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AAAKöbler, Gerhard, Gerlach in Bismarcks Gedanken und Erinnerungen, 2016

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Abs. 71 1) Sie findet sich nach den Aufzeichnungen eines Offiziers in Gerlach's Denkwürdigkeiten I 148 f. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 87 **) Das Schreiben des Pastors von Bodelschwingh vom 8. November 1891 (Kreuzzeitung vom 18. November 1891, Nr. 539) und die Denkwürdigkeiten aus dem Leben Leopolds von Gerlach sind mir bekannt. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 179 Bei meinem Verkehr in Sanssouci lernte ich die Personen kennen, die das Vertrauen des Königs auch in politischen Dingen besaßen, und traf zuweilen in dem Cabinet mit ihnen zusammen. Es waren das besonders die Generale Leopold von Gerlach und von Rauch, später Riebuhr, der Cabinetsrath. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 180 Rauch war praktischer, Gerlach in der Entschließung über actuelle Vorkommnisse mehr durch geistreiche Gesammtauffassung angekränkelt, eine edle Natur von hohem Schwung, doch frei von dem Fanatismus seines Bruders, des Präsidenten Ludwig von Gerlach, im gewöhnlichen Leben bescheiden und hülflos wie ein (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 188 Neben Gerlach und vielleicht in höherem Grade war Rauch seit 1848 von Einfluß auf den König. Sehr begabt, der fleischgewordene gesunde Menschenverstand, tapfer und ehrlich, ohne Schulbildung, mit den Tendenzen eines preußischen Generals von der besten Sorte, war er wiederholt als Militärbevollmächtigter in Petersburg in der Diplomatie thätig gewesen. Einmal war Rauch von Berlin in Sanssouci erschienen mit dem mündlichen Auftrage des Ministerpräsidenten Grafen Brandenburg, von dem Könige die Entscheidung über eine Frage von Wichtigkeit zu erbitten. Als der König, dem die Entscheidung schwer wurde, nicht zum Entschluß kommen konnte, zog endlich Rauch die Uhr aus der Tasche und sagte mit einem Blick auf das Zifferblatt: "Jetzt sind noch zwanzig Minuten, bis mein Zug abgeht; da werden Ew. Majestät doch nun befehlen müssen, ob ich dem Grafen Brandenburg Ja sagen soll oder Nee, oder ob ich ihm melden soll, daß Ew. Majestät nich Ja und nich Nee sagen wollen." Diese Aeußerung kam heraus in dem Tone der Gereiztheit, gedämpft durch die militärische Disciplin, als Ausdruck der Verstimmung, die bei dem klaren, entschiedenen und durch die lange fruchtlose Discussion ermüdeten General erklärlich war. Der König sagte: "Na, denn meinetwegen Ja", worauf Rauch sich sofort entfernte, um in beschleunigter Gangart durch die Stadt zum Bahnhof zu fahren. Nachdem der König eine Weile schweigend dagestanden hatte, wie wenn er die Folgen der widerwillig getroffenen Entscheidung noch erwöge, wandte er sich gegen Gerlach und mich und sagte: "Dieser Rauch! Er kann nicht richtig Deutsch sprechen, aber er hat mehr gesunden Menschenverstand als wir Alle," und darauf gegen Gerlach gewandt und das Zimmer verlassend: "Klüger wie Sie ist er immer schon gewesen." Ob der König darin Recht hatte, lasse ich dahingestellt; geistreicher war Gerlach, praktischer Rauch. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 193 Als der Graf Brandenburg, gleichgültig gegen solche Besorgnisse, sich bereit erklärt hatte, das Präsidium zu übernehmen, kam es darauf an, ihm geeignete und genehme Collegen zu gewinnen. In einer Liste, welche dem Könige vorgelegt wurde, fand sich auch mein Name; wie mir der General Gerlach erzählte, hatte der König dazu an den Rand geschrieben: "Nur zu gebrauchen, wenn das Bayonett schrankenlos waltet" *). Der Graf Brandenburg selbst sagte mir in Potsdam: "Ich habe die Sache übernommen, habe aber kaum die Zeitungen gelesen, bin mit staatsrechtlichen Fragen unbekannt und kann nichts weiter thun, als meinen Kopf zu Markte tragen. Ich brauche einen ‚Kornak', einen Mann, dem ich traue und der mir sagt, was ich thun kann. Ich gehe in die Sache wie ein Kind in's Dunkel, und weiß Niemanden, als Otto Manteuffel (Director im Ministerium des Innern), der die Vorbildung und zugleich mein persönliches Vertrauen besitzt, der aber noch Bedenken hat. Wenn er will, so gehe ich morgen in die Versammlung; wenn er nicht will, so müssen wir warten und einen Andern finden. Fahren Sie nach Berlin hinüber und bewegen Sie Manteuffel." Dies gelang, nachdem ich von 9 Uhr bis Mitternacht in ihn eingeredet und es übernommen hatte, seine Frau in Potsdam zu benachrichtigen, und die für die persönliche Sicherheit der Minister im Schauspielhause und in dessen Umgebung getroffenen Maßregeln dargelegt hatte. