Eisenried, Ulrich, Die bürgerlich-rechtliche Anweisung und ihre Entstehung. Von der römischen delegatio bis zum Inkrafttreten der Anweisung des BGB (= Rechtsgeschichtliche Studien 35). Kovač, Hamburg 2010. XVIII, 361 S. Besprochen von Werner Schubert.
Eisenried, Ulrich, Die bürgerlich-rechtliche Anweisung und ihre Entstehung. Von der römischen delegatio bis zum Inkrafttreten der Anweisung des BGB (= Rechtsgeschichtliche Studien 35). Kovač, Hamburg 2010. XVIII, 361 S. Besprochen von Werner Schubert.
Das Werk Eisenrieds bringt erstmals eine geschlossene Darstellung der Entstehung der BGB-Bestimmungen über die Anweisung (§§ 783-792) im Zusammenhang mit der römischrechtlichen delegatio solvendi und deren Fortentwicklung insbesondere durch die Pandektistik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit Recht stellt Eisenried fest, dass die Anweisung des geltenden Rechts in weiten Teilen auf der delegatio des römischen Rechts beruhe und wie diese ein Rechtsinstitut zur Verkürzung von Leistungsbeziehungen darstelle. Eisenried baut seine Untersuchungen nach den wichtigsten Regelungsbereichen des BGB-Anweisungsrechts auf: Begriff der Anweisung (S. 5-188; Abstraktheit; Doppelermächtigung des Anweisenden; Leistungsermächtigung; Formfreiheit; keine Stellvertretung), Annahme der Anweisung und die Folgen (S. 189-302; Anweisungsakzept; Einwendungsausschluss; Anweisung nicht als Zahlung; Unwiderruflichkeit), Rückgriffsansprüche aus der Anweisung (S. 305-329) und Übertragbarkeit der Anweisung (S. 331-338). Die Abstraktheit der Anweisung setzte sich erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch. Nicht übernommen wurde die novatorische delegatio obligandi, für die mit der Anerkennung der Zession und der Schuldübernahme ein Bedürfnis nicht mehr bestand (S. 150f.). Mit der Trennung des Mandats von der Vollmacht (S. 177) durch Laband (1866) stand fest, dass die Anweisung kein Fall der Stellvertretung war. Die Begründung einer selbstständigen abstrakten Verbindlichkeit durch die Annahme der Anweisung dürfte, wie Eisenried feststellt, auf der Übernahme des Wechselakzepts in das bürgerliche Recht beruhen (S. 201ff.). Die bereits auf das römische Recht zurückgehende Regelung, dass der Angewiesene gegen den Anweisenden nach Auftragsrecht Rückgriff nehmen könne, wurde erst in der Schlussphase der BGB-Beratungen auf Antrag von Sohm gestrichen (vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 192 f.; vgl. auch H. H. Jakobs/W. Schubert, Recht der Schuldverhältnisse III, 1983, S. 608). Die Übertragung der Anweisung erfolgte erst durch die 2. BGB-Kommission. Die Möglichkeit einer Direktkondiktion im Falle eines Doppelmangels (Fehlerhaftigkeit sowohl des Deckungs- als auch des Valutaverhältnisses) war nicht positivrechtlich geregelt, entsprach jedoch der gemeinrechtlichen Lehre, dem auch das Reichsgericht gefolgt ist.
Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt im römischen Recht und in der „Rezeption des klassischen römischen Rechts durch das Pandektenrecht des 19. Jahrhunderts.“ Nicht näher eingegangen ist Eisenried auf die mittelalterlichen Entwicklungen, auf den usus modernus sowie auf die Partikularrechte. Die Darstellung der Entstehung der BGB-Regelungen hätte an Überzeugungskraft noch gewonnen, wenn Eisenried auch noch den Teilentwurf Franz von Kübels zur Anweisung und deren ausführliche Begründung (vgl. W. Schubert [Hrsg.], Vorlagen der Redaktoren, Recht der Schuldverhältnisse Teil 3, 1980, S. 585ff.) und die Protokolle der 1. BGB-Kommission herangezogen hätte. Insbesondere war Windscheid noch an den Beratungen der 1. Kommission über die Anweisung auch durch eigene Anträge beteiligt (vgl. Jakob/Schubert, S. 589, 596). Abgesehen von diesen offen gebliebenen Wünschen liegt mit dem Werk Eisenrieds für das klassische römische Recht und für die rechtsdogmatischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts eine zuverlässige Darstellung der Geschichte des Anweisungsrechts bis zum Bürgerlichen Gesetzbuch vor, auf deren Basis Arbeiten über die weitere Entwicklung dieses Rechtsgebiets aufbauen können.
Kiel
Werner Schubert