Wurch, Nils, David Mevius und das lübische Recht - dargestellt am Beispiel des „beneficium excussionis“ (= Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte 69). Böhlau, Köln 2015. 259 S. Besprochen von Gunter Wesener.
Wurch, Nils, David Mevius und das lübische Recht – dargestellt am Beispiel des „beneficium excussionis“ (= Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte N. F. 69). Böhlau, Köln 2015. 259 S. Besprochen von Gunter Wesener.
David Mevius (1609 – 1670), seit 1635 Professor in Greifswald, seit 1653 Vizepräsident des Tribunals zu Wismar, gilt als einer der bedeutendsten norddeutschen Juristen des 17. Jahrhunderts. Er verfasste einen Entwurf für ein Mecklenburgisches Landrecht und publizierte Dezisionen, in denen er sich mit den Entscheidungen des Wismarischen Gerichtshofes auseinander setzte. Ferner verfasste er einen berühmt gewordenen Kommentar zum lübischen Recht (Commentarius in Jus Lubecense 1642/43, 2. Auflage 1663).
Gegenstand der Untersuchung N. Wurchs ist die Frage der Anwendung des beneficium excussionis nach lübischem Recht. Mindestens bis zum Jahr 1600 ist die primäre Bürgenhaftung in der Rechtsprechung des Lübecker Oberhofs nachweisbar (S. 38).
Ein zentraler Abschnitt (S. 43ff.) ist dem beneficium excussionis und Mevius‘ Statutentheorie gewidmet. Die Regel „Statuta sunt stricte interpretanda“ wird eingehend erörtert (S. 52ff.).
Mit Nachdruck vertrat Mevius den Standpunkt, dass die Jurisprudentia Lubecensis aus ihren eigenen Quellen und nicht aus dem römischen Recht zu schöpfen habe. Wider Erwarten entscheidet sich Mevius aber für die Anwendung des gemeinrechtlichen beneficium excussionis, da es an einer ausdrücklichen Abschaffung dieser gemeinrechtlichen Einrede des Bürgen durch das Revidierte Lübecker Stadtrecht von 1586 fehle (S. 93ff.). Auch das beneficium divisionis sei anzuwenden, weil seine Rechtsfolgen durch den Wortlaut der Statuten ausdrücklich bestätigt würden (S. 104ff.).
Lücken des lübischen Statutarrechts seien, mangels Rezeption des sächsischen Rechts, grundsätzlich durch das subsidiär geltende römisch-gemeine Recht zu schließen.
Ein weiterer Abschnitt ist „Mevius‘ Quellen- und Literaturhorizont“ (S. 114ff.) gewidmet, insbesondere Lübecker Ratsurteilen (Entscheidungen zum beneficium excussionis) und gemeinrechtlichen Quellen und Autoren. Hingewiesen wird auf die weitgehende Berücksichtigung gemeinrechtlicher Quellen und Literatur in den Allegationen zum Lübecker Stadtrechtskommentar des Mevius (S. 149 f.).
Erörtert werden ferner Ausnahmen von der Anwendbarkeit des beneficium excussionis (S. 155ff.).
Ein höchst umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 235- 258) sowie ein Verzeichnis ausgewählter Autoren der gedruckten Quellen (S. 259) vervollständigen und erschließen die wertvolle Arbeit.
Der Verfasser bietet mit seiner Untersuchung einen vorzüglichen Einblick in die Statutentheorie des 17. Jahrhunderts und in die Arbeitsweise eines bedeutenden Juristen dieser Zeit. Treffend formuliert der Verfasser (S. 229): „Mit dem Partikularrechtler Mevius tritt uns ein vor allem rechtspraktisch und folgenorientiert denkender Usus modernus-Jurist entgegen.“
Graz Gunter Wesener