Theune, Claudia, Archäologie an Tatorten des 20. Jahrhunderts (= Archäologie in Deutschland 2 (2014) Sonderheft 06/2014). Theiss, Darmstadt 2014. 112 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Theune, Claudia, Archäologie an Tatorten des 20. Jahrhunderts (= Archäologie in Deutschland 2 (2014) Sonderheft 06/2014). Theiss, Darmstadt 2014. 112 S., Abb.
Die Archäologie als die Kunde vom Alten beginnt mit der allmählichen Abkehr vom Mittelalter und der bewussten Hinwendung zum als vorbildlich angesehenen Altertum in der Renaissance. Seitdem werden an unterschiedlichen Orten von einzelnen Interessierten alte Gegenstände gesammelt und gesucht. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an wird die Archäologie als Wissenschaft, die vor allem an der Erdkruste in vielfältiger Differenzierung nach Überresten und Zeugnissen früheren Geschehens gräbt, an den Universitäten aufgenommen.
Dass ihr Gegenstand längst nicht mehr auf das um die Vorgeschichte erweiterte Altertum beschränkt ist, zeigt das vorliegende Sonderheft. Seine in Kleve 1959 geborene Verfasserin wurde nach dem Studium in Marburg und Bonn 1988 mit einer Dissertation über die frühmittelalterliche Besiedlungsgeschichte des Hegaus promoviert und im Rahmen einer Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Schrift über Strukturveränderungen in der Alamannia auf Grund der archäologischen Quellen habilitiert sowie zum 1. Januar 2007 als Universitätsprofessorin für Ur- und Frühgeschichte mit dem Schwerpunkt Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit am Institut für Urgeschichte und historische Archäologie der Universität Wien berufen. Von hier aus greift sie auf die jüngste Vergangenheit diesseits und jenseits des 1989 geöffneten Eisernen Vorhangs aus.
Gegliedert ist das reich bebilderte, von einem Blick auf die Gedenkstätte Mauthausen ausgehende, auf Tatorte konzentrierte Werk nach einem Vorwort und einem Bericht über Beginn und Entwicklung einer zeitgeschichtlichen Archäologie thematisch und chronologisch. Nach der Beschreibung von Wort, Bild und Objekt als drei Quellen und ihren Aussagemöglichkeiten betrachtet die Verfasserin den ersten Weltkrieg (Schlachtfelder, Grabenkunst, Tod, weitere Kriegsschauplätze, Kriegsgefangenenlager), besonders ausführlich den zweiten Weltkrieg (Massengräber, Konzentrationslager Witten-Annen, Buchenwald, Sachsenhausen, Mauthausen, Außenlager, Anfänge in Polen, Niederlande, Frankreich, Großbritannien, Internierungslager, Bunker, Flaktürme, Schlachtfelder, Bauruinen) und den kalten Krieg (Speziallager, Zuckerdosen, Berliner Mauer) sowie die Archäologie jenseits von Konflikten und das Verhältnis von Archäologie und Erinnerungskultur. Ein Anhang mit einer Auswahl der Gedenkstätten und Museen, der einschlägigen Literatur und einem Nachweis der Bilderechtinhaber runden das instruktive Heft benutzerfreundlich ab, während ein Sachregister anscheinend für entbehrlich gehalten wurde.
Innsbruck Gerhard Köbler