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Speitkamp, Winfried, Eschwege – Eine Stadt und der Nationalsozialismus (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 81). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2015. VI, 218 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

Speitkamp, Winfried, Eschwege – Eine Stadt und der Nationalsozialismus (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 81). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2015. VI, 218 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Eschwege als Siedlung am Eschengewässer in einer Niederung der Werra ist vielleicht noch in merowingischer Zeit als fränkischer Königshof entstanden und erstmals im Jahre 974 in einer Urkunde Kaiser Ottos II. für seine Frau Theophanu namentlich bezeugt. Nach Gründung eines Frauenstifts um die erste Jahrtausendwende erhielt der Ort um 1188 Marktrecht und vor 1249 Stadtrecht und kam 1264 an den Landgrafen von Hessen. In der Gegenwart zählt er knapp 20000 Einwohner.

 

Am Anfang Eschweges während der Zeit des Nationalsozialismus war nach dem Vorwort des in Düsseldorf 1958 geborenen, in Marburg in Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft ausgebildeten, 1986 mit einer Dissertation über Restauration als Transformation in der kurhessischen Verfassungsgeschichte zwischen 1813 und 1830 promovierten, in Gießen 1994 mit einer Schrift über Denkmalpflege und Staat in Deutschland zwischen 1871 und 1933 habilitierten, nach Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Assistent, Vertretungsprofessor und Professor auf Zeit 2010 für neuere und neueste Geschichte am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Kassel berufenen Verfassers Alexander Beuermann, der von 1934 bis 1945 als Bürgermeister Eschweges amtierte, nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft sein Amt verlor, aber 1948 wieder als erster Beigeordneter in den Dienst der Stadt getreten war. Wegen seiner gleichwohl verschieden diskutierten Stellung beauftragte die Stadt den Verfasser zu offener wissenschaftlicher Aufarbeitung ihrer Geschichte während des Nationalsozialismus. Sie will dementsprechend nicht mögliche Täter überführen, sondern geschichtliche Verhältnisse verdeutlichen.

 

Gegliedert ist die mit Unterstützung Hessens und der Eschweger Stadtstiftung gedruckte. mit einem Titelbild des Winterhilfswerks in Eschwege zu Weihnachten 1934 und verschiedenen weiteren Abbildungen veranschaulichte, überzeugende Untersuchung nach Vorwort und Einleitung in acht Abschnitte. Sie betreffen Geschichte und Profil „des hessischen Elberfelds“, die Machtdurchdringung im kommunalen Raum unter dem Motto Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, das vom Glauben an den Führer und die Bewegung gekennzeichnete Verhältnis von Partei, Stadt und Staat, Schule und Kirche, Vereine und Feste, Alltagsräume und Ausgrenzung zwischen Volksgemeinschaft und Gemütlichkeit, die Zeit des zweiten Weltkriegs und die Nachkriegszeit mit der notwendigen Vergangenheitspolitik. Im Ergebnis kann die sorgfältige Quellenanalyse eindrucksvoll zeigen, dass die besonderen sozialen Netzwerke in Eschwege über 1933 und 1945 hinaus bestehen blieben und die Behauptung ermöglichten, man habe zwischen 1933 und 1945 nur an dem nationalsozialistischen Regime mitgewirkt, um  zum Wohle der Stadt Schlimmers zu verhüten und Übergriffe zu verwehren, so dass der Verfasser folgerichtig auch an das Ende (nicht allein)  Alexander Bauermann stellt, der sich zwar nie einer Schuld bewusst war, aber 2009 doch einen Staßennamen zu Gunsten der Bezeichnung Am Ottilienberg verlor.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler