Recht im Wandel europäischer und deutscher Rechtspolitik. Festschrift 200 Jahre Carl Heymanns Verlag, hg. v. Limperg, Bettina/Bormann, Jens/Filges Axel C. u. a. Heymanns, Köln 2015. XI, 528 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Recht im Wandel europäischer und deutscher Rechtspolitik. Festschrift 200 Jahre Carl Heymanns Verlag, hg. v. Limperg, Bettina/Bormann, Jens/Filges Axel C. u. a. Heymanns, Köln 2015. XI, 528 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Juristische Verlage stellen, seitdem in Leipzig 1640 anlässlich des zweihundertsten Jubiläums der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern von Gregor Ritzsch eine erste Festschrift der Welt mit Beiträgen vieler deutscher Dichter veröffentlicht worden war, zwar Festschriften her, werden nach dem Geleitwort der Herausgeber aber als Institutionen eher selten durch eine solche Festschrift geehrt. Dementsprechend wird der vorliegende Band als eine Besonderheit bezeichnet, mit dem die Herausgeber und Autoren einen rechtswissenschaftlichen Verlag zu seinem 200. Geburtstag die Ehre geben und damit zugleich Dank abstatten wollen für dessen vielfältige Bemühungen um die Rechtsentwicklung und die Autoren des Verlags. Wie Rudolf Laun zu seinem 65., 70., 80. und 90. Geburtstag geehrt wurde, so hat der Verlag Heymanns nach einer anonymen Schrift des Jahres 1915 auch bereits 1965 zu seinem 150-jährigen Bestehen eine zusätzliche Festschrift erhalten, die damals ausschließlich von der Wissenschaft herausgegeben wurde.
Insgesamt 35 bekannte Autoren haben bei dieser Gelegenheit ihre Verbundenheit mit dem Verlag dadurch bekundet, dass sie wesentliche Entwicklungen der europäischen und deutschen Rechtspolitik exemplarisch in wissenschaftlichen Beiträgen aufgegriffen und dargestellt haben. Gebündelt sind die Ergebnisse nacheinander ohne besondere Systematik in Staatsrecht und Verwaltungsrecht, allgemeines Zivilrecht, Gesellschaftsrecht und Wirtschaftsrecht, Insolvenzrecht, gewerblicher Rechtsschutz, Notarrecht und Vertragsgestaltung, Strafrecht und Verlagsgeschichte. Damit wird zwar das Recht vielleicht nicht vollkommen in jeder Richtung abgebildet, aber doch in einem bunten Strauß der modernen Wirklichkeit repräsentiert.
Dies beginnt mit der Untersuchung der Demokratie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs durch Klaus Ferdinand Gärditz. Danach werden beispielsweise angesprochen das Grundgesetz, die Energieversorgung, die Anwartschaft, das Arbeitsrecht, die konkrete Beweisführungslast, § 476 BGB, Gerhard Kegel, das Tarifeinheitsgesetz, der Zivilrechtsschutz, die Anwaltschaften bei den obersten Gerichtshöfen, die Lebensversicherung, die Sachkapitalerhöhung, das Wirtschaftsrecht im Wandel, Haftungsklagen gegen Großkanzleien, Kommentierungen, die SUP-Richtlinie, das Personengesellschaftsrecht, die grenzüberschreitende Insolvenzanfechtung, die Sicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, § 64 GmbHG, die Eigenverwaltung, die Einheitspatente, die Verwertung und Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke, die Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung, gewerbliche Schutzrechte, die Eingriffsvoraussetzungen des besonderen Mechanismus, die Kunst der Fußnote, das Grundbuch, städtebauliche Verträge, die notarielle Beurkundungsverhandlung, die Wirkungskonkurrenz zwischen Verfügungsverboten und Vorkaufsrechten oder die vorsorgende Rechtspflege. Den rechtswisse4nschaftlichen Beschluss bildet Thomas Fischers fragende Betrachtung der Revision in der Strafjustiz.
Ganz am Ende steht die besonders interessante Verlagsgeschichte zwischen der Gründung des eines historischen Verlagsarchivs entbehrenden Verlags durch den in Glogau in Niederschlesien am 29. 11. 1793 in jüdischer Familie geborenen Antiquarssohn Carl Heymann (Lichtbild S. 493) ab Oktober 1815 (1817 Kauf des Sortimentslagers und des Verlags der Liegnitzer Buchhandlung Siegert, 1826 Textausgabe einer allgemeinen Gebührentaxe für die Justizkommissarien und Notarien in den preußischen Staaten, 1835 Übersiedlung nach Berlin, 1847 erster Katalog). Nach dem Tode des Verlegers gelangte der Verlag durch Verkäufe 1871 an den Gründerenkel Otto Löwenstein und danach an die Adoptivtochter Annie Gallus (1877-1964), unter der sich das Verlagshaus mit der ideologischen Programmanpassung Zeit ließ, so dass die Verlegerin in der Nachkriegszeit wieder eine Vertriebslizenz erhielt. Als der Erbe Bertram Gallus am 27. Februar 2004 im Alter von 53 Jahren überraschend an Herzversagen starb, entschieden sich die Gesellschafter 2006 zu dem Verkauf an den niederländischen Informationsdienstleister Wolters Kluwer, unter dessen Regie das vielfältige Sammelwerk für den tradtionsreichen und verdienstvollen Verlag sowie auch für Wissenschaft und Rechtspolitik eindrucksvoll wirbt.
Innsbruck ^ Gerhard Köbler