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 195 *) Gerlach ist zuverlässiger als die Quelle, aus welcher der Graf Vitzthum von Eckstädt geschöpft haben muß, wenn er - "Berlin und Wien" S. 247 - die Randbemerkung so giebt: "Rother Reactionär, riecht nach Blut, später zu gebrauchen." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 205 Diese Hoffnung oder Erwartung, die bis in die "Neue Aera" hinein in Phrasen von dem deutschen Berufe Preußens und von moralischen Eroberungen einen schüchternen Ausdruck fand, beruhte auf dem doppelten Irrthum, der vom März 1848 bis zum Frühjahr des folgenden Jahres in Sanssouci wie in der Paulskirche bestimmend war: einer Unterschätzung der Lebenskraft der deutschen Dynastien und ihrer Staaten, und einer Ueberschätzung der Kräfte, die man unter dem Wort Barrikade zusammenfassen kann, so daß darunter alle die Barrikade vorbereitenden Momente, Agitation und Drohung mit dem Straßenkampfe, begriffen sind. Nicht in diesem selbst lag die Gefahr des Umsturzes, sondern in der Furcht davor. Die mehr oder weniger phäakischen Regirungen waren im März, ehe sie den Degen gezogen hatten, geschlagen, theils durch die Furcht vor dem Feinde, theils durch die innere Sympathie ihrer Beamten mit demselben. Immerhin wäre es für den König von Preußen an der Spitze der Fürsten leichter gewesen, durch Ausnutzung des Sieges der Truppen in Berlin ein deutsches Einheitsgebilde herzustellen, als es nachher der Paulskirche geworden ist; ob die Eigenthümlichkeit des Königs nicht eine solche Herstellung auch bei Festhalten dieses Sieges gehindert oder das hergestellte, wie Bodelschwingh im März fürchtete, wieder unsicher gemacht haben würde, ist allerdings schwer zu beurtheilen. In den Stimmungen seiner letzten Lebensjahre, wie sie auch aus den Aufzeichnungen Leopolds v. Gerlach und aus andern Quellen ersichtlich sind, steht die ursprüngliche Abneigung gegen constitutionelle Einrichtungen, die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit eines größern Maßes freier Bewegung der Königlichen Gewalt, als das in der preußischen (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 227 *) Der General von Gerlach hat im August 1850 niedergeschrieben (Denkwürdigkeiten I 514): "Die Verehrung des Königs für Radowitz beruht auf zwei Dingen: 1) seinem scheinbar scharf logisch-mathematischen Raisonnement, bei dem seine gedankenlose Indifferenz es ihm möglich macht, jeden Widerspruch mit dem Könige zu vermeiden. Nun sieht der König in dieser seinem Ideengange ganz entgegensetzten Denkart die Probe für das Exempel, was er sich zusammengerechnet, (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 273 1) Preußen im Bundestage 1851-1859. Documente der K. Preuß. Bundestags-Gesandtschaft. Herausgegeben von Dr. Ritter v. Poschinger. 4 Bde. Lpz. 1882-1884. - Bismarck's Briefe an den General Leopold v. Gerlach. Herausgegeben von H. Kohl. Berlin 1896. - Bismarckbriefe. Herausgegeben von H. Kohl. 7. Auflage. Bielefeld 1898 S. 106 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 288 [1-87] in Templin bei Potsdam Obstbäume zu pfropfen 1). Dieses scherzende Gespräch war von Platen nach Hanover berichtet worden und dort zur Kenntniß des General-Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit Manteuffel über Zollsachen verhandelte und in mir den Junker im Sinne der liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres zu thun, als entstellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel mitzutheilen in dem Sinne, als ob ich an dessen Sturze arbeitete. Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich an Aeußerlichem die Wirkung dieser Einbläserei wahrzunehmen. Sie bestand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem Chef, und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei ihm zu wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden mir dabei auch meine freundschaftlichen Beziehungen zu dem General von Gerlach. Die Genesung des Grafen Arnim gestattete mir, meinem Wiener Aufenthalte ein Ende zu machen, und vereitelte einstweilen die Absicht des Königs, mich zum Nachfolger Arnim's zu ernennen. Aber auch wenn diese Genesung nicht eingetreten wäre, würde ich den dortigen Posten nicht gern übernommen haben, weil ich schon damals das Gefühl hatte, durch mein Auftreten in Frankfurt persona ingrata in Wien geworden zu sein. Ich hatte die Befürchtung, daß man dort fortfahren würde, mich als gegnerisches Element zu behandeln, mir den Dienst zu erschweren und mich am Berliner Hofe zu discreditiren, was durch Hofcorrespondenz, wenn ich in Wien fungirte, noch leichter gewesen wäre als über Frankfurt. