Prekäre Ökonomien. Schulden in Spätmittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Signori, Gabriela (= Spätmittelalterstudien 4). UVK Verlagsgesellschaft mbh, Konstanz 2014. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Prekäre Ökonomien. Schulden in Spätmittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Signori, Gabriela (= Spätmittelalterstudien 4). UVK Verlagsgesellschaft mbh, Konstanz 2014. 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Schulden kann der Mensch nur in Schuldverhältnissen, so dass dafür Rechtsverhältnisse zwischen mindestens zwei Menschen (oder Personen) erforderlich sind, von denen mindestens eine Seite der anderen Seite eine Leistung schuldet. Wann solche Schulden in der Frühgeschichte der Menschheit begonnen haben, ist unklar. Jedenfalls sind sie in dem Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit in bislang wenig erforschter Häufigkeit durchaus üblich.
Aus diesem Grunde wurde im Rahmen des Exzellenzclusters Kulturelle Grundlagen der Integration der Universität Konstanz eine Tagung abgehalten, die sich unter dem weiten Spektrum prekärer Ökonomien mit den bisher noch nicht ausreichend untersuchten Schuldverhältnissen am Übergang des Spätmittelalters zur Frühneuzeit befasste. Ihre zehn Beiträge stellt der vorliegende Sammelband nunmehr der Allgemeinheit gebündelt in vier Abschnitte zur Verfügung. Behandelt werden dabei Theorien und Fallstricke der Praxis (u. a. in Paris), Kaufleute und Handwerker (u. a. in Köln), Frauen, Söldner und Gelehrte (u. a. in Basel und Augsburg) sowie die Stadt (u. a. Thun), ohne dass diese Einteilung auf den ersten Blick wirklich sachlich überzeugen kann.
Dabei untersucht etwa Peter Schuster soziale und kulturelle Aspekte des Schuldenmachens im ausgehenden Mittelalter, während Julie Claustre une ethnographie des transactions de crédit am Beispiel der Hauptstadt Frankreichs am Ende des Spätmittelalters anstrebt. Andere Beiträge betreffen die Zahlungsmoral, den Verlag, Frauen als Schuldnerinnen und Gläubigerinnen, die Spielräume zwischen Vormundschaft und Risiko, die Beutenmaschinerie, den studentischen Beherbergungsaustausch, den Wucher oder die Abhängigkeiten. Insgesamt zeigt der bunte, mit der weißen Wiedergabe einer Urkunde des Staatsarchivs des Kantons Basel-Stadt auf hellblauem Grund geschmückte Sammelband eine bisher wohl noch zu wenig bewusste Vielfalt von Schulden vorwiegend in der spätmittelalterlichen Stadtgesellschaft, die zu weiteren und allgemeineren Studien einlädt.
Innsbruck Gerhard Köbler