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Handbuch zur Geschichte des deutschen Notariats seit der Reichsnotariatsordnung, hg. v. Schmoeckel, Mathias/Schubert, Werner (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 17). Nomos, Baden-Baden 2012. 786 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Handbuch zur Geschichte des deutschen Notariats seit der Reichsnotariatsordnung, hg. v. Schmoeckel, Mathias/Schubert, Werner (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 17). Nomos, Baden-Baden 2012. 786 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Notar als das (vom Staat) zur Wahrnehmung bestimmter Rechtspflegeaufgaben wie etwa der Verfertigung vollbeweiskräftiger und vollstreckbarer Urkunden bestellte unabhängige Rechtspflegeorgan entwickelt sich aus dem spätantike Schreiber (Schnellschreiber) bzw. Tabellionar. Er wird seit dem Beginn des Hochmittelalters  in Oberitalien, seit dem frühen 13. Jahrhundert in Frankreich und ab 1275 im Heiligen römischen Reich wichtig, ohne dass er zunächst einen ausschließlichen Beruf ausübt. 1512 wird auf dem Reichstag in Köln unter Kaiser Maximilian eine Reichsnotariatsordnung erlassen.

 

2012 jährt sich dieses grundlegende Ereignis zum 500. Mal. Dies war für die Bundesnotarkammer Deutschlands der berechtigte Anlass eine neue Darstellung der Geschichte des deutschen Notariats seit 1512 anzustoßen. Damit wird die Geschichte des deutschen Notariats seit dieser Zeit auf eine neue, durch eine 2007 vorgelegte umfangreiche Bibliographie zur Geschichte des deutschen Notariats abgestützte Grundlage gestellt, die das bisherige, mehr als 150 Jahre alte Standardwerk Ferdinand Oesterleys von 1842 und 1845 zumindest grundsätzlich ersetzt.

 

Aus dem Scheitern früherer Versuche zogen die Verantwortlichen dabei die Lehre, dass sich in der Beschränkung der Meister zeigt. Deswegen wurde beschlossen, die Geschichte des Notariats bis zur frühen Neuzeit grundsätzlich auszusparen, so bedauerlich dies grundsätzlich auch ist. Ebenso wurde trotz des allgemeinen Bekenntnisses zur Bedeutung des interdisziplinären Ansatzes und der Wichtigkeit der Verbindung zwischen Jurisprudenz und Geschichtswissenschaft für die Rechtsgeschichte die spezifisch historische Fragestellung ausgespart und auf die vollständige Erfassung der Rechtsgeschichte des Notariats in allen deutschen Territorien der Neuzeit verzichtet.

 

Insgesamt enthält der gewichtige, in enger Beziehung zu dem 2009 vorgelegten Handbuch zur Geschichte des Notariats der europäischen Traditionen stehende Band mehr als 20 einzelne Beiträge. Sie gliedern sich in einen allgemeinen und einen besonderen Teil. Am Ende sind zwei Studien zur notariellen Berufspraxis angefügt.

 

Der allgemeine Teil über das Notariat in Deutschland beginnt mit einer Grundlegung Mathias Schmoeckels über Entstehung und Würdigung der Reichsnotariatsordnung von 1512., deren Wirkung im Deutschen Reich Inga Zerbes bis 1806 verfolgt. Michael Kleensang betrachtet die rechtspolitischen Diskussionen um das Notariat zwischen 1806 und 1871, Louis Pahlow unter dem Schlagwort von der gescheiterten Rechtseinheit das Notariat zwischen 1871 und 1933, Johannes Gsänger das Notariat im „Dritten Reich“. Der allgemeine Teil schließt mit Darstellungen des Notariats in der DDR (Elisabeth Koch) und in der alten und neuen Bundesrepublik (Oliver Vossius).

 

Der besondere partikulare Teil kann aus verständlichen Gründen nicht alle deutschen Territorien erfassen. Er beschränkt sich deshalb auf die (größeren) Einheiten Baden (Bernd Kannowski), Bayern (Hans-Georg Hermann), Frankfurt am Main (Anja Amend-Traut), Hamburg (Tilman Repgen), Hannover/Niedersachsen (Stephan Meder), rheinische Kurfürstentümer (Franz Dorn), Mainz (Andreas Roth), Preußen (Andreas Thier), preußische Rheinprovinz (Hans-Peter Haferkamp), Sachsen (Heiner Lück), Schleswig-Holstein und Mecklenburg Vorpommern (Werner Schubert) und Württemberg (Werner Schubert), die teilweise bereits durch frühere Arbeiten als besondere Sachkenner ausgewiesen sind. Dementsprechend entscheidet er sich auch im 21. Jahrhundert nochmals für eine kleindeutsche Lösung (und gegen Österreich und die Schweiz).

 

Werner Schubert bietet anschließend auch eine überzeugende Geschichte des Beurkundungsrechts und der notariellen Beurkundungszuständigkeiten bis zu deren Vereinheitlichung durch das Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969. Hermann Frischen widmet sich dem Notarsignet in Herkunft, Bedeutung und Symbolik. Abbildungsverzeichnis, Personenregister, Gesetzesregister (einschließlich Sachsenspiegel, Landrecht II, 30 oder gemeines Recht) sowie Orts- und Sachregister schließen die vielfältigen neuen Einsichten des zwar nicht aus einer Hand, aber von vielen bekannten Forschern detailliert auf der Grundlage der bisherigen Literatur erarbeiteten großen und bedeutenden, von den aktiven Notaren und damit letztlich vom Verbraucher finanziell geförderten Werkes für die interessierte Gegenwart und eine hoffentlich lange Zukunft vorteilhaft auf.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler