Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Moser, Karin/Dornik, Wolfram, Habsburgs schmutziger Krieg. Ermittlungen zur österreichisch-ungarischen Kriegsführung 1914-1918. Residenz Verlag, Sankt Pölten 2014. 325 S. Besprochen von Werner Augustinovic.
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Moser, Karin/Dornik, Wolfram, Habsburgs schmutziger Krieg. Ermittlungen zur österreichisch-ungarischen Kriegsführung 1914-1918. Residenz Verlag, St. Pölten 2014. 325 S. 16 Abb. Besprochen von Werner Augustinovic.
Als vor 20 Jahren der Mythos von der „sauberen“ deutschen Wehrmacht durch die kritischen Ausstellungen des Hamburger Instituts für Sozialforschung öffentlichkeitswirksam einer endgültigen Demontage unterzogen wurde, war die Bewegung unter den ehemaligen Teilnehmern des Zweiten Weltkriegs erheblich und schwankte zwischen den Polen der Erleichterung, dass nun endlich jene Verbrechen, deren verleugnete Existenz manchen Zeitzeugen verbittert hatte, offen benannt wurden, und der entschiedenen Ablehnung einer unterstellten Pauschalverurteilung aller Wehrmachtsangehörigen. Eine solche authentische Reaktion ist im Hinblick auf den Ersten Weltkrieg nicht mehr möglich; hier bleibt die Diskussion aus biologischen Gründen den Nachgeborenen vorbehalten. Wenn von „schmutzigen“ Kriegen die Rede ist, so steht dem die ideale Vorstellung der Möglichkeit der Führung eines „sauberen“ Krieges gegenüber. Wie ein solcher aussehen soll, ist indes schwer zu imaginieren, liegt doch in der Inkaufnahme oder zumeist gar vorsätzlich angestrebten physischen Vernichtung des Gegners ein grundlegender Wesenszug jedes Krieges. Hannes Leidinger, dem wir den weit überwiegenden Teil der vorliegenden Publikation verdanken, benennt „das Verschmelzen von zivilen und militärischen Sphären, das Ineinandergreifen von regulären und irregulären Formen der Gefechte, vom Kräftemessen an der Front und von Aufständen beziehungsweise blutigen Konfrontationen in okkupierten Landstrichen, im Etappenraum oder im Hinterland [, wenn] von einem ‚schmutzigen‘, die einzelnen Aktionsfelder kaum mehr trennenden und dabei zahlreiche Richtlinien des ‚Ius in Bello‘ verletzenden Krieg zu sprechen“ sei. Dabei gelte es, „‘Schuldfragen‘ in ihrem Kontext zu analysieren und etwa unangebrachte Gleichsetzungen mit den Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges entschieden zurückzuweisen“, aber auch, „den irritierenden Verharmlosungen oder sogar Idealisierungen Österreich-Ungarns zum Teil bis in die letzten Dekaden entgegenzutreten“ (S. 18ff.). Der Verfasser lehnt dabei explizit einen Werteneutralismus ab und betont, geschichtswissenschaftliches Arbeiten habe „gerade im Rahmen der Erforschung von Gewalt- und Gewalterfahrung, von Verantwortlichkeiten, Rechtsbrüchen und inhumanem Verhalten über die eigengesetzlichen Regeln wissenschaftlicher Analyse hinaus im gesamtgesellschaftlichen Diskurs eine ‚normativ-moralische Bedeutung‘ der sozialen Rahmenbedingungen und Entwicklungen zu berücksichtigen. Handlungen des Einzelnen beziehungsweise Ereignisse als offene Entscheidungssituationen mit mehreren Alternativen sind daraufhin zu befragen und zu bewerten“ (S. 23).
