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Joos, Kurt Ludwig, Schwieriger Aufbau. Gymnasium und Schulorganisation des deutschen Südwestens in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen 55). Kohlhammer, Stuttgart 2012. 822 S. Besprochen von Werner Schubert.

Joos, Kurt Ludwig, Schwieriger Aufbau. Gymnasium und Schulorganisation des deutschen Südwestens in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen 55). Kohlhammer, Stuttgart 2012. 822 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Wie Anton Schindling, der Vorsitzende der Kommission für die geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, in seinem Geleitwort ausführt, handelt es sich bei dem Werk von Joos (von 1959-1991 Referent im Kultusministerium von Baden-Württemberg) um eine Arbeit, die „historische Forschung mit Zeugenschaft und das in einer Art und Weise“ verbindet, „die den Inhalt als einen Text sui generis erscheinen lässt“. Dabei stehen nach Schindling „in diesem Fall memorierte Zeugenschaft und objektivierende Forschung keineswegs in Widerspruch zueinander“. Das Werk erscheint deshalb in der Reihe „Quellen“ der genannten Kommission, auch wenn es sich bei der Arbeit von Joos nicht um eine Quelle „klassischen Typs“ handelt (S. V). Joos behandelt im Schwerpunkt (S. 1-635) den Aufbau und die Konsolidierung des Schulwesens in den drei südwestdeutschen Staaten (Nordbaden, Württemberg-Hohenzollern [Französische Zone] und Württemberg-Baden [Amerikanische Zone]). Hierzu wertet Joos eine Vielzahl von archivalischen Quellen aus, und zwar auch die Akten der „Archives de l’occupation française en Allemagne et en Autriche“ in Colmar. Weshalb das Stuttgarter Archiv unberücksichtigt geblieben ist, wird nicht ersichtlich. Die Schulpolitik der Französischen Zone wurde maßgeblich bestimmt durch Raymond Schmittlein, Directeur le l’Education publique bei der Militärregierung, der bis 1949/1950 die Schulpolitik der Länder der Französischen Zone maßgeblich mitbestimmte (vgl. 34ff., 563ff.). Grundsätze des französischen Schulwesens ließen sich allerdings nur zum Teil durchsetzen (u. a. keine völlige Abschaffung der Gymnasien). Grundlage der Schulpolitik war insbesondere die Kontrollratsdirektive vom 25. 6. 1947 (S. 402f.), die vor allem die amerikanische Besatzungsmacht möglichst unverändert durchsetzen wollte. Die grundsätzlich sehr rigorose Entnazifizierung – so wurden teilweise über 50 Prozent aller Lehrer zunächst entlassen – wurde in der Französischen Zone etwas flexibler gehandhabt als in der Amerikanischen Zone (vgl. S. 213). 1948/1949 wurden die meisten entlassenen Lehrer wieder eingestellt, ohne dass es zu einer Renazifizierung kam (S. 504). Für die Zeit seit Gründung des Landes Baden-Württemberg 1952 behandelt Joos die Ära der Kultusminister Gottfried Schenkel (1952/1953), Wilhelm Simpfendörfer (1953-1958), Gerhard Storz (1958-1964) und Wilhelm Hahn (1964-1978). Für die Zeit ab 1959 fließen in die Darstellung auch Interna aus der Arbeit des Kultusministeriums, ohne dass, mit Ausnahme einiger Personalakten, ersichtlich ist, ob bzw. inwieweit Joos die Aktenüberlieferung des Ministeriums in Einzelnen herangezogen hat. Aufgabe der Kultusministerien von Baden-Württemberg war es vor allem, die Traditionen der drei südwestdeutschen Länder zusammenzuführen und eine einheitliche Schulpolitik zum Teil gegen erhebliche Widerstände durchzusetzen. Durchgehend berücksichtigt Joos die Schulgesetze sowie die Verordnungen und Erlasse der Kultusministerien, zu denen man aus rechtshistorischer Sicht mitunter eine detailliertere Darstellung gewünscht hätte (zur Besetzung der Kultusministerien mit Juristen vgl. S. 154f.). Ein Verzeichnis der Schulgesetze und einschlägigen Erlasse wäre nützlich gewesen. Die Orts- und Personenregister erschließen wichtige Teile des Inhalts des Bandes; ein Sachregister, das in gleicher Weise hilfreich gewesen wäre, fehlt. Insgesamt liegt mit dem Werk insbesondere für die Zeit von 1945 bis zur Gründung des Südweststaates 1952 – mit aufschlussreichen Rückblicken auf die Weimarer Zeit und die NS-Zeit – und teilweise auch für die Zeit von 1952-1958 eine detaillierte, immer interessant geschriebene Darstellung des Schul- und Bildungswesens Südwestdeutschlands vor, die eine gute Grundlage für weitere Untersuchungen zur Schulrechtsgeschichte (z. B. über die Privatschulgesetze und die schulrechtlichen Bestimmungen der Verfassungen) darstellt.

 

Kiel

Werner Schubert