Wenzel, Andrea, Das Gewährleistungsrecht in der Spruchpraxis des preußischen Kammergerichts von 1794-1810 (= Schriften zur preußischen Rechtsgeschichte 2). Lang, Frankfurt am Main 2006. 228 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010)
Wenzel, Andrea, Das Gewährleistungsrecht in der Spruchpraxis des preußischen Kammergerichts von 1794-1810 (= Schriften zur preußischen Rechtsgeschichte 2). Lang, Frankfurt am Main 2006. 228 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Jörn Eckert angeregte und betreute, im Wintersemester 2004/2005 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation der Verfasserin, die von 2002 bis 2004 am Lehrstuhl für bürgerliches Recht, römisches Recht, europäische Privatrechtsgeschichte der Neuzeit und Rechtsvergleichung der Fakultät tätig war. Sie untersucht eine bedeutsame privatrechtliche Frage an Hand der individuellen Spruchpraxis. Dadurch lassen sich Rechtsnorm und Rechtswirklichkeit einfach vergleichen.
Nach einer kurzen Einleitung und Ausführungen zum Aufbau und zur Quellenlage schildert die Verfasserin zunächst die Entstehung des Allgemeinen Landrechts von 1794 auf der Grundlage des Zustandes des Rechtswesens in Preußen im 18. Jahrhundert und der Reformen in Preußen. Danach wendet sie sich dem Gesetzesbegriff und Richterbild im Allgemeinen Landrecht zu. Im Anschluss hieran ermittelt die das gesetzliche Gewährleistungsrecht der Konsensualverträge nach dem Landrecht im Allgemeinen (I, 5 §§ 317-345) und für Kauf und locatio conductio im Besonderen.
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet danach die Rechtsprechungsanalyse. Erfasst werden insgesamt 17 Jahrgänge. Obwohl die Wirklichkeit nicht ganz einheitlich verläuft, kann die Verfasserin mit 35 Fällen doch durchschnittlich etwa zwei Entscheidungen pro Jahr ermitteln und untersuchen.
Dabei ergibt sich ein durchaus einleuchtender Befund. Während unmittelbar nach Inkrafttreten des Allgemeinen Landrechts die Richter zunächst das ihnen von ihrer bisherigen Tätigkeit bekannte gemeine Recht weiterhin anwandten, trat es danach, insbesondere ab etwa 1800 gegenüber dem neuen preußischen Recht immer deutlicher erkennbar zurück. Gleichwohl diente es weiterhin für die Entscheidung schwieriger Fälle als Hilfsrecht.
Zu Recht zieht die Verfasserin daraus den Schluss, dass die Zunahme der Zitate des Landrechts in den Urteilen zeigt, dass die Richterschaft das Allgemeine Landrecht annahm. Gegenüber dem gemeinen Recht bedeutete es eine deutliche Arbeitserleichterung. Dementsprechend bewirkte das Allgemeine Landrecht mehr Rechtssicherheit für die Allgemeinheit und wurde insofern den Erwartungen seiner Verfasser durchaus gerecht.
Innsbruck Gerhard Köbler