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 299 [1-91] befreundeten Minister von Schele erwähnte, gab dieser lachend sein Erstaunen zu erkennen: "Er hätte den Mann nach seiner Thätigkeit für einen östreichischen Agenten gehalten." Ich telegraphirte chiffrirt an den Minister von Manteuffel und rieth, das Gepäck des Spiegelthal, der in den nächsten Tagen nach Berlin zurückreisen wollte, bei der Zollrevision an der Grenze untersuchen und seine Papiere in Beschlag nehmen zu lassen. Meine Erwartung, in den folgenden Tagen davon zu lesen oder zu hören, erfüllte sich nicht. Während ich die letzten Octobertage in Berlin und Potsdam zubrachte, erzählte der General von Gerlach mir u. A.: "Manteuffel habe zuweilen ganz sonderbare Einfälle; so habe er vor Kurzem verlangt, daß der Consul Spiegelthal zur königlichen Tafel gezogen werde, und unter Stellung der Cabinetsfrage sein Verlangen durchgesetzt." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 307 Auch Rudolf von Auerswald hatte sich der Fraction zurückhaltend angeschlossen, kam aber im Juni 1854 zu mir nach Frankfurt, um mir zu sagen, daß er seinen Feldzug der letzten Jahre für verloren halte, sich herauszuziehn wünsche und, wenn er den Gesandten-Posten in Brasilien erhielte, versprechen wolle, sich um innere Politik nicht mehr zu kümmern 2). Obwohl ich Manteuffel empfahl, in seinem Interesse darauf einzugehn und einen so feinen Kopf, erfahrnen und achtbaren Mann und Freund des Prinzen von Preußen auf diese ehrliche Weise zu neutralisiren, so war sein und des Generals von Gerlach Mißtrauen oder Abneigung gegen Auerswald doch so stark, daß der Minister seine Ernennung ablehnte. Manteuffel und Gerlach waren überhaupt, obschon nicht untereinander, doch gegen die Partei Bethmann-Hollweg einig. Auerswald blieb im Lande und einer der Hauptträger der Beziehungen zwischen diesen anti-Manteuffel'schen Elementen und dem Prinzen. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 310 2) S. Brief an Leopold v. Gerlach vom 6. Juni 1854, Ausgabe von H. Kohl, S. 156. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 313 Im Sommer 1853 schien es, daß Goltz sich seinem Ziele nähern, zwar nicht Manteuffel verdrängen, aber doch Minister werden werde. Der General Gerlach schrieb mir am 6. Juli: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 314 "Von Manteuffel hörte ich, daß Goltz ihm erklärt hat, nur dann in das Ministerium eintreten zu können, wenn die Umgebung des Königs geändert, d. h. ich fortgeschickt würde. Ich glaube übrigens, ja ich könnte sagen, ich weiß es, daß Manteuffel Goltz als Rath in das Auswärtige Ministerium hat haben wollen, um gegen andre Personen dort, wie Le Coq (wohl eher gegen Gerlach (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 320 "General von Gerlach theilt mir soeben mit, daß des Königs Majestät Euer Hochwohlgeboren behufs Besprechung über die Behandlung des östreichisch-preußischen Bündnisses am Bunde hier anwesend zu sehen befohlen und daß der Herr General in diesem Sinne Euer Hochwohlgeboren bereits geschrieben habe 1). In Gemäßheit dieses Allerhöchsten Befehls, von dem mir übrigens vorher nichts bekannt gewesen, darf ich keinen Anstand nehmen. Euer Hochwohlgeboren ganz ergebenst zu veranlassen, sich unverzüglich hierher zu verfügen. Mit Rücksicht auf die beim Bundestage bevorstehenden Verhandlungen dürfte Ihr Aufenthalt hierselbst nicht von langer Dauer sein können." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 322 1) Dieser Brief ist veröffentlicht im Briefwechsel des Generals Leopold v. Gerlach mit dem Bundestagsgesandten Otto v. Bismarck S. 166. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 330 [1-100] Bemühungen des Grafen Buol, einen Kriegsfall zu schaffen, die durch die Räumung der Wallachei und Moldau seitens der Russen vereitelt wurden, die von ihm beantragte und im Geheimniß vor Preußen abgeschlossene Allianz mit den Westmächten vom 2. December, die vier Punkte der Wiener Conferenz und der weitre Verlauf bis zu dem Pariser Frieden vom 30. März 1856 sind von Sybel aus den Archiven dargestellt, und meine amtliche Stellungnahme zu allen diesen Fragen ergiebt sich aus dem Werke "Preußen im Bundestage", Ueber das, was in dem Cabinet vorging, über die Erwägungen und Einflüsse, die den König in den wechselnden Phasen bestimmten, erhielt ich von dem General von Gerlach Mittheilungen, von denen ich die interessanteren einflechte. Wir hatten für diese Correspondenz seit Herbst 1855 eine Art von Chiffre verabredet, in welchem die Staaten durch die Namen uns bekannter Dörfer, die Personen nicht ohne Humor durch Figuren aus Shakespeare bezeichnet waren 1). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 333 1) S. den Schlüssel in den Briefen Bismarck's an General L. v. Gerlach, herausg. von H. Kohl S. 351 f. (doch ist S. 352 Z. 4 zu lesen: Fortinbras, Z. 8: Trinkulo). - Zum ersten Male bediente sich der Chiffre Bismarck im Briefe vom 21. December 1855, Gerlach im Briefe vom 15. Januar 1856 (Bismarck-Jahrbuch II 212 ff.). