Pierson, Thomas, Das Gesinde und die Herausbildung moderner Privatrechtsprinzipien (=Studien zur europäischen Rechtsgeschichte Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main Band 297). Klostermann, Frankfurt am Main 2016. X, 176 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Pierson, Thomas, Das Gesinde und die Herausbildung moderner Privatrechtsprinzipien (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main Band 297). Klostermann, Frankfurt am Main 2016. X, 176 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Gesinde ist vielleicht bereits in germanischer Zeit als eine Gesamtheit von Begleitern oder Weggefährten bekannt. Auf ein einzelnes einfaches örtlich feststehendes Haus dürfte es sich demgegenüber erst erheblich später bezogen haben. Eigene Gesindeordnungen für das bäuerliche Gesinde erscheinen (z. B. in Preußen 1810) nochmals deutlich später.
Mit ihnen beschäftigt sich die vorliegende Veröffentlichung des Verfassers, die ursprünglich als von Werner Plumpe betreute Magisterhausarbeit an dem historischen Seminar der Universität Frankfurt entstand, die aber Joachim Rückert als dem langjährigen Lehrer des als Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl tätigen Autors als Zweitgutachter so gut gefiel, dass er anbot, sie zugleich als Dissertation anzunehmen. Sie gliedert sich in insgesamt sieben Kapitel. Sie betreffen Gesindeordnungen und Leitprinzipien des modernen Privatrechts (seit der Sattelzeit), das Prinzip „frei“ in dem Gesinderecht, „gleich“ und „ungleich“ im Gesinderecht, die Entwicklung des Prinzips „sozial“ (im Gefolge der Forderung nach Brüderlichkeit in der französischen Revolution) im Gesinderecht, die Fabrikarbeit als Vergleichsperspektive, Legitimationsstrategien zum Gesindewesen und schließlich Gesinderecht und modernes Privatrecht.
Nach den ansprechenden Erkenntnissen des Verfassers stand das Gesindeverhältnis des 19. Jahrhunderts paradigmatisch für die dynamischen privatrechtlichen Entwicklungen und Probleme der Zeit, so dass es sich gut für die Beschreibung der mühsamen Transformation eines vormodernen Berufsstands eignet und viele Parallelen zur Entwicklung des Arbeitsrechts einschließlich des Beamtenrechts aufweist. Dementsprechend bietet das Gesindewesen einen sehr geeigneten Gegenstand für die Betrachtung der Durchsetzung gleicher rechtlicher und sozialer Freiheit in dem 19. Jahrhundert. Im Ergebnis bedeutete die Überwindung des Gesinderechts als Recht des Gesindes keinen „Sieg moderner Privatrechtsprinzipien“ (mehr).
Innsbruck Gerhard Köbler