Otte, Lutz, Schwarzgeld. Eine fast wahre Geschichte von Steuerbetrug und Wirtschaftsspionage in der Schweiz. Edition Temmen, Bremen 2015. 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Otte, Lutz, Schwarzgeld. Eine fast wahre Geschichte von Steuerbetrug und Wirtschaftsspionage in der Schweiz. Edition Temmen, Bremen 2015. 191 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit es Geld gibt, ist der Mensch an dem Geld seiner Mitmenschen interessiert, darunter nicht zuletzt die vom Menschen erfundene juristische Person Staat, in der die Träger der politischen Macht ihre Anhänger und sich selbst mittels der Steuern auf Vermögen der Unterworfenen bedienen. Wegen des deswegen drohenden Verlusts sind die vermögenden Betroffenen dazu übergegangen, ihr Vermögen zu verbergen und zu verschleiern, ohne es zu verlieren oder zu gefährden. Andere unterstützen sie dabei, sofern sie durch Aufbewahrung und Anlage von verheimlichtem, oft auch in rechtswidriger Art und Weise erlangtem Geld selbst neue Einkünfte erzielen, wie etwa Liechtenstein, die Schweiz, Luxemburg, Singapur, die Bahamas, die Kanalinseln und andere Einrichtungen, deren Banken und damit mittelbar auch sie Schwarzgeld von Ausländern aufnehmen und anlegen und damit dem steuerlichen Zugriff der Herkunftsländer entziehen, so lange diese nicht auf der Suche nach weiteren eigenen Einkünften durch politischen Druck diese Steuerschlupflöcher verschließen, um unmittelbar selbst an das Geld zu gelangen.
Vor dem Bundesstrafgericht der Schweiz in Bellinzona wurde der in Solingen im April 1959 geborene, seit 1982 als Softwareentwickler bei einer Bank in Köln tätige, nach einem Wechsel zu einer Unternehmensberatung in Hamburg 1991 ein eigenes Beratungsunternehmen mit Softwareprojekten für deutsche und schweizerische Banken und Versicherungen gründende, 2005 in die Schweiz ziehende und als Freelancer vielleicht 100000 Franken jährlich verdienende Lutz Otte nach einer Pressemeldung vom 22. August 2013 zu einer teilbedingten dreijährigen Haftstrafe verurteilt, weil er zwischen Oktober und Dezember 2011 in Absprache mit einem (ihn bei seinem häuslichen Frühstück mittels Klingeln an der Haustüre ansprechenden) pensionierten deutschen Steuerfahnder („Thomas Maier“) ihm leicht zugängliche Dateisätze vermögender deutscher und niederländischer Kunden bei der Bank Julius Bär kopierte und danach an deutsche Steuerbehörden weitergab. Für den vollständigen Datensatz von 2700 Kundendaten sollte er 1,1 Millionen Euro erhalten, von denen nach eigenen Angaben 200000 Euro ausgezahlt und 900000 Euro für die anonyme Bezahlung von Steuerschulden seitens des Mittelsmanns verwendet wurden. Nach der Verurteilung war der Mittelsmann von der nachfragenden Presse nicht zu erreichen und wollten die Bank, ihr Rechtsanwalt und der Rechtsbeistand des Verurteilten die Vorgänge nicht kommentieren.
Nach der Entlassung aus der Haft und der Rückkehr nach Norddeutschland verfasste Lutz Otte („Gregor Schwarzenbach“) auf Grund seiner bei Julius Bär und nach der Verhaftung am 24. Juli 2012 bei Polizei, Staatsanwaltshaft, Gericht und Strafvollzug gewonnenen Erfahrungen eine fast wahre Geschichte von Steuerbetrug und Wirtschaftsspionage in der Schweiz. Sie zeigt vor allem die allgemeine Gier nach dem Geld der anderen, die zu Gunsten des Verfassers hoffentlich auch in seiner Wirklichkeit durch eine fast zufällige große Liebe und eine neue Freiheit ausgeglichen oder zumindest gemildert wird. Im Übrigen hat der Autor mit seiner Geschichte zwar erreicht, dass die Arbeitsgemeinschaft deutscher Rundfunkanstalten am 29. Juni 2015 um 22.45 Uhr eine Dokumentation ausstrahlt, die sich mit der Person Otte und seinem Fall beschäftigt (http://programm.daserste.de/pages/programm/detail.aspx?id=232BEA1B6C8DCA13EDBC04BEF78F2CCC), wird aber kaum verhindern können, dass das Problem auch in Zukunft nach der allzu menschlichen Methode gelöst wird, das böse Geld besser zu verstecken, damit es so aussieht, als wäre es nicht mehr da und die seit der gesetzlichen Einführung des Bankgeheimnisses vor mehr als 80 Jahren wesentlich durch das Geld anderer (derzeit vielleicht zwischen 200 Milliarden und 2 Billionen Euro) blühende Schweiz, in der es nach den Worten Schwarzenbergs deswegen keine Stopfen für Waschbecken von Gefangenen gibt, weil diese sich andernfalls darin ertränken oder bei Überlauf größere Zahlen der in den Wänden hausenden Kakerlaken einen frühen Tod finden könnten, wäre in einer Welt gängigen Betrugs der Vermögenden so sauber, wie sie sich auf fremde Kosten gern sieht und darstellt.
Innsbruck Gerhard Köbler