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 337 1) Vgl. Briefwechsel Gerlach-Bismarck S. 163 f. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 351 Die folgenden Brieffragmente sind wieder von Gerlach. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 357 *) Gerlach hat dabei wohl an Ohm und Hantge gedacht, auch an die Berichte, welche der phantasiereiche und gut bezahlte Oestreicher Tausenau aus London über gefährliche Anschläge der deutschen Flüchtlinge erstattete. Der König muß über die Zuverlässigkeit dieser Meldungen zweifelhaft geworden sein; er beauftragte direct aus seinem Cabinet den Gesandten Bunsen, von der englischen Polizei Erkundigung einzuziehn, die dahin ausfiel, daß die deutschen Flüchtlinge in London zu viel mit dem Erwerb ihres Lebensunterhaltes zu thun hätten, um an Attentate zu denken. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 372 2) a. a. O. 222 ff. - Die weiteren Briefe Gerlach's aus den Jahren 1855-1860 sind veröffentlicht im Bismarck-Jahrbuch II 191 ff., IV 158 ff., VI 83 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 385 In die Pläne der Ausschlachtung Rußlands hatte man den Prinzen von Preußen nicht eingeweiht. Wie es gelungen, ihn für eine Wendung gegen Rußland zu gewinnen, ihn, der vor 1848 seine Bedenken gegen die liberale und nationale Politik des Königs nur in den Schranken brüderlicher Rücksicht und Unterordnung geltend gemacht hatte, zu einer ziemlich activen Opposition gegen die Regirungspolitik zu bewegen, trat in einer Unterredung hervor, die ich mit ihm in einer der Krisen hatte, in welchen mich der König zum Beistande gegen Manteuffel nach Berlin berufen hatte. Ich wurde gleich nach meiner Ankunft zu dem Prinzen befohlen, der mir in einer durch seine Umgebung erzeugten Gemüthserregung den Wunsch aussprach, ich solle dem Könige im westmächtlichen und antirussischen Sinne zureden. Er sagte: "Sie sehn sich hier zwei streitenden Systemen gegenüber, von denen das eine durch Manteuffel, das andre, russenfreundliche, durch Gerlach und den Grafen Münster in Petersburg vertreten ist. Sie kommen frisch hierher, sind von dem Könige gewissermaßen als Schiedsmann berufen. Ihre Meinung wird daher den Ausschlag geben, und ich beschwöre Sie, sprechen Sie sich so aus, wie es nicht nur die europäische Situation, sondern auch ein richtiges Freundesinteresse für Rußland erfordert. Rußland ruft ganz Europa gegen sich auf und wird schließlich unterliegen. Alle diese prächtigen Truppen," - es war dies nach den für die Russen nachtheiligen Schlachten vor Sebastopol - "alle unsre Freunde, die dort geblieben sind," - er nannte mehre - "würden noch leben, wenn wir richtig eingegriffen und Rußland zum Frieden gezwungen hätten." Es würde damit enden, daß Rußland, unser alter Freund und Bundesgenosse, vernichtet oder in gefährlicher Weise geschädigt würde. Unsre, von Otto Fürst von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. I. 8 (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 391 Während des Krimkrieges und, wenn ich mich recht erinnere, aus Anlaß desselben wurde ein lange betriebener Depeschendiebstahl ruchbar. Ein verarmter Polizeiagent 1), der vor Jahren seine Geschicklichkeit dadurch bewiesen hatte, daß er, während der Graf Bresson französischer Gesandter in Berlin war, Nachts durch die Spree geschwommen, in die Villa des Grafen in Moabit eingebrochen war und seine Papiere abgeschrieben hatte, wurde von dem Minister Manteuffel dazu angestellt, sich durch bestochne Diener Zugang zu den Mappen zu verschaffen, in denen die eingegangnen Depeschen und die durch deren Lesung veranlaßte Correspondenz zwischen dem Könige, Gerlach und Niebuhr hin und her ging, und von dem Inhalte derselben Abschrift zu nehmen. Von Manteuffel mit preußischer Sparsamkeit bezahlt, suchte er nach weitrer Verwerthung seiner Bemühungen und fand eine solche durch Vermittlung des Agenten Hassenkrug zunächst bei dem französischen Gesandten Moustier, dann auch bei andern Leuten 2). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 392 Zu den Kunden des Agenten gehörte auch der Polizeipräsident von Hinckeldey. Dieser kam eines Tages zu dem General von Gerlach mit der Abschrift eines Briefes, in welchem dieser an Jemanden, wahrscheinlich an Niebuhr, geschrieben hatte: "Nun der König mit hohem Besuch in Stolzenfels sei, hätten sich die und die, darunter Hinckeldey, dorthin begeben; die Bibel sage, wo das Aas ist, da sammeln sich die Adler; jetzt könne man sagen, wo der Adler ist, da sammelt sich das Aas." Hinckeldey stellte den General (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 394 2) Vgl. Gerlach's Denkwürdigkeiten II 346 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 395 [1-116] zur Rede und antwortete auf des Generals Frage, wie er zu diesem Briefe komme: "Der Brief kostet mich 30 Thaler." - "Wie verschwenderisch!" erwiderte Gerlach, "für 30 Thaler hätte ich Ihnen zehn solche Briefe geschrieben!"IV. