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Reform des Strafgesetzbuchs, hg. v. Vormbaum, Thomas/Rentrop, Kathrin, Sammlung der Reformentwürfe Band 1 1909 bis 1919, Band 2 1922 bis 1939, Band 3 1959 bis 1996 (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 3 Band 20,1, 20,2, 20,3). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2008. XLII, 427, V, 447, V, 477 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 126 (2009)

Reform des Strafgesetzbuchs, hg. v. Vormbaum, Thomas/Rentrop, Kathrin, Sammlung der Reformentwürfe Band 1 1909 bis 1919, Band 2 1922 bis 1939, Band 3 1959 bis 1996 (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 3 Band 20,1, 20,2, 20,3). BWV Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2008. XLII, 427, V, 447, V, 477 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Soweit ersichtlich verselbständigt sich das Strafrecht vielleicht als erstes Rechtsgebiet aus der in Rom wie im Mittelalter noch geschlossenen Gesamtheit des Rechts in einem eigenen Gesetz in den Halsgerichtsordnungen an der Wende des Mittelalters zur Neuzeit, von denen die Constitutio Criminalis Carolina von 1532 hohe und lange Bedeutung gewinnt. Dem folgen im aufgeklärten 18. Jahrhundert der Codex Iuris Bavarici Criminalis von 1751, die Constitutio Criminalis Theresiana von 1768 und das Josephinische Strafgesetzbuch von 1787. An den Code pénal Frankreichs von 1804 und das von Paul Johann Anselm von Feuerbach geschaffene Strafgesetzbuch Bayerns von 1813 schließen sich zahlreiche einzelstaaatliche Strafgesetzbücher an (Oldenburg 1814, Sachsen 1838, Württemberg 1839, Sachsen-Weimar 1839,Hannover 1840, Braunschweig 1840, Sachsen-Altenburg 1841, Hessen 1841, Lippe-Detmold 1843, Sachsen-Meiningen 1844, Schwarzburg-Sondershausen 1845, Baden 1845, Nassau 1849, Preußen 1851)

 

Das Strafgesetzbuch Preußens wird über den Norddeutschen Bund 1871 zur Grundlage des Reichsstrafgesetzbuches, durch welches das Strafrecht des Deutschen Reiches vereinheitlicht wird. Schnell geschaffen sieht es sich schon früh zahlreichen Reformforderungen ausgesetzt. In der Folge werden zahlreiche Entwürfe vorgelegt, die an verschiedenen Orten veröffentlicht sind und über die ein sicherer Überblick nur dem Spezilisten möglich ist.

 

Aus diesem Grund ist es sehr erfreulich, dass das Hagener Institut für juristische Zeitgeschichte im Rahmen der Vorarbeiten zu einem Historischen Kommentar zum Strafgesetzbuch seine Texteditionen mit einer Sammlung der Reformentwürfe abschließt. Zu diesen Vorarbeiten zählt die übersichtliche Einführung drei Vorhaben. Sie sind vor allem der bewundernswerten Tatkraft Thomas Vormbaums und Werner Schuberts zu verdanken.

 

Die von Thomas Vormbaum und Jürgen Welp von 1999 bis 2006 herausgegebene Textedition Das Strafgesetzbuch (der die zugehörige Fußnote nicht zutreffend zugeordnet zu sein scheint) erschließt in vier Textbänden und drei Supplementbänden die äußere Geschichte des Strafgesetzbuchs. Die Textbände bringen den ursprünglichen Text des Reichsstrafgesetzbuchs und alle Änderungsgesetze und Neubekanntmachungen. Die Supplementbände versuchen in 10 Aufsätzen eine Bilanz der Entwicklungsstufen, der Gesetzgebungstechnik, des Strafgesetzbuches der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und der Gesamtentwicklung, ergänzen die Textsammlung um eine entsprechende Sammlung der Änderungsgesetze und Neubekanntmachungen des Strafgesetzbuchs der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und bieten Nachträge, Ergänzungen und Register sowie Kurzangaben zu sämtlichen Änderungsgesetzen des Strafgesetzbuchs.

 

Die von Werner Schubert und Thomas Vormbaum herausgegebene Textedition Entstehung des Strafgesetzbuchs erschließt in zwei Bänden die seinerzeit unveröffentlicht gebliebenen Materialien. Dazu gehören vor allem die Protokolle der Bundesrats- und Reichstagskommission. Zusammen mit der von Werner Schubert in der Reihe Kodifikationsgeschichte Strafrecht - Preußen herausgegebenen Quellenedition (Band 1 Entwurf eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund vom Juli 1869 und Motive, Band 2 Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund - Reichstagsvorlage, Band 3 Verhandlungen des Bundesrats und des Reichstags des Norddeutschen Bundes über den Entwurf eines Strafgesetzbuches) sind damit die Materialien zur Entstehung des Reichsstrafgesetzbuchs vollständig erschlossen.

 

Das dritte angesprochene Vorhaben besteht aus den in der dritten Abteilung der Schriftenreihe Juristische Zeitgeschichte versammelten monographischen Längsschnittunternehmen zu einzelnen Rechtsinstituten des Strafgesetzbuchs. Sie sind meist als Dissertationen in Hagen entstanden. Bislang erschienen sind 25 Monographien, mit denen der besondere Teil des Strafgesetzbuchs in weiten Partien erschlossen wird.

 

Demgegenüber enthält die Edition Reform des Strafgesetzbuchs die Reformentwürfe von 1909 (sog. Vorentwurf), 1911 (privater Gegenentwurf Franz von Liszts und anderer), 1913, 1919, 1922, 1925, 1927, 1930, 1936, (1939,) (1959 I,) 1959 II, 1960, 1962, den sog. Alternativentwurf (1966ff.) in seinen verschiedenen Teile und den Entwurf 1996 zum sechsten Strafrechtsreformgesetz von 1998. Beigegeben sind umfangreiche Fußnotenhinweise über Beratungen und Motive der einzelnen Paragraphen. Die Ergebnisse der technisch und inhaltlich aufwendigen, von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Vorarbeiten, deren Verständnis durch einen Überblick Kathrin Rentorps über die deutsche Strafrechtsreform erleichtert wird, sollen in einen Historischen Kommentar einfließen.

 

Jeder der drei Bände enthält eine Übersicht über die in den Hinweisen berücksichtigte Literatur und die in den Hinweisen berücksichtigten Quellen, während Register fehlen und Digitalität anscheinend nach außen noch nicht geboten wird. Möge sich das genannte Endziel rasch und reibungslos verwirklichen lassen. Dann wird sicherlich ein einfacheres geschichtliches Verständnis der deutsche Strafrechtsenwicklung der letzten 150 Jahre möglich sein.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler