Voigt, Matthias, Staats- und rechtswissenschaftliche Forschungsplanung zwischen 2. und 3. sozialistischer Hochschulreform - Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (= Rechtsgeschichtliche Studien 65). Kovac, Hamburg 2013. XV, 296 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Voigt, Matthias, Staats- und rechtswissenschaftliche Forschungsplanung zwischen 2. und 3. sozialistischer Hochschulreform - Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (= Rechtsgeschichtliche Studien 65). Kovac, Hamburg 2013. XV, 296 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Für den Menschen als vernunftbegabtes Wesen liegt die Planung seines Verhaltens nahe, auch wenn sie wegen der ihn umgebenden Umstände nicht immer verwirklicht werden kann. Von daher ist die Planung auch als Staatsaufgabe bedeutsam und notwendig, wenngleich sich fragt, wie weit die Planung gehen muss, soll, darf und kann, weil sie notwendigerweise mit Einschränkungen der Freiheit verbunden ist. Insbesondere nach dem schließlichen Scheitern übermäßiger Planung am freiheitlichen Widerstand ausreichend vieler Verplanter ist es reizvoll, Anspruch und Wirklichkeit von Planung einander gegenüberzustellen.
Dieser Aufgabe untersucht Matthias Voigt in einem Einzelbereich in seiner von Rainer Schröder betreuten, im Wintersemester 2012/2013 von der juristischen Fakultät der Universität Berlin angenommenen Dissertation. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Schluss in vier Sachkapitel. Sie betreffen (kurz) den methodischen Rahmen durch das Modell der sozialistischen Wissenschaft als Klammer der Staatswissenschaft und Rechtswissenschaft einschließlich der Funktion von Staat und Recht in der sozialistischen Gesellschaft, die Forschungsplanung unter dem deutschen Institut für Rechtswissenschaft (1952-1958), die Forschungsplanung unter der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ (1959-1963) und die Forschungsplanung unter Verzicht auf einen klaren Führungszuschnitt (1964-1968).
Im Ergebnis seiner vielfältigen, archivalische Quellen und Interviews mit Hermann Klenner, Horst Kellner, Uwe-Jens Heuer, Karl August Mollnau, Erich Buchholz, Anita Grandke und Joachim Michas einbeziehenden, trotz der Berücksichtigung der Lebenswege der Berliner Rechtswissenschaftler auf ein Personenverzeichnis und zusammengefasste Kurzbiographien verzichtenden Bemühungen gelangt der Verfasser zu der Erkenntnis, dass letztlich die Forschungsplanung nicht überzeugend gelang, weshalb zahlreiche Eingriffe in den Leitungszuschnitt vorgenommen wurden. Infolge innerer Distanz bei äußerlicher Loyalität war unabhängig von der Planung an sich ein einigermaßen autonomes wissenschaftliches Arbeiten möglich. Maßgeblich für den gewünschten persönlichen Aufstieg war dabei jedoch vor allem die Systemkonformität des Einzelnen, die seiner Entfaltung bzw. Freiheit eine wesentliche Schranke setzte, so dass das Planungskonzept im Ergebnis scheiterte, die Rechtswissenschaft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gleichwohl entscheidend prägte.
Innsbruck Gerhard Köbler