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Uhlenbrock, Henning, Der Staat als juristische Person. Dogmengeschichtliche Untersuchung zu einem Grundbegriff der deutschen Staatsrechtslehre (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 61). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 197 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 126 (2009)

Uhlenbrock, Henning, Der Staat als juristische Person. Dogmengeschichtliche Untersuchung zu einem Grundbegriff der deutschen Staatsrechtslehre (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 61). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 197 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Jörn Ipsen angeregte, während der Tätigkeit als Mitarbeiter an dessen Lehrstuhl entstandene, im Sommersemester 1999 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Osnabrück angenommene Dissertation des Verfassers. Sie sieht bereits im Vorwort neben dem besonderen Gewaltverhältnis und der Gewährung von Grundrechten durch den Staat auch die Doktrin vom Staat als juristischer Person als Relikt der vom monarchischen Prinzip geprägten Staatsrechtslehre an. Es sei an der Zeit, dass die deutsche Staatsrechtslehre ihr monarchisches Erbe abstreife und die Dogmatik des Staatsrechts der fortschreitenden Verfassungsentwicklung anpasse.

 

Chronologisch geordnet beginnt der Verfasser seine Untersuchung mit den Ansichten über die Rechtsnatur des Staates zu Anfang des 19. Jahrhunderts (Klüber, Jordan, Rotteck, Welcker, Maurenbrecher, Vollgraff, Karl Eduard Weiss, Leist, Gönner, Ancillon, Karl Salomo Zachariä, Dahlmann) und erkennt einen Widerspruch der Postulate der herrschenden Staatslehre mit dem Verfassungsrecht im Frühkonstitutionalismus, der zur Suche nach einer dogmatischen Grundlage für das konstitutionelle Staatsrecht geführt habe. Es folgt im zweiten Kapitel Wilhelm Eduard Albrecht mit seiner Begründung der Theorie der juristischen Persönlichkeit des Staates (1837) mit ihren Widerspiegelungen bei Maurenbrecher, Stahl, Roscher, Zoepfl, Schmitthenner, Mohl, Wippermann und Heinrich Albert Zachariä. Das dritte Kapitel befasst sich mit der juristischen Persönlichkeit als Ausdruck der staatlichen Willensmacht bei Carl Friedrich Gerber., dessen Staatspersönlichkeitslehre Paul Laband fortführt.

 

Danach wendet sich der Verfasser Georg Jellinek und der juristischen Persönlichkeit des Staates als Grund- und Eckstein des Staatsrechts zu. Daran schließt er die Staatslehre der Weimarer Republik (Kelsen, Verdross, Merkl, Sander, Anschütz, Thoma, Somló, Wenzel, Hans Julius Wolff, Beling, Nawiasky, Smend, Heller, Carl Schmitt), die nationalsozialistische Staatslehre (Helfritz, Koellreutter, Tatarin-Tarnheyen, Höhn, Jerusalem, Ernst-Rudolf Huber) und die Staatslehre unter dem Grundgesetz (Kipp, Helfritz, Günther Küchenhoff, Erich Küchenhoff, Herbert Krüger, Herzog, Forsthoff, Leibholz, Kimminich, Rupp, Böckenförde) an. Im Ergebnis ist ihm die Lehre vom Staat als juristische Person des öffentlichen Rechts, nach welcher der Staat eine öffentlichrechtliche Körperschaft ist, in der Volk und Staatsoberhaupt als Staatsorgane den Willen des Staates bekunden, nur verständlich als juristische Konstruktion des konstitutionellen Verfassungsstaats, deren Unvereinbarkeit mit den Verfassungsprinzipien des demokratischen und sozialen Rechtsstaats seit Hermann Heller überwiegend anerkannt sei, wenn auch die deutsche Staatsrechtslehre - nach Ansicht des Verfassers zu Unrecht - überwiegend noch heute die von Gerber, Laband und Jellinek geprägte Staatspersönlichkeitslehre vertrete, die den vom Volk verselbständigten Staat als juristische Person zum Subjekt der Hoheitsrecht erkläre und das Volk demgegenüber als eines der drei Elemente des Staates in der Funktion eines bloßen Wahlorgans aufgehen lasse.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler