Dithmarschen über Lorenz Stein, Albert Hänel, Heinrich Triepel, Wilhelm van Calker, Walther Schücking, Paul Ritterbusch, Hermann von Mangoldt, Georg Dahm, Jost Delbrück und Rüdiger Wolfrum bis zu (Nr. 43) Andreas von Arnauld de la Perrière aus Hamburg und einigen Ergänzungen in einem angeschlossenen Hinweis, der völkerrechtlichen Habilitationen in Kiel und der Kieler Publikationen zu dem Völkerrecht |
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Schmiedel, David, „Du sollst nicht morden“. Selbstzeugnisse christlicher Wehrmachtssoldaten aus dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Campus, Frankfurt am Main 2017. 512 S. Besprochen von Werner Augustinovic. |
Ganzen Eintrag anzeigen Schmiedel, David, „Du sollst nicht morden“. Selbstzeugnisse christlicher Wehrmachtssoldaten aus dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Campus, Frankfurt am Main 2017. 512 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Die weit überwiegende Zahl der Soldaten, die in der deutschen Wehrmacht dienten, war in irgendeiner Form christlich sozialisiert und einer christlichen Konfession zugehörig. Es ist daher legitim zu fragen, ob und in welcher Weise diese christliche Grunddisposition das Verhalten der Soldaten im Einsatzraum – hier speziell auf dem Gebiet der Sowjetunion, gegen die bekanntlich ein Vernichtungskrieg geführt worden ist, in dem die Normen und Regeln der traditionellen Kriegführung vorsätzlich außer Kraft gesetzt worden waren – nachweisbar beeinflusst hat. Darüber hinaus verspricht ein solches Vorhaben Aufschluss darüber, ob und inwieweit die christlichen Landser in der Lage waren, die grundsätzliche Inkompatibilität der christlichen Ethik mit der Ideologie und Praxis der nationalsozialistischen Herrschaft zu begreifen und – wenn ja – welche Schlüsse sie aus einer solchen Erkenntnis gezogen haben.
David Schmiedel hat sich des Themas in seiner – hier überarbeitet und gekürzt veröffentlichten – Dissertation (Originaltitel: „‘Gott‘ im totalen Krieg. Wie verarbeiteten deutsche Wehrmachtssoldaten die Spannungen zwischen christlicher Tradition und nationalsozialistischem Vernichtungskrieg?“) angenommen, mit der er 2016 an der Fakultät für Humanwissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg promoviert worden ist. Seine Arbeit ist dreistufig aufgebaut und setzt sich in ihrem ersten Teil mit den Spezifika der ausgewerteten Quellengattungen (Ego-Dokumente wie Feldpostbriefe, Tagebücher und Erinnerungsberichte; darüber hinaus die meist vierteljährlichen, den Kommandotagebüchern der Einheiten beiliegenden offiziellen Tätigkeitsberichte der Militärgeistlichen beider Konfessionen, Seelsorgeberichte überwiegend katholischer Militärgeis |
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Breitinger, Jan C., Zwischen Nutzung und Niedergang. Der Lake Victoria als Ressource in Wissenschaft, Kolonial- und Entwicklungspolitik, 1927-1988 (= Historische Grundlagen der Moderne 18 Geschichte International). Nomos, Baden-Baden 2018. 482 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Breitinger, Jan C., Zwischen Nutzung und Niedergang. Der Lake Victoria als Ressource in Wissenschaft, Kolonial- und Entwicklungspolitik, 1927-1988 (= Historische Grundlagen der Moderne 18 Geschichte International). Nomos, Baden-Baden 2018. 482 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der früher nach seiner größten Insel Ukerewesee genannte, auf einer Hochebene Ostafrikas gelegene Victoriasee in Tansania, Uganda und Kenia liegt nahe der Wiege des modernen Menschen und ist mit etwa der Fläche Bayerns oder Irlands nach dem Oberen See der zweitgrößte Süßwassersee der Welt und der größte See des Kontinents Afrika. Sein Alter wird auf weniger als eine Million Jahre geschätzt. Während er bei hoher Verdunstung vor etwa 14700 letztmals vollständig austrocknete, hat ihn der Mensch in der Gegenwart zwecks Energiegewinnung mittels Staudämmen deutlich vergrößert.
Das vorliegende Buch ist die leicht überarbeitete Fassung der von Benedikt Stuchtey betreuten und an der Universität Marburg 2016 eingereichten Dissertation des in Geschichte und Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und Lund ausgebildeten Bearbeiters, der für sein Werk dank großzügiger Stipendien mehrmals in Großbritannien und Uganda forschen konnte. Gegliedert ist die Untersuchung nach einer Einleitung mit Fragestellung, Eingrenzungen, Forschungsstand, Theorien, Quellen und Aufbau in insgesamt sechs Abschnitte. Sie betreffen in geschichtlicher Abfolge Erkunden, Erforschen, Nutzen, Entwickeln, Warnen und Schützen.
In ihnen kann der Verfasser beispielhaft zeigen, wie mit der Ankunft John Hanning Spekes in dem Quellbereich des Niles der See in das Blickfeld der Welt und des Empires Großbritanniens geriet, das ihn seit dem späten 19. Jahrhundert in seinen Machtbereich einfügte. Auf der Grundlage umfangreicher wissenschaftlicher Forschungen ließ sich der See in vielfacher Weise wirtschaftlich nutzen, so dass der Verfasser die These formulieren kann, dass der Lake Victoria eine Ressource wurde, d |