Die Wiener Stadtbücher 1395-1430, Teil 1 1395-1400, hg. v. Brauneder, Wilhelm/Jaritz, Gerhard, Teil 2 1401-1405, hg. v. Brauneder, Wilhelm/Jaritz, Gerhard/Neschwara, Christian, Teil 3 1406-1411, hg. v. Jaritz, Gerhard/Neschwara, Christian, (= Fontes rerum Austriacarum, Dritte Abteilung, Band 10, Teile 1, 2, 3). Böhlau, Wien 1989, 1998, 2006. 384, 381, 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010)
Die Wiener Stadtbücher 1395-1430, Teil 1 1395-1400, hg. v. Brauneder, Wilhelm/Jaritz, Gerhard, Teil 2 1401-1405, hg. v. Brauneder, Wilhelm/Jaritz, Gerhard/Neschwara, Christian, Teil 3 1406-1411, hg. v. Jaritz, Gerhard/Neschwara, Christian, (= Fontes rerum Austriacarum, Dritte Abteilung, Band 10, Teile 1, 2, 3). Böhlau, Wien 1989, 1998, 2006. 384, 381, 421 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit großer Freude legte Werner Ogris 1989 namens der Kommission für die Savigny-Stiftung als Band 10 der Fontes iuris der berühmten Fontes rerum Austriacarum die erste Lieferung der sogenannten Wiener Testamentsbücher vor und erklärte zugleich, dass sich hinter dieser allgemein üblichen, in der Sache aber irreführenden Bezeichnung eine rechtshistorische Quelle von hohem Rang verberge, die dem Typus der Stadtbücher zuzurechnen sei. Seitdem sind zwei weitere, mit Miniaturen geschmückte Bände erschienen. In Ermangelung einer ausführlichen sachkundigen Besprechung sollen sie wenigstens kurz angezeigt werden.
Nach dem Geleitwort des ersten Bandes durchlief die Edition einen gestreckten Entwicklungsgang. Erste Anregungen gab Heinrich Demelius als Altmeister der Wiener Privatrechtsgeschichte zu Beginn der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. 1975 gingen die beiden ersten Herausgeber zu Werke und am 23. Juni 1982 konnte ihr Ergebnis von der philosophisch-historischen Klasse der österreichischen Akademie der Wissenschaften angenommen werden.
Im Vorwort des vor allem durch technische Schwierigkeiten jahrelang verzögerten Druckes beschreiben die ersten Herausgeber ihre Quelle als unter der Handschriftensignatur A 285/1-3 im Archiv der Stadt und des Landes Wien liegende drei Foliobände in Leder, die sich selbst Stadtbuch nennen. Sie enthalten zwar viele letztwillige Verfügungen und andere Geschäfte des Erbrechts oder der Nachlassverteilung. In ihnen sind aber auch Ratslisten, Ratsweisungen und Handwerksordnungen aufgenommen.
Diplomatisch untersucht wurde die Quelle 1923 in einer ungedruckten Prüfungsarbeit durch Friedrich Walter (Die sogenannten Wiener Testamentsbücher). Rechtshistorisch verwertet wurden sie vor allem durch Wilhelm Brauneder. Einzelne Teile (133 zivilrechtliche Urteile des Wiener Rates [zwischen 1316 und 1496]) edierte Heinrich Demelius (Wiener Ratsurteile des Spätmittelalters, 1980).
1983 übergab Heinrich Demelius während des letzten der traditionellen Privatissima in seinem Haus zu Wien-Rodaun aus Anlass seines 90. Geburtstags (2. November 1983) Wilhelm Brauneder drei daumenstarke Mappen mit orangefarbenen Umschlägen. Sie enthielten Auszüge aus den drei Wiener Stadtbüchern. Deswegen widmeten die Herausgeber ihre vollständige Wiedergabe Heinrich Demelius.
Ihrer Edition stellten die Herausgeber ein rechtshistorisches Glossar voraus. Es umfasst in alphabetischer Reihenfolge Burgrecht, echte Not, Einantwortung, Erbteilung, Geschäft, Messstiftung, Miteigentum zu gesamten Hand und auf Überleben, sowie Verwandtschaftsweisung. Dem folgt ein ebenfalls alphabetisch nach Stichwörtern geordnetes Verzeichnis der Eintragungen (vor allem Geschäft, Verwandtschaftsweisung).
Die Edition beginnt mit einem undatierten spätmittelhochdeutschen bzw. frühneuhochdeutschen Bürgereid und einem Geschäft des Jakob Reych vom 18. November 1395. Sie endet mit einem Geschäft der Katharina, Witwe des Christian von Strazz vom 23. Dezember 1400 (Nr. 624). Sie umfasst die Blätter 1-106 des ersten Handschriftenbands.
Neun Jahre später konnte Werner Ogris als Obmann der Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs den zweiten Teil der Edition vorlegen. Hauptbearbeiter war wieder Gerhard Jaritz, während Wilhelm Brauneder und Christian Neschwara die Regesten und das rechtshistorische Glossar (Ebenteuer, geloben, Gemächt) verfassten. Verwertet wurden von der Handschrift 285/1 die Folien 107r-191v und von der Handschrift 285/2 die Folien a1 und 1r-14r. Unter der Nummer 625 erscheint die Feststellung nachgelassener Schulden aus echter Not nach Simon Zerrer. Der Band endet mit einer Mitteilung einer Verwandtschaftsweisung für Nikolaus, Vetter des verstorbenen Ulrich, Pfarrer von Weitra vom 26. September 1405 (Nr. 1239).
Der dritte, 2006 erschienene Band erfasst von der Handschrift 285/2 die Folien 14r-132r und bietet ein rechtshistorisches Glossar zu Willensvollstrecker und ein kurzes Literaturverzeichnis. Mit diesem Band ist unter der Nummer 1866 etwa die Hälfte der gesamten sehr verdienstvollen Edition erreicht. Sie soll bis 2015 abgeschlossen sein - was hoffentlich auch tatsächlich gelingen möge.
Innsbruck Gerhard Köbler