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Falter, Jürgen W., 10 Millionen ganz normale Parteigenossen – Neue Forschungsergebnisse zu den Mitgliedern der NSDAP 1925-1945 (= Akademie der Wissenschaften und Literatur Main, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 2016/4). Steiner, Stuttgart 2016. 32 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Falter, Jürgen W., 10 Millionen ganz normale Parteigenossen – Neue Forschungsergebnisse zu den Mitgliedern der NSDAP 1925-1945 (= Akademie der Wissenschaften und Literatur Main, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 2016/4). Steiner, Stuttgart 2016. 32 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als der im Meldegang während des ersten Weltkriegs tätige Braunauer Adolf Hitler am 19. Oktober 1919 in die Deutsche Arbeiterpartei Adolf Drexlers eintrat, erhielt er die Mitgliedskarte 555. Unter seiner nationalistischen und sozialistischen Führung erhöhte sich die Zahl der Mitglieder der in Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei umbenannten Bewegung bis zu ihrem Verbot im November 1923 auf rund das Hundertfache (etwa 55000 Mitglieder). Wie der Verfasser der vorliegenden Studie ausführt, wuchs die Bewegung nach ihrer Wiederzulassung zwischen 1925 und 1929 zunächst nur allmählich.

 

An dem Ende des Jahres 1930 gehörten ihr auf Grund der Wahlerfolge Adolf Hitlers fast 250000 Mitglieder an, danach infolge vieler Neuaufnahmen an dem Ende des Jahres 1932 etwa 920000 Mitglieder, zu denen nach der Ernennung ihres Führers zum Reichskanzler des Deutschen Reiches am 30. Januar 1933 in den anschließenden drei Monaten 1,7 Millionen eingeschriebene Anhänger hinzukamen, so dass die Mitgliedschaft zum 1. Mai 1933 für das allgemeine Publikum geschlossen wurde. 1937 wurde die Neuaufnahme für bewährte Nationalsozialisten wieder geöffnet, 1939 für alle Interessenten, aber zu Beginn des Jahres 1942 wieder geschlossen. Aus den weitgehend erhaltenen Daten der Reichskartei bei dem Reichsschatzmeister und den zunächst geographisch geordneten, später alphabetisch umsortierten Gaukarteien kann der Verfasser für das Ende des Jahres 1944 bzw. das Kriegsende etwa 8,8 Millionen Mitglieder erschließen.

 

Bei ihrer näheren Untersuchung kann der Verfasser zeigen, dass die parteiliche Anhängerschaft anfangs im Durchschnitt sehr jung war (25 Jahre, zwischen 1890 und 1900 geborene Männer), das Durchschnittsalter bis 1945 aber auf fast 40 Jahre stieg. Die meisten Mitglieder waren Männer, doch stieg zwischen 1942 und 1944 als Folge des zweiten Weltkriegs die Zahl der weiblichen Mitglieder erkennbar. Entgegen früher vorherrschenden Überlegungen erweist der Verfasser die Partei als eine sehr heterogen zusammengesetzte Gruppe, deren Neumitglieder 1933 zu 40 Prozent aus der Unterschicht, zu mehr als 50 Prozent aus der unteren  und mittleren Mittelschicht und zu etwas mehr als 5 Prozent aus der oberen Mittelschicht und der Oberschicht der Gesellschaft stammten.

 

Ein katholisch geprägtes Milieu war für die Ausbreitung der Partei eher hinderlich, weshalb 50 Prozent der neuen Mitglieder vor 1933 aus Gemeinden mit einer bürgerlich-protestantischen Tradition kamen. Die Motive und die situativen Gegebenheiten für den Beitritt dürften ziemlich verschieden gewesen sein. Dementsprechend war wohl keineswegs jeder Parteigenosse auch ein überzeugtes Parteimitglied und schieden zwischen 1925 und 1945 rund 750000 Mitglieder durch Austritt wieder aus, so dass bei rund 70000 Ausschlüssen und etwa 500000 Toten die Gesamtmitgliederzahl der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei auf 10 Millionen (ganz normale) Parteigenossen aus allen Bevölkerungsschichten beziffert werden kann (höchste bekannte Mitgliedsnummer 10174581), die Adolf Hitler und seine zunehmend fremdenfeindlichen, antisemitischen Zielsetzungen aus verschiedenen Überlegungen mehr oder weniger stark und entschieden unterstützten.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler