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Eichenhofer, Eberhard, Geschichte des Sozialstaats in Europa. Von der „sozialen Frage“ bis zur Globalisierung (= Beck’sche Reihe 1761). Beck, München 2007. 219 S. Besprochen von Gerold Neusser. ZRG GA 126 (2009)

Eichenhofer, Eberhard, Geschichte des Sozialstaats in Europa. Von der „sozialen Frage“ bis zur Globalisierung (= Beck’sche Reihe 1761). Beck, München 2007. 219 S. Besprochen von Gerold Neusser.

 

Diese knappe, übersichtliche Darstellung des Jenenser Sozialrechtlers ist besonders gut geeignet zur schnellen und dennoch solide grundlegenden Unterrichtung zu einem wichtigen europäischen Rechtsgebiet. So sehr Europa als Wirtschaftsgemeinschaft eine fast selbstverständliche Realität geworden ist, so wenig konnte es bislang die vor allem von den Bürgern erwartete Bedeutung als Sozialgemeinschaft gewinnen. Aber die geschilderte Entwicklung „von der ,sozialen Frage’ bis zur Globalisierung“ zeigt eben auch, dass Sozialpolitik häufig einen „langen Atem“ haben musste und muss. Die christlichen Wurzeln bestimmten das Mittelalter und reichten bis in die frühe Neuzeit. Die von der Industrialisierung ausgelöste „soziale Frage“ wurde von den verschiedenen Nationalstaaten Europas unterschiedlich beantwortet, jeweils unter Zugrundelegung der eigenen wirtschaftlichen Interessen. Dabei spielte insbesondere der Schutzgedanke eine wichtige Rolle. War der Sozialstaat in Europa entstanden und vor allem im 19. Jahrhundert in seinen Nationalstaaten eigenständig, aber stets auch mit dem Blick auf die anderen, geprägt worden, so brachte das 20. Jahrhundert mit dem Zusammenschluss Europas die Notwendigkeit des „europäischen Blicks“ auf die sozialen Probleme. Damit geht der Verfasser mitten hinein in eine laufende Entwicklung, in der unterschiedliche Sozialkulturen, unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessen, die Notwendigkeiten gemeinsamen Handelns zur sozialen Ausgestaltung eines gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraums und die Auswirkungen der Globalisierung eine Rolle spielen. Der Institutionalisierung Europas als Wirtschaftsgemeinschaft ist (noch) keine solche einer „Sozialunion“ gefolgt, aber es wird  „geradezu rastlos“ daran gearbeitet, obwohl die rechtlichen Befugnisse der bestehenden Institutionen in sozialpolitischer Hinsicht (noch) gering sind. Die wirtschaftliche Integration Europas „verlangt nach einer sozialen Wettbewerbs- und Rechtsordnung“, an der eben auch die Europäische Sozialpolitik arbeitet. So können wir heute gerade in diesem Bereich ganz besonders deutlich das Entstehen von Sozialrecht verfolgen. Vielleicht hätte dazu auch ein Hinweis auf die Probleme der Rechtsdurchsetzung in der wirtschaftlichen Dynamik von Sozialrecht und Arbeitsrecht gerade im europäischen Bereich beitragen können.

 

Bremen                                                                                                          Gerold Neusser