Stiftungen und Stiftungswirklichkeit, hg. v. Borgolte, Michael (= Stiftungsgeschichten 1). Akademie, Berlin 2000. 200 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 126 (2009)
Stiftungen und Stiftungswirklichkeit, hg. v. Borgolte, Michael (= Stiftungsgeschichten 1). Akademie, Berlin 2000. 200 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Stiftung ist der Rechtsgeschichte seit langem ein wichtiger Gegenstand, wie Schriften von Reicke, Pleimes, Scheyhing und Liermann zur Genüge beweisen. Dennoch war es schwierig, für das Werk einen Rezensenten zu finden. Frank Theisen schließlich war zwar dazu bereit, zur Erfüllung seiner Zusage aber bisher nicht in der Lage, so dass der Herausgeber mit wenigen Worten auf die Schrift hinweisen muss, die ein von Adolph Breymann um 1900 geschaffenes Standbild Heinrichs des Löwen für den Braunschweiger Hagenmarktbrunnen von etwa 1900 als Symbol führt.
Das Werk ist ein Sammelband mit elf Abhandlungen. Durch eine kurze Einleitung führt der Herausgeber in den Gegenstand ein. Ausgewählte Literatur zum mittelalterlichen Stiftungswesen, darunter 17 Studien des Herausgebers, und ein Personen- und Ortsindex runden das Buch ab.
Es beginnt mit Caspar Ehlers’ Abhandlung über unendliche Gegenwart - Speyer zwischen Konrad II. und Stefan George. Unmittelbar danach behandelt der Herausgeber den König als Stifter und wirft dabei Streiflichter auf die Geschichte des Willens. Auf ein großes Werk eines „kleinen Königs“ an Hand des Vermächtnisses Friedrichs des Schönen zwischen Disposition und Durchführung geht Katrin Poetel ausführlich ein.
Ralf Lusiardi behandelt unter dem Titel Fegefeuer und Weltengericht das Stiftungsverhalten und Jenseitsvorstellungen im spätmittelalterlichen Stralsund. Einen Bogen von den Stiftungen zur Frühgeschichte von Policey in spätmittelalterlichen Städten schlägt Frank Rexroth. Nach Individualisierungsprozessen fragt Volker Reinhardt am Beispiel von Programmen und Propaganda Florentiner Quattrocento-Kapellen.
Beobachtungen zur Anlage des Liber oblationum et anniversariorum (1442-ca. 1480) im Wiener Schottenkloster legt Redaktor Wolfgang Eric Wagner vor. Kunststiftungen und Jenseitsvorsorge im spätmittelalterliche Trier erörtert Wolfgang Schmid unter dem Thema Der Bischof, die Stadt und der Tod. Den Streit um den Stiftungsvollzug der Vöhlinschen Prädikatur bei St. Martin in Memmingen (1526-1543) behandelt Benjamin Scheller.
Auf die Kapellen der portugiesischen Kaufleute in Antwerpen greift Christine Göttler aus. Zur Geschichte und aktuellen Verwaltung der Stiftungen in Münster als einem schwierigen Erbe kehrt Franz-Josef Jakobi zurück. Insgesamt fächern die Beiträge das weite interessante Spektrum der Stiftungsforschung mit vielen Beobachtungen in so großer Breite auf, dass Stiftungsgeschichten 2ff. bisher anscheinend nicht nachfolgen konnten.
Innsbruck Gerhard Köbler