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 396 Meine amtlichen Aeußerungen über die Theilnahme Preußens an den Friedensverhandlungen in Paris (Preußen im Bundestage Theil II, S. 312-317, 337-339, 350) werden ergänzt durch folgendes Schreiben an Gerlach. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 409 1) Fortsetzung s. in Horst Kohl, Bismarcks Briefe an den General Leo pold v. Gerlach S. 281 f. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 430 Der Chef des Generalstabs von Sanssouci war, nachdem der General von Rauch gestorben, Leopold von Gerlach, und seine (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 443 Rhino Quehl war ein Journalist, durch den Manteuffel schon während des Erfurter Parlaments seine Politik in der Presse hatte vertreten lassen, voller Ideen und Anregungen, richtigen und falschen, eine sehr geschickte Feder führend, aber mit einer zu starken Hypothek von Eitelkeit belastet. Die weitre Entwicklung des Conflicts zwischen Manteuffel und Quehl auf der einen, der Kreuzzeitung und der Camarilla auf der andern Seite, und die ganze innere Situation wird aus den nachstehenden brieflichen Aeußerungen von Gerlach ersichtlich: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 451 2) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 30 f. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 457 1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach, S. 32 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 481 Der König haßte damals Manteuffel, er behandelte ihn nicht mit der ihm sonst eignen Höflichkeit und that beißende Aeußerungen über ihn. Wie er überhaupt die Stellung eines Ministers auffaßte, zeigt ein Wort über den Grafen Albert Pourtalès, den er auch gelegentlich als Schreckbild für Manteuffel benutzte 2): "Der wäre ein Minister für mich, wenn er nicht 30000 Reichsthaler Einkommen zu viel hätte; darin steckt die Quelle des Ungehorsams." Wenn ich sein Minister geworden wäre, so würde ich mehr als Andre 1) Vgl. Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach vom 6. und 13. Aug. 1853 (Ausgabe von H. Kohl S. 96, 97). 2) S. o. S. 109. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 490 Ich schrieb dem General Gerlach 1), ich sei eins der jüngsten Mitglieder unter diesen Leuten. Wenn ich die Wünsche Sr. Majestät früher gekannt hätte, hätte ich vielleicht einen Einfluß gewinnen können; aber der Befehl des Königs, von mir in Berlin ausgeführt und in der conservativen Partei beider Häuser vertreten, würde meine parlamentarische Stellung, die für den König und seine Regirung in andern Fragen von Nutzen sein könnte, zerstören, wenn ich rein als königlicher Beauftragter, ohne eigne Gedanken zu vertreten, meinen Einfluß in der kurzen Frist von zwei Tagen verwerthen sollte. Ich fragte daher an, ob ich nicht den vom Könige erhaltenen Auftrag, mit dem Prinzen von Augustenburg zu verhandeln, als Grund für mein Wegbleiben von dem Landtage geltend machen dürfte. Ich erhielt durch den Telegraphen die Antwort, mich auf das Augustenburger Geschäft nicht zu berufen, sondern sofort nach Berlin zu kommen, reiste also am 26. April ab. Inzwischen war in Berlin auf Betrieb der conservativen Partei ein Beschluß gefaßt worden, der (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 492 [1-141] den Absichten des Königs zuwiderlief, und der von Sr. Majestät unternommne Feldzug schien damit verloren zu sein. Als ich mich am 27. bei dem General von Gerlach in dem Flügel des Charlottenburger Schlosses neben der Wache meldete, vernahm ich, daß der König ungehalten über mich sei, weil ich nicht sofort abgereist sei; wenn ich gleich erschienen wäre, so würde ich den Beschluß haben verhindern können 1). Gerlach ging, um mich zu melden, zum Könige und kam nach ziemlich langer Zeit zurück mit der Antwort: Se. Majestät wolle mich nicht sehn, ich solle aber warten. Dieser in sich widersprechende Bescheid ist charakteristisch für den König; er zürnte mir und wollte das durch Versagung der Audienz zu erkennen geben, aber doch auch zugleich die Wiederannahme zu Gnaden in kurzer Frist sicher stellen. Es war das eine Art von Erziehungsmethode, wie man in der Schule gelegentlich aus der Klasse gewiesen, aber wieder hineingelassen wurde. Ich war gewissermaßen im Charlottenburger Schlosse internirt, ein Zustand, der mir durch ein gutes und elegant servirtes Frühstück erleichtert wurde. Die Einrichtung des Königlichen Haushalts außerhalb Berlins, vorzugsweise in Potsdam und Charlottenburg, war die eines Grand Seigneur auf dem Lande. Man wurde bei jeder Anwesenheit zu den üblichen Zeiten nach Bedarf verpflegt, und wenn man zwischen diesen Zeiten einen Wunsch hatte, auch dann. Die Wirthschaftsführung war allerdings nicht auf russischem Fuße, aber doch durchaus vornehm und reichlich nach unsern Begriffen, ohne in Verschwendung auszuarten. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 494 1) Vgl. Gerlach's Denkwürdigkeiten I 754. 756. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 503 Die Haltung, welche ich in der conservativen Fraction angenommen hatte, griff störend in die Pläne ein, die der König mit mir hatte oder zu haben behauptete. Als er zu Anfang des Jahres 1854 das Ziel, mich zum Minister zu machen, directer in's Auge zu fassen begann, wurde seine Absicht nicht nur von Manteuffel bekämpft, sondern auch von der Camarilla, deren Hauptpersonen der General Gerlach und Niebuhr waren. Diese, ebenso wie Manteuffel, waren nicht geneigt, den Einfluß auf den König mit mir zu theilen, und glaubten sich mit mir im täglichen Zusammenleben nicht so gut wie in der Entfernung zu vertragen. Gerlach wurde in dieser Voraussetzung bestärkt durch seinen Bruder, den Präsidenten, der die Gewohnheit hatte, mich als einen PilatusCharakter zu bezeichnen auf der Basis: Was ist Wahrheit? also als einen unsichern Fractionsgenossen. Dieses Urtheil über mich kam auch in den Kämpfen innerhalb der conservativen Fraction und ihres intimern Comités mit Schärfe zum Ausdruck, als ich, auf Grund meiner Stellung als Bundestagsgesandter und weil ich im Besitz des Vortrags bei dem Könige über die deutschen Angelegenheiten sei, einen größern Einfluß auf die Haltung der Fraction in der deutschen und der auswärtigen Politik verlangte, während der Präsident Gerlach und Stahl die absolute Gesammtleitung nach allen Seiten hin in Anspruch nahmen. Ich befand mich im Widerspruche mit Beiden, mehr aber mit Gerlach als mit Stahl, und (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 505 Im Winter 1853 zu 1854 ließ mich der König wiederholt kommen und hielt mich oft lang fest; ich verfiel dadurch äußerlich in die Kategorie der Streber, die am Sturze Manteuffel's arbeiteten, den Prinzen von Preußen gegen seinen Bruder einzunehmen, für sich Stellen oder wenigstens Aufträge herauszuschlagen suchten und dann und wann von dem Könige als Rivalen Manteuffels cum spe succedendi behandelt wurden. Nachdem ich mehrmals von dem Könige gegen Manteuffel in der Weise ausgespielt worden war, daß ich Gegenentwürfe von Depeschen zu machen hatte, bat ich Gerlach, den ich in einem kleinen Vorzimmer neben dem Cabinet des Königs in dem längs der Spree hinlaufenden Flügel des Schlosses fand, mir die Erlaubniß zur Rückkehr nach Frankfurt zu erwirken. Gerlach trat in das Cabinet und sprach, der König rief: "Er soll in des Teufels Namen warten, bis ich ihm befehle abzureisen!" Als Gerlach herauskam, sagte ich lachend, ich hätte den Bescheid schon. Ich blieb also noch eine Zeit lang in Berlin. Als es endlich zur Abreise kam, hinterließ ich den Entwurf eines eigenhändigen, von dem Könige an den Kaiser Franz Joseph zu richtenden Schreibens, den ich auf Befehl Seiner Majestät ausgearbeitet und den Manteuffel dem Könige vorzulegen übernommen hatte, nachdem er sich mit mir über den Inhalt verständigt haben würde. Der Schwerpunkt lag in dem Schlußsatze, aber auch ohne diesen bildete der Entwurf ein abgerundetes Aktenstück, freilich von wesentlich modificirter Tragweite. Ich bat den Flügeladjutanten vom Dienst unter Mittheilung einer Abschrift des Concepts, den König darauf aufmerksam zu machen, daß der Schlußsatz das entscheidende Stück des Erlasses sei. Diese Vorsichtsmaßregel war im Auswärtigen Amte nicht bekannt; (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 509 [1-148] gelandet seien. "Freut mich," erwiderte er, "da sind wir sehr stark." Es wurde russische Strömung. Ich glaubte, politisch meine Schuldigkeit gethan zu haben, hatte schlechte Nachrichten von meiner Frau und bat um die Erlaubniß abzureisen. Sie wurde mir indirect dadurch verweigert, daß ich auf das Gefolge übertragen wurde, ein hoher Gunstbeweis. Gerlach warnte mich, ihn nicht zu überschätzen. "Bilden Sie sich nur nicht ein," sagte er, "daß Sie politisch geschickter gewesen sind als wir. Sie sind augenblicklich in Gunst, und der König schenkt Ihnen diese Depesche, wie er einer Dame ein Bouquet schenken würde." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 510 Wie wahr das war, erfuhr ich sofort, aber in vollem Umfange erst später nach und nach. Als ich darauf bestand, abzureisen, und in der That am 1. September abreiste, erfolgte eine ernste Ungnade des Königs; mir wäre meine Häuslichkeit doch mehr werth als das ganze Reich, hatte er zu Gerlach gesagt. Aber wie tief die Verstimmung gegangen war, wurde mir erst während und nach meiner Pariser Reise klar. Mein beifällig aufgenommener Depeschen-Entwurf wurde telegraphisch angehalten und dann geändert. