Bauer, Oswald, Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568-1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem (= Colloquia Augustana 28). Akademie Verlag 2011. 436 S., 7 Abb.Besprochen von Gerhard Köbler.
Bauer, Oswald, Zeitungen vor der Zeitung. Die Fuggerzeitungen (1568-1605) und das frühmoderne Nachrichtensystem (= Colloquia Augustana 28). Akademie Verlag 2011. 436 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Zeitung als das regelmäßig erscheinende, über Wissenswertes berichtende Druckerzeugnis hat über den Buchdruck hinaus die Wissensvermittlung erkennbar nochmals beschleunigt. Die älteste im deutschen Sprachraum erschienene und auch erhaltene Zeitung ist Aviso von 1609 für Landadel und Juristen. Dieser Zeitung geht als Vorstufe aber bereits die schriftliche Sammlung von Nachrichten jeder Art aus Europa voraus, die in Augsburg ab 1568 zwar nicht einzigartig, aber doch mit dem besten Ergebnis stattfindet.
Mit ihr hat sich die von Johannes Burkhardt und Wolfgang E. J. Weber betreute, im Rahmen des Graduiertenkollegs Wissensfelder der Neuzeit am Institut für europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg entstandene, im Wintersemester 2008/2009 von der philologisch-historischen Fakultät der Universität Augsburg angenommene Dissertation des Verfassers beschäftigt. Sie gliedert sich in dreizehn Abschnitte, welche nach einer Einleitung vor allem das Nachrichtenwesen im 16. Jahrhundert samt Infrastruktur, die Fuggerzeitungen (heute 27 Bände in Wien mit mehr als 19500 Blättern, mit Aktualität, Universalität, Periodizität, aber ohne Publizität im Sinne allgemeiner Zugänglichkeit) samt niederländischem Kopierbuch, spanischen Kopierbüchern, europäischem Kopierbuch und italienischen Kopierbüchern, die Motive der Sammler, die Nachrichtenakteure und die Nachrichtenöffentlichkeit, die Strategien der Beschleunigung, die Inhalte, fünf einzelne Beispiele (drei Könige für Polen, der Goldmacher Marco Bragadino, der kölnische Krieg, die spanische Armada, der Krieg zwischen Genf und Savoyen) und die vergleichende Perspektive betreffen und mit einer übersichtlichen Zusammenfassung enden. Quellen- und Literaturverzeichnis, Anhang und Register runden das gelungene, kompakte Werk angemessen ab.
Insgesamt kann der Verfasser zeigen, dass die Fugger die Infrastruktur der Post zur zeitnahen Kommunikation mit ihren Niederlassungen (vor allem Antwerpen, Rom, Venedig, Köln, Lyon, Wien, Prag, Konstantinopel) nutzten und binnen 37 Jahren rund 16200 handschriftliche Nachrichten (81,86 Prozent deutsch, 16,55 Prozent italienisch, 0,72 Prozent französisch, je 0,42 Prozent lateinisch oder spanisch, 0,02 Prozent flämisch) aus Europa, Amerika und Asien nutzten. Überraschenderweise stehen dabei politische und militärische Nachrichten mit drei Vierteln deutlich vor den wirtschaftlichen Informationen. Mit seinen einleuchtenden Detailergebnissen liefert der Verfasser eine gute Grundlage für weitere Untersuchungen über die Entstehung der europäischen Zeitungslandschaft, deren Beginn mit dem Ende der handschriftlichen Sammlungen sehr genau zusammenfällt.
Innsbruck Gerhard Köbler