AAAKöbler, Gerhard, Usedom in Bismarcks Gedanken und Erinnerungen, 2016
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Abs. 368 ... Was mich ganz niederschlägt, ist der allgemein verbreitete Bonapartismus und die Indifferenz und der Leichtsinn, womit man diese größte aller Gefahren auf sich zukommen sieht. Ist es denn so schwer zu erkennen, wohin dieser Mensch will? ... Und wie stehen hier die Sachen? The king can do no wrong. Von dem schweige ich; Manteuffel ist völlig Bonapartist. Bunsen mitsammt Usedom sind keine Preußen. Hatzfeld in Paris hat eine bonapartistische Frau und ist so eingeseift, daß sein hiesiger Schwager den alten Bonaparte im Vergleich mit dem jetzigen für einen Esel hält. Was soll daraus werden, und wie darf man dem Könige Vorwürfe machen, wenn er so bedient ist. Von den irregulären Rathgebern zu schweigen. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 387 In dieser Form etwa hatten Goltz, Albert Pourtalès und Usedom in ihrer auf den Sturz Manteuffel's berechneten Politik die Preußen gegen Rußland zugedachte Rolle dem Prinzen annehmbar gemacht, wobei die Abneigung der Prinzessin, seiner Gemalin, gegen Rußland ihnen behülflich gewesen sein wird. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 437 Die leistungsfähigen Kräfte der Bethmann-Hollwegschen Partei, Goltz, Pourtalès, zuweilen Usedom, wurden durch den Prinzen von Preußen auch bei dem Könige zu einer gewissen Geltung gebracht. Es kam vor, daß nothwendige Depeschen nicht von Manteuffel, sondern von dem Grafen Albert Pourtalès entworfen wurden, daß der König mir dessen Entwürfe zur Revision gab, daß ich über die Amendirung wieder mit Manteuffel Fühlung nahm, daß der den Unterstaatssekretär Le Coq zuzog, daß dieser die Fassung aber lediglich von dem Standpunkte französischer Stilistik prüfte und eine Tage lange Verzögerung mit der Anführung rechtfertigte, er habe den genau angemessenen französischen Ausdruck noch nicht gefunden, der zwischen dunkel, unklar, zweifelhaft und bedenklich die richtige Mitte hielte, - als ob es auf solche Lappalien damals angekommen wäre. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 566 Dann klagen Sie unsre Politik der Isolirtheit an. Dieselbe Anklage erhob der Freimaurer Usedom, als er uns in den Vertrag vom 2. December hineintreiben wollte, und Manteuffel, jetzt Usedoms entschiedener Feind, war sehr von diesem Gedanken imponirt, Sie damals aber Gott sei Dank nicht. Oesterreich schloß damals den Decembervertrag mit, was hat es ihm genutzt? Es taumelt umher nach Bündnissen. Eine Quasi-Allianz schloß es gleich nach dem Pariser Frieden, jetzt soll es eine geheime mit England geschlossen haben. Ich sehe dabei keinen Gewinn, sondern nur Verlegenheiten. Letztere Allianz kann nur für den Fall gültig werden, daß die französisch-englische auseinandergeht, und auch nur bis dahin wird Palmerston sich nicht abhalten lassen, mit Sardinien und Italien zu coquettiren. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 672 [1-203] meine Abberufung von Frankfurt. Die Ernennung von Usedom werde das Vertrauen der deutschen Höfe abschwächen, weil er unklar liberal und mehr anekdotenerzählender Höfling als Staatsmann sei; und Frau von Usedom würde uns durch ihre Excentricität Verlegenheit und unerwünschte Eindrücke in Frankfurt zuziehn. