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Hagemann, Hans-Rudolf, Vielschichtiges Recht. Zivilrechtspflege im neuzeitlichen Basel. Schwabe, Basel 2009. 269 S. Besprochen von Gerhard Köbler. IT

Hagemann, Hans-Rudolf, Vielschichtiges Recht. Zivilrechtspflege im neuzeitlichen Basel. Schwabe, Basel 2009. 269 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das 237 oder 238 erstmals namentliche erwähnte, wohl zu Unrecht mit griechisch basileus (König) verbundene, aber namentlich nicht überzeugend geklärte Basel am Rhein zählt zu den bekanntesten deutschen Städte, auch wenn es sich 1499 vom Heiligen römischen Reich abkehrte und der Eidgenossenschaft wenig später als elfter Ort beitrat. Von 1431 bis 1449 war es Sitz eines wichtigen Konzils und1460 erhielt es die erste Universität auf dem Gebiete der Schweiz. Ungeachtet staatlicher Grenzen blieb es Glied einer großen wissenschaftlichen Gemeinschaft und nahm stets viele Fremde auf wie es auch große Söhne zumindest zeitweise in die Ferne ziehen ließ.

 

Zu ihnen zählt auch Hans-Rudolf Hagemann, der bereits 1962 als Nachfolger Hans Liermanns als Professor für deutsche Rechtsgesichte und Privatrecht an die Universität Erlangen berufen wurde. Freilich zog ihn die Heimat schon nach wenigen Jahren wieder an den oberen Rhein zurück. Seitdem hat er sich trotz starker anderweitiger Belastung der Rechtsgeschichte Basels immer besonders verbunden gefühlt und sie durch viele große Werke bereichert., von denen das Basler Rechtsleben im Mittelalter (1981, 1987), aus dem Rechtsleben im alten Basel (1989), Die Rechtsgutachten des Bonifacius Amerbach (1997) und die Rechtsgutachten des Basilius Amerbach (2001) besonders hervorgehoben werden dürfen.

 

Nach dieser vieljährigen Beschäftigung mit dem Basler Rechtsleben im Mittelalter und mit der durch die beiden Amerbach verkörperten Basler Rechtskultur zur Zeit des Humanismus führte ihn die Zuneigung zu seiner Vaterstadt zur Beschäftigung mit der Zivilrechtspflege der Stadt und ihrer Landschaft in der weiteren Neuzeit. Als vielschichtiges Recht im Rahmen einer intensiven und spannungsreichen Entwicklung erwies sie sich ihm bei der langjährigen sorgfältigen Beschäftigung. Mindestens so vielfältig wie das auf dem Umschlag abgebildete Stadtgericht zu Basel im Rathaus anno 1593.

 

Gegliedert ist das ansprechend und einladend gestaltete Werk übersichtlich in vier Kapitel. Dabei beschreibt der Verfasser als erstes Basel und sein Territorium. Den zeitlichen Schlusspunkt bildet überzeugend die helvetische Umwälzung des Jahres 1798, die von städtischen Patrioten und aufbegehrend Bauern durchgeführt wurde und in deren Gefolge der Einmarsch französischer Truppen das Ancien Régime formell einem Ende zuführte.

 

Das zweite Kapitel legt die Rechtsquellen von einem allgemeinen Ausgangspunkt aus dar. Breiten Raum nimmt danach die Gesetzgebung, getrennt nach Stadt und Landschaft, aber auch vereint in Stadt und Landschaft ein, während die Rechtsgewohnheiten etwas kürzer zu Wort kommen. Besondere Bedeutung wird dem durch die juristische Fakultät, die Stadtadvokaten, Richter und Advokaten sowie Notare geförderten gemeinen Recht zugemessen, dem göttliches und natürliches Recht gegenüberstehen.

 

Das dritte Kapitel legt die Rechtsprechung dar. In diesem Zusammenhang schildert der Verfasser zunächst die Gerichtsorganisation und danach das Verfahren der Stadtgerichte und Landgerichte einschließlich der hierzu erstellten Gutachten. Acht besonders ausgewählte markante Rechtsfälle veranschaulichen die hierher gehörige Wirklichkeit.

 

Den Beschluss bilden die privatrechtlichen Institutionen, für die der Verfasser zum besseren Verständnis ein abgewandeltes Pandektensystem zu Grunde legt. In seinem Rahmen stellt er Leibeigenschaft, Minderjährigkeit, Geschlechtsvormundschaft, Ehe, Kindschaft, Vormundschaft, Berufung zur Erbschaft, Rechtsstellung des Erben, Grundeigentum, Grundpfandrechte, Fahrnisrecht, Schuldbekenntnisse, Darlehen, Bürgschaft, Kauf, Gesellschaft und Arbeitsvertrag dar. Auf diese Weise gelingt ihm in eindrucksvoller Weise eine Fortführung seiner Baseler Rechtsgeschichte bis zum 19. Jahrhundert. Möge ihn dieser Erfolg auch noch von der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines Anschlusses bis zur Gegenwart überzeugen, damit die bedeutende Stadt eine sachkundige Beschreibung ihrer rechtlichen Entwicklung von den alemannischen Anfängen bis zum dritten Jahrtausend aus einer Hand zur Verfügung hat, die den Baseler Scholaren ein eingängiges Verständnis der geschichtlichen Grundlagen ihres geltenden Rechtes ermöglicht.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler