Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis. Im Auftrag der Universität Wien hg. v. Maisel, Thomas/Seidl, Johannes, Band 2 1442-1557, bearb. und eingeleitet v. Matiasovits, Severin (= Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Reihe 6 Quellen zur Geschichte der Universität Wien, 3. Abteilung Die Matrikel der Wiener rechtswissenschaftlichen Fakultät, Band 2). Böhlau Wien 2016. LX, 245 S.., Graf. Besprochen von Gerhard
Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis. Im Auftrag der Universität Wien hg. v. Maisel, Thomas/Seidl, Johannes, Band 2 1442-1557, bearb. und eingeleitet v. Matiasovits, Severin (= Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Reihe 6 Quellen zur Geschichte der Universität Wien, 3. Abteilung Die Matrikel der Wiener rechtswissenschaftlichen Fakultät, Band 2). Böhlau, Wien 2016. LX, 245 S.., Graf. Besprochen von Gerhard Köbler.
Für die juristische Fakultät der 1365 von Herzog Rudolf IV. von Österreich in Wien gegründeten, 1384 in die vier Fakultäten der Artisten, Theologen, Juristen und Mediziner gegliederten Universität, für die von der 1377 einsetzenden Gesamtmatrikel seit der Mitte des 20. Jahrhunderts inzwischen der die Jahre bis 1778 einschließende achte Band 2014 vorgelegt werden konnte, wurde 2011 der erste, von 1402 bis 1440 reichende Band der Matrikel der Juristenfakultät veröffentlicht, an die der als Promotionsarbeit geschaffene zweite, die Jahre von 1442 bis 1557 erfassende Band nunmehr anschließen kann. Er gibt die 85 Pergamentblätter im Format 22,5 x 12,5 Zentimeter der Handschrift Wien, Archiv der Universität J 02 wieder, die überwiegend in gotischer Bastarda und humanistischer Buchkursive von zahlreichen Schreibern (darunter auch Dekanen) verfasst und nach anfänglicher, vielleicht bis 1524 währender Sammlung in losen Lagen erst später zu einem Band zusammengebunden wurden. Damit bietet er für das gesamte Heilige römische Reich ziemlich selten erhaltenes frühes Material.
Die vorangestellte Einleitung behandelt nacheinander den Forschungsstand, die Ziele der Edition, die Quelle, ihren Wert, die juridische Fakultät, die paläographische Analyse, die Bedeutung des Studiums im Ausland (Oberitalien), eine statistische Auswertung, einen Überblick über die beruflichen Wirkungsfelder der Juristen und eine Liste der Dekane sowie verschiedene formale Hinweise und Übersichten. In der anschließenden Edition sind 2130 Einträge erhalten, die 1575 Immatrikulationen und 565 Promotionen (26 Prozent) betreffen. Aus ihnen sind 1666 Personen identifizierbar mit 1299 Immatrikulationen und 367 Promotionen.
Hinsichtlich der sozialen Gliederung kann der Verfasser 1,3 Prozent der Wiener juristischen Studenten als vielleicht adelig erweisen, mindestens 21 als Kleriker und nur 0,8 Prozent als pauperes. Regional kommen die Immatrikulierten nach moderner Einordnung zu je einem Drittel aus Österreich und aus Deutschland sowie zu neun Prozent aus Ungarn und zu 5,6 Prozent aus Böhmen. Allgemein sind juristische Betätigungsfelder dieser Zeit der Dienst bei Reich, Kirche und Städten, wobei von zehn Wiener Stadtschreibern dieser Zeit fünf Absolventen der Wiener juristischen Fakultät sind.
Insgesamt kann der Verfasser nachweisen, dass eine artistische Graduierung für die Zulassung zu dem juristischen Studium nicht erforderlich war und dass nur etwa ein Sechstel der in der juristischen Fakultät Immatrikulierten später dort auch graduiert wird. Die jährliche Zahl der Immatrikulierten beträgt durchschnittlich 15, zu denen jeweils drei Graduierte gekommen sein dürften. Dabei sind im Wintersemester 1515 von 9 Lehrenden sechs Doktoren beider Rechte, obwohl in Wien anfangs nur kirchliches Recht studiert werden konnte, zu dem das weltliche Recht erst während des späten 15. Jahrhunderts allmählich hinzukam.
Die edierte Quelle beginnt mit dem 13. 10. 1442, unter dem drei intitulati und vier promoti (ein Lizentiat, drei Baccalariate) bezeugt werden. Die meist sehr knappen Notizen werden durch ausführliche Register der Vornamen sowie der Zunamen und Ortsnamen vorzüglich aufgeschlossen. Insgesamt bieten Einleitung und Edition mit Registern die derzeit bestmögliche Information über die Wiener juristische Fakultät an der Wende von dem Spätmittelalter zu der Frühneuzeit, für die dem Bearbeiter sehr zu danken ist.
Innsbruck Gerhard Köbler