| 3381 | Kathedersozialist (1871) ist der im späteren 19. Jh. sozialpolitische Anliegen (Wirtschaftsgesetzgebung, Tarifverträge, Wirtschaftsethik) verfolgende, von Sozia-listen bekämpfte Wirtschaftswissenschaftler (z. B. Gustav von Schmoller 1838-1917, Lujo Brentano 1844-1931, Werner Sombart). Lit.: Oppenheim, H., Kathedersozialismus, 1872 |
| 3382 | Kathedrale ist die Hauptkirche am Sitz des Erzbischofs oder Bischofs. Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972; La cathédrale, 1995; Binding, G., Als die Kathedralen in den Himmel wuchsen, 2006 |
| 3383 | katholisch (allumfassend, seit dem 4. Jh. Bischofstitel) Lit.: Katholizismus und Reichsgründung, hg. v. Real, W., 1988; Georg von Hertling 1843-1919, hg. v. Becker, W., 1993; Kirche und Katholizismus seit 1945, hg. v. Gatz, E., 1998; Arnold, C., Katholizismus als Kulturmacht, 1999; Schwendenwein, H., Die katholische Kirche, 2003; Hollerbach, A., Katholizismus und Jurisprudenz, 2004 |
| 3384 | Katzenelnbogen ist eine mittelalterliche, 1479 an Hessen gelangte Grafschaft. 1591 wird von Johannes Kleinschmidt der Entwurf einer Landesordnung geschaffen, der nach Aufnahme in der Praxis bis zum Ende des 19. Jh.s Bedeutung hat. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Schmidt, A., Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen, 1893, 67; Demandt, K., Regesten der Grafen von Katzenelnbogen, Bd. 1ff. 1953ff.; Diestelkamp, B., Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen, 1969; Maulhardt, H., Die wirtschaftlichen Grundlagen der Grafschaft Katzenelnbogen, 1980 |
| 3385 | Kauf (Wort bereits für das Germanische zu erschließen) ist ein gegenseitiger, grundsätzlich formloser Vertrag, durch den der eine Teil (Verkäufer) sich zur endgültigen Übertragung eines Gegenstands (verkehrs-fähiger körperlicher, möglicherweise erst noch herzustellender Gegenstand, Recht einschließlich einer [lat.] spes [F.], Hoffnung, Chance) und der andere Teil (Käufer) sich zur Zahlung eines bestimmten, ernst gemeinten Kaufpreises verpflichtet. Der K. ist dem römischen Recht als (lat.) →emptio (F.) venditio vertraut (auf [lat.] bona fides, guter Treue beruhender Konsensualkontrakt). Er kann mit verschiedenen Nebenabreden versehen werden (z. B. aufschiebende oder auflösende Abrede des Rücktrittsrechts des Verkäufers bei besserem Angebot eines anderen Kaufinteressenten innerhalb einer bestimmten Frist). Er führt als solcher (noch) nicht zum Eigentumserwerb. Möglich sind Gattungs-kauf und Stückkauf. Der Käufer hat die (lat.) actio empti auf Lieferung, der Verkäufer die (lat.) actio venditi auf Zahlung. Zu den Germanen kommt er über den namengebenden römischen Schankwirt an der Grenze (lat. [M.] caupo). Bedeutung erlangt er mit der Durchsetzung der Geldwirtschaft in der hochmittelalterlichen Stadt. Seit dem Spätmittelalter wird die römischrechtliche Gestaltung einschließlich der Sachmangelhaftung im Heiligen römischen Reich aufgenommen. Für den K. von Grundstücken wird das (aus den um 1130 sichtbaren hochmittelalterlichen Schreinskarten Kölns hervorgehende) →Grundbuch bedeutsam. Im 19. Jh. wird in Deutschland der Handelskauf ausgesondert und das Verpflichtungsgeschäft vom Erfüllungsgeschäft streng getrennt. Seit dem Ende des 19. Jh.s wird der sozial schwache Käufer (Verbraucher) besonders geschützt (Abzahlungsgesetz). Am 11. 10. 2011 veröffentlicht die Europäische Kommission einen Vorschlag für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht. →Marktkauf Lit.: Kaser § 41; Söllner §§ 9, 15; Hübner; Köbler, DRG 45, 63, 67, 91, 127, 165, 215, 270; Conze, F., Kauf nach hanseatischen Quellen, 1889; Amira, K., Nordgermanisches Obligationenrecht, 1892ff.; Mitteis, H., Rechtsfolgen des Leistungsverzugs, 1913; Peterka, O., Der Kauf im Altstadt Prager und Brünner Recht, ZRG GA 58 (1938), 421; Planitz, H., Handelsverkehr und Kaufmannsrecht im fränkischen Reich, FS E. Heymann, Bd. 1 1940, 175; Ebel, W., Lübisches Kaufmannsrecht, 1950; Bauer, F., Die Entwicklung des Kaufrechts in Deutschland seit der Rezeption des römischen Rechtes, Diss. jur. Bonn 1953; Levy, E., Weströmisches Vulgarrecht, 1956; Müller, H., Das Kaufrecht in süddeutschen Stadtrechtsreformationen, Diss. jur. Kiel 1961; Greiser, P., Der Kauf nach deutschen Landrechten der Rezeptionszeit, Diss. jur. Kiel 1965; Scherner, K., Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung, 1965; Scherner, K., Salmannschaft, Servusgeschäft und venditio iusta, 1971; Wesener, G., Der Kauf nach österreichischem Privatrecht, FS H. Hämmerle, 1972, 433; Oeckinghaus, A., Kaufvertrag und Übereignung, 1973; Gelke, W., Kauf und Tausch in Babenhausen, Diss. jur. Mainz 1981; Wolfgang, E., Das klassische römische Recht der Gefahrtragung beim Kauf, Diss. jur. Bonn 1981; Knellwolf, M., Zur Konstruktion des Kaufes auf Probe, 1987; Cortesi, O., Die Kaufpreisgefahr, 1996; Knütel, R., Hoffnungskauf und Eviktionshaftung, ZRG RA 117 (2000), 445; Michaels, R., Sachzuordnung durch Kaufvertrag, 2002; Kaufen nach römischem Recht, hg. v. Jakab, E. u. a., 2007; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010; CISG vs. Regional Sales Law Unification, hg. v. Magnus, U., 2012; Sondertagung der Zivilrechtslehrervereinigung zum Vorschlag für ein Common European Sales Law in Bonn im April 2012, hg. v. Wagner, G./Zimmermann, R., (in) AcP 212 (2012), 467; Gemeinsames europäisches Kaufrecht, hg. v. Gebauer, M., 2013 |
| 3386 | Kauf auf Probe ist der Kauf, bei dem der Käufer auf Grund einer Vereinbarung im Kaufvertrag den Kaufgegenstand bei Nichtgefallen innerhalb einer bestimmten Frist zurückgeben kann. |
| 3387 | Kauf bricht nicht die Miete ist ein Rechtssprichwort, das besagt, dass im Gegensatz zum römischen Recht (Kauf bricht Miete, Gewährleistungsanspruch des vertriebenen Mieters gegen seinen Vermieter) in (vielen) deutschen Rechten seit dem Hochmittelalter die Veräußerung eines Grundstücks durch den Eigentümer das Mietverhältnis eines Mieters nicht beendet (Veräußerung vertreibt den Mieter nicht). Lit.: Kaser § 42 II 4; Kroeschell, DRG 3; Gilissen, J., Huur gaat voor koop, TRG 16, 281; Jüttner, B., Zur Geschichte des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“, Diss. jur. Münster 1960 |
| 3388 | Kauf einer erhofften Sache (lat. emptio [F.] rei speratae) ist der Kauf einer erst noch entstehenden Gegenstands (z. B. eines Tierjungen), der durch die Entstehung aufschiebend bedingt ist. |
| 3389 | Kaufgut ist das durch →Kauf erworbene Gut. Es wird im Mittelalter teilweise anders behandelt als das durch Erbschaft erlangte Gut (Erbgut). Lit.: Heusler, A., Institutionen des deutschen Privatrechts, Bd. 2 1886, 58, 199 |
| 3390 | Kaufhaus ist das großbetriebliche Unternehmen für den Kleinhandel mit Waren verschiedenster Art in einheitlichen Verkaufshäusern. In Deutschland werden die ersten Kaufhäuser oder Warenhäuser von jüdischen Kaufleuten im letzten Viertel des 19. Jh.s errichtet (Wertheim Stralsund 1876, Karstadt Wismar 1881, Tietz Gera 1882). Gegen sie wenden sich ohne großen Erfolg die kleineren Handelsunternehmen und Kaufleute. Im 21. Jh. wird das K. durch das Telekommunikationsgeschäft gefhährdet. Lit.: Spiekermann, U., Warenhaussteuer in Deutschland, 1994 |
| 3391 | Kaufmann (812) ist, wer ein Handels-gewerbe betreibt. In Rom von eher untergeordneter rechtlicher Bedeutung, erscheinen im Frühmittelalter Syrer, Juden, Griechen und Friesen als vereinzelte Wanderhändler. Mit dem Hochmittelalter lässt sich der K. in der Stadt nieder und bildet Gilden oder Zünfte. Im 19. Jh. wird der Begriff des Kaufmanns gesetzlich festgelegt, 1998 vereinheitlicht und vereinfacht. Österreich ersetzt 2007 den Kaufmann des Handelsgesetzbuchs durch das Unternehmen und den Unternehmer des Unternehmensgesetzbuchs. Lit.: Köbler, DRG 67, 95, 111, 167, 217; Gross, C., The Gild Merchant, 1890; Stoeven, M., Der Gewandschnitt in den deutschen Städten des Mittelalters, 1915; Die Korporation der Kaufmannschaft von Berlin, 1920; Weider, M., Das Recht der deutschen Kaufmannsgilden, 1931; Planitz, H., Handelsverkehr und Kaufmannsrecht im fränkischen Reich, FS E. Heymann, Bd. 1 1940, 175; Planitz, H., Kaufmannsgilde und städtische Eidgenos-senschaft, ZRG GA 60 (1940), 1; Ebel, W., Lübisches Kaufmannsrecht, 1950; Sapori, A., Le marchand italien, 1952; Bergfeld, C., Einzelkaufmann und Unternehmer, (in) Wissenschaft und Kodifikation, hg. v. Coing, H. u. a., Bd. 6 1982, 126; Kroeschell, K., Ius omnium mercatorum, FS B. Schwineköper, 1982; Köbler, G., Mercatores personati, FS L. Carlen, 1989, 157; I mercanti italiani, hg. v. Frangioni, L., 1990; Müller-Boysen, C., Kaufmannsschutz und Handelsrecht, 1990; Ars mercatoria. Handbücher und Traktate für den Gebrauch des Kaufmanns 1470-1820, hg. v. Hoock, J. u. a., Bd. 1ff. 1991ff.; Ebert-Weidengeller, A., Hamburgisches Kaufmannsrecht, 1992; Kaufmannsbücher und Handelspraktiken, hg. v. Denzel, M. u. a., 2002; Rösch, G., Kaufmannsbildung und Kaufmannsethik im Mittelalter, 2004; Becker, A., Die Entwicklung des Kaufmannsbegriffes, 2004; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010; Kaufleute, Seefahrer und Piraten, hg. v. Schwara, D. u. a., 2011 |
| 3392 | Kaufmannseigenschaft →Kaufmann |
| 3393 | Kaufvertrag (1574) ist der über einen →Kauf geschlossene →Vertrag. Er begründet nach deutschem Recht nur zwei Verpflichtungen des Verkäufers und des Käufers. Erst mit der Erfüllung ändert sich auch die sachenrechtliche Lage (Eigentum).. Lit.: Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
| 3394 | Kausalität ([F.] Ursächlichkeit) ist das Verhältnis zwischen einer Ursache und einer Folge dieser Ursache. K. eines Verhaltens für einen Erfolg ist gegeben, wenn das Verhalten nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfällt bzw. ein gebotenes, aber unterlassenes Verhalten nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele. Im Schadensersatzrecht kann die K, durch die Adäquanz eingeschränkt sein. K. bei einem Eigentumserwerb bedeutet, dass ohne rechtmäßigen Erwerbsgrund (z. B. Kaufvertrag) die Erwerbsart (z. B. Übergabe) keinen Eigentumsübergang bewirken kann (vgl. § 380 ABGB). Seit Savigny (1779-1861) gibt das deutsche Recht die K. zwischen Kaufvertrag und Eigentumsübergang allmählich auf und verlangt für den Eigentumserwerb eine sachenrechtliche Einigung. Lit.: Ling, M., Die Unterbrechung des Kausalzusammenhanges, 1996 |
| 3395 | Kautelarjurisprudenz ist die im Verhüten von Rechtsstreitigkeiten bestehende Tätigkeit des Rechtskundigen, die schon dem römischen Recht bekannt ist und seit dem Mittelalter vor allem von →Notaren durch Erstellung einwandfreier Urkunden ausgeübt wird. Von hier aus kommt es zu eigenen Sammlungen von Cautelen und seit dem 18. Jh. auch besonderen Standesregeln. Lit.: Söllner § 11; Weißler, A., Geschichte der Rechtsanwaltschaft, 1905, 247 |
| 3396 | Kaution (F.) Sicherheitsleistung (Wort 1511) Lit.: Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
| 3397 | Kawerze (M.) Einwohner von Cahors, Südfranzose, Geldhändler (13. Jh.) Lit.: Kredit, hg. v. North, M., 1991 |
| 3398 | Kebsehe ist die (dauerhafte) Geschlechtsverbindung eines Mannes mit einer Unfreien (als Nebenfrau). Sie wird von der Kirche bekämpft. Lit.: Hübner; Kroeschell, DRG 3 |
| 3399 | Keilschrift ist die durch Zeichen oder Elemente in Keilform gebildete Schrift des vorchristlichen Zweistromlands. |
| 3400 | Keilschriftrecht (Paul Koschaker) ist das in Keilschrift aufgezeichnete Recht (der Sumerer, Akkader, Assyrer, Babylonier und Hethiter). Lit.: Haase, R., Einführung in das Studium keilschriftlicher Rechtsquellen, 1965; Die keilschriftlichen Rechtssammlungen in deutscher Fassung, 2. A. 1979; Wesel, U., Geschichte des Rechts, 3. A. 2006 |