| 2841 | Hexe (Zaungeist?) ist die zauberkundige Frau mit magisch-schädigenden Kräften, die angeblich durch die Luft fliegen, sich in Tiere verwandeln und giftige Zaubertränke herstellen kann. Sie ist bereits dem Altertum bekannt (lat. [F.] striga). Vielleicht im frühen 15. Jh. in Savoyen beginnen bei der Verfolgung der aus Heterodoxien seit dem 12. Jh. entstandenen, von piemontesischen Inquisitionen des 14. Jh.s beeinflussten, Armut und Frieden fordernden, Eid und Amt verweigernden Waldenser (des Lyoner Kaufmanns Pierre Valdes) Hexenverfolgungen (um 1430, 1431/1432 und 1457/1459 38 Hexenprozesse im Tessin [in der Leventina]), aus denen mit päpstlicher Unterstützung durch die →Hexenbulle (1484) nach 1500 rasch um sich greifende Hexenprozesse werden, die sich unter Mitwirkung bekannter Theologen des Konzils von Basel (1431-1439) aus Inquisitionsprozessen entwickelt haben dürften und die auch der Herrschaftsausübung dienen können. Möglicherweise werden vor allem zwischen 1590 und 1630 bis zu (neun Millionen [Gottfried Christian Voigt] bzw. bis zu) einer Million Hexen (oder in Deutschland insgesamt [nur] 30000?, in ganz Europa [nur] 25000 oder 50000 bis 100000?, darunter auch Kinder) verbrannt, ehe der Aufklärung der Sieg über den Hexenglauben gelingt (Johann Georg von Godelmann, De magis, 1584, Friedrich von Spee, Cautio criminalis contra sagas, 1631, Christian Thomasius, 1712). Noch nach der Constitutio Criminalis Theresiana (1768) ist Hexerei strafbar (Art. 58). Der letzte Hexenprozess auf deutschem Boden findet in Kempten 1775 statt und endete mit dem Tod der Angeklagten in langjähriger Haft (Glarus 1782, Posen 1793). 1986 wird in Deutschland die Frage Glauben Sie, dass es Menschen gibt, die ihren Mitmenschen etwas anhexen können, von einem Drittel der Befragten bejaht. Lit.: Köbler, DRG 157; Köbler, WAS; Rapp, L., Die Hexenprozesse und ihre Gegner in Tirol, 2. 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