Stöver, Bernd, Zuflucht DDR. Spione und andere Übersiedler. Beck, München 2009. 383 S., 47 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Stöver, Bernd, Zuflucht DDR. Spione und andere Übersiedler. Beck, München 2009. 383 S., 47 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zwischen der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik im Jahre 1949 und der Öffnung der am 13. August 1961 „zum Schutz des Ostens vor dem Westen“ errichteten Mauer am 9. November 1989 verließen rund 4,9 Millionen Menschen den deutschen Osten in Richtung Westen. Diesem allgemein bekannten Vorgang steht eine weniger bekannte gegenläufige Bewegung gegenüber. Berechnungen gehen davon aus, dass in der gleichen Zeit etwa 550000 Menschen aus dem Westen in den Osten wechselten.
Mit diesen jährlich fast 14000 Menschen befasst sich die vorliegende Untersuchung. Sie fragt zunächst allgemein nach dem neuen Deutschland in Theorie und Praxis, befasst sich dann mit den allgemeinen Motiven der Einwanderung und unterscheidet danach zwischen Erstzuziehenden und Rückkehrern sowie Erwünschten und Unerwünschten. Im Anschluss daran werden neun bekanntere Einzelfälle einzeln aufgegriffen, obwohl eigentlich auch sie in der Mehrzahl bereits dem allgemeinen Vergessen anheimgefallen sind (Günther Gereke, Otto John, Bruno Winzer, Adam Gliga, Arnold Schölzel, Hans Wax, Günter Guillaume, Inge Viett und Susanne Albrecht).
Im Ergebnis sieht der Verfasser einleuchtend in den Übersiedlungen in die Deutsche Demokratische Republik keinen Sonderfall der Migrationsgeschichte, weil grundsätzlich höchst persönliche Entscheidungen von Menschen vorliegen, die das individuell Beste für sich suchten. Dieses Beste bestand in den meisten Fällen in ökonomisch-sozialer Sicherheit. Demgegenüber kommt dem kalten Krieg für den Alltag nur eine verhältnismäßig geringe Bedeutung zu, während die Entscheidung der Sowjetunion für einen Staat mit starken Eingriffen in das Leben der Bürger sich dauerhaft als Belastung erwies.
Plakativ illustriert der Verlag das Werk mit einem Agententausch des Jahres 1986 auf der Glienicker Brücke. In den meisten Fällen liegen weniger spektakuläre Geschehnisse vor. Sie insgesamt zum Gegenstand historischer Überlegungen gemacht zu haben, ist ein beachtliches Verdienst des 1961 geborenen, als außerplanmäßiger Professor für neuere Geschichte an der Universität Potsdam tätigen Verfassers.
Innsbruck Gerhard Köbler