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Wischmeyer, Thomas, Zwecke im Recht des Verfassungsstaates. Geschichte und Theorie einer juristischen Denkfigur (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 26).. Mohr Siebeck, Tübingen 2014. 467 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Wischmeyer, Thomas, Zwecke im Recht des Verfassungsstaates. Geschichte und Theorie einer juristischen Denkfigur (= Grundlagen der Rechtswissenschaft 26).. Mohr Siebeck, Tübingen 2014. 467 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Zweck ist der Beweggrund eines auf ein Ziel gerichteten Verhaltens und leitet sich eigentlich von einem hölzernen oder eisernen Stift oder Nagel ab, mit dem seit dem späten Mittelalter Zielscheiben bei einem Schießen aufgehängt waren. Mit dem Zweck im Recht hat sich in publikumswirksamer Weise vor allem Rudolf von Ihering (Jhering) befasst, doch ist er an dieser Aufgabe gescheitert, so dass sein diesbezügliches Werk unvollendet blieb. Dessenungeachtet hat sich der 1983 geborene, in Freiburg im Breisgau, Lausanne und Krakau sowie 2012 als Visiting Researcher an der Yale Law School ausgebildete, nach der Promotion als akademischer Rat an dem Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie in Freiburg im Breisgau tätige Verfasser mutig an die nach seinem Vorwort praktisch bedeutsame und theoretisch schwierige Aufgabe in dem engeren Rahmen des Verfassungsstaats gewagt.

 

Seine dem vorliegenden Buch vorausgehende Dissertation wurde von Andreas Voßkuhle betreut, von der Studienstiftung des deutschen Volkes durch ein Promotionsstipendium gefördert und in dem Sommersemester 2014 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg angenommen. Nach dem Vorwort will sie zeigen, in welchen Traditionen die in der Gegenwart allgemein geteilte Überzeugung steht, dass Recht Zwecke in der und für die Gesellschaft verfolgt, und welche (rechts-)theoretischen Voraussetzungen mit einer entsprechenden Verwendung des Begriffs in der Rechtsanwendung einhergehen. Gegliedert ist sie in eine Einführung über die Ambivalenz des Rechtes im Umgang mit dem Zweckbegriff und zwei Teile über die Genealogie der teleologischen Epoche des Rechtes und den Zweckbegriff im Recht des Verfassungsstaats.

 

Dabei geht der Verfasser von Zwecken  im Recht vor und in der „teleologischen Epoche“ aus und befasst sich intensiv mit Jherings Zweck im Recht. In der Folge sieht er zwar Zwecke im Recht als allgegenwärtig an, muss sich aber der Ansicht stellen, dass die Suche nach dem zwecksetzenden Subjekt im komplexen Rechtserzeugungsvorgang des Verfassungsstaats als aussichtslos gilt. Im Ergebnis ließen sich auf der vom Verfasser trotz aller Vielschichtigkeit der Problematik gewonnenen theoretischen Grundlage Maßstäbe für die methodische Rekonstruktion der theoretischen Prämissen in rechtlichen Verfahren bilden, die weitgehend der tatsächlichen Argumentationspraxis der Obergerichte hinsichtlich des Zweckes entsprechen, wobei für die Europäische Union die mit ihr verbundenen Ziele nach dem Verfasser als Verpflichtungen zu verstehen sind, an einer derartigen Ordnung unter den Bedingungen mitzuarbeiten, die in den grundlegenden Rechtstexten dokumentiert sind, womit er seine Fragen, worauf die demokratische Idee vom Gesetzeszweck verweise bzw. wer der Gesetzgeber sei, zumindest für diesen Gegenstandsbereich ansprechend als beantwortet ansieht.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler