Frantzen, Marayke, Mors voluntaria im klassischen römischen Recht (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts 8). V & R, Göttingen 2012. 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Frantzen, Marayke, Mors voluntaria im klassischen römischen Recht (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts 8). V & R, Göttingen 2012. 180 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Martin Schermaier betreute, 2011 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommene Dissertation der in Münster, Rom und schließlich Bonn ausgebildeten, bei ihrem Betreuer als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigen, durch ein Promotionsstipendium geförderten Verfasserin. Sie behandelt, wie in der Einführung ausgeführt wird, ein unerschöpfliches Forschungsthema. Auf der Grundlage der Pönalisierung der Selbsttötung im 16./17. Jahrhundert schildert die Autorin dabei zunächst den Stand der Forschung und umreißt ihren besonderen Forschungsplan.
Danach geht sie naheliegenderweise grundsätzlich chronologisch vor und ermittelt für die Königszeit und die Republik bei Fehlen einer Bestrafung der Selbsttötung in den Zwölftafeln viel Legendenhaftes, aber auch einen Rechtsvorteil im Anklagestand. Im Prinzipat wird, wie sorgfältig überprüfte Prozessberichte ergeben, aus dem Rechtsvorteil ein Rechtsnachteil. Vertieft behandelt die Verfasserin die Selbsttötung von Sklaven, ihre Verhinderung sowie die Selbsttötung von Soldaten.
Im Ergebnis stellt sie überzeugend fest, dass das klassische römische Recht der Selbsttötung ziemlich gleichgültig gegenüberstand, sofern nicht Interessen der Allgemeinheit oder Dritter berührt wurden. Hatte die Selbsttötung anfangs den Abbruch eines Strafverfahrens zur Folge, so bewirkte der wachsende Finanzbedarf des Staates seit Beginn des dritten nachchristlichen Jahrhunderts die Konfiskation des Vermögens des Angeklagten unabhängig von einer Selbsttötung. Eine moralisch gefärbte Haltung oder eine erzieherische Komponente kann die Verfasserin in der wissenschaftlichen Diskussion der römischen Juristen demgegenüber an keiner Stelle finden.
Innsbruck Gerhard Köbler