Gillen, Nicolas, „Nur Gott vor Augen“. Die Strafgerichtsbarkeit des Patriarchen von Venedig (1451-1545) (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas Fallstudien 11). Böhlau, Köln 2014. 211 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gillen, Nicolas, „Nur Gott vor Augen“. Die Strafgerichtsbarkeit des Patriarchen von Venedig (1451-1545) (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas Fallstudien 11). Böhlau, Köln 2014. 211 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Mit der Entstehung übergeordneter allgemeiner Gewalt in der menschlichen Gesellschaft dürfte auch die Strafe und die dafür erforderliche besondere Strafgerichtsbarkeit ausgebildet worden sein. Als eine grundlegende menschliche Einrichtung stattlicher Größe konnte sich auch die christliche Kirche hiervon nicht völlig freihalten. Lediglich der allgemein anerkannte Grundsatz, dass sie nicht nach Blut dürste(n dürfe), schränkte ihr diesbezügliches Wirken ein.
Die vorliegende schlanke Studie befasst sich im Rahmen des mit Hilfe öffentlicher Mittel an der Jahrtausendwende aufgegriffenen Projekts der Erforschung von Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas mit einem diesbezüglichen Einzelaspekt. Nach seinem Vorwort befürchtete der Verfasser ursprünglich, seine Idee einer Studie über die Anwendung des kirchlichen Strafrechts in einer norditalienischen Diözese an Hand von Gerichtsakten des 15. und 16. Jahrhunderts sei eigenartig. Im Laufe der Zeit gelang ihm gleichwohl mit Hilfe eines großzügigen Stipendiums des deutschen Studienzentrums in Venedig die von Karin Nehlsen-von Stryk angeregte, von Bernd Kannowski betreute und deswegen schließlich an der Universität Bayreuth angenommene Dissertation.
Gegliedert ist sie nach einem kurzen Vorwort in sieben Sachkapitel. Sie betreffen im Sinne einer mit einem dramatisch erscheinenden Einzelgeschehen einsetzenden Einleitung arme Sünder und privilegierte Verbrechter und danach die Zuständigkeit des geistlichen Gerichts, die Zuständigkeit innerhalb der Kirche, Aufbau und Verfahren des Gerichts, Urteil, Strafe und Appellation, die Inquisition in Bezug auf Herbaria, Häresie und Hexerei sowie schließlich als Fazit die Zähmung des Markuslöwen. An Hand von etwa hundert Einzelfällen gelingen ihm dabei in anschaulicher Schilderung einzelner Sachverhalte vielfältige neue Einsichten über die Strafgerichtsbarkeit des Patriarchen von Venedig vor allem auch im Verhältnis zur weltlichen Gerichtsbarkeit.
Innsbruck Gerhard Köbler