Die vorliegende Studie unternimmt erstmalig den Versuch einer umfassenden Analyse der Kriegsführung der Habsburgerarmee im Ersten Weltkrieg unter dem Aspekt der Prüfung der Rechtmäßigkeit verschiedener Maßnahmen, die gegen den Kriegsgegner, aber vor allem auch gegen die eigene Zivilbevölkerung zur Anwendung gelangt sind. Zur Sprache kommen neben Grundsatzfragen, wie Österreich-Ungarns Verantwortung für den Kriegsausbruch schlechthin, und (völker)rechtlichen Gesichtspunkten das Vorgehen der Streitkräfte vornehmlich in Serbien und Galizien, die Situation der Deportierten, Internierten und Kriegsgefangenen in den Lagern (Verena Moritz), das Besatzungsregime (Wolfram Dornik) sowie das allgemeine erinnerungspolitische und filmische Nachleben des Ersten Weltkriegs (Karin Moser).
Hinsichtlich der Frage nach der Verantwortung für den Kriegsausbruch pflichtet die Studie dem Journalisten Heinrich Kanner bei, der 1922 formulierte: „An seinem Ursprung, in Wien, ging der Kriegswille nur auf die Vernichtung Serbiens. Dies aber um jeden Preis, ohne Rücksicht auf den europäischen Frieden“. Somit verknüpfte sich „eine bemerkenswert eingeschränkte Sichtweise der geopolitischen Situation Europas mit dem festen Glauben an die Richtigkeit des eigenen Handelns“ (S. 38f.). Die Berufung auf eine behauptete, notwendige Aufwertung der Reputation der Donaumonarchie gehe ins Leere, weise ihr doch die „Abrechnung mit einem südosteuropäischen Kleinstaat […] eher die Funktion einer regionalen Macht zu“ und „schädigte […] das ohnehin ramponierte Ansehen nur zusätzlich“. Somit lasse „die ‚suizidale Stimmungslage‘, verbunden mit der Bereitschaft, die Welt in Brand zu stecken, den ‚Weg in die Katastrophe‘ und den ‚Tod des Doppeladlers‘ solcherart geradezu als ‚erweiterten Selbstmord‘ von gigantischem Ausmaß und mit millionenfachem Leid erscheinen“ (S. 49). Mit dieser starken Hervorhebung einer fahrlässigen, frühen und starren Festlegung Wiens auf den Krieg konterkariert der Verfasser bewusst die gegenwärtig dominierende „gesamteuropäische Proporzlösung der geteilten Schuld“ (S. 30), wie sie etwa aus Christopher Clarks Bestseller „Die Schlafwandler“ (2013) herausgelesen werden kann.
Als die Kampfhandlungen im Sommer 1914 einsetzten, war mit dem Vordringen der habsburgischen Kampfverbände bereits „die Gefahr einer nahezu uneingeschränkten Gewalteskalation verknüpft“, deren Boden „Nationalitätenkonflikte, ‚Irredentismus‘, Balkankrisen, ‚Spionitis‘, mediale Hetze und Spannungen zwischen Wien und Belgrad beziehungsweise Sankt Petersburg“ bereitet hatten und die durch Anordnungen der militärischen Befehlsheber ebenso wie durch kulturelle Überheblichkeit und xenophobe Tendenzen zusätzlich gefördert wurde. Zwar wollte sich das Armeeoberkommando (AOK) „prinzipiell an völkerrechtlichen Übereinkünften orientieren, obwohl die Regierung in Belgrad die Haager Konvention von 1907 nicht unterzeichnet hatte“, doch kam man in der Praxis unter Hinweis auf Verfehlungen des Gegners von dieser Linie einer rechtskonformen Kriegsführung bald weitgehend ab. Während beispielsweise „internationale Regelwerke die Beteiligung von Zivilisten an einer ‚spontanen Landesverteidigung‘ keineswegs rundweg untersagten“, waren „einheimische ‚Nichtuniformierte‘ mit der Waffe in der Hand, darunter immer wieder Frauen, für die Habsburgerarmee aber der Inbegriff der ‚Rohheit, Unzivilisiertheit, Hinterhältigkeit und Verkommenheit‘“ (S. 71f.). So „neigten die österreichisch-ungarischen Einheiten, die trotz der antiserbischen Hetzkampagnen und der Nachrichten über Kriegsgräuel der Feinde keinen konsequenten Ausrottungsfeldzug gegen ganze Bevölkerungsgruppen oder Nationalitäten ins Auge fassten, bei ihren alltäglichen Operationen und Verfügungen immer öfter zu zügelloser Gewalt. Konkrete Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Die Serben radikalisierten ihrerseits die Kampfesweise“ (S. 74). Den