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 673 Worauf der Regent: "Das ist es ja eben, daß die hohe Befähigung Usedoms sich nirgendwo anders verwerthen läßt, weil seine Frau an jedem Hofe Verlegenheiten herbeiführen würde." Letztres geschah nicht bloß an Höfen, sondern auch in dem duldsamen Frankfurt, und die Unannehmlichkeiten, welche sie in Ueberschätzung ihrer gesandschaftlichen Prärogative Privatleuten bereitete, arteten bis zu öffentlichen Scandalosen aus. Aber Frau von Usedom war geborne Engländerin und fand deshalb bei der Inferiorität des deutschen Selbstgefühls bei Hofe eine Nachsicht, deren sich keine deutsche Frau zu erfreuen gehabt haben würde. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 674 Meine Erwiderung dem Regenten gegenüber lautete ungefähr: "Dann ist es also ein Fehler, daß ich nicht auch eine taktlose Frau geheirathet habe, sonst würde ich auf den Posten, auf dem ich mich heimisch fühle, denselben Anspruch haben, wie Graf Usedom." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 676 Darauf ich: "Sobald Ew. Königliche Hoheit mir dieses Zeugniß geben, so muß ich natürlich schweigen, kann aber doch bei der Freiheit des Wortes, die Ew. Königliche Hoheit mir jederzeit gestattet haben, nicht umhin, meine Sorge über die heimische Situation und ihren Einfluß auf die deutsche Frage auszusprechen. Usedom ist ein brouillon, kein Geschäftsmann. Seine Instruction wird er von Berlin erhalten; wenn Graf Schlieffen Decernent für deutsche Sachen bleibt, so werden die Instructionen gut sein; an ihre gewissenhafte Ausführung glaube ich bei Usedom nicht." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 679 [1-205] Ihren Gedanken eingehen könnte! Mein größtes Glück ist es ja, mit Ihnen zu leben und immer fest einverstanden zu sein. Wie können Sie Sich Hypochondrien darüber machen, daß meine einzige Différenz Sie bis zum extremsten Schritt verleitet! Noch aus Varzin schrieben Sie mir in der Différenz wegen der Deckung des Deficits, daß Sie zwar andrer Meinung wie ich seien, daß Sie aber bei Uebernahme Ihrer Stellung es Sich zur Pflicht gemacht hätten, daß, wenn Sie pflichtmäßig Ihre Ansichten geäußert, Sie Sich meinen Beschlüssen fügen würden. Was hat denn diesmal Ihre so edel ausgesprochene Absicht von vor 3 Monaten so gänzlich verändert? Es giebt nur eine einzige Différenz, ich wiederhole es, die in F. a./M. 1). Die Usedomiana habe ich gestern noch ganz eingehend nach Ihrem Wunsch besprochen schriftlich; die Hausangelegenheit wird sich schlichten; in der Stellen-Besetzung waren wir einig, aber die Individuen wollen nicht. Wo ist da also Grund zum Extrême? (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 693 [1-207] eindringlicher Art ich Sie im Dezember v. J. bei Wiederübernahme der Geschäfte aufforderte, Sich jede mögliche Erleichterung zu verschaffen, damit Sie nicht von Neuem der vorauszusehenden Last und Masse der Arbeit unterlägen. Leider scheint es, daß Sie eine solche Erleichterung (nicht einmal die Abbürdung Lauenburgs) nicht für angänglich gefunden haben und daß meine desfallsigen Befürchtungen sich in erhöhtem Maße bewahrheitet haben, und zwar in einem solchen Grade, daß Sie zu unheilvollen Gedanken und Beschlüssen gelangen sollten. Wenn Ihrer Schilderung nach nun noch Erschwernisse in Bewältigung einzelner Geschäftsmomente eingetreten sind, so bedauert das Niemand mehr wie ich. Eine derselben ist die Stellung Sulzers 1). Schon vor längerer Zeit habe ich die Hand zu dessen anderweitigen Placirung gebothen, so daß es meine Schuld nicht ist, wenn dieselbe nicht erfolgt ist, nachdem