Patzold, Steffen, Episcopus. Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts (= Mittelalter-Forschungen 25). Ostfildern, Thorbecke 2009. 659 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT
Patzold, Steffen, Episcopus. Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts (= Mittelalter-Forschungen 25). Ostfildern, Thorbecke 2009. 659 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das umfangreiche, gegenüber der ursprünglichen Fassung bereits gekürzte, neben vielen gedruckten Quellen auch 18 Handschriften einbeziehende Werk beruht auf der im Wintersemester 2005/2006 an der Universität Hamburg eingereichten, von Hans-Werner Goetz betreuten Habilitationsschrift des inzwischen in Tübingen wirkenden Verfassers. Sie behandelt einen gewichtigen Gegenstand, der rasch das Interesse eines sachkundigen Rezensenten gefunden hat. Leider konnte der Verlag kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. so dass der Herausgeber mit einigen wenigen Zeilen auf das Buch hinweisen muss.
Gegliedert ist es in insgesamt 10 Abschnitte, von denen die Einleitung Forschungsstand, theoretischen Rahmen und Aufbau der Studie beschreibt, die Zusammenfassung die Ergebnisse und Folgerungen präsentiert, drei Anhänge Einzelfragen vertiefen und belegen und Verzeichnisse (etwa der etwa 80 erfassten Bistümer oder der fast 1000 einbezogenen Personen) das Buch aufschließen. Im ersten Sachkapitel zeigt der Verfasser die Wandlungen im Wissen über Bischöfe durch einen Vergleich der Jahre um 800 und um 900. Danach behandelt er den Umbruch der 820er Jahre, die Zeit zwischen der Reichskrise und dem Ende der Brüderkriege, das Wissen über Bischöfe im späteren 9. und frühen 10. Jahrhundert im Spiegel normativer Quellen, den Episkopat im Spiegel der Historiographie des späteren 9. Jahrhunderts und des frühen 10. Jahrhunderts sowie den Episkopat im Spiegel der Bischofsviten der späteren Karolingerzeit.
Insgesamt erkennt er auf dieser sorgfältig erarbeiteten Grundlage den verfassungsgeschichtlichen Bruch zwischen Zeit der Karolinger und der Zeit der Ottonen als weitaus weniger tief an, als er von der bisherigen Forschung angenommen wurde, während er umgekehrt in den Jahren um 820 und 830 einen starken Wandel ermittelt (Ordinatio von 823/825, Synoden zwischen 822 und 829). Ihn sieht er insbesondere in der Ausbildung eines neuen Wissens über den Episkopat und in dem Beginn eines engen Zusammenwirkens zwischen König und Kirche, ohne dass dahinter eine bewusst darauf abzielende Politik Ludwigs des Frommen festzustellen ist. Im Ergebnis erweist der Verfasser dadurch die ottonisch-salische Reichskirchenpolitik als bereits karolingisch.
Innsbruck Gerhard Köbler