folgenden, bisweilen im Detail geschilderten, systematischen und nicht durch Exzesstaten Einzelner verschuldeten Massakern der österreichisch-ungarischen Streitmacht sollen allein in den ersten Augustwochen 1914 nach zeitgenössischer Einschätzung bis zu 4000 Zivilisten zum Opfer gefallen sein. In Galizien bediente man sich ebenfalls ausufernd der „Kriegsnotwehr“, was bedeutete: „Niedermachung der an Ort und Stelle Ertappten; Aushebung von Geiseln und deren Niedermachung, wenn sich die strafbaren Handlungen, zu deren Verhinderung sie ausgehoben wurden, wiederholen; Dezimieren der Ortsbewohner; Niederbrennen der Ortschaften“. Der k.k. Oberste Landwehrgerichtshof empfahl – ohne in dieser Sache weisungsbefugt zu sein – die öffentliche Verlautbarung, wonach „die von Feldgerichten abgeurteilten Zivilisten ‚keine ordentlichen Rechtsmittel‘ besäßen“. Der Willkür sei „Tür und Tor geöffnet“ gewesen, im Umfeld der Stellungen angetroffene Landbevölkerung war ohne Rücksichtnahme auf die oft vorliegenden, lokalen Sachzwänge „‘sofort‘ einer ‚standrechtlichen Behandlung‘ zuzuführen“ (S. 81). So fielen keineswegs nur „Russophile“, sondern unterschiedslos auch zahlreiche loyale Bürger der Donaumonarchie den sogenannten „Justifizierungen“ zum Opfer. Dem ruthenischen Dringlichkeitsantrag im Reichsrat von 1917 zufolge waren „Tausende von Männern, Weibern und Kindern standrechtlich oder kurzerhand gehängt, erschossen, im glücklichsten Falle verhaftet und abgeschoben“ worden (S. 85), 620 galizische Zivilisten seien für 1914/1915 durch Quellen und Literatur als Opfer der k.u.k. Armee eindeutig belegt.
Verhaftungswellen führten dazu, „dass die Habsburgermonarchie im internationalen Vergleich nicht bloß generell aufgrund [ihrer] großen Zahl an Zivilinternierten auffällt, sondern im Unterschied zu den meisten anderen Krieg führenden Staaten, mit Ausnahme von Russland, keineswegs nur ‚Feindstaatenausländer‘, sondern auch eine große Zahl eigener Staatsbürger ins Visier nahm. Letztere wurden der Illoyalität verdächtigt und entsprechend überwacht beziehungsweise ‚konfiniert‘ oder in diverse Internierungslager gesperrt“. Dabei sei „mit jedem neuen Kampfschauplatz eine vergleichbare Repressionsdynamik“ einhergegangen (S. 100f.). Die zuständigen Behörden zeigten sich trotz guten Willens in Anbetracht der horrenden Belegzahlen der Lager hoffnungslos überfordert, sodass in Hinblick auf Ernährung, Hygiene und medizinische Betreuung der Insassen bald untragbare Zustände und dementsprechend hohe Mortalitätsraten herrschten. Auch von den geschätzt insgesamt etwa zwei Millionen Kriegsgefangenen dürften um die zehn Prozent die Internierung im Habsburgerreich nicht überlebt haben. Als nach dem Frieden von Brest-Litowsk mit Russland die Gefangenenrepatriierung vereinbart worden war, registrierte das Wiener Kriegsministerium im Februar 1918 von insgesamt 181.400 Lagerinsassen 150.000 als nicht mehr transportfähig. Zudem wurden, wie auch in anderen Ländern, „jene Bestimmungen der Landkriegsordnung, welche einen Einsatz der Feindsoldaten in der eigenen Kriegswirtschaft untersagten“ (S. 131), ignoriert. Somit „drängt sich der Eindruck auf, dass die bisweilen grob fahrlässige Handlungsweise der Verwaltungsorgane und die in vielen Akten nachweisbare Skepsis, Despektierlichkeit oder offene Feindseligkeit gegenüber ‚Feindstaatenausländern‘, oftmals völlig zu Unrecht verdächtigten ‚Elementen‘ und ‚Völkern‘ auf vermeintlich niedrigerem Kultur- beziehungsweise Zivilisationsniveau wohl in einer bestimmten Größenordnung mitverantwortlich am Elend und an den hohen Opferzahlen unter den Internierten gewesen waren“ (S. 112). Als „offensichtlicher Racheakt“ zu klassifizieren sei die unmenschliche Art und Weise des „eklatant gesetzeswidrigen“ (S. 94) Strafvollzugs durch die Armee an den jugendlichen Attentätern von Sarajevo, die deren elendes Umkommen gleichsam vorsätzlich provozierte.