Eulenburg sich selbst auch von derselben überzeugt hat. Wenn eine ähnliche Geschäftsvermehrung Ihnen die Usedom'sche Angelegenheit verursachte, so kann dies auch mir nicht zur Last gelegt werden, da dessen Vertheidigungsschrift, die ich doch nicht veranlassen konnte, eine Beleuchtung Ihrerseits verlangte. Wenn ich nicht sofort auf die Erledigung des von Ihnen beantragten Gegenstandes einging, so mußten Sie wohl aus der Überraschung, welche ich Ihrer Mittheilung entgegenbrachte, als Sie mir Ihren bereits gethanen Schritt gegen Usedom anzeigten, darauf vorbereitet sein. Es waren Mitte Januar, als Sie mir diese Anzeige machten, kaum drei Monate verflossen, seitdem die La Marmora'sche Episode sich anfing zu beruhigen, so daß meine Ihnen im Sommer geschriebene Ansicht über Usedoms Verbleiben in Turin noch dieselbe war. Die mir unter dem 14. Februar gemachten Mittheilungen über Usedoms Geschäfts-Betrieb, der seine Enthebung vom Amte nunmehr erfordere, wenn nicht eine disciplinar Untersuchung gegen ihn verhängt werden solle, ließ ich einige Tage ruhen, da mir (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 695 [1-208] inzwischen die Mittheilung geworden war, daß Keudell mit Ihrem Vorwissen Usedom aufgefordert, einen Schritt entgegen zu thun. Und dennoch, ehe noch eine Antwort aus Turin anlangte, befragte ich Sie schon am 21. Februar, wie Sie Sich die Wiederbesetzung dieses Gesandtschaftspostens dächten, womit ich also aussprach, daß ich auf die Vacantwerdung desselben einginge. Und dennoch thaten Sie schon am 22. d. M. den entscheidenden Schritt gegen Wehrmann, zu welchem die Usedomiade mit Veranlassung sein sollte. Eine andre Veranlassung wollen Sie in dem Umstande finden, daß ich nach Empfang des Staatsministerialberichts in der Angelegenheit Fa/M, vor Feststellung meiner Ansicht, nicht noch Einmal Ihren Vortrag verlangt hätte. Da aber Ihre und der Staatsminister Gründe so entscheidend durch Vorlage des Gesetzentwurfs und den Begleitungsbericht dargelegt waren, ja, meine Unterschrift in derselben Stunde verlangt wurde, als mir diese Vorlage gemacht ward, um sie sofort in die Kammer zu bringen, so schien mir nochmaliger Vortrag nicht angezeigt, um meine Ansicht und Absicht festzustellen. Wäre mir, bevor im StaatsMinisterium dieser in der Fa/M Frage einzuschlagende Weg, der ganz von meiner früheren Kundgebung abwich, festgestellt wurde, Vortrag gehalten worden *), so würde durch Idéen Austausch ein Ausweg aus den verschiedenen Auffassungen erzielt worden sein und die Divergenz und der Mangel des Zusammenwirkens, das Umarbeiten ?c., was Sie mit Recht so sehr bedauern, zu vermeiden gewesen. Alles was Sie bei dieser Gelegenheit über die Schwierigkeit des Imgangehaltens der constitutionellen Staatsmaschine sagen u. s. w., unterschreibe ich durchaus, nur kann ich die Ansicht nicht gelten lassen, daß mein so nöthiges Vertrauen zu Ihnen und den anderen Räthen der Krone mangele. Sie selbst sagen, daß es zum erstenmal vorkomme seit 1862, daß eine Différenz eingetreten sei zwischen uns, und das sollte genügen (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 703 Usedom wurde zur Disposition gestellt. Se. Majestät überwand in diesem Falle die Tradition der Verwaltung des Königlichen Hausvermögens so weit, daß er ihm die finanzielle Differenz zwischen dem amtlichen Einkommen und dem Wartegelde aus der Privatchatoulle regelmäßig zahlen ließ. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)