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 529 1) Vgl. Bismarck's Brief an Gerlach vom 7. October 1855, S. 248 f. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 535 [1-156] II. Das Mißvergnügen über meinen Verkehr mit Napoleon entsprang aus dem Begriffe oder genauer gesprochen dem Worte Legitimität, das in dem modernen Sinne von Talleyrand geprägt und 1814 und 1815 mit großem Erfolge und zum Vortheil der Bourbonen als eine täuschende Zauberformel benutzt worden ist. Ich schalte hier einige Stücke aus meiner Correspondenz mit Gerlach ein, die etwas später fallen, deren Anlaß aber schon in den oben mitgetheilten Bruchstücken seiner Briefe zu erkennen ist. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 538 1) Briefe Bismarck's an Gerlach, S. 314 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 555 Gerlach antwortete wie folgt: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 575 Gerlach antwortete mir unter dem 21. Mai: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 578 1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach S. 324 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 617 Gerlach erwiderte: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 620 1) Bismarcks Briefe an den General L. v. Gerlach S. 326 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 639 1) Thatsächlich finden sich in den Berichten an Manteuffel vom 11. und 24. April, sowie vom 1. Mai 1857 (Preußen im Bundestage IV 257 f., III 91 ff. 94 ff.) keinerlei Mittheilungen über diese Unterredung, ebensowenig in dem Briefe an Gerlach vom 11. April 1857, Briefe Bismarck's ?c. S. 311 ff.; das, er dem letztern davon erzählt hat, geht aus Gerlach's Denkwürdigkeiten II 521 hervor. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 655 Durch Allerhöchsten Erlaß vom 23. October wurde der Prinz von Preußen zunächst auf drei Monate mit der Stellvertretung des Königs beauftragt, die dann noch dreimal auf je drei Monate verlängert wurde und ohne nochmalige Verlängerung im October 1858 abgelaufen wäre. Im Sommer 1858 war ein ernster Versuch im Werke, die Königin zu veranlassen, die Unterschrift des Königs zu einem Briefe an seinen Bruder zu beschaffen, in dem zu sagen sei, daß er sich wieder wohl genug fühle, um die Regirung zu übernehmen, und dem Prinzen für die geführte Stellvertretung danke. Die letztre war durch einen Brief des Königs eingeleitet worden, konnte also, so argumentirte man, durch einen solchen wieder aufgehoben werden. Die Regirung würde dann, unter Controlle der königlichen Unterschrift durch Ihre Majestät die Königin, von den dazu berufenen oder sich darbietenden Herren vom Hofe geführt werden. Zu diesem Plan wurde mündlich auch meine Mitwirkung in Anspruch genommen, die ich in der Form ablehnte, das würde eine Haremsregirung werden. Ich wurde von Frankfurt nach Baden-Baden gerufen und setzte dort 2)den Prinzen von dem Plane in Kenntniß, ohne die Urheber zu nennen. "Dann nehme ich meinen Abschied!" rief der Prinz. Ich stellle ihm vor, daß das Ausscheiden aus seinen militärischen Aemtern nichts helfen, sondern die Sache schlimmer machen würde. Der Plan sei nur ausführbar, wenn das Staatsministerium dazu stille hielte. Ich rieth daher, den Minister Manteuffel, der auf seinem Gute den Erfolg des ihm bekannten Plans abwartete, telegraphisch zu citiren und durch geeignete Weisungen den Faden der Intrigue1) Vgl. Bismarck's Brief an Gerlach vom 19. Dec. 1857, Ausg. von H. Kohl S. 337 ff. und Gerlachs Antwort, Bismarck-Jahrbuch II 250 ff. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 663 Unsre große Haupt- und Staatsaction ist inmittelst wenigstens im ersten Akt erledigt. Die Sache hat mir viel Sorge, Unannehmlichkeit und unverdienten Verdruß gemacht. Noch gestern habe ich darüber von Gerlach einen ganz empfindlichen Brief erhalten. Er glaubt, daß damit die Souveränetät halb zum Fenster hinausgeworfen sei. Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen, meine Vorstellung von der Sache ist folgende: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 944 [1-280] Gerechtigkeit zu vertheilen sei. Rein menschlich gesprochen, wird sie in der Hauptsache auf dem Könige selbst beruhn bleiben, denn er hat überlegne, ihn und die Geschäfte leitende Rathgeber zu keiner Zeit gehabt. Er behielt sich die Auswahl unter den Rathschlägen nicht nur jedes einzelnen Ministers, sondern auch unter den viel zahlreichern vor, die ihm von mehr oder weniger geistreichen Adjutanten, Cabinetsräthen, Gelehrten, unehrlichen Strebern, ehrlichen Phantasten und Höflingen vorgetragen wurden. Und diese Auswahl behielt er sich oft lange vor. Es ist oft weniger schädlich, etwas Unrichtiges als nichts zu thun. Ich habe nie den Muth gehabt, die Gelegenheiten, die mir dieser persönlich so liebenswürdige Herr mehrmals, zuweilen scharf und beinahe zwingend, in den Jahren 1852 bis 1856 geboten hat, sein Minister zu werden, zu benutzen oder ihre Verwirklichung zu fördern. Wie er mich betrachtete, hätte ich ihm gegenüber keine Autorität gehabt, und seine reiche Phantasie war flügellahm, sobald sie sich auf dem Gebiete praktischer Entschlüsse geltend machen sollte. Mir fehlte die schmiegsame Gefügigkeit zur Uebernahme und ministeriellen Vertretung von politischen Richtungen, an die ich nicht glaubte, oder für deren Durchführung ich dem Könige den Entschluß und die Consequenz nicht zutraute. Er unterhielt und förderte die Elemente des Zwiespalts zwischen seinen einzelnen Ministern; die Frictionen zwischen Manteuffel, Bodelschwingh und Heydt, die in triangularem Kampfe mit einander standen, waren dem Könige angenehm und ein politisches Hülfsmittel in kleinen Detail-Gefechten zwischen königlichem und ministeriellem Einfluß. Manteuffel hat mit vollem Bewußtsein die Camarilla-Thätigkeit von Gerlach, Rauch, Niebuhr, Bunsen, Edwin Manteuffel geduldet; er trieb seine Politik mehr defensiv als im Hinblick auf bestimmte Ziele, fortwurstelnd, wie Graf Taaffe sagte, und beruhigt, wenn er durch allerhöchste Unterschrift gedeckt war; doch hat der reine Absolutismus ohne Parlament immer noch das Gute, daß ihm ein Gefühl der Verantwortlichkeit für eigne Thaten bleibt. Gefährlicher ist der durch gefügige (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 19 [2-10] in dieser Richtung entwickelte öffentliche Meinung, auch der Präsident Ludwig von Gerlach, ein kindliches Vertrauen zu dem Beistande, den England dem isolirten Preußen leisten würde. Viel leichter als die englische wäre die französische Genossenschaft zu erlangen gewesen, wenn wir den Preis hätten zahlen wollen, den sie uns voraussichtlich gekostet haben würde. Ich habe nie in der Ueberzeugung geschwankt, daß Preußen, gestützt nur auf die Waffen und Genossen von 1848, öffentliche Meinung, Landtage, Vereine, Freischaaren und die kleinen Contingente in ihrer damaligen Verfassung, sich auf ein hoffnungsloses Beginnen eingelassen und unter den großen Mächten nur Feinde gefunden hätte, auch in England. Ich hätte den Minister als Schwindler und Landesverräther betrachtet, der in die falsche Politik von 1848, 49, 50 zurückgefallen wäre, die uns ein neues Olmütz bereiten mußte. Sobald aber Oestreich mit uns war, schwand die Wahrscheinlichkeit einer Coalition der andern Mächte gegen uns. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 809 [2-278]. ihn wirkten als civilistische, und ich selbst habe in dem äußern Eindruck der Militäruniform, die ich trug, um ein mehrmaliges Umkleiden am Tage zu vermeiden, ein Moment der Verstärkung meines Einflusses zu finden geglaubt. Unter den Personen, die, so lange er noch Prinz Wilhelm war, Einfluß auf seine Entwicklung haben konnten, standen in erster Linie Militärs ohne politischen Beruf, nachdem der General von Gerlach, der Jahre hindurch sein Adjutant gewesen war, dem politischen Leben vorübergehend fremd geworden war. Er war der begabteste unter den Adjutanten, die der Prinz gehabt hatte, und nicht theoretischer Fanatiker in Politik und Religion wie sein Bruder, der Präsident, aber doch genug doctrinär, um bei dem praktischen Verstande des Prinzen nicht den Anklang zu finden, wie bei dem geistreichen Könige Friedrich Wilhelm. Pietismus war ein Wort und ein Begriff, die mit dem Namen Gerlach leicht in Verbindung traten wegen der Rolle, die die beiden Brüder des Generals, der Präsident und der Prediger, Verfasser eines ausgedehnten Bibelwerks, in der politischen Welt spielten. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 810 Ein Gespräch, das ich 1853 in Ostende, wo ich dem Prinzen näher getreten war, mit ihm hatte und das sich an den Namen Gerlach knüpfte, ist mir in Erinnerung geblieben, weil es mich betroffen machte über des Prinzen Unbekanntschaft mit unsern staatlichen Einrichtungen und der politischen Situation. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 811 Eines Tages sprach er mit einer gewissen Animosität über den General von Gerlach, der aus Mangel an Uebereinstimmung und, wie es schien, verstimmt aus der Adjutanten-Stellung geschieden war. Der Prinz bezeichnete ihn als einen Pietisten. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 814 Ich: „Das liegt Gerlach fern, was kann der werden? Im heutigen Sprachgebrauch versteht man unter einem Pietisten etwas andres, nämlich einen Menschen, der orthodox an die christliche (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)