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Hayduk, Hanna Sofia, Rechtsidee und Bild. Zur Funktion und Ikonografie der Bilder in Rechtsbüchern vom 9. bis zum 16. Jahrhundert, Reichert, Wiesbaden 2011. VIII, 251, 112 S. (Tafeln, 115 Ill.). Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

Hayduk, Hanna Sofia, Rechtsidee und Bild. Zur Funktion und Ikonografie der Bilder in Rechtsbüchern vom 9. bis zum 16. Jahrhundert, Reichert, Wiesbaden 2011. VIII, 251, 112 S. (Tafeln, 115 Ill.). Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

 

In der Arbeit, die im Wintersemester 2007/2008 von der Universität Tübingen (ehemalige Fakultät für Kulturwissenschaften) als Dissertation angenommen wurde, will die Verfasserin, ausgehend vom Balthasar Behem-Kodex der Universität Krakau, die „Bezüge zwischen Bildern, Texten und dem Entstehungskontext der Handschrift“ aufzeigen. Nach einer Einführung in die Fragestellungen beschreibt die Verfasserin die Handschrift (Abschnitt II) und besonders ihre 25 Miniaturen (S. 13-95). Diese finden sich zwischen fol. 243v und fol. 313r in Verbindung mit Zunftordnungen und Privilegien. Manche dieser Miniaturen beziehen sich auf Zünfte, deren Regelungen in die Handschrift nicht aufgenommen sind. Im Abschnitt III Illustrierte Rechtsbücher handelt die Verfasserin über Rechtsquellen- und Bildtypen, Textinhalte und Bildthemen und Funktionstypen der Bilder. In Abschnitt IV (Schluß, S. 201-205) zieht sie ein Fazit ihrer Arbeit. Ein Literaturverzeichnis (S. 211-246), ein Verzeichnis der zitierten Handschriften und Drucke der behandelten Rechtsbücher (S. 248-51) und die 84 farbigen und 31 schwarz-weißen Abbildungen beschließen die Arbeit.

 

Die Verfasserin ging bei ihrer Arbeit von dem Abbildungsband aus, der 1988 <so Bibliotheken in Hannover und Wolfenbüttel> (oder 1990 ? <so Staatsbibliothek Hamburg>) erschien und dessen versprochener Kommentarband bislang nicht erschienen ist (Fn. 336). Eine Einsichtnahme in das Original war ihr nicht möglich. In ihrer Bemühung alle denkbaren Aspekte der Darstellung zu belegen, sind vom Leser 1077 Fußnoten zu berücksichtigen. Nicht alle Fußnoten sind im Literaturverzeichnis zu verfolgen (z. B. Fn. 1044 Ortloff 1960). In ungezählten anderen Fußnoten wird der Leser auf umfangreiche Werke verwiesen, aus denen etwas zu entnehmen sein soll, das weiterführt (z. B. Fn. 511: Auswahl aus den Seiten 417-429 eines Artikels; Fn. 516: Auswahl  aus einem Kommentarband zu einer Handschrift; Fn 518: Auswahl aus einer Monografie über Regenten des Himmels; Fn. 1037: Auswahl zu Rathausbildern und dem guten Regiment). Diese eigenartige Sitte neuerer Veröffentlichungen soll wohl belegen, was ein Verfasser alles gefunden hat und für beachtenswert hält, ohne – wie dies zu anderer Zeit üblich war - eine konkrete Sachbehauptung mit einer treffenden Literaturstelle zu belegen oder die Unrichtigkeit der Meinung eines Autors zu belegen. Es scheint, als ob sich eine Rückkehr zu den inhaltslosen Vielschreibern des 18. Jahrhunderts anzeigt. Sprachliche Eigenheiten stören bei der Lektüre (z. B. Campanile Florentiner Doms, S. 62; Uhrenmacher, S.62; Brunswick <statt: Braunschweig> Fn. 424; es sich dabei dasselbe, Fn. 946; Nikoleikirche, S. 57).