Unter dem Titel „Ordnung schaffen“ wirft Hannes Leidinger, der an späterer Stelle (S. 191ff.) auch völkerrechtliche Betrachtungen einbringt, einen genaueren Blick auf das Verhältnis von „Militär und Justiz“ (S. 146ff.). Vor 1914 sei Österreich „in Bezug auf Todesstrafen und Begnadigungen durch ein international vergleichsweise mildes ‚Regime‘ aufgefallen“, was sich mit den Begehrlichkeiten der Generalität bei Kriegsbeginn ändern sollte: Auf der Basis des Notverordnungsrechtes, des Paragraphen 14, wurden nach und nach in ganz Cisleithanien die Geschworenengerichte suspendiert, was „in zeitlicher wie geografischer Hinsicht nichts anderes als einen eklatanten Gesetzesbruch darstellte“. Die (nach Wiedereröffnung 1917 vom Reichsrat dann einstimmig abgelehnte) „Kaiserliche Verordnung vom 25. Juli 1914 über die Unterstellung von Zivilpersonen unter die Militärgerichtsbarkeit“ übertrug die politischen Delikte der Gerichtsbarkeit der Armee, Erweiterungen auf der Basis der Militärstrafprozessordnung von 1912 überantworteten „alle Zivilpersonen insbesondere bei ‚Verletzung der eidlichen Heeresdienstverpflichtung‘ und bei ‚Ausspähung oder anderer Einverständnisse mit dem Feind‘ dem Urteil der ‚bewaffneten Macht‘“, womit allein die Verfahren bei den Hinterlandsgerichten auf dem Territorium des heutigen Österreich „von 5431 im Jahr 1914 auf 56.232 Straffälle im letzten Kriegsjahr“ anstiegen. „Landwehrdivisionsgerichte, Ausnahme- und Standgerichte im Hinterland sowie Feldgerichte und ‚als Standgericht tagende Feldgerichte‘ bei der ‚Armee im Felde‘ (konnten) Todesurteile verhängen.“ Etwa drei Millionen Personen soll die Gesamtzahl der feldgerichtlich Beschuldigten betragen haben, von rund 1900 (davon 1468 genau dokumentierten) Hinrichtungen sei auszugehen. Bei diesen Zahlen ist aber stets zu berücksichtigen, „dass die von vielen zivilen und militärischen Institutionen bestätigten Tötungen beziehungsweise Gräueltaten zum überwiegenden Teil auf der Basis des ‚Kriegsnotwehrrechtes‘ [und somit ohne jegliches gerichtliche Verfahren! WA] erfolgten“ (S. 151f.). 1917 erhobene Entschädigungsforderungen materieller Art wurden wiederum mit der rechtlichen Belehrung abgeschmettert, dass „laut der Erläuterungen zum Kriegsleistungsgesetz das Niederbrennen von Ortschaften durch die Kampftruppen aus militärischen Rücksichten nicht zu den Kriegsleistungen (zählt)“ (S. 160).
Vornehmlich die wirtschaftliche Effizienz der österreichischen Verwaltung in den okkupierten Gebieten thematisiert Wolfram Dornik. Während die Besatzung in der Ukraine als „Nullsummenspiel“ zu beurteilen sei, seien aus ökonomischer Sicht „Rumänien, Polen und Serbien ‚erfolgreiche‘ Okkupationen“, Montenegro, Albanien und das italienische Gebiet wiederum „aus strategischer Perspektive ‚profitabel‘“ gewesen (S. 185f.). Der Umgang der Besatzer mit fremden Gebieten wie zum Teil auch mit eigenen Territorien verweise auf „wenigstens ‚semikoloniale‘ Attitüden ebenso wie auf die Fallhöhe zwischen Ansprüchen und realen Grundlagen ‚imperialer Herrschaft‘“ (S. 187). Karin Mosers Abschlusskapitel widmet sich der Erinnerungskultur in Form der filmischen Darstellungen des Ersten Weltkriegs von der ursprünglich zeitgenössischen propagandistischen Auswertung über eine verharmlosende Habsburgernostalgie bis hin zur aktuellen Tendenz, „den Ersten Weltkrieg als weltumspannendes Phänomen und vor allem als Mahnmal für die Geschichte Gesamteuropas zu präsentieren“ (S. 253).
Hannes Leidinger weist darauf hin, dass nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns die Nationalversammlung in Wien bereits am 19. Dezember 1918 ein Gesetz erlassen hat, auf dessen Grundlage „eine ‚Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtverletzungen‘ den Vorwürfen über Regelverstöße der k.u.k. Armee nachgehen sollte“ (S. 213). Rechtsgutachten wurden erstellt, doch diese enthielten „kaum eine rechtliche Handhabe, um die vielen Übergriffe und Grausamkeiten, insbesondere im Namen des Kriegsnotrechts, zu ahnden“, und ließen nur „ein juristisch kaum verwertbares Unbehagen“ zurück (S. 220). Unterschiedliche Erinnerungen und Verdrängungsprozesse seien in der Folge dafür verantwortlich zu machen, dass erst jetzt „die aktuelle internationale Forschung […] ein tief greifendes Umdenken hinsichtlich der späten Donaumonarchie und ihres ‚letzten Krieges‘ einzuleiten vermag“, das Gedenkjahr 2014 könne „in diesem Sinne als Chance und Wende sowohl aus geschichtswissenschaftlicher als auch aus erinnerungskultureller Sicht verstanden werden“ (S 233f.).
Es ist somit ein großes Verdienst der vorliegenden Arbeit, mit ihren vorsichtig abwägenden Urteilen auf eine sehr seriöse Art und Weise zu einem realistischen Bild des Agierens des österreichisch-ungarischen Militärapparates im Ersten Weltkrieg beizutragen, in dem zu oft fundamentale Rechte der Bevölkerung mit Füßen getreten worden sind. Dies gilt umso mehr, als die Verfasser ihre Ausführungen auf überlieferte, offizielle Akten habsburgischer Behörden stützen und somit über jeden Verdacht erhaben sind, propagandistischem Material der ehemaligen Kriegsgegner aufzusitzen. Unter den Autoren ragt der 1969 geborene Hannes Leidinger heraus, der seit 2009 als Lehrbeauftragter für Österreichische Geschichte mit dem Schwerpunkt 19. und 20. Jahrhundert am Institut für Geschichte der Universität Wien wirkt und den Löwenanteil der mit 16 Schwarzweiß-Abbildungen illustrierten Studie verfasst hat. Mit der gleichaltrigen Verena Moritz, Mitglied der Österreichisch-Russischen Historikerkommission und Lektorin am genannten Institut, verbindet ihn eine langjährige Arbeitsbeziehung, was auch für die jüngere Karin Moser gilt, die sich am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte vorwiegend der Erforschung der Film- und Mediengeschichte verschrieben hat. Der Oststeirer Wolfram Dornik ist zuletzt als Verfasser einer Conrad-Biographie hervorgetreten und seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung. Das Bild, das die Verfasser gemeinsam von der späten Habsburgermonarchie zeichnen, ist letztendlich das eines Staates, dessen Vertrauen in die Loyalität der eigenen Staatsbürger weitgehend verloren gegangen war und dessen Militär in einer Anwandlung kollektiver Paranoia durch den systematischen Einsatz überzogener Gewalt gegen häufig Unschuldige die Reste dieses Vertrauens ebenso verspielte, wie es damit die Verwaltung stets von Neuem mit Aufgaben belastete, die diese überforderten und die Leiden der Opfer noch verschlimmerten.
Kapfenberg Werner Augustinovic