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Die Lebenserinnerungen des ersten badischen Staatspräsidenten Anton Geiß (1858-1944), bearb. v. Furtwängler, Martin (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen 58). Kohlhammer, Stuttgart 2014. XXVII, 131 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Die Lebenserinnerungen des ersten badischen Staatspräsidenten Anton Geiß (1858-1944), bearb. v. Furtwängler, Martin (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen 58). Kohlhammer, Stuttgart 2014. XXVII, 131 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Am Anfang der Menschheit gab es keine gesellschaftlichen Stände und damit auch keinen sozialen Aufstieg. Mit der Entwicklung der Stände, wie sie schon im Altertum sichtbar ist und weite Teile Europas bis in das 19. Jahrhundert wesentlich bestimmt, war die Differenzierung vollzogen und zugleich der Aufstieg im Grunde ausgeschlossen, wenn auch niemals gänzlich unmöglich. Allgemein eröffnet wurde er jedoch erst im Gefolge der französischen Revolution von 1789, wovon Anton Geiß bereits beispielhaft Gebrauch machen konnte.

 

Geboren wurde er in Rettenbach am Auerberg im Ostallgäu am 11. August 1858 als Sohn eines streng katholischen Landarbeiters. Nach Tätigkeiten als Hirtenbub und einer Lehre als Schreiner und einigen Wanderjahren durch Deutschland ließ er sich zuerst in Ludwigshafen und dann  in Mannheim als Arbeiter, Schreiner und Parkettleger nieder und trat in die Sozialdemokratische Partei ein, der er ab seinem beruflichen Wechsel zum Gastwirt (1895) seine Wirtschaft als Versammlungsort zur Verfügung stellte. Über sie gelangte er von1895 bis 1903 und von 1909 bis 1921 in den Landtag, in dem er auf Grund seines vermittelnden Wesens vom 10. November 1918 bis zum 2. April 1919 Vorsitzender der provisorischen Regierung und vom 2. April 1819 bis zu seinem auf Drängen des Zentrums als stärkster Fraktion erfolgten Rücktritt am 14. August 1920 Staatspräsident, Leiter der Regierung und Minister des Äußeren und für militärische Angelegenheiten war.

 

Bis zum Sommer 1924 schloss er eine bis zum Ende seiner politischen Karriere reichende, die spätere Zeit in Mannheim und nach Streichung seiner Rente (1933) und Unterhaltung durch einen Sohn in Schriesheim bis zu seinem Tode am 3. März 1944 nicht mehr erfassende Autobiographie ab, die auf die private wie die politische Seite seines Lebens eingeht und an sich nicht zur Veröffentlichung bestimmt war. Nachdem bereits in den 1970er Jahren Kopien von Briefen und Schriften durch das Stadtarchiv Mannheim erworben worden waren, übernahm das Generallandesarchiv Karlsruhe 1999 und 2011 den Nachlass aus privaten Händen, wodurch sich die Quellenlage verbesserte. Der Herausgeber ergänzt das weitgehend aus der bloßen Erinnerung heraus aufgezeichnete, in schlichter, verständlicher, an manchen Stellen unbeholfen wirkender Sprache verfasste, auch neue Einzelheiten bietende, in 277 Abschnitte geteilte Lebenszeugnis um vier zusätzliche Dokumente und einen tabellarischen Lebenslauf, so dass jeder Interessierte durch diese Veröffentlichung eine bessere Vorstellung vom Wesen und Wirken des ersten Staatspräsidenten Badens nach dem Ende der Monarchie und dem ihm individuell möglichen politischen Aufstieg gewinnen kann.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler