Gerstenmayer, Christina, Spitzbuben und Erzbösewichter. Räuberbanden in Sachsen zwischen Strafverfolgung und medialer Repräsentation (= Konflikte und Kultur 27). UVK, Konstanz 2012. 386 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gerstenmayer, Christina, Spitzbuben und Erzbösewichter. Räuberbanden in Sachsen zwischen Strafverfolgung und medialer Repräsentation (= Konflikte und Kultur 27). UVK, Konstanz 2012. 386 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Über die ersten Spitzbuben und Erzbösewichter gibt es vermutlich deswegen keine Quellen, weil ihre Bedeutung in den Augen der Autoren das Schreibmaterial nicht wert war. Immerhin deutet das Aufkommen der Gottesfriedensbewegung am Ende des Frühmittelalters doch erhebliche gesellschaftliche Probleme an, die sich aus der vielfachen Selbsthilfe der Einzelnen und dem Fehlen einer festen übergeordneten Zwangsgewalt ergaben. Mit dem ewigen Landfrieden des Jahres 1495 dürfte in dieser Hinsicht aber eine grundsätzliche Neuausrichtung versucht worden sein.
Mit diesem Fragenkreis befasst sich für das frühneuzeitliche Sachsen die von Helga Schnabel-Schüle im Rahmen des Teilprojekts Armenfürsorge in der frühen Neuzeit des Sonderforschungsbereichs Fremdheit und Armut betreute, im Frühjahr 2011 vom Fachbereich 3 der Universität Trier angenommene Dissertation der als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigen Verfasserin. Die Arbeit gliedert sich außer in Einleitung über Fragestellung, Forschungsaspekte, Quellen, Methoden und Aufbau sowie Zusammenfassung in fünf Sachkapitel. Sie betreffen Sachsen im 18. Jahrhundert, den Zugriff der guten Policey, Taten und Täter (mit Wirtshäusern als Stützpunkten und Schnittstellen), Akteure und Argumentationen im Strafprozess sowie zwischen Verteufelung und Bewunderung schwankende Räuberbilder.
Im Ergebnis kann die Verfasserin in ihrer ansprechenden und vielfältigen Untersuchung auf der Grundlage gedruckter und ungedruckter Quellen einen inhaltlichen Schwerpunkt in Zusammenhang mit einem Mandat des Jahres 1753 und Kommissionstätigkeiten während der Folgejahre feststellen. Mitglieder von Räuberbanden waren überwiegend Männer zwischen 20 und 40 Jahren aus lutherischer, katholischer oder jüdischer Konfession mit früherer Militärzugehörigkeit. Standen am Anfang der Untersuchungszeit in der medialen Repäsentation die landesweite Bedrohung und ihre erfolgreiche Bekämpfung im Vordergrund, so hob die Obrigkeit später vor allem ihre gerechte und gnädige Herrschaft hervor, die auch idealisierende Räuberbilder ermöglichte.
Innsbruck Gerhard Köbler