 

Dem Setzer des ansonsten renommierten Verlags verdankt die Arbeit eigenwillige Trennungen: z. B. pers-pektivisch, S. 58; Han-dbuch, S. 244; Frieden-sikonografie, S. 67. Das Literaturverzeichnis lässt Isenmann 2001 (S. 223) nicht als eigenständige Veröffentlichung erkennen. Im Benediktinerstift Lambach liegt noch heute Cod. Membr. 73 und ist nicht nach Gmunden gelangt (Fn. 805). Die Wasserprobe, nicht das Eintauchen in kaltes Wasser, ist dort dargestellt, wie auch im Heidelberger codex picturatus, Bl. 15v oben, zu Landrecht III 21 § 2. Da N. H. Ott die Illustrationen zum Belial nicht nur in seiner Dissertation (1983) behandelt hat, wäre auch seine Folgearbeit im Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters, Bd. 2, 1993, S. 22-94, Abb. 8-53 (Fn. 890, 967) zu behandeln gewesen. Gerade eine Gegenüberstellung der Illustrationen zum Brüsseler Schwabenspiegel zu den Wiesbadener Belial-Illustrationen wäre wegen der gemeinsamen Wirkungsstätte der Illustratoren ertragreich gewesen.

 

Beim Rottweiler Hofgericht hatte zwar der König am Anfang (1299) den Vorsitz, später war das Gericht jedoch ein kaiserliches Gericht, dessen Sitz 1418 Kaiser Sigismund innerhalb Rottweils verlegte (S. 103). Als die älteste bekannte Fassung der Rottweiler Hofgerichtsordnung niedergelegt wurde, galt sie einem kaiserlichen Reichshofgericht. Als Stifter des deutschen Rechts ist Karl der Große wohl nicht verstanden worden (S. 110), sondern jeweils einzelne Rechte wurden auf Karl den Großen zurückgeführt, um dadurch Ansehen zu erlangen. Ein abstraktes deutsches Recht, das einen einzelnen Urheber hatte, war Juristen und juristisch Tätigen wohl zu keiner Zeit bewusst.

 

In ihrem Fazit gelangt die Verfasserin zu dem Ergebnis, die Miniaturen sollten nicht eine einfache Wiedergabe Krakauer Stadtlebens des frühen 16. Jahrhunderts darstellen, sondern sie sollten eine Darstellung einer Stadt spiegeln, die durch gute Politik bei Wahrung des Gemeinwohls und durch gerechte Rechtsprechung Handel und Handwerk fördert. Die Klugheit der Ratsherren bringe Frieden, Sicherheit und materiellen Wohlstand für die Stadt. Leider bezieht die Verfasserin die ‚Stadtregimentslehren’, die seit 1410 verbreitet sind, in ihre Überlegungen nicht ein. Diese Quellengattung wäre zu den Krakauer Miniaturen von der Zeit und vom Thema her näherliegend gewesen als der Bogen über Siena und Unteritalien, wo weltliche Magnaten (S. 136), die sonst nur aus anderen Teilen Eurpoas bekannt sind, gewirkt haben sollen. Der große Bogen führt dann zu der überaus mutigen Feststellung, welcher Darstellungsweise es für Herrscher und ihre Attribute um das Jahr 1100 bedurft hätte (S. 135). Diese Überlegung zeugt von einem statischen Verständnis des Rechts. Die Arbeit leidet nicht zuletzt daran, dass für einem Zeitraum von über 400 Jahren für zahlreiche unterschiedliche Typen von rechtlichen Regelungen zahlloser rechtssetzender Einrichtungen ein alles überwölbender Gedankenhimmel konstruiert wird, statt jede rechtliche Regelung unter Beachtung weniger Grundprinzipien aus den besonderen Gegebenheiten von Ort, Zeit und handelnden Personen zu erklären zu suchen.

 

Neu-Ulm                                                                                                          Ulrich-Dieter Oppitz