Original Ergebnisseite.

Das älteste Zwickauer Stadtbuch (1375-1481) und seine Sprache, nach Vorarbeiten von Karl Steinmüller unter Berücksichtigung sachlicher, sprachgeschichtlicher, lautlicher, grammatischer und syntaktischer Gesichtspunkte sowie durch Einbeziehung aller Personennamen bearb. und hg. v. Protze, Helmut (= Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 48). Lang, Frankfurt am Main 2008. 319 S., 5 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler., ZRG GA 127 (2010)

Das älteste Zwickauer Stadtbuch (1375-1481) und seine Sprache, nach Vorarbeiten von Karl Steinmüller unter Berücksichtigung sachlicher, sprachgeschichtlicher, lautlicher, grammatischer und syntaktischer Gesichtspunkte sowie durch Einbeziehung aller Personennamen bearb. und hg. v. Protze, Helmut (= Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 48). Lang, Frankfurt am Main 2008. 319 S., 5 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

An den Anfängen vieler mittelalterlicher Städte steht überlieferungstechnisch vielfach ein einzelnes Blatt. Im Laufe weniger Jahrhunderte wird aus mehreren solchen Blättern ein Buch. Weil die Stadt in ihrer Frühzeit üblicherweise nur ein Buch für sich hat, ist es der Stadt Buch oder das Stadtbuch, das grundsätzlich für alles die Stadt Betreffende und Aufbewahrenswerte offen steht.

 

Zu Beginn der geschichtlichen Beschäftigung mit der Stadt wurden diese allgemeineren Stadtbücher gegenüber den reinen Stadtrechten gering geschätzt. Allmählich hat die Forschung aber auch den Wert dieser dem Alltagsleben näher stehenden Quellen erkannt. Seitdem werden immer wieder Stadtbücher ediert und jede dieser Editionen bietet die Möglichkeit zur leichteren und genaueren Erkenntnis der örtlichen Vergangenheit.

 

Schon von daher ist es zu begrüßen, dass der Germaqnist und Mediävist Helmut Protze, der bereits während und vor allem nach dem 1955 mit der Promotion abgeschlossenen Studium bei T. Frings, L. E. Schmitt, H. Sproemberg und H. Kretzschmar Lehraufträge zur historischen Grammatik, Sprachgeschichte, Mundartforschung, Sprachinselforschung und zur mittelhochdeutschen Literatur wahrnahm, nunmehr nach dem kürzlich vorgelegten ältesten Stadtbuch der königlich freien Bergstadt Göllnitz/Gelnica in der Unterzips auch das älteste Stadtbuch der Stadt Zwickau der Allgemeinheit in Buchform zur Verfügung stellt.

 

Nach einem kurzen, Enkel wie Großvater einbeziehenden Vorwort bietet der Herausgeber eine klare und gründliche Einleitung in die Geschichte der vor und um 1500 zu den bedeutendsten Städten des Kurfürstentums Sachsen und darüber hinaus gehörenden Stadt. Besonderes Gewicht legt er dabei auf die Sprache des ältesten Stadtbuchs, das er als noch in mittelhochdeutschen Bindungen auf mittel(mittel)deutscher Grundlage mit vorübergehenden ostfränkischen und südlichen Einflüssen stehend sieht. Seine sorgfältige Sprachanalyse erhellt wichtige Beiträge zur frühneuhochdeutschen Sprachgeschichte im Ostmitteldeutschen.

 

Der Text der 207 Blätter umfassenden Handschrift beginnt 1375 unter einem lateinischen Eingang mit der Nennung des Bürgermeisters, Heinrichs des alten Schreibers und der Ratmänner. Die erste genau datierte Nachricht stammt vom 4. April 1375 und betrifft eine Pfandsatzung. Das Buch endet mit einem Vergleich vom Sonntag Simonis et Jude 1481, wobei die dicht gesetzte Ausgabe seitenmäßig fast genau mit der Blattzahl der Vorlage übereinstimmt.

 

Leider nur im Anhang bietet der Herausgeber 78 ganz kurze Anmerkungen. Es folgen die Namen der Bürgermeister, Stadtschreiber, Stadtvögte, Priester, Pfarrer, Rektoren, Schulmeister und aller vorkommenden Personen, Ortsnamen, Flurnamen, Gewässernamen, Straßennamen und Erklärungen typischer Namen, ein Literaturverzeichnis, ein Abkürzungsverzeichnis, eine vierseitige Wörterliste von abgehen bis ziclich und fünf veranschaulichende Textabbildungen. Insgesamt bietet der Verfasser damit eine erfreuliche Leistung, die sowohl für die Geschichte Zwickaus wie auch der Stadtbücher eine bedeutende Lücke gelungen schließt.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler