Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und sozialer Praxis, hg. v. Meier, Astrid/Pahlitzsch, Johannes/Reinfandt, Lucian (= Stiftungsgeschichten 5). Akademie, Berlin 2009. 279 S., 3 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. IT
Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und sozialer Praxis, hg. v. Meier, Astrid/Pahlitzsch, Johannes/Reinfandt, Lucian (= Stiftungsgeschichten 5). Akademie, Berlin 2009. 279 S., 3 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der von dem Kaufmannssohn Mohammed in Arabien nach dem Judentum und dem Christentum im frühen 7. Jahrhundert gegründete Islam, h. d. die Unterwerfung unter (oder Hingabe an) Gott, verbreitete sich im Laufe der Geschichte über weite Teile Afrikas und Asiens auf derzeit vielleicht 1,5 Milliarden Anhänger, erreichte aber das Herz des Abendlandes bis in das 20. Jahrhundert nicht wirklich. Sowohl die Globalisierung der Welt wie auch umfassende Wanderungsbewegungen etwa von Türken nach Deutschland führen vor allem seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch zu immer intensiverer Begegnung unterschiedlicher Menschen, Kulturen und Religionen. Damit ist auch das Interesse an islamischen Einrichtungen in der europäischen Forschung deutlich angestiegen.
Dem trägt ein Workshop Rechnung, der unter dem Titel Islamische Stiftungen und ihre sozialen Funktionen im Spannungsfeld von Stiftungsrecht und Stiftungspraxis an der Freien Universität Berlin im Dezember 2004 stattfand. Ziel der Zusammenkunft von Sachkennern aus dem deutschsprachigen Raum war es, die islamisch-rechtliche Institution Stiftung (waqf) in ihrer jeweils regional und zeitlich spezifischen Ausprägung vergleichend zu untersuchen. Die bei dieser Gelegenheit vorgetragenen 11 Studien stellt der Band der Allgemeinheit zur Verfügung.
Nach einer Einleitung der Herausgeber beginnt etwa Maria Macuch mit einer Gegenüberstellung der sasanidischen frommen Stiftung und des islamischen waqf, während Johannes Pahlitzsch christliche Stiftungen in Syrien und im Irak im 7. und 8. Jahrhundert unter dem Aspekt der Kontinuität zwischen Spätantike und Frühislam betrachtet. Auf dem vielfältigen, interessanten Weg durch die Zeit gelangt schließlich Franz Kogelmann bis zur Entwicklung des islamischen Stiftungswesens im postkolonialen Staat in Ägypten, Algerien und Marokko. Insgesamt erweist sich dabei die islamische Stiftung als eine sehr bedeutsame und flexible rechtliche Einrichtung zur Erfüllung wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Zwecke, deren Kenntnis zum angemessenen Verständnis des Islam wie des islamischen Rechtes in hohem Maße beitragen kann.
Innsbruck Gerhard Köbler