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Hausmann, Frank-Rutger, Das Fach mittellateinische Philologie an deutschen Universitäten von 1930 bis 1950 (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 16). Hiersemann, Stuttgart 2012. 324 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Hausmann, Frank-Rutger, Das Fach mittellateinische Philologie an deutschen Universitäten von 1930 bis 1950 (= Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 16). Hiersemann, Stuttgart 2012. 324 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Hannover 1943 als Sohn eines wenig später verstorbenen Militärarzts geborene Verfasser wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft, Romanistik, Geschichte und mittellateinischen Philologie in Göttingen und Freiburg im Breisgau 1968 mit einer umfangreichen philosophischen Dissertation über Giovanni Antonio Campano (1429-1477 – Erläuterungen und Ergänzungen zu seinen Briefen) promoviert. 1974 habilitierte er sich ebenfalls in Freiburg mit einer Schrift über Martial in Italien und erhielt eine Stelle als wissenschaftlicher Rat, von der er 1981 nach Aachen und 1992 für romanische Literaturwissenschaft nach Freiburg im Breisgau berufen wurde. Während dieser Zeit entstand sein zusätzliches Interesse an der Wissenschaftsgeschichte während der nationalsozialistischen Zeit, dem zuletzt seine umfassende Untersuchung über die Geisteswissenschaften im „Dritten Reich“ zu verdanken ist.

 

Das vorliegende Buch verbindet die vielfältigen Forschungsziele zu einer überzeugenden Einheit. Die hier berichtete Geschichte der mittellateinischen Philologie als eigenständiges Universitätsfach wurde, um ein möglichst breites Publikum für den Gegenstand zu sensibilisieren, zunächst als zweiteiliger Aufsatz im Mittellateinischen Jahrbuch 2009 veröffentlicht. Die von Anfang an geplante Buchfassung ermöglicht demgegenüber erhebliche Erweiterungen und Differenzierungen.

 

Nach methodischen Vorbemerkungen schildert der Verfasser zunächst die Ausgangslage des Faches zu Beginn der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts, an die er Carl Orffs szenische Kantate Carmina Burana als wichtigen Test für das Mittellatein anfügt. Danach behandelt er detailliert und unter Einbeziehung zahlreicher brieflicher Quellen sowie Einfügung veranschaulichender Abbildungen das Fach und seine Vertreter an den Universitäten Berlin (Karl Strecker, Karl Langosch, Norbert Fickermann bzw. Eickermann), Breslau (Joseph Klapper), Frankfurt am Main (Otto Schumann), Göttingen (Hans Walther, Walter Bulst), Hamburg (Hans Liebeschütz, Heinrich Meyer-Benfey), Heidelberg, Köln (Goswin Frenken), München (Paul Lehmann, Bernhard Bischoff, das mittellateinische Wörterbuch) und Straßburg mit Leipzig, Tübingen und Freiburg im Breisgau (Walter Stach, Karl Hauck). Zusammenfassend stellt er fest, dass die Institutionalisierung und Professionalisierung des Faches in der Untersuchungszeit trotz großer Anstrengungen einzelner Fachvertreter, die von Lehmann und Langosch abgesehen eher zu den Stillen gehörten und an ihren Universitäten und Fakultäten ein Außenseiterdasein führten, nicht gelungen ist, weshalb sich das Fach, dessen Geltung auch heute keineswegs der wirklichen Bedeutung in der Geschichte Europas entspricht, auch von einer allzu engen Verstrickung in den Nationalsozialismus weitgehend freihalten konnte.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler