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Verfemt und verboten. Vorgeschichte und Folgen der Bücherverbrennungen 1933, hg. v. Schoeps, Julius H./Treß, Werner (= Bibliothek verbrannter Bücher 2). Olms, Hildesheim 2010. 464 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT

Verfemt und verboten. Vorgeschichte und Folgen der Bücherverbrennungen 1933, hg. v. Schoeps, Julius H./Treß, Werner (= Bibliothek verbrannter Bücher 2). Olms, Hildesheim 2010. 464 S., zahlr. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Dem zwiespältigen Wesen des Menschen entspricht es wohl, dass vermutlich bereits bald nach der Erfindung der Konstruktion die gegenläufige Erfindung der bewussten Destruktion folgte. Deswegen gibt es seit der Schaffung des Buches auch seine gewollte Vernichtung des Buches als äußeres, vielfach in der Öffentlichkeit gesetztes Zeichen der Ablehnung der in ihm geäußerten Gedanken, wobei die kaum erfüllbare Hoffnung besteht, dass mit jenen auch diese spurlos aus der Welt der Gedanken getilgt werden. Am bekanntesten sind dabei die Bücherverbrennungen der römisch-katholischen Kirche im Kampf gegen Häretiker und Ketzer.

 

Der Bibliothek verbrannter Bücher geht es aber naheliegenderweise nicht um einen allgemeinen geschichtlichen Vorgang, sondern um das Geschehen in Deutschland 1933. Der erste hierzu 2008 vorgelegte, historisch-topographisch angelegte Band über Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933 konnte dazu zahlreiche neue Erkenntnisse für die mehr als 90 nachweisbaren Bücherverbrennungen für die Machtdurchsetzung des Nationalsozialismus erbringen. Demgegenüber will der zweite Band in seinen 20 Beiträgen weiter ausgreifen und Vorgeschichte und historische Kontexte 1933, verfolgte Literaturen sowie Aufarbeitung und Gedenken einbinden.

 

Nach dem Vorwort der Herausgeber werden dementsprechend verbrannte Bücher und verbrannte Menschen nebeneinandergestellt, werden Vorgeschichte und Folgen der Bücherverbrennung im Mai 1933 verbunden, wird auf Adolf Bartels, deutsche Professoren im Bündnis zwischen Mob und Elite, auf Studierende der deutschen Hochschule für Leibesübungen, auf Magnus Hirschfeld und Erich Kästner, auf die Reaktionen der ausländischen Presse und auf die Wege studentischer Aktivisten in die Einsatzgruppen der SS näher eingegangen. Unter verfolgten Literaturen werden Schrifttumspolitik, Kulturverluste, Brandspuren, die Prager deutsche Literatur, Verbote US-amerikanischer Literatur zwischen 1933 und 1941, die sowjetische Literatur und verbotene psychoanalytische Schriften am Beispiel Wilhelm Reichs eindringlich behandelt. Der dritte Teil des gediegen ausgestatteten Werkes erörtert nicht nur die Behandlung der nationalsozialistischen Bücherverbrennungen im Schulunterricht, sondern  bietet von Alberto, Meir bis Zweig Stefan auf 38 Seiten auch eine rund 500 Titel umfassende Auswahl der von den Nationalsozialisten verfemten und verbotenen Literatur, die für ein ehrgeiziges, bei Drucklegung bereits in zehn Bänden verwirklichtes Editionsprojekt vorgesehen sind.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler