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Sechzig (60) Jahre Justizministerium Nordrhein-Westfalen, Martin-Luther-Platz 40, hg. vom Justizministerium des Landes NRW, red. v. Wendorff, Dieter u. a. (= Juristische Zeitgeschichte Nordrhein-Westfalen 18). Justizministerium des Landes NRW, Düsseldorf 2010. 313 S. Besprochen von Werner Schubert.

SchubertSechzigjahrejustizministeriumnrw20101010 Nr. 13341 ZRG GA 128 (2011) 80

 

 

Sechzig (60) Jahre Justizministerium Nordrhein-Westfalen, Martin-Luther-Platz 40, hg. vom Justizministerium des Landes NRW, red. v. Wendorff, Dieter u. a. (= Juristische Zeitgeschichte Nordrhein-Westfalen 18). Justizministerium des Landes NRW, Düsseldorf 2010. 313 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Bereits der Band 5 der Reihe: „Juristische Zeitgeschichte“: „50 Jahre Justiz in NRW“ (1996) hatte sich mit dem Aufbau und der personellen Entwicklung bei Richtern und Staatsanwälten des OLG-Bezirks Hamm zwischen 1945 und 1950 befasst. Der vorliegende Band geht nunmehr auf die Geschichte des 1946 begründeten Justizministeriums Nordrhein-Westfalens seit seinem Umzug in die Gebäude des ehemaligen Düsseldorfer Land- und Arbeitsgerichts im Jahre 1950 – vorher war das Ministerium in dem Gebäude des Regierungspräsidenten untergebracht – in 11 Einzelbeiträgen näher ein; ein „Autorenhinweis“, wie er im Band 5 von 1996 enthalten war, fehlt leider. Nach einem Überblick über die Baugeschichte (S. 9ff.) folgt ein umfangreicher Beitrag über die Justizminister Nordrhein-Westfalens und die Grundzüge ihres politischen Wirkens (S. 28-110; S. 111 Namensliste der Staatssekretäre und deren Amtszeiten). Die politischen Biographien der Justizminister bis 1995 stammen hauptsächlich von Christian Dästner (verstorben 2002) und waren bereits im Wesentlichen im Band von 1996 enthalten. Die teilweise überarbeitete und für die Zeit ab 1996 ergänzte Fassung des Beitrags hat Maik Wogersien verfasst. Bis in die 1970er Jahre war das Justizministerium mit hochrangigen Politikern (Artur Sträter, Gustav Heinemann, Rudolf Amelunxen, Diether Posser und Josef Neuberger, der 1962 aus Palästina nach Düsseldorf zurückgekehrt war) besetzt, die den Ausbau der Justiz kraftvoll vorantrieben; so verdoppelte sich zwischen 1949 und 1979 das Personal der nordrhein-westfälischen Justiz (S. 163). Der Beitrag von Andreas Heusch und Ute Hohoff über „Justizministerium und richterliche Unabhängigkeit“ (S. 112ff.) geht nur am Rande auf historische Details näher ein. So wäre etwa ein Blick auf die Entstehung des Landesrichtergesetzes von 1966 und dessen Praxis von Interesse gewesen. Andreas Remmert behandelt den „Beitrag einer Landesjustizverwaltung zur Rechtspolitik, insbesondere zur Gesetzgebungsarbeit auf Bundesebene“ (S. 128ff.) auch mit konkreten Beispielen (NRW-Initiative zur Entlastung der Rechtspflege [1987-1993], Mietrechtsreform [1996-2010] und Reform der ZPO [2002]). Die Bedeutung des Justizministeriums NRW zeigt sich z. B. darin, dass es für einen Großteil der Gesetzesvorlagen die Berichterstattung im Rechtsausschuss des Bundesrates übernahm (2008 entfielen von 141 Berichterstattungen 42 auf NRW). Einen detaillierten Einblick in die Geschichte der Juristenausbildung von den preußischen Anfängen seit 1713 vermittelt Norbert Hackbart-Vogt (S. 171-203). So kann man u. a. dem Beitrag entnehmen, dass 1972 die Arithmetik für die Zusammensetzung der Gesamtnote der Staatsexamina eingeführt und 1982 die Notengebung durch das bis heute maßgebende Punktsystem differenziert wurde (S. 187, 189). Weitere Beiträge befassen sich mit dem Ausbau der Informationstechnik (S. 204ff.; Norbert Pott), mit der Aufsicht im Justizvollzug im Wandel der Zeiten (S. 278ff., Kurt Mattuschka; 1970 Abschaffung der Aufsicht über den Strafvollzug durch die Generalstaatsanwälte und Schaffung von zwei selbstständigen Justizvollzugsämtern als Mittelbehörde, die 2002 wieder abgeschafft wurde), mit der Gesetzgebung im Strafvollzug (S. 257ff., Andreas Lorscheid; zur Entstehung des Jugendstrafvollzugsgesetzes NRW von 2007 S. 265ff.). Dem Beitrag über die Finanzierung der Dritten Gewalt (S. 160ff., Ludolf Schrader) kann man entnehmen, dass die Justizquote am Gesamtetat NRW 1949 sich auf 2,56 % belief; 1979 erreichte sie 3,92 % und beträgt zurzeit 4,65 %. Schließlich sei noch hingewiesen auf den Überblick über kriminalpolitische Reformen und deren Umsetzung auf Landesebene (S. 233ff., Michael Kubink) am Beispiel der Bekämpfung der Jugend- und Wirtschaftskriminalität, der Entwicklung der Sozialen Dienste der Justiz und des Ausbaus des Opferschutzes.

 

Insgesamt enthält der Band wichtige Bausteine zu einer Geschichte der Justiz von Nordrhein-Westfalen, für die eine Gesamtdarstellung auf archivalischer Grundlage zunächst bis Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts wünschenswert wäre. Darüber hinaus verdeutlicht der Band, dass die Rechts- und Justizgeschichte der Bundesländer einen unverzichtbaren Teil der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik bildet, den die professionelle Rechtshistorie trotz ihrer knappen Ressourcen nicht vernachlässigen sollte.

 

Kiel

Werner Schubert