Kißener, Michael, Anfänge der modernen Demokratie in Mainz - das „Deutschhaus“ als Erinnerungsort. Vortrag im Landtag Rheinland-Pfalz am 9. August 2011 zum Abschluss der Reihe „Verborgen - verloren - wiederentdeckt. Erinnerungsorte in Mainz von der Antike bis zum 20. Jahrhundert“ (= Schriftenreihe des Landtags Rheinland-Pfalz 51). Landtag Rheinland-Pfalz, Mainz 2011. 48 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Kißener, Michael, Anfänge der modernen Demokratie in Mainz - das „Deutschhaus“ als Erinnerungsort. Vortrag im Landtag Rheinland-Pfalz am 9. August 2011 zum Abschluss der Reihe „Verborgen - verloren - wiederentdeckt. Erinnerungsorte in Mainz von der Antike bis zum 20. Jahrhundert“ (= Schriftenreihe des Landtags Rheinland-Pfalz 51). Landtag Rheinland-Pfalz, Mainz 2011. 48 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der in Bonn 1960 geborene Verfasser wurde nach den Studium von Geschichte, Germanistik und Pädagogik als Stipendiat des Cusanuswerks in Bonn 1991 mit einer Dissertation über bischöfliche Wahlkapitulationen im Nordwesten des alten Reiches zwischen 1265 und 1803 promoviert. Danach arbeitete der als Geschäftsführer der Forschungsstelle Widerstand an der Universität Karlsruhe, wo er 2000 mit einer Schrift über badische Richter zwischen 1919 und 1952 habilitiert wurde. Seit 2002 ist er Professor für Zeitgeschichte in Mainz.
In seinem einer Begrüßungsansprache des Landtagspräsidenten Joachim Mertes und einer Einführung Matthias Schnettgers folgenden Vortrag geht er von Pierre Noras in einem siebenbändigen Werk ausgeführten Konzept der Lieux de mémoire und ihrer theoretischen Grundlage in Maurice Halbwachs‘ (1877-1045) Untersuchung über la mémoire collective des Jahres 1939 aus. Dem stellt er die Tatsache gegenüber, dass das „Deutschhaus Mainz“ im Internet nur mit etwa 1500 Einträgen (vor seinem Vortrag) vertreten war, in denen zudem Gaststätten, Apotheken und Seniorenstifte vorherrschten. Gleichwohl hält er überzeugend eine Zeitreise durch die Geschichte des unter Kurfürst Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729-1732) begonnenen Deutschhauses in Mainz für angebracht(, welche die Zahl der Nennungen zumindest bis 2012 auf rund 1660 erhöhte.
Zu Recht weist er dabei besonders darauf hin, dass mit dem Einzug französischer Revolutionstruppen unter General Adam Philippe de Custine am 21. Oktober 1792 die Idee von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nach Mainz kam und dort zu einer politischen Neuordnung in der Form eines mainzischen Nationalkonvents im Gebäudes des Deutschhaus führte. Am 18. März 1793 sagte sich die Versammlung unter dem Vorsitz des Mainzer Philosophieprofessors Andreas Joseph Hofmann vom Heiligen römischen Reich los. Auch wenn die Franzosen bereits am 23. Juli 1793 gegenüber preußisch-österreichischen Truppen kapitulierten und Mainz wieder unter die frühere Herrschaft fiel, verdient der in einer Bildlegende auch Deutschaus genannte Ort wegen seines frühen Einsatzes für die Demokratie doch die ihm zugedachte, durch einige Abbildungen illustrierte, und in der abschließenden Diskussion bejahte dauerhafte Aufmerksamkeit.
Innsbruck